VwGH Ra 2023/06/0033

VwGHRa 2023/06/003322.6.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart‑Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. der Dr. I P und 2. des K Z, beide in L und beide vertreten durch Dr. Gerhard Hackenberger und Mag. Jürgen Greilberger, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 27/IV, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 2. November 2022, LVwG 50.37‑812/2021‑68, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadtgemeinde Leibnitz; mitbeteiligte Partei: N GmbH in L, vertreten durch die Wolmuth Rechtsanwälte KG in 8430 Leibnitz, Hauptplatz 7/25; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung;), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023060033.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (LVwG) wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde L. vom 26. Jänner 2021, mit welchem der mitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Um- und Zubaues bzw. die Erweiterung samt Parkplatzerweiterung eines bestehenden Hotels auf näher genannten Grundstücken der KG L. erteilt worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und unter Zugrundlegung näher angeführter Projektunterlagen als unbegründet abgewiesen (I.), der mitbeteiligten Partei eine Verwaltungsabgabe in näher bezeichneter Höhe vorgeschrieben (II.). und eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG für unzulässig erklärt (III.).

2 In der ‑ inhaltlich ausschließlich auf die Baubewilligung bezugnehmenden ‑ Zulässigkeitsbegründung der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision wird vorgebracht, „die belangte Behörde wie auch das LVwG“ hätten gegen fundamentale rechtsstaatliche Grundsätze des rechtlichen Gehörs verstoßen, es liege ein Widerspruch zu (nicht näher genannter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor und die Entscheidung beruhe auf aktenwidrigen Feststellungen. Aus einem näher genannten Schreiben der Stadtgemeinde L. ergebe sich ebenso wie aus dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren, dass die Ortsaugenscheinverhandlung auf ein Minimum reduziert im Freien stattgefunden habe. Da der Rechtsvertreter der revisionswerbenden Parteien daher im Hinblick auf das Infektionsrisiko daran gehindert gewesen sei, den Vortrag seiner Einwendungen fortzusetzen, sei ihm die Möglichkeit eingeräumt worden, noch nach der Verhandlung eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Ein in der Folge abgegebener Schriftsatz vom 24. Juli 2020 sei vom LVwG aktenwidrigerweise als nicht existent beurteilt worden. Im Rahmen der Beschwerde an das LVwG wie auch in der dortigen mündlichen Verhandlung seien „konkrete Einwendungen zur Abwasser- bzw. Niederschlagswässer Situation“ erhoben worden, ohne dass sich die Behörde I. Instanz oder das LVwG mit diesen auseinandergesetzt oder einen Sachverständigen bestellt hätte. Eine Verhandlung „wie die gegenständliche am 25.05.2020“, in welcher der Vertreter von Nachbarn vom Verhandlungsleiter mit dem Bemerken „heimgeschickt“ worden sei, dass er danach noch eine schriftliche Stellungnahme abgeben könne, erfülle nicht die „Qualität einer Verhandlung mit Präklusionsfolge“. Vor diesem Hintergrund dennoch Präklusion anzunehmen, stelle einen gravierenden Verfahrensmangel dar.

3 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung (vgl. für viele etwa VwGH 2.3.2021, Ra 2019/06/0022, oder auch 13.1.2021, Ra 2020/05/0239, jeweils mwN). Um dem Erfordernis, gesondert die Gründe zu nennen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, Rechnung zu tragen, genügt ein Verweis auf Vorbringen im Beschwerdeverfahren ebensowenig wie ein Verweis auf sonstige Schriftsätze (vgl. für viele etwa VwGH 15.11.2021, Ra 2021/06/0122, 31.8.2020, Ra 2020/05/0118, 0119, 30.6.2020, Ra 2020/03/0046 oder auch 3.4.2019, Ra 2018/18/0505, jeweils mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist außerdem weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 26.11.2020, Ra 2020/06/0189 oder auch nochmals 31.8.2020, Ra 2020/05/0118, 0119, jeweils mwN).

8 In den demnach zur Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Revisionszulässigkeitsgründen ist dabei konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa VwGH 29.8.2022, Ra 2022/06/0171 bis 0188, mwN). Schon diesem Erfordernis entspricht die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision, die ihrem Vorbringen nach bloß Revisionsgründe (vgl. § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) beinhaltet, nicht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl. für viele etwa VwGH 12.4.2023, Ra 2023/05/0020 oder auch 20.10.2022, Ra 2022/16/0059, jeweils mwN). Welche über den Revisionsfall hinausgehende konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG, von der die Entscheidung über die vorliegende Revision abhängt, vom Verwaltungsgerichtshof beantwortet werden sollte, wird darin nicht formuliert (vgl. zu diesem Erfordernis für viele etwa VwGH 25.5.2016, Ra 2016/06/0050 oder auch 27.4.2021, Ra 2021/06/0060, jeweils mwN).

9 Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass ein Revisionswerber in einem solchen Fall bereits in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung konkret darzulegen hat, inwiefern der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt jenem in der von ihm ins Treffen geführten höchstgerichtlichen Entscheidung gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. etwa VwGH 9.8.2022, Ro 2019/05/0026, oder auch 23.3.2021, Ra 2021/11/0043, jeweils mwN). Diesem Erfordernis genügt die Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht.

10 Im Übrigen wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien nicht mangels Präklusion als unzulässig zurückgewiesen, sondern inhaltlich behandelt und als unbegründet abgewiesen. Welches Vorbringen die revisionswerbenden Parteien in dem von ihnen in der Zulässigkeitsbegründung genannten Schriftsatz vom 24. Juli 2020 erhoben hätten, das vom LVwG nicht behandelt worden wäre, wird in den Zulässigkeitsgründen der Revision weder konkret ausgeführt, noch wird dargelegt, inwiefern dieser Tatsache Relevanz zukommen sollte (vgl. zur nötigen Relevanzdarstellung bei behaupteten Verfahrensmängeln für viele etwa VwGH 2.7.2021, Ra 2021/05/0102, 22.9.2020, Ra 2020/05/0182 oder auch 29.4.2019, Ra 2017/05/0042, jeweils mwN); die Revision behauptet zwar, das LVwG hätte den genannten Schriftsatz aktenwidrigerweise als nicht existent beurteilt, darauf kommt es aber im vorliegenden Revisionsverfahren nach dem Gesagten insofern nicht an, als sie diesbezüglich die nötige Konkretisierung und auch Relevanzdarstellung vermissen lässt.

11 Auch mit dem Vorbringen, die revisionswerbenden Parteien hätten im Rahmen ihrer Beschwerde an das LVwG und der dortigen mündlichen Verhandlung Einwendungen zur Abwasser- und Niederschlagssituation erhoben, ohne dass sich die Behörde oder das LVwG mit diesen inhaltlich auseinandergesetzt oder einen Sachverständigen bestellt hätte, werden Verfahrensmängel geltend gemacht. Eine Relevanzdarstellung im Sinne einer Darlegung, weshalb bei Vermeidung dieses behaupteten Verfahrensmangels ein anderes, für die revisionswerbenden Parteien günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, fehlt auch diesen Ausführungen zur Gänze (vgl. nochmals etwa VwGH 2.7.2021, Ra 2021/05/0102, 22.9.2020, Ra 2020/05/0182 oder auch 29.4.2019, Ra 2017/05/0042, jeweils mwN).

12 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

13 Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, weiter darauf einzugehen, dass die revisionswerbenden Parteien mit dem Vorbringen, sie erachteten sich durch die angefochtene Entscheidung „in ihrem einfach gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht verletzt, durch ihre Einwendungen im gegenständlichen Bauverfahren einen den Bewilligungsantrag abweisenden Bescheid zu erwirken“, auch keinen tauglichen Revisionspunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geltend gemacht haben (vgl. dazu für viele etwa VwGH 21.3.2023, Ra 2023/06/0040 oder auch 15.6.2022, Ra 2022/06/0071, jeweils mwN).

Wien, am 22. Juni 2023

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