VwGH Ra 2021/12/0057

VwGHRa 2021/12/00573.4.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer‑Hinterauer und Hofrat Mag. Cede als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Prendinger, über die Revision des Mag. H B in I, vertreten durch Rainer‑Rück‑Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Templstraße 32/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Februar 2021, W122 2239070‑1/2E, betreffend Ausgleichsmaßnahmen für besondere Erschwernisse des Exekutivdienstes im Nachtdienst gemäß § 82b GehG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Tirol), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
DienstrechtsNov 02te 1998
GehG 1956 §82
GehG 1956 §82 Abs2 Z2
GehG 1956 §82b
GehG 1956 §82b Abs1
VwGG §34 Abs1
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021120057.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist Beamter des Allgemeinen Verwaltungsdienstes (Verwendungsgruppe A1) bei der Landespolizeidirektion Tirol.

2 Mit Antrag vom 30. April 2020 begehrte er die Zuerkennung der Ausgleichsmaßnahmen für besondere Erschwernisse des Exekutivdienstes im Nachtdienst gemäß § 82b Gehaltsgesetz 1956 (GehG) sowie die Erstattung der bisher angelaufenen Ansprüche gemäß den Bestimmungen des § 82b GehG.

3 Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 19. Oktober 2020 wurden diese Anträge abgewiesen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

5 Begründend wurde ausgeführt, der Revisionswerber sei ein Beamter des Allgemeinen Verwaltungsdienstes (Verwendungsgruppe A1), der im Rahmen des bei der Behörde eingerichteten Journaldienstes regelmäßig Nachtdienste in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr verrichte.

6 Die Ausgleichsmaßnahmen für besondere Erschwernisse des Exekutivdienstes im Nachtdienst stünden nach dem eindeutigen Wortlaut des § 82b Abs. 1 GehG ausschließlich Beamten des Exekutivdienstes zu, womit die Zugehörigkeit zur Besoldungsgruppe des Exekutivdienstes Voraussetzung für einen Anspruch auf diese Ausgleichsmaßnahmen sei.

7 Da der Revisionswerber ein Beamter der Besoldungsgruppe „Allgemeiner Verwaltungsdienst“ im Sinne des § 2 Z 1 lit. a GehG sei und eben gerade nicht der Besoldungsgruppe „Exekutivdienst“ im Sinne des § 2 Z 6 lit. a GehG zuzuordnen sei (weshalb er auch keine Vergütung für besondere Gefährdung gemäß § 82 GehG, sondern folgerichtig eine ruhegenussfähige Exekutivdienstzulage gemäß § 40a GehG beziehe), stünden ihm Ausgleichsmaßnahmen für besondere Erschwernisse des Exekutivdienstes im Nachtdienst gemäß § 82b GehG nicht zu. Dies stehe auch in Einklang mit den Erläuterungen zu § 82b GehG, in denen ausdrücklich klargestellt werde, dass § 82b Abs. 2 GehG in seiner Z 2 den für Ausgleichsmaßnahmen in Betracht kommenden Personenkreis auf Beamte des Exekutivdienstes, welche auch Anspruch auf eine Vergütung für besondere Gefährdung nach § 82 GehG hätten, einschränke (Hinweis auf RV 1476 BlgNR 20. GP ).

8 Schließlich sei für das Bundesverwaltungsgericht gerade vor dem Hintergrund der vom Gesetzgeber vorgesehenen Exekutivdienstzulage gemäß § 40a GehG (welche Beamten des Allgemeinen Verwaltungsdienstes zustehe, die im Exekutivdienst verwendet würden) entgegen den Beschwerdeausführungen eine verfassungswidrige (im Sinne einer sachlich nicht gerechtfertigten) Ungleichbehandlung von Beamten dieser Besoldungsgruppen nicht erkennbar. Dem Bund sei „von der Verfassung zur Regelung des Dienstrechts seiner Beamtinnen und Beamten ein weiter Spielraum eingeräumt“. Die Argumentation des Revisionswerbers, wonach das GehG in der Verwendung des Wortes Exekutivdienst nicht den dienstrechtlichen Begriff des Exekutivdienstes, sondern den sicherheitspolizeilichen Begriff meine, sei nicht nachvollziehbar.

9 Mit Beschluss vom 8. Juni 2021, E 1230/2021‑8, lehnte der Verfassungsgerichtshof die vom Revisionswerber gegen dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erhobene Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Er vertrat u.a. die Rechtsansicht, es sei nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber bei der Gewährung von Vergütungen und Ausgleichsmaßnahmen die Verwendungsgruppe des Beamten berücksichtige.

10 Der Revisionswerber erhob die vorliegende Revision.

11 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird ausgeführt, es sei zu klären, ob bei einem Bediensteten der Verwendungsgruppe A1/v1, welcher in der Nacht im Rahmen eines Journaldienstes Exekutivdienst verrichte und somit gemäß § 5 Abs. 2 Z 3 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) Exekutivbediensteter sei, die Zugehörigkeit zur Besoldungsgruppe Exekutivdienst Voraussetzung für die Anwendung des § 82b GehG sei, oder ob es auf die tatsächliche Tätigkeit als Exekutivbeamter ankomme. Das GehG definiere den Begriff Exekutivbediensteter nicht, sondern setze diesen voraus. Definiert werde von § 5 SPG, wer Exekutivbediensteter sei. Zu klären sei, ob all jene Beamten, die gemäß § 5 SPG Beamte des Exekutivdienstes seien, in den Genuss des § 82b GehG kämen, oder nur jene, welche besoldungsrechtlich nach dem GehG als Exekutivbeamte eingestuft seien. Die bisherige Rechtsprechung dazu beziehe sich immer nur auf die jeweils anzuwendende Bestimmung (§§ 81 und 82 GehG), und dies führe aufgrund der unterschiedlichen Formulierungen des Gesetzestextes zu unterschiedlichen Ergebnissen. Zu § 82b GehG gebe es noch keine diesbezügliche Rechtsprechung. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem ähnlich gelagerten Fall entfernt (Hinweis auf VwGH 23.1.2008, 2007/12/0010). Der Verwaltungsgerichtshof habe nämlich im Fall eines Beamten des Zollwachdienstes (= Exekutivdienst) ausgesprochen, dass bezüglich der Wachdienstzulage des § 81 GehG nicht die besoldungsrechtliche Stellung maßgeblich sei, sondern die Frage, ob die besondere körperliche und seelische Beanspruchung und die besondere Gefahr, welche der Wachdienst mit sich bringe, auch tatsächlich bestehe. Es sei auf die tatsächliche Verwendung im Exekutivdienst abgestellt worden, denn im Gesetz stehe, dem Beamten des Exekutivdienstes gebühre die Wachdienstzulage „solange er im Exekutivdienst verwendet wird.“ Für die Vergütung für besondere Gefährdung gemäß § 82 GehG hingegen komme es aufgrund des Gesetzeswortlauts auf die Exekutivdienstfähigkeit an. Die tatsächliche Verwendung im Exekutivdienst sei aufgrund des Gesetzestextes nicht maßgeblich. § 82b GehG sei jedoch ‑ wie § 81 GehG ‑ nicht so formuliert, dass es darauf ankomme, ob die höhere Belastung tatsächlich bestehe. Es komme vielmehr einzig und allein darauf an, ob in einem Kalenderjahr mindestens fünfzehn Nachtdienste verrichtet worden seien. Das Bundesverwaltungsgericht sei mit seiner Argumentation, wonach es lediglich auf die besoldungsrechtliche Stellung ankomme, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgegangen, zumal dieser auf den jeweiligen Wortlaut des Gesetzes abstelle. Wenn das Bundesverwaltungsgericht argumentiere, dass § 82b GehG nur zur Anwendung komme, wenn auch § 82 GehG greife, so sei dem entgegenzuhalten, dass auf den Revisionswerber gemäß § 40a Abs. 5 GehG auch § 82 GehG zur Anwendung komme.

12 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat betreffend die Auslegung des § 82b GehG zu einem im Wesentlichen inhaltsgleichen Zulässigkeitsvorbringen bereits den Standpunkt vertreten, dass damit eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht aufgezeigt wird (s. VwGH 7.5.2021, Ra 2020/12/0036).

16 Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG liegt trotz Fehlens einer Rechtsprechung bei eindeutiger Rechtslage nämlich nicht vor. Da unter „Rechtsfragen“ im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG Auslegungsfragen zu verstehen sind, fehlen die Voraussetzungen für die Erhebung einer außerordentlichen Revision dann, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann.

17 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt ein Analogieschluss das Vorliegen einer echten Gesetzeslücke, also das Bestehen einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ein Abweichen vom Gesetzeswortlaut ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann zulässig, wenn eindeutig feststeht, dass der Gesetzgeber etwas Anderes gewollt hat, als er zum Ausdruck gebracht hat, so beispielsweise wenn den Gesetzesmaterialien mit Sicherheit entnommen werden kann, dass der Wille des Gesetzgebers tatsächlich in eine andere Richtung gegangen ist, als sie in der getroffenen Regelung zum Ausdruck kommt. Im Zweifel ist das Unterbleiben einer bestimmten Regelung im Bereich des öffentlichen Rechts als beabsichtigt anzusehen.

18 Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des in Abschnitt VII „Exekutivdienst“ geregelten § 82b GehG gebühren Ausgleichsmaßnahmen für besondere Erschwernisse des Exekutivdienstes im Nachtdienst ausschließlich Beamten des Exekutivdienstes (Abs. 1 leg. cit.), die in dem betreffenden Monat Anspruch auf eine Vergütung für besondere Gefährdung nach § 82 GehG haben (Abs. 2 Z 2 leg. cit.). Von der Einschränkung der Gebührlichkeit der Ausgleichsmaßnahmen gemäß § 82b GehG auf Beamte des Exekutivdienstes, denen im betreffenden Monat ein Anspruch auf eine Vergütung für besondere Gefährdung nach § 82 GehG zukommt, gehen auch die Gesetzesmaterialien (RV 1476 BlgNR 20. GP , 26) zur 2. Dienstrechts‑Novelle 1998, BGBl. I Nr. 6/1999, aus.

19 Ein substantiiertes Vorbringen, weshalb vorliegendenfalls dennoch mittels Analogie vorzugehen gewesen wäre, wurde in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht erstattet (vgl. VwGH 7.5.2021, Ra 2020/12/0036, mwN).

20 Soweit sich die Zulässigkeitsbegründung auf das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2008, 2007/12/0010, beruft, ist der entscheidende Unterschied zum vorliegenden Fall, dass dort die Gebührlichkeit von Ansprüchen eines Beamten des Exekutivdienstes behandelt wurde, und nicht ‑ wie vorliegendenfalls ‑ jene eines Beamten der Allgemeinen Verwaltung.

21 Da somit in der Zulässigkeitsbegründung der Revision keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG aufgeworfen wurde, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 3. April 2023

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte