VwGH Ra 2020/15/0005

VwGHRa 2020/15/000527.1.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie den Hofrat Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revisionen 1. der X OG (vormals OEG), 2. Y GmbH, 3. des S K und 4. des J S, alle in T, alle vertreten durch Dr. Edmund Pointinger, Rechtsanwalt in 4540 Bad Hall, Hauptplatz 18, gegen die Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichts vom 24. Mai 2019, Zl. RV/5101393/2012, betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2009, und vom 2. Juli 2019, Zl. RV/5101392/2012, betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer 2009 bis 2012, den Beschluss gefasst:

Normen

AbgÄG 2005
UmgrStG 1991 §19 Abs1
UmgrStG 1991 §19 Abs2
UmgrStG 1991 §19 Abs2 Z5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020150005.L00

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Die Revisionswerber haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts haben SK und JS mit Einbringungsvertrag vom 25. September 2009 ihre Anteile an der X OG (vormals OEG) gemäß Art. III UmgrStG in die Y GmbH, an deren Stammkapital SK und JS je zur Hälfte beteiligt waren, ohne Erhöhung des Stammkapitals eingebracht (Stichtag 1. Jänner 2009).

2 Im Rahmen von Außenprüfungen bei der X OG und der Y GmbH vertrat der Prüfer den Standpunkt, dass die Einbringung nicht die Voraussetzungen des Art. III UmgrStG erfülle, weil sie entgegen der Vorschrift des § 19 Abs. 1 UmgrStG nicht gegen Gewährung von neuen Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft erfolgt sei. Die durch die Mitunternehmer vorgenommene Einbringung sämtlicher Mitunternehmeranteile in eine übernehmende Körperschaft, deren Beteiligungsverhältnisse mit dem Beteiligungsverhältnis an der Mitunternehmerschaft übereinstimmten, sei auch nicht von der Ausnahmebestimmung des § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG umfasst. Hinsichtlich des von jedem Miteigentümer eingebrachten (eigenen) Miteigentumsanteils bestehe jeweils alleiniges Eigentum des betreffenden Mitunternehmers, sodass keine Identität der Eigentums- und Beteiligungsverhältnisse mit der übernehmenden Körperschaft vorliege.

3 Da keine neuen Anteile gewährt und die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG nicht erfüllt seien, falle die Umgründung nicht unter das Umgründungssteuergesetz. Es kämen die allgemeinen Bestimmungen des Steuerrechts, insbesondere § 6 Z 14 lit. b EStG 1988, zum Tragen. Der Firmenwert der X OG und damit der Wert der in die Y GmbH eingebrachten Anteile betrage laut Gutachten des steuerlichen Vertreters (zum 31. Dezember 2008) 699.000 € und stelle in Summe den Veräußerungsgewinn für die Anteile dar, der im Rahmen der Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2009 auf SK und JS aufzuteilen sei. Als Folge dessen sei bei der Y GmbH die bislang nur handelsrechtliche Firmenwertabschreibung auch steuerlich anzuerkennen, weshalb die in der Mehr‑Weniger‑Rechnung erfolgte Hinzurechnung entfalle. Die in den Jahren 2009 bis 2011 getätigten Entnahmen des SK und JS stellten verdeckte Ausschüttungen dar, weil sie unter dem Titel unbarer rückbezogener Entnahmen gemäß § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG getätigt und ausgewiesen worden seien. Diese Bestimmung komme nur bei einer unter das Umgründungssteuergesetz fallenden Einbringung zum Tragen, weshalb es für die in den Jahren 2009 bis 2011 getätigten Entnahmen keine Grundlage gebe.

4 Das Finanzamt folgte dem Prüfer, erließ in Bezug auf die X OG am 6. Juli 2012 einen Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2009 und zog die Y GmbH mit Bescheiden vom 27. Juni 2012 (für die Jahre 2009 bis 2011) und vom 25. Juli 2013 (für das Jahr 2012) zur Haftung für Kapitalertragsteuer der Jahre 2009 bis 2012 heran.

5 Mit Erkenntnis vom 24. Mai 2019, in dem eine ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt wurde, gab das Bundesfinanzgericht der Berufung (nunmehr Beschwerde) von SK, JS und der X OG gegen den Feststellungsbescheid 2009 keine Folge. Berufungen (nunmehr Beschwerden) der X GmbH gegen die Haftungsbescheide wies das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom 2. Juli 2019 als unbegründet ab. Eine ordentliche Revision erklärte das Bundesfinanzgericht auch in diesem Erkenntnis für nicht zulässig.

6 Gegen diese Erkenntnisse erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welche dieser mit Beschluss vom 3. Oktober 2019, E 2917‑2918/2019‑6, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

7 In den sodann gegen diese Erkenntnisse (in einem einheitlichen Schriftsatz) erhobenen außerordentlichen Revisionen wird zur Zulässigkeit vorgebracht, es liege zu § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG lediglich eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zur Einbringung von KG Anteilen vor (Hinweis auf VwGH 22.4.2009, 2006/15/0296), jedoch keine Entscheidung zu einer Konstellation, in der Anteile einer Personengesellschaft als Gesamtheit/Betrieb (eine Bilanz) in eine Körperschaft eingebracht worden seien. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich nicht mit der Frage beschäftigt, ob die Ausnahmeregelung des § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG nicht doch auch für Personengesellschaften unter Einbringung der Personengesellschaft als Gesamtsache (durch Anwachsung), somit als Betrieb anwendbar sei, weil eine solche mit der Einbringung eines Einzelunternehmens gleichzusetzen sei. Die „Entscheidungen, Kommentare etc.“ sprächen immer nur von Mitunternehmeranteilen, im vorliegenden Fall werde jedoch kein Mitunternehmeranteil, sondern ein „gesamter Betrieb als Gesamtsache“ eingebracht.

8 Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der es die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragte.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Mit dem Zulässigkeitsvorbringen, gegenständlich seien keine Mitunternehmeranteile, sondern ein „gesamter Betrieb als Gesamtsache“ in die Y GmbH eingebracht worden, entfernen sich die Revisionswerber vom festgestellten Sachverhalt, ohne die Richtigkeit der vom Bundesfinanzgericht getroffenen Feststellungen (substantiiert) zu bekämpfen. Dieses Revisionsvorbringen steht auch im Widerspruch zu dem in den Verwaltungsakten einliegenden Einbringungsvertrag (Punkt 1 Abs. 4), wonach die „Einbringung der Anteile aller Gesellschafter“ der X OG in die Y GmbH „Gegenstand dieses Vertrages“ ist.

13 Es trifft aber auch nicht zu, dass das von den Revisionswerbern angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 2009, 2006/15/0296, auf den Revisionsfall nicht anwendbar wäre. Dieses Erkenntnis betraf eine KG, bei der alle Kommanditisten ‑ der Komplementär verfügte über keine Vermögenseinlage ‑ ihre gesamten Kommanditanteile zum Einbringungsstichtag 15. Dezember 2002 in eine übernehmende GmbH eingebracht haben. In den Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof wurde ‑ ebenso wie im nunmehrigen Revisionsfall ‑ ausdrücklich geltend gemacht, dass alle am Vermögen der KG beteiligten Mitunternehmer ihre Mitunternehmeranteile in die übernehmende GmbH eingebracht hätten. Die Kommanditisten hätten also gemeinsam 100% der Beteiligungen an der KG übertragen; es sei damit das gesamte Betriebsvermögen der KG in die übernehmende GmbH eingebracht worden. Der vorliegende Revisionsfall gleicht daher in Sachverhalt und Vorbringen dem vom Verwaltungsgerichtshof bereits entschiedenen Fall.

14 Gemäß § 19 Abs. 2 UmgrStG kann die nach Abs. 1 grundsätzlich verpflichtende Gewährung neuer Anteile in besonderen, taxativ aufgezählten Fällen unterbleiben. § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG in der Fassung vor dem AbgÄG 2005, BGBl. I Nr. 161/2005, regelte, dass die Gewährung von neuen Anteilen unterbleiben könne, „wenn die unmittelbaren oder mittelbaren Eigentums- oder Beteiligungsverhältnisse am eingebrachten Vermögen der prozentuellen Beteiligung an der übernehmenden Körperschaft unmittelbar oder mittelbar entsprechen“.

15 Der Verwaltungsgerichtshof vertrat im zitierten Erkenntnis vom 22. April 2009 die Ansicht, dass die Einbringung sämtlicher Mitunternehmeranteile in eine übernehmende Körperschaft, deren Beteiligungsverhältnis mit dem Beteiligungsverhältnis an der Mitunternehmerschaft übereinstimmt, bereits vor der durch das AbgÄG 2005 vorgenommenen Neufassung der Z 5 des § 19 Abs. 2 UmgrStG nicht von dieser Ausnahmebestimmung umfasst war, weil in einem solchen Fall hinsichtlich der eingebrachten Mitunternehmeranteile jeweils alleiniges Eigentum der Mitunternehmer besteht, sodass keine Identität der Eigentums- und Beteiligungsverhältnisse mit der übernehmenden Körperschaft vorliegt. Im Falle der Einbringung von Mitunternehmeranteilen steht § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG daher nur dem Alleingesellschafter der übernehmenden Körperschaften offen.

16 Mit dem AbgÄG 2005 wurde die Z 5 des § 19 Abs. 2 UmgrStG neu und im Hinblick auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation noch klarer gefasst. Nach der Novellierung kann die Gewährung von neuen Anteilen unterbleiben, „wenn der Einbringende unmittelbar oder mittelbar Alleingesellschafter der übernehmenden Körperschaft ist oder wenn die unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungsverhältnisse an der einbringenden und der übernehmenden Körperschaft übereinstimmen“. Die mit dem AbgÄG 2005 vorgenommene Neufassung ist auf Umgründungen anzuwenden, bei denen die Beschlüsse oder Verträge nach dem 31. Jänner 2006 beim zuständigen Firmenbuchgericht zur Eintragung angemeldet oder beim zuständigen Finanzamt gemeldet werden (3. Teil Z 11 UmgrStG).

17 In den ErlRV zum AbgÄG 2005, 1187 BlgNR 22. GP 20 f, heißt es zur angeführten Novellierung:

„Die Praxis hat gezeigt, dass von den drei von der Z 5 umfassten Ausnahmeregelungen jene unzweckmäßig ist, die vom Gleichstand der Beteiligung an der einbringenden Mitunternehmerschaft und der übernehmenden Kapitalgesellschaft ausgeht. Da es in diesem Fall immer wieder zu Fehlbeurteilungen hinsichtlich des Geltungsbereiches kommt [...], soll sie auslaufen. [...] Die beiden anderen Anwendungsmöglichkeiten ‑ nämlich die Alleingesellschafterstellung und die Einbringung in die Schwesterkörperschaft ‑ werden textlich neu gestaltet aber inhaltlich unverändert beschrieben“.

18 Im gegenständlichen Fall war keiner der einbringenden OG‑Gesellschafter Alleineigentümer der aufnehmenden Y GmbH. Ein Anwendungsfall des § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG idF AbgÄG 2005 liegt daher nicht vor.

19 Von den Revisionswerbern werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen. Bei diesem Ergebnis braucht auf die Frage der Revisionslegitimation der einzelnen Revisionswerber hinsichtlich der zu einem einheitlichen Revisionsschriftsatz verbundenen Revisionen nicht eingegangen zu werden.

20 Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Antrages auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

21 Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 27. Jänner 2022

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