Normen
BauRallg
RPG Vlbg 1996 §16 idF 2015/022
12010E056 AEUV Art56
62018CJ0724 Cali Apartments VORAB
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020060327.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde L. vom 2. Oktober 2019, mit welchem in Bezug auf näher bezeichnete Grundstücke ihre auf § 16 Abs. 4 Raumplanungsgesetz ‑ RPG, in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 22/2015 gestützten Anträge auf Erteilung einer Ferienwohnungsbewilligung als unzulässig zurückgewiesen und ihre Anträge auf Genehmigung von Ferienwohnungen gemäß § 16 Abs. 4 lit. b und c RPG als unbegründet abgewiesen worden waren, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
5 Begründend stellte das Verwaltungsgericht zunächst fest, dass die revisionswerbenden Parteien Eigentümer der gegenständlichen Grundstücke, welche unbebaut seien und die Widmung „Baufläche Wohngebiet“ aufwiesen, seien. Es sei geplant, auf diesen Grundstücken einen Beherbergungsbetrieb zu errichten, wobei unter anderem die Errichtung von zumindest zwei Ferienwohnungen beabsichtigt sei. Weiters hielt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen fest, dass der Bewilligungstatbestand nach § 16 Abs. 4 und 4a Raumplanungsgesetz (im Folgenden: RPG) in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 22/2015, auf welchen sich die gegenständlichen Anträge ausdrücklich stützten, mit Inkrafttreten der besagten Novelle ersatzlos entfallen sei. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei auch bei Anträgen auf Ferienwohnungsbewilligung nach § 16 RPG der Grundsatz anwendbar, wonach das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung geltende Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen habe, zumal nach dieser Judikatur auch keine unionsrechtlichen Gründe für ein Abweichen von diesem Grundsatz bestünden. Die auf § 16 RPG in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 22/2015 gestützten Anträge seien durch die Änderung der Rechtslage somit unzulässig geworden und damit zurückzuweisen gewesen. Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 16 Abs. 4 lit. b RPG schon deshalb nicht vor, weil dieser ausschließlich Eigentümer einer Wohnung oder eines Wohnraumes betreffe, die revisionswerbenden Parteien aber lediglich Eigentümer von zwei unbebauten Grundstücken seien. Zudem habe das Ermittlungsverfahren nicht ergeben, dass die Voraussetzungen des § 16 Abs. 4 lit. c RPG vorlägen, zumal die revisionswerbenden Parteien dem ihnen diesbezüglich erteilten Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen seien. Da fallbezogen kein unionsrechtlich relevanter Sachverhalt vorliege, sehe sich das Verwaltungsgericht auch nicht veranlasst, ein Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten.
6 Gegen dieses Erkenntnis erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 22. September 2020, E 1004/2020-5, deren Behandlung ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B‑VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Begründend hielt der Verfassungsgerichtshof unter anderem fest, für ihn sei nicht erkennbar, dass die Bestimmungen des § 16 RPG und die Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde L. vom 13. Juli 2015 gemäß § 16 Abs. 8 RPG ‑ soweit diese im vorliegenden Fall präjudiziell seien ‑ gegen die unionsrechtlichen Grundfreiheiten verstießen, weswegen eine verfassungsrechtlich unzulässige Inländerdiskriminierung von vornherein nicht vorliegen könne.
7 Zum Vorbringen der revisionswerbenden Parteien in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision betreffend die im Revisionsfall anzuwendende Fassung des RPG ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof die Frage, welche Rechtslage nach dem Inkrafttreten der in Rede stehenden Novelle LGBl. Nr. 22/2015 zum RPG auch in vor diesem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren anzuwenden ist, bereits geklärt hat; dazu wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf die Beschlüsse VwGH 27.7.2016, Ra 2016/06/0003, und VwGH 25.1.2018, Ra 2017/06/0251, verwiesen. Dass das Verwaltungsgericht von dieser hg. Judikatur abgewichen sei, legt die Revision nicht dar und ist auch nicht ersichtlich.
8 Im Übrigen ergeben sich weder aus dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt noch aus der Zulässigkeitsbegründung Anhaltspunkte dafür, dass fallbezogen ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt, weshalb die revisionswerbenden Parteien mit ihrer Argumentation zu europarechtlichen Grundfreiheiten und zu einer daraus abzuleitenden Unzulässigkeit des erteilten Verbesserungsauftrages keine Rechtsfrage aufzeigen, die im gegenständlichen Verfahren entscheidungsrelevant sein könnte (vgl. etwa neuerlich VwGH 27.7.2016, Ra 2016/06/0003, mwN; zur behaupteten Inländerdiskriminierung vgl. auch den oben zitierten Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes). Selbst wenn Nutzungsbeschränkungen für Ferienwohnungen die Dienstleistungsfreiheit berühren sollten, wurde fallbezogen allein mit dem Hinweis auf die hohen Preise für Wohnungen in der betreffenden Gemeinde nicht dargelegt, dass § 16 RPG in der Fassung LBGl. Nr. 22/2015 im Sinn der Judikatur des EuGH (vgl. dazu auch das von den revisionswerbenden Parteien zitierte Urteil des EuGH vom 22. September 2020, C‑724/18) nicht legitimiert und verhältnismäßig sei. Daher wurde auch mit der in der Revision behaupteten Verpflichtung des Verwaltungsgerichtshofes zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens unter Hinweis auf Art. 267 AEUV keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. zum Ganzen VwGH 25.1.2018, Ra 2017/06/0251).
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 21. Jänner 2021
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