VwGH Ra 2020/13/0001

VwGHRa 2020/13/00019.6.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der P Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Michael Kotschnigg, Steuerberater in 1220 Wien, Stadlauer Straße 39/1/Top 12, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 24. April 2018, Zl. RV/7106314/2016, betreffend Körperschaftsteuer 2009, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §162
BAO §162 Abs1
BAO §162 Abs2
BAO §49 Abs1
BAO §97 Abs1 litb
FinStrG §58

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020130001.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Unternehmensgegenstand der revisionswerbenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist das Baumeistergewerbe.

2 Im Bericht über das Ergebnis der ‑ u.a. die Körperschaftsteuer 2009 betreffenden ‑ Außenprüfung vom 17. Oktober 2011 wurde u.a. ausgeführt, der Prüfungsauftrag über die Außenprüfung gemäß § 147 BAO in Verbindung mit § 99 Abs. 2 FinStrG sei am 29. März 2011 dem Abgabepflichtigen unter gesondertem Hinweis auf die angeführte Verdachtslage zur Kenntnis gebracht worden. In der gleichzeitig stattgefundenen Beschuldigtenvernehmung sei die Aufforderung zur Empfängernennung gemäß § 162 BAO ausgesprochen worden. Dieser Aufforderung sei seitens des Abgabepflichtigen durch Übergabe diverser Beweismittel zu entsprechen versucht worden. Der Abgabepflichtige habe durch Vorlage der Buchhaltungsunterlagen für den Prüfungszeitraum mitgewirkt. Nach Sichtung der Unterlagen und neuerlichem Schriftverkehr zu offenen Fragen sei die Betriebsprüfung in freier Beweiswürdigung zur Ansicht gelangt, dass der Aufforderung zur Empfängernennung gemäß § 162 BAO nicht nachgekommen worden sei. Die laut vorgelegten Rechnungen angegebenen Gesellschaften (D GmbH, F GmbH) seien nicht Leistungserbringer gewesen. Der geltend gemachte Aufwand werde nicht anerkannt. Die D GmbH sei am angeblichen Betriebsort nicht existent, ihr Geschäftsführer sei nicht auffindbar. Der Geschäftsführer der F GmbH sei in Österreich nicht gemeldet gewesen; der Finanzbehörde sei bekannt, dass dieser lediglich Scheingeschäftsführer für ein Scheinunternehmen gewesen sei.

3 Das Finanzamt folgte der Darstellung der Außenprüfung und setzte ‑ nach Wiederaufnahme des Verfahrens ‑ die Körperschaftsteuer für das Jahr 2009 mit Bescheid vom 25. Oktober 2011 fest.

4 Die Revisionswerberin erhob gegen den Körperschaftsteuerbescheid Berufung.

5 Das Bundesfinanzgericht wies die nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Berufung mit Erkenntnis vom 18. April 2016 als unbegründet ab.

6 Dieses Erkenntnis wurde über Beschwerde der Revisionswerberin mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. November 2016, E 1063/2016‑12, aufgehoben.

7 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde neuerlich als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

8 Nach Schilderung des Verfahrensgangs führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, Hintergrund der von der Außenprüfung getroffenen Feststellung bildeten in der Baubranche durchgeführte polizeiliche und abgabenbehördliche Ermittlungen, die zu Tage gebracht hätten, dass verschiedene Baufirmen Bauaufträge an Subunternehmen vergeben hätten, die keine tatsächliche Geschäftstätigkeit ausgeübt hätten, sondern nur den Zweck gehabt hätten, Sozial‑ und Lohnabgaben zu umgehen. Mehrere „Hintermänner“ (etwa die auch hinsichtlich gegenständlicher Gesellschaften aufgetretenen Brüder S) hätten Firmen ohne Geschäftstätigkeit angekauft und gegen Bezahlung Personen aus Ungarn und dem ehemaligen Jugoslawien als Geschäftsführer für diese Firmen angeworben. Die Geschäftsführer seien an verschiedenen Anschriften behördlich gemeldet gewesen, welche aber nicht deren tatsächliche Unterkunftsorte gewesen seien. Sie seien nur zu Unterschriftsleistungen oder für Barabhebungen vom Firmenkonto nach Österreich geholt worden. Diese Firmen hätten nach der Übernahme durch die von den Hintermännern organisierten Gesellschafter‑Geschäftsführer sofort hohe Umsätze verzeichnet. Die Hintermänner hätten vom Rechnungsbetrag eine Provision einbehalten und den Restbetrag an im Polizeibericht sogenannte „Zumelder“ übergeben. Die Zumelder ‑ die teils mit, teils ohne eigene Firma über Arbeitskräfte verfügt hätten ‑ benutzten die Firmen der Hintermänner dazu, ihre Arbeiter bei diesen sozialzuversichern, wobei sie gewusst hätten, dass die Sozialabgaben nicht bezahlt und die Firmen bewusst in den Konkurs geführt würden. Baufirmen, die mit den Zumeldern in Kontakt gestanden seien, hätten dann Aufträge „in Sub“ an die Firmen der Hintermänner übertragen. Die Scheingeschäftsführer hätten nur die Aufgabe gehabt, für Unterschriftsleistungen und Barabhebungen zur Verfügung zu stehen, mit der Geschäftsgebarung hätten sie nichts zu tun gehabt.

9 Dem Auftreten dieser Subfirmen sei sohin ein planmäßiges, durch Hintermänner gesteuertes, auf die Verkürzung von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnabgaben gerichtetes Vorgehen zu Grunde gelegen. Über sämtliche von den Hintermännern organisierte Mantelfirmen sei, in der Regel nur wenige Monate nachdem sie die vermeintlich von ihnen erbrachten Leistungen verrechnet hätten, der Konkurs eröffnet worden.

10 Auch die beiden von der Revisionswerberin beauftragten Subunternehmen seien Teil dieses planmäßigen, auf die Vermeidung von Lohn‑ und Sozialabgaben gerichteten Vorgehens gewesen. Die Revisionswerberin sei mit diesen Verhältnissen mit Vorhalt vom 4. Februar 2016, im Rahmen der Akteneinsicht vom 8. März 2016 und im Rahmen der Erstattung einer Gegenschrift an den Verfassungsgerichtshof auch konfrontiert worden.

11 Es könne festgestellt werden, dass die streitgegenständlichen Subfirmen zu dem Zeitpunkt, als sie von den ehemaligen Gründern übernommen worden seien, keine Tätigkeit mehr ausgeübt hätten. Die beiden Firmen seien nach Rechnungslegung insolvent geworden. Die D GmbH habe Rechnungen im Juni 2009 gelegt, am 3. Dezember 2009 sei der Konkurs eröffnet worden; die F GmbH habe eine Rechnung im Februar 2009 gelegt, am 29. Juni 2009 sei der Konkurs eröffnet worden.

12 Die Rechnungsbeträge seien, begünstigt durch Barzahlungen, an den Subfirmen vorbeigeschleust worden.

13 Beim Baugewerbe handle es sich um eine Risikobranche, bei der eine erhöhte Sorgfaltspflicht beim Eingehen von Geschäftsbeziehungen zu Grunde zu legen sei. Die Revisionswerberin sei dieser Sorgfaltspflicht durch vorwiegend passives Verhalten (kein Aufsuchen der jeweiligen Subunternehmer vor Ort) trotz erstmaliger Aufnahme der Geschäftsbeziehungen nicht gerecht geworden. Die Revisionswerberin habe sich in keinem Fall davon überzeugt, dass der jeweilige Sublieferant an der im Firmenbuch angegebenen Adresse tatsächlich seinen Sitz habe und habe auch über keinerlei sonstige Informationen über feste Adressen der Fremdleister verfügt. Sie habe sich auch nicht näher über den Betrieb der jeweiligen Unternehmung und zwar insbesondere darüber informiert, ob diese in der Lage sei, entsprechende Leistungen überhaupt und ordnungsgemäß zu erbringen. Eine Beauftragung von Subunternehmen werde im Allgemeinen nur dann erfolgen, wenn man sich davon überzeugt habe, dass der Auftragnehmer in der Lage sei, den übernommenen Auftrag fach‑ und zeitgerecht zu erfüllen. Mangels jeglicher von der Revisionswerberin überprüfter Geschäftsadressen verblieben Zweifel, auf welche Weise die Revisionswerberin z.B. im Falle nachträglich hervortretender Baumängel Preisminderungen oder Regressforderungen hätte geltend machen wollen. Die Firmenunterlagen wie Firmenbuchauszug, Nachweis der steuerlichen Erfassung, Unbedenklichkeitsbescheinigungen, die Zeiträume für geschäftsführende Gesellschafter betroffen hätten, die die Vorgänger der aktuellen Geschäftsführer gewesen seien, seien allenfalls geeignet, den Anschein des Bestehens der betreffenden Firmen hervorzurufen, sagten aber darüber, ob diese Firmen über die Qualifikation verfügten, die übernommenen Aufträge auszuführen, nichts aus. Damit werde auch keine tatsächliche Leistungserbringung durch diese Firmen nachgewiesen.

14 Die Revisionswerberin sei im Rahmen der Einvernahme vom 29. März 2011 zur Empfängernennung aufgefordert worden. Der Geschäftsführer der Revisionswerberin habe in der Einvernahme insoweit reagiert, als dargelegt worden sei, wie die Kontaktaufnahme mit den Subfirmen erfolgt sei; er habe auch Firmenunterlagen betreffend die D GmbH und die F GmbH vorgelegt. Trotz vermeintlicher Empfängerbenennung könne einer Aufwendung die Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe versagt werden, wenn die vom Abgabepflichtigen genannte Person nicht Empfänger des abgesetzten Betrages sei. Der Aufforderung nach § 162 BAO sei nicht entsprochen, wenn die benannte Person nicht der tatsächliche Empfänger der behaupteten Zahlungen sei.

15 Im angefochtenen Erkenntnis folgen sodann ausführliche Darlegungen zu den beiden Gesellschaften (D GmbH und F GmbH), in denen sich das Bundesfinanzgericht im Einzelnen mit den von der Revisionswerberin zu den Geschäftsfällen mit diesen Gesellschaften vorgelegten Unterlagen auseinandersetzt. Zusammenfassend wird ‑ jeweils zu beiden Gesellschaften ‑ ausgeführt, die Unauffindbarkeit des Geschäftsführers, die Nichtexistenz der Gesellschaft an der in der Rechnung aufscheinenden Adresse, der Umstand, dass die Kassaquittungen nicht vom Geschäftsführer unterzeichnet worden seien und keine ausreichende Erklärung, wer an dessen Stelle die Gelder in Empfang genommen habe, gegeben worden sei, sowie der Umstand, dass Stundenaufzeichnungen, Abnahmeprotokolle und Bautageberichte im Zusammenhang mit den angeblichen Leistungen von und Zahlungen an die Subunternehmer nicht vorgelegt worden seien, seien ausreichend maßgebliche Gründe für die Annahme, dass die beiden Gesellschaften nicht Empfänger der Zahlungen gewesen seien und die in den Rechnungen verzeichneten Leistungen nicht erbracht hätten.

16 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 23. September 2019, E 2230/2018‑10, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen aus, die gerügten Rechtsverletzungen (betreffend Art. 7 Abs. 1 B‑VG, Art. 2 StGG) wären im vorliegenden Fall nur die Folge einer ‑ allenfalls grob ‑ unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes in jeder Hinsicht rechtmäßig ergangen ist, nicht anzustellen, zumal bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 162 BAO dessen Rechtswirkungen entgegen der Auffassung der Revisionswerberin in jenem Veranlagungszeitraum eintreten, in dem die fraglichen Aufwendungen angefallen sind. Mit Beschluss vom 29. Oktober 2019, E 2230/2018‑13, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

17 In der nunmehrigen Revision wird zur Zulässigkeit u.a. geltend gemacht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verhältnis des § 162 BAO zu § 4 Abs. 1 BAO. Nach § 4 Abs. 1 BAO entstehe der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Ein auf § 162 Abs. 2 BAO gestützter Abgabenanspruch entstehe daher erst mit der Nichtbefolgung des Auskunftsverlangens (Hinweis auf OGH 23.3.2006, 12 Os 94/05y). Die Aufforderung gemäß § 162 BAO sei erst im Jahr 2011 erfolgt und könne sich daher nicht bereits im Steuerjahr 2009 auswirken. Weiters macht die Revision geltend, es liege kein wirksames Auskunftsersuchen iSd § 162 BAO vor. Dieses sei nicht durch eine Abgabenbehörde, sondern durch eine Finanzstrafbehörde gestellt worden. Weiters sei das Auskunftsersuchen nur in einer Niederschrift festgehalten worden, es sei hiefür aber ein Bescheid erforderlich. Schließlich sei das Auskunftsersuchen nicht an die Revisionswerberin, sondern an den Gesellschafter und Geschäftsführer der Revisionswerberin gerichtet worden.

18 Nach Einleitung des Vorverfahrens hat das Finanzamt eine Revisionsbeantwortung eingebracht. Die Revisionswerberin hat hiezu eine Gegenäußerung erstattet.

19 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

20 Mit dem angeführten Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision aufgezeigt. Sie ist auch begründet.

21 Gemäß § 162 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, wenn der Abgabepflichtige beantragt, dass Schulden, andere Lasten und Aufwendungen abgesetzt werden, verlangen, dass der Abgabepflichtige die Gläubiger oder Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet. Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde verlangten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen nach § 162 Abs. 2 BAO nicht anzuerkennen.

22 § 162 BAO beruht auf dem Grundsatz, dass das, was bei dem einen Abgabepflichtigen abzusetzen ist, bei dem anderen versteuert werden muss, wenn nicht steuerpflichtige Einnahmen unversteuert bleiben sollen. Es kann daher die Absetzung von Betriebsausgaben trotz feststehender sachlicher Berechtigung abgelehnt werden, solange nicht die Möglichkeit, die entsprechenden Einnahmen beim Empfänger zu besteuern, dadurch sichergestellt ist, dass der Steuerpflichtige den Empfänger konkret genannt hat. Es dürfen allerdings dem Steuerpflichtigen keine offenbar unerfüllbaren Aufträge zum Nachweis der Empfänger erteilt werden. „Offenbar unerfüllbar“ sind derartige Aufträge aber nur dann, wenn eine unverschuldete, tatsächliche Unmöglichkeit, die Empfänger der geltend gemachten Betriebsausgaben namhaft zu machen, vorliegt. Es darf nicht in der Macht des Steuerpflichtigen gestanden haben, die tatsächlichen Umstände, die ihn an der Bezeichnung der Empfänger hindern, abzuwenden (vgl. VwGH 20.12.2017, Ra 2016/13/0041, mwN).

23 Einer Aufforderung nach § 162 Abs. 1 BAO ist dann nicht entsprochen, wenn ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften die Feststellung getroffen wird, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger der abgesetzten Beträge sind (vgl. neuerlich VwGH 20.12.2017, Ra 2016/13/0041; 13.11.2019, Ra 2018/13/0107).

24 Nach § 162 Abs. 2 BAO sind die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen, soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde verlangten Angaben verweigert. Dies bezieht sich insbesondere darauf, dass der Abgabepflichtige Aufwendungen (Betriebsausgaben) geltend macht. Diese Aufwendungen (Betriebsausgaben) betreffen jeweils ein bestimmtes Wirtschaftsjahr (im vorliegenden Fall das Streitjahr). Auch wenn das Verlangen der Abgabenbehörde erst im Jahr 2011 gestellt wurde, so bewirkt die Verweigerung (oder nicht ausreichende Beantwortung) die Nicht‑Anerkennung der geltend gemachten Absetzungen und kann sich daher entgegen dem Revisionsvorbringen nur auf das Streitjahr beziehen. Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich daher der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes (im Ablehnungsbeschluss VfGH 23.9.2019, E 2230/2018‑10) an, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 162 BAO dessen Rechtswirkungen in jenem Veranlagungszeitraum eintreten, in dem die fraglichen Aufwendungen angefallen sind. Im vorliegenden Fall sind daher diese Rechtsfolgen gegebenenfalls für das Jahr 2009 zu berücksichtigen.

25 Wie aus dem ‑ mit dem Revisionsvorbringen übereinstimmenden ‑ Akteninhalt hervorgeht, wurde mit Bescheid vom 24. Februar 2011 betreffend die Revisionswerberin von der belangten Behörde (damals: Finanzamt Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf) eine Außenprüfung gemäß § 147 BAO in Verbindung mit § 99 Abs. 2 FinStrG angeordnet. Der Prüfungsauftrag wurde der Revisionswerberin am 29. März 2011 zur Kenntnis gebracht. Ebenfalls am 29. März 2011 erfolgte die Vernehmung des Gesellschafters und Geschäftsführers der Revisionswerberin vor dem Finanzamt Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf als Beschuldigter wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG. Im Rahmen dieser Vernehmung wurde dem Beschuldigten mitgeteilt, Ermittlungen der Finanzbehörde hätten ergeben, dass von „Ihnen“ Bauaufträge an Subunternehmer vergeben worden seien, die an den in den Rechnungen angeführten Adressen nicht existent gewesen seien. Er werde daher gemäß § 162 Abs. 1 BAO aufgefordert, den tatsächlichen Leistungserbringer zu nennen. Werde der Empfängernennung nicht entsprochen, werde der geltend gemachte Aufwand nach § 162 Abs. 2 BAO nicht anerkannt.

26 Zunächst ist zu bemerken, dass eine Aufforderung zur Empfängerbenennung auch mündlich erfolgen kann (vgl. VwGH 22.3.2010, 2006/15/0284, mwN). Eine derartige Aufforderung kann daher insbesondere auch im Rahmen einer niederschriftlich festgehaltenen Vernehmung durch Verkündung (§ 97 Abs. 1 lit. b BAO) wirksam (vgl. etwa Ritz, BAO6, § 97 Tz 6) erfolgen.

27 Das für die Erhebung der Abgabe zuständige Finanzamt verliert seine Eigenschaft als Abgabenbehörde iSd § 49 Abs. 1 BAO nicht dadurch, dass es zugleich seine Zuständigkeit nach § 58 FinStrG wahrnimmt (vgl. VwGH 17.4.2008, 2006/15/0077, VwSlg. 8329/F). Dass das für die Erhebung der Körperschaftsteuer der Revisionswerberin zuständige Finanzamt (auch) als Finanzstrafbehörde gehandelt hat, steht der Wirksamkeit der Aufforderung nach § 162 BAO somit nicht entgegen.

28 Zutreffend ist aber der Einwand der Revisionswerberin, dass sich die Aufforderung nicht an sie gerichtet hatte. Strittig ist im vorliegenden Fall die Körperschaftsteuer für das Jahr 2009, Abgabepflichtige hiefür ist sohin eine Körperschaft, im vorliegenden Fall die revisionswerbende Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Das Finanzstrafverfahren richtete sich hingegen im vorliegenden Fall ausschließlich gegen den (Gesellschafter und) Geschäftsführer der Revisionswerberin als natürliche Person (§ 1 Abs. 1 FinStrG), nicht auch gegen die revisionswerbende Partei als Verband im Sinne von § 1 Abs. 2 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, BGBl. I Nr. 151/2005 (§ 1 Abs. 2 iVm § 28a FinStrG). Wenn auch eine Aufforderung zur Benennung vom Empfängern im Finanzstrafverfahren ‑ anders als im Verfahren zur Festsetzung von Abgaben ‑ nur von eingeschränkter Bedeutung sein wird (vgl. hiezu OGH 23.3.2006, 12 Os 94/05y), so erfolgte aber diese Aufforderung im vorliegenden Fall (auch entsprechend den Darlegungen im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung) im Finanzstrafverfahren (im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung) und damit nur gegenüber der Partei dieses Finanzstrafverfahrens, also nur gegenüber dem Geschäftsführer der Revisionswerberin. Die Revisionswerberin war hingegen nicht Adressat dieser Aufforderung. Dass in der Folge ‑ im Rahmen des im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung angeführten „neuerlichen Schriftverkehrs“ ‑ gegenüber der Revisionswerberin eine Aufforderung nach § 162 BAO ausgesprochen worden wäre (etwa in der Einladung zur Schlussbesprechung anlässlich der Außenprüfung), ist nicht ersichtlich und wird auch etwa vom Finanzamt in der Revisionsbeantwortung nicht behauptet. Damit liegt der Revisionswerberin gegenüber eine wirksame Aufforderung zur Benennung von Empfängern nicht vor. Mangels wirksamer Aufforderung kann aber die Rechtsfolge des § 162 Abs. 2 BAO nicht eintreten.

29 Das angefochtene Erkenntnis war schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

30 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 9. Juni 2020

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