Normen
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018130107.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Bei der Revisionswerberin, einer im Baugewerbe tätigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wurde eine abgabenbehördliche Prüfung betreffend die Jahre 2007 und 2008 durchgeführt. Der Prüfer stellte fest, dass die Revisionswerberin im Jahr 2008 Zahlungen an vier näher genannte Gesellschaften (in der Folge: Subunternehmer) geleistet habe. Bei diesen Subunternehmern habe es sich nach den Erhebungen des Prüfers und der Polizei um sogenannte „Scheinfirmen“ gehandelt, die nicht die tatsächlichen Empfänger der Zahlungen gewesen seien. Die Revisionswerberin sei der gemäß § 162 BAO erfolgten Aufforderung, die tatsächlichen Empfänger der als Betriebsausgaben abgesetzten Beträge zu bezeichnen, nicht nachgekommen.
2 Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ nach Wiederaufnahme des Verfahrens einen Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2008, in welchem es die Zahlungen an die verfahrensgegenständlichen Subunternehmer nicht als Betriebsausgaben berücksichtigte.
3 Die Revisionswerberin brachte gegen den im Anschluss an die Außenprüfung ergangenen Körperschaftsteuerbescheid Berufung ein und führte in dieser aus, der Prüfer habe sich zu Unrecht auf § 162 BAO berufen. Sie habe hinsichtlich ihrer Subunternehmer alle erforderliche Vorsicht walten lassen, Einsicht in Firmenbuch und Auftragskataster genommen und sich Steuernummern, UID‑Nummern, Gewerbescheine, Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamts und der Gebietskrankenkasse geben lassen. Weiters seien die persönlichen Dokumente der auf Baustellen anwesenden Mitarbeiter der Subunternehmer durch die Bauleiter laufend überprüft worden. Es seien somit weit über das übliche Ausmaß hinaus Prüfungen vorgenommen worden, um die Existenz der Subunternehmer bzw. Leistungserbringer zu überprüfen.
4 Alle Zahlungen seien auf der Revisionswerberin genannte Bankkonten der Subunternehmer getätigt worden. Im Falle einer Kontoänderung sei bei der Bank nachgefragt worden, ob es sich beim neuen Konto um ein solches des jeweiligen Subunternehmers handle. Es sei nicht branchenüblich, vor Aufnahme einer Geschäftsverbindung einen „Lokalaugenschein“ hinsichtlich der Qualität des Firmensitzes oder der Verwaltungseinrichtungen von Subunternehmern vorzunehmen, zumal es für eine gute Geschäftsbeziehung keinerlei Bedeutung habe, wo sich das Büro befinde und wie dieses eingerichtet sei. Die neue Technik (EDV, Internet etc.) mache es zunehmend obsolet, irgendwo persönlich vorzusprechen.
5 Die Beschäftigung der verfahrensgegenständlichen Subunternehmer sei nur ausnahmsweise und aufgrund des enormen Zeitdrucks erfolgt, der vom Bauherrn ausgeübt worden sei, um das Projekt Z rascher fertigzustellen. Dies sei bereits daran erkennbar, dass die Summe der Fremdleistungen der verfahrensgegenständlichen Subunternehmer nur 4,05% aller Fremdleistungen betrage. Unter diesem Aspekt erscheine es „wirtschaftsfeindlich“, bei sämtlichen Subunternehmern sämtliche Prüfungsschritte zu verlangen. Besuche der Geschäftslokale seien zeitlich gar nicht möglich gewesen.
6 Da der Prüfer schon während des Verfahrens gewusst habe, dass „Scheinfirmen“ vorlägen, komme § 162 BAO nicht zum Tragen, weil die Empfängerbenennung für die Finanz nur dann von Bedeutung sei, wenn ihr die Empfänger nicht bekannt seien.
7 Um Steuer- und Sozialversicherungsbetrug in der Baubranche hintanzuhalten, habe der Gesetzgeber die Regelung des § 19 Abs. 1a UStG 1994 sowie das Institut der Auftraggeberhaftung geschaffen. Die Revisionswerberin habe gegen keine dieser Bestimmungen verstoßen, weshalb kein Grund vorliege, die tatsächlich überwiesenen Beträge für tatsächlich erhaltene Leistungen nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen.
8 Weiters sei auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach das Verlangen der Empfängernennung rechtswidrig sei, wenn der Auftrag offenbar unerfüllbar sei und eine unverschuldete tatsächliche Unmöglichkeit vorliege, die Empfänger namhaft zu machen. Es sei der Revisionswerberin trotz umfangreicher Recherchen unmöglich gewesen zu erkennen, dass angeblich andere Personen hinter den hier in Rede stehenden Subunternehmern stünden. Dass diese Subunternehmer tatsächlich nicht existent gewesen seien, stimme nicht, was die Revisionswerberin durch zahlreiche Dokumente nachgewiesen habe.
9 Zweck des § 162 BAO sei, Besteuerungskomponenten, die sich bei einem Abgabenpflichtigen steuermindernd auswirkten, beim Empfänger steuerlich zu erfassen. Die Bestimmung diene daher der Besteuerung des Empfängers und nicht dazu, die Richtigkeit der Besteuerung beim Abgabepflichtigen selbst zu erreichen. Dem Finanzamt seien die wahren Machthaber der Subunternehmer bekannt gewesen, weshalb sich die Frage stelle, warum keine Maßnahmen gegenüber den „Scheinfirmen“ ergriffen, sondern diesen vielmehr UID‑Nummern und Steuernummern erteilt worden seien. Es widerspreche rechtsstaatlichen Grundsätzen, dass die Finanzverwaltung ihr „Steuereintreibungsrisiko“ beim Leistungserbringer einfach auf den liquiden Auftraggeber abwälzen könne.
10 Bei allen verfahrensgegenständlichen Subunternehmern habe es sich um länger bestehende Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit Vermögenssubstanz und teilweise inländischen Gesellschaftsorganen gehandelt, die auch schon längere Zeit in Österreich gemeldet gewesen seien. Die Leistungen seien tatsächlich erbracht worden. Die Revisionswerberin habe nicht nur Firmenbuchauszüge, sondern auch weitergehende Geschäftsunterlagen dazu vorgelegt. In allen Fällen habe die Revisionswerberin überprüft, dass es sich um tatsächlich existente Gesellschaften handle, die über Steuernummern, UID‑Nummern und Veranlagungsbescheide verfügten.
11 Weiters habe die Abgabenbehörde der Revisionswerberin während des laufenden Betriebsprüfungsverfahrens Informationen vorenthalten, deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer abgabenrechtlichen Interessen oder zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten erforderlich gewesen wäre. Erst im Betriebsprüfungsbericht seien gegenüber der Revisionswerberin grobe Beschuldigungen geäußert worden.
12 Das Finanzamt legte die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Finanzsenat vor.
13 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das zwischenzeitig zuständig gewordene Bundesfinanzgericht der Berufung (nunmehr Beschwerde) keine Folge.
14 In der Begründung führte es zunächst die von der Revisionswerberin vorgelegten Unterlagen zu den verfahrensgegenständlichen Subunternehmern an und traf Feststellungen zu den räumlichen Verhältnissen an den Sitzadressen der Subunternehmer sowie zu deren Gesellschaftern, Geschäftsführern und tatsächlichen Machthabern. Weiters wies es auf Aussagen von einzelnen Dienstnehmern hin, die gegenüber der Polizei angegeben hätten, bei mehreren vertragsgegenständlichen Subunternehmern angemeldet gewesen zu sein, ihren Lohn aber immer in einem näher bezeichneten Café oder direkt auf der Baustelle erhalten zu haben. Als ungewöhnlich wurden vom Bundesfinanzgericht auch die in den Werkverträgen mit den Subunternehmern getroffenen Vereinbarungen beurteilt, wonach die Angebote der Auftragnehmer ‑ trotz hoher Auftragssummen ‑ mündlich erteilt würden.
15 Nach den auf den jeweiligen Subunternehmer bezogenen Ausführungen legte das Bundesfinanzgericht dar, den Hintergrund der vom Prüfer getroffenen Feststellungen bildeten polizeiliche und abgabenbehördliche Ermittlungen in der Baubranche, die zu Tage gebracht hätten, dass verschiedene Baufirmen Bauaufträge an Subunternehmen vergeben hätten, die keine tatsächliche Geschäftstätigkeit ausgeübt, sondern nur den Zweck gehabt hätten, Sozial- und Lohnabgaben zu umgehen. Mehrere „Hintermänner“ (z.B. die auch hinsichtlich gegenständlicher Subunternehmen auftretenden Brüder S) hätten Firmenmäntel (d.h. Firmen ohne Geschäftstätigkeit) aufgekauft und Personen aus Ungarn und dem ehemaligen Jugoslawien gegen Bezahlung als Geschäftsführer für diese Firmen angeworben. Die Geschäftsführer seien an Anschriften behördlich gemeldet gewesen, die nicht deren tatsächliche Unterkunftsorte gewesen seien. Sie seien nur zu Unterschriftsleistungen oder für Barbehebungen vom Firmenkonto nach Österreich geholt worden. Nach der Übernahme der Firmen durch die von den „Hintermännern“ angeworbenen Gesellschafter und Geschäftsführer seien sofort hohe Umsätze erzielt worden. Die „Hintermänner“ hätten vom jeweiligen Rechnungsbetrag eine Provision einbehalten und den Rest an sogenannten „Zumelder“ übergeben. Die „Zumelder“ ‑ die teils mit und teils ohne eigene Firma über Arbeitskräfte verfügten ‑ hätten die in Rede stehenden Firmen dazu benutzt, ihre Arbeiter „sozialzuversichern“, wissend, dass die Sozialabgaben nicht bezahlt und die Firmen bewusst in Konkurs geführt würden. Mit den „Zumeldern“ in Kontakt stehende Baufirmen hätten sodann Aufträge an die Firmen der Hintermänner übertragen. Die „Scheingeschäftsführer“ hätten nur die Aufgabe gehabt, für Unterschriftsleistungen und Barabhebungen zur Verfügung zu stehen, mit der Geschäftsgebarung hätten sie nichts zu tun gehabt.
16 Dem Auftreten der gegenständlichen Subunternehmer habe somit ein planmäßiges, durch „Hintermänner“ gesteuertes, auf die Verkürzung von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnabgaben gerichtetes Vorgehen zu Grunde gelegen. Über sämtliche von den „Hintermännern“ organisierten „Mantelfirmen“ sei, in der Regel nur wenige Monate nachdem sie die vermeintlich von ihnen erbrachten Leistungen verrechnet hätten, der Konkurs eröffnet worden.
17 Es könne festgestellt werden, dass die streitgegenständlichen Subunternehmer zu dem Zeitpunkt, zu dem sie von den „Hintermännern“ übernommen worden seien, keine Tätigkeit mehr ausgeübt hätten.
18 Weiters seien die Firmen, nachdem sie gegenüber der Revisionswerberin als Subunternehmer in Erscheinung getreten seien und Rechnungen über vermeintlich von ihnen erbrachte Leistungen gelegt hätten, insolvent geworden, wobei ab Übernahme der Subunternehmer durch die Hintermänner bis zur Konkurseröffnung nur wenige Monate vergangen seien. Gemeinsam sei den Subunternehmern auch deren in Folge Vermögenslosigkeit erfolgte Löschung im Firmenbuch.
19 Aufgrund dieses einheitlichen, mit der von der Polizei aufgedeckten Praxis übereinstimmenden Ablaufs sei ein bloß zufälliges Auftreten der Insolvenzen unwahrscheinlich. Vielmehr sei daraus auch hinsichtlich der von der Revisionswerberin beauftragten Subfirmen zu schließen, dass diese bewusst in den Konkurs geführt worden seien, mit dem Ziel, Sozialversicherungsbeiträge und Abgaben für die auf die Firma angemeldeten Arbeiter nicht bezahlen zu müssen.
20 Der Prüfer habe in seinem Bericht festgehalten, bei Erhebungen an der Sitzadresse aller verfahrensgegenständlichen Subunternehmer hätten sich keine Anhaltspunkte für eine dort ausgeübte Geschäftstätigkeit ergeben, denn die Gesellschaften seien am angeblichen Betriebsort nicht existent und die Geschäftsführer unauffindbar.
21 Beim Baugewerbe handle es sich um eine Risikobranche, bei der eine erhöhte Sorgfalt beim Eingehen von Geschäftsbeziehungen zugrunde zu legen sei. Die Revisionswerberin sei dieser Sorgfaltspflicht durch vorwiegend passives Verhalten (kein Aufsuchen der jeweiligen Subunternehmer vor Ort) trotz erstmaliger Aufnahme der Geschäftsbeziehung nicht gerecht geworden.
22 Die Revisionswerberin habe sich in keinem Fall davon überzeugt, dass der jeweilige Subunternehmer an der im Firmenbuch angeführten Adresse tatsächlich seinen Sitz gehabt habe. Sie habe sich auch nicht näher über den Betrieb des jeweiligen Subunternehmers und zwar insbesondere darüber informiert, ob dieser in der Lage sei, entsprechende Leistungen überhaupt und ordnungsgemäß zu erbringen. Eine Beauftragung von Subunternehmern werde im Allgemeinen wohl nur dann erfolgen, wenn man sich davon überzeugt habe, dass der Auftragnehmer in der Lage sei, den übernommenen Auftrag fach- und zeitgerecht zu erfüllen, dies umso mehr, als die Revisionswerberin nicht auf entsprechende Erfahrungen mit den verfahrensgegenständlichen Subfirmen habe zurückgreifen können. Dass die Revisionswerberin die Firmen, von denen sie abgesehen von deren rechtlicher Existenz nichts gewusst habe, zu denen sie zuvor noch keinen geschäftlichen Kontakt gehabt habe und deren Firmenwortlaut (X Handels GmbH) zum Teil nicht auf Erfahrungen in der Baubranche hingewiesen habe, allein auf telefonische Kontaktaufnahme hin beauftragt habe, sei nicht plausibel.
23 Mangels jeglicher von der Revisionswerberin überprüfter Geschäftsadressen blieben Zweifel, auf welche Weise die Revisionswerberin im Fall nachträglich hervorgetretener Baumängel Preisminderungen oder Regressforderungen gegenüber den Subunternehmern geltend machen wolle. Die vorgelegten Unterlagen wie Firmenbuchauszug, Nachweis der steuerlichen Erfassung oder Unbedenklichkeitsbescheinigungen seien allenfalls geeignet, den Anschein des Bestehens der betreffenden Subunternehmer hervorzurufen, sagten aber nichts darüber aus, ob diese Unternehmer über die Qualifikation verfügten, die übernommenen Aufträge auszuführen. Ebenso werde keine tatsächliche Leistungserbringung durch diese Subunternehmer nachgewiesen.
24 Trotz vermeintlicher Empfängerbenennung könne einer Aufwendung die Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe versagt werden, wenn die vom Abgabenpflichtigen genannte Person nicht Empfänger des abgesetzten Betrages sei. Mit der bloßen Namhaftmachung des Empfängers sei der Abzug von Ausgaben noch nicht gesichert. Wenn maßgebliche Gründe die Vermutung rechtfertigten, dass die genannte Person nicht der Empfänger der abgesetzten Beträge sei, könne die Behörde den Abzug trotzdem versagen. Es sei daher der Aufforderung nach § 162 BAO nicht entsprochen, wenn die benannte Person nicht der tatsächliche Empfänger der behaupteten Zahlungen sei.
25 Nach Auffassung des Bundesfinanzgerichts lägen im gegenständlichen Fall maßgebliche Gründe vor, welche die Vermutung rechtfertigten, dass die von der Revisionswerberin benannten Personen („Subfirmen“) nicht die tatsächlichen Empfänger der abgesetzten Beträge seien, dass die Aufforderung nach § 162 BAO rechtmäßig erfolgt sei, dass keine Ermessensüberschreitung vorliege und folglich die beantragten Betriebsausgaben zu Recht nicht anerkannt worden seien.
26 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig, weil im gegenständlichen Fall nur einzelfallbezogene Tatfragen zu beurteilen gewesen seien. Diese Beurteilung sei im Rahmen der von der Rechtsprechung zu § 162 BAO entwickelten Grundsätze vorgenommen worden.
27 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die hinsichtlich ihrer Zulässigkeit u.a. auf das Erkenntnis vom 18. Oktober 2017, Ra 2015/13/0054, verweist, wonach die Feststellung, dass der Geschäftsführer der Revisionswerberin niemals den Sitz der in Rede stehenden Gesellschaften aufgesucht habe, nicht einordenbar und in ihrer Tragweite erschließbar sei, wenn nicht dargelegt werde, ob und inwieweit dies in der Baubranche üblich sei. Das angefochtene Erkenntnis weiche von dieser Rechtsprechung ab, zumal das Bundesfinanzgericht ‑ ohne Feststellungen zu den in der Baubranche üblichen Gepflogenheiten getroffen zu haben ‑ der Revisionswerberin vorwerfe, sie habe Sorgfaltspflichten verletzt, weil sie die Firmensitze der gegenständlichen Subunternehmer nicht aufgesucht habe.
28 Das Finanzamt erstattete eine Revisionsbeantwortung.
29 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
30 Die Revision ist zulässig und auch begründet.
31 § 162 BAO lautet:
„§ 162. (1) Wenn der Abgabepflichtige beantragt, daß Schulden, andere Lasten oder Aufwendungen abgesetzt werden, so kann die Abgabenbehörde verlangen, daß der Abgabepflichtige die Gläubiger oder die Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet.
(2) Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde gemäß Abs. 1 verlangten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen.“
32 § 162 BAO beruht auf dem Grundsatz, dass das, was bei dem einen Abgabepflichtigen abzusetzen ist, bei dem anderen versteuert werden muss, wenn nicht steuerpflichtige Einnahmen unversteuert bleiben sollen. Es kann daher die Absetzung von Betriebsausgaben trotz feststehender sachlicher Berechtigung abgelehnt werden, solange nicht die Möglichkeit, die entsprechenden Einnahmen beim Empfänger zu besteuern, dadurch sichergestellt ist, dass der Steuerpflichtige den Empfänger konkret genannt hat. Es dürfen allerdings dem Steuerpflichtigen keine offenbar unerfüllbaren Aufträge zum Nachweis der Empfänger erteilt werden. „Offenbar unerfüllbar“ sind derartige Aufträge aber nur dann, wenn eine unverschuldete, tatsächliche Unmöglichkeit, die Empfänger der geltend gemachten Betriebsausgaben namhaft zu machen, vorliegt. Es darf nicht in der Macht des Steuerpflichtigen gestanden sein, die tatsächlichen Umstände, die ihn an der Bezeichnung der Empfänger hindern, abzuwenden (vgl. z.B. VwGH 20.12.2017, Ra 2016/13/0041, mwN).
33 Einer Aufforderung nach § 162 Abs. 1 BAO ist dann nicht entsprochen, wenn ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften die Feststellung getroffen wird, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger der abgesetzten Beträge sind (vgl. neuerlich VwGH 20.12.2017, Ra 2016/13/0041, mwN).
34 Der Verwaltungsgerichtshof hatte im Erkenntnis vom 20. Dezember 2017, Ra 2016/13/0041, einen Fall zu beurteilen, in dem das Bundesfinanzgericht davon ausgegangen war, dass der damaligen Revisionswerberin das ‑ auch im hier anhängigen Revisionsfall beschriebene ‑ Sozialbetrugsmodell und in dessen Rahmen auch (zwar nicht unbedingt die „Hintermänner“, aber) die „Zumelder“ bekannt gewesen waren. Hilfsweise führte das Bundesfinanzgericht im dortigen Verfahren ins Treffen, ein Unvermögen der Revisionswerberin zur Bezeichnung der „Zumelder“ wäre nicht unverschuldet. Als tatsächliche Empfänger der von der Revisionswerberin gezahlten Beträge wertete das Bundesfinanzgericht die „Zumelder“, die wegen Nichtentrichtung der Sozialversicherungsbeiträge und lohnabhängigen Abgaben durch die zwischengeschalteten Gesellschaften trotz Anmeldung der Arbeiter in der Lage gewesen seien, aus den weitergeleiteten, schon um die Gewinnspanne der Revisionswerberin verminderten Beträgen sowohl die Arbeiter als auch die „Hintermänner“ zu bezahlen, ohne Verluste zu erleiden. In diesem Zusammenhang bezog sich das Bundesfinanzgericht auch auf das Vorbringen der Revisionswerberin, die Weitergabe der Aufträge an die „Subfirmen“ sei eine Folge des Kostendrucks gewesen. Dass in Wahrheit die Revisionswerberin selbst die Arbeiter beschäftigt und entlohnt habe, nahm das Bundesfinanzgericht nicht an.
35 Ausgehend von diesen Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts wurde vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 20. Dezember 2017 zu Recht erkannt, dass die Schlussfolgerung, die Gesellschaften, mit denen die dortige Revisionswerberin Verträge abschloss und von denen die Arbeiter zur Sozialversicherung angemeldet wurden, seien nicht die wirklichen Erbringer der Leistungen und die tatsächlichen Empfänger der von der dortigen Revisionswerberin mit Schecks oder durch Überweisung auf Konten dieser Gesellschaften entrichteten Beträge gewesen, nicht zu beanstanden sei.
36 Im vorliegenden Revisionsfall führte das Bundesfinanzgericht die von der Revisionswerberin vorgelegten Unterlagen zu den verfahrensgegenständlichen Subunternehmern an, und es traf Feststellungen zu den räumlichen Verhältnissen an den Sitzadressen der Subunternehmer sowie zu deren Gesellschaftern, Geschäftsführern und tatsächlichen Machthabern. Es wies auf Aussagen von einzelnen Arbeitnehmern sowie ungewöhnliche Bestimmungen in den mit Subunternehmern geschlossenen Werkverträgen hin. Weiters machte es allgemeine Ausführungen zu einem Sozialbetrugsmodell, das im Rahmen von polizeilichen und abgabenbehördlichen Ermittlungen aufgedeckt worden ist und in das die verfahrensgegenständlichen Subunternehmer eingebunden gewesen sein sollen.
37 Feststellungen zu den im Sozialbetrugsmodell erwähnten „Zumeldern“ oder dazu, dass diese „Zumelder“ (und allenfalls auch die „Hintermänner“ der Subunternehmer) der Revisionswerberin bekannt gewesen seien, traf das Bundesfinanzgericht nicht, weshalb sich das hier angefochtene Erkenntnis trotz des teilweise übereinstimmenden Sachverhalts ganz wesentlich von jenem unterscheidet, das dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes vom 20. Dezember 2017 zugrunde lag.
38 Soweit ersichtlich begründet das Bundesfinanzgericht das hier angefochtene Erkenntnis im Wesentlichen damit, dass die Revisionswerberin ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen sei, weil sie sich in keinem Fall davon überzeugt habe, dass der jeweilige Subunternehmer an der im Firmenbuch angeführten Adresse tatsächlich seinen Sitz gehabt habe, und auch keine näheren Informationen über den Betrieb des jeweiligen Subunternehmers eingeholt worden seien, insbesondere darüber, ob dieser in der Lage sei, entsprechende Leistungen überhaupt und ordnungsgemäß zu erbringen. Diesbezüglich ist auf das in der Revision ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 2017, Ra 2015/13/0054, zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass solche Feststellungen nicht einordenbar und in ihrer Tragweite nicht erschließbar sind, solange im angefochtenen Erkenntnis nicht dargelegt wird, ob und inwieweit dies in der Baubranche üblich ist. Allgemeine Aussagen dahingehend, dass es sich beim Baugewerbe um eine Risikobranche handle, bei der eine erhöhte Sorgfalt beim Eingehen von Geschäftsbeziehungen zugrunde zu legen sei, können Feststellungen zu den diesbezüglichen Gepflogenheiten nicht ersetzen.
39 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben war.
40 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.
41 Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 13. November 2019
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