Normen
BauO Tir 2011 §37 Abs1
BauO Tir 2011 §37 Abs2
BauO Tir 2011 §37 Abs2 lita
BauO Tir 2011 §37 Abs2 litb
BauO Tir 2011 §37 Abs2 litc
BauO Tir 2011 §37 Abs2 litd
BauO Tir 2011 §38 Abs1
BauO Tir 2011 §57 Abs1 litj Z2
BauO Tir 2011 §57 Abs2 litf
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2020060198.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der revisionswerbenden Partei vom 6. September 2019 wurde dem Mitbeteiligten eine Übertretung des § 57 Abs. 1 lit. j Z 2 Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011) zur Last gelegt, weil er es als Eigentümer und Bauberechtigter zu verantworten habe, dass die mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 7. Dezember 2012 bewilligte Gastronomieeinheit im Erdgeschoß eines näher genannten Anwesens bereits seit 18. Dezember 2016 (Zeitpunkt der erstmaligen Feststellung) anderen zur Benützung überlassen worden sei, obwohl die Voraussetzungen nach § 37 Abs. 2 TBO 2011 (Erstattung der mit den Unterlagen nach § 37 Abs. 1 dritter und vierter Satz TBO 2011 vollständig belegten Anzeige über die Bauvollendung) zumindest bis zum 22. Jänner 2018 nicht vorgelegen hätten. Unter einem wurde über den Mitbeteiligten eine Geldstrafe in der Höhe von € 3.630,‑ (Ersatzfreiheitsstrafe von 55 Stunden) verhängt und ihm ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der vom Mitbeteiligten dagegen erhobenen Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf € 360,‑ (Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden) herabgesetzt und der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dahingehend abgeändert wurde, dass dem Mitbeteiligten eine Übertretung des § 57 Abs. 2 lit. f TBO 2011 zur Last gelegt werde, weil er es als Eigentümer zu verantworten habe, dass die betreffende Gastronomieeinheit zumindest im Zeitraum vom 18. Dezember 2016 bis 1. Oktober 2017 und vom 16. Jänner 2018 bis 22. Jänner 2018 benützt worden sei, ohne dass eine Bauvollendungsanzeige im Sinn des § 37 Abs. 1 TBO 2011 eingebracht worden sei. Weiters wurde der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der revisionswerbenden Partei mit € 36,‑ neu festgesetzt und ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
3 Begründend stellte das Verwaltungsgericht ‑ soweit für den Revisionsfall wesentlich ‑ zunächst fest, dass seitens der mobilen Überwachungsgruppe des Stadtmagistrates Innsbruck aufgrund einer Lärmbeschwerde eines Nachbarn am 18. Dezember 2016 gegen 5.30 Uhr im gegenständlichen Gastgewerbelokal gastgewerbliche Tätigkeiten wahrgenommen worden seien und somit eine Benützung dieser baulichen Anlage stattgefunden habe, ohne dass seitens des Eigentümers eine Bauvollendungsanzeige eingebracht worden sei. Die Anzeige über die Bauvollendung sei erst am 2. Oktober 2017 in der Einlaufstelle des Bauamtes eingegangen und in der Folge mit der am 16. Jänner 2018 eingegangenen Eingabe des Mitbeteiligten zurückgezogen worden.
4 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht aus, es sei unstrittig, dass das betreffende Gastgewerbelokal im spruchgemäß modifizierten Zeitraum betrieben worden sei, ohne dass seitens des Eigentümers eine Bauvollendungsanzeige im Sinn des § 37 Abs. 1 TBO 2011 eingebracht worden sei. Die revisionswerbende Partei habe jedoch verkannt, dass die Verletzung der Obliegenheit zur Anzeige der Bauvollendung nicht auf § 57 Abs. 1 lit. j Z 2 TBO 2011, sondern auf § 57 Abs. 2 lit. f TBO 2011 zu stützen gewesen wäre, was sich zweifelsfrei aus dem Wortlaut des § 57 Abs. 1 lit. j Z 2 TBO 2011 ergebe, in dem ausschließlich auf die Voraussetzungen nach § 37 Abs. 2 TBO 2011 Bezug genommen werde. Diese genannten Voraussetzungen statuierten jedoch nicht ‑ wie § 37 Abs. 1 TBO 2011 ‑ das Erfordernis der schriftlichen Anzeige der Bauvollendung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens, sondern das (darüber hinaus reichende) Erfordernis des Vorliegens diverser infrastruktureller Voraussetzungen, die in den lit. a bis c dieser Bestimmung genannt seien, deren Vorliegen von der revisionswerbenden Partei jedoch nicht einmal behauptet worden sei. Das Erfordernis einer Bauvollendungsanzeige für bewilligungspflichtige Bauvorhaben ergebe sich vielmehr ausschließlich aus § 37 Abs. 1 TBO 2011. Eine Verletzung der Obliegenheit des § 37 Abs. 1 TBO 2011 sei jedoch ausschließlich in § 57 Abs. 2 lit. f TBO 2011 pönalisiert und mit einem im Verhältnis zu § 57 Abs. 1 TBO 2011 geringeren Strafrahmen von bis zu € 3.600,‑ (und nicht wie in Absatz 1 mit bis zu € 36.300,‑) zu ahnden. Im Revisionsfall sei einzig und allein von Bedeutung, dass seitens des Mitbeteiligten für die im Erdgeschoß befindliche Gastronomieeinheit keine (rechtzeitige) Bauvollendungsanzeige eingebracht worden sei, weshalb auf die Strafnorm des § 57 Abs. 2 lit. f TBO 2011 abzustellen gewesen sei.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, in der eine Entscheidung in der Sache, in eventu die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt wird.
6 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher er beantragte, der Revision keine Folge zu geben, in eventu in der Sache zu entscheiden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7 Die Revision erweist sich angesichts des aufgezeigten Fehlens von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung des § 57 Abs. 1 lit. j Z 2 TBO 2011 und des Abweichens des Verwaltungsgerichtes von der hg. Rechtsprechung (Hinweis auf VwGH 27.1.2009, 2005/06/0070) als zulässig.
8 Die revisionswerbende Partei bringt im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht gehe im angefochtenen Erkenntnis zu Unrecht davon aus, dass das Erstatten einer schriftlichen Anzeige der Vollendung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens keine Voraussetzung gemäß § 37 Abs. 2 TBO 2011 darstelle, wodurch eine Bestrafung nach § 57 Abs. 1 lit. j Z 2 TBO 2011 ausgeschlossen werde. Aus dem Wortlaut des § 37 Abs. 2 TBO 2011 ergebe sich zweifelsfrei, dass zunächst eine Bauvollendungsanzeige erstattet werden müsse. Erst wenn diese Voraussetzung erfüllt sei, seien die weiteren Voraussetzungen gemäß den lit. a bis c der genannten Bestimmung zu prüfen. Wenn auch nur eine dieser in § 37 Abs. 2 TBO 2011 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sei, dürfe die Anlage nicht benützt werden; andernfalls liege eine Verwaltungsübertretung gemäß § 57 Abs. 1 lit. j Z 2 TBO 2011 vor (Hinweis auf Rath‑Kathrein in Weber/Rath‑Kathrein, Tiroler Bauordnung, Rz 5 zu § 37, S 512). Auch der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung VwGH 27.1.2009, 2005/06/0070, ausgeführt, dass die Benützung der baulichen Anlage erst nach Erstattung einer Bauvollendungsanzeige zulässig sei, was sich „aus dem Wortlaut des § 35 Abs. 2 TBO“ ergebe; erfolge keine Bauvollendungsanzeige sei eine Prüfung, ob „die weiteren Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 lit. a bis c TBO 2011“ vorlägen, nicht notwendig. Der Argumentation des Verwaltungsgerichtes, wonach gemäß § 37 Abs. 2 TBO 2011 lediglich die infrastrukturellen Voraussetzungen zu überprüfen seien und eine anderslautende Interpretation für § 57 Abs. 2 lit. f TBO 2011 keinen Anwendungsbereich ließe, könne nicht gefolgt werden, weil der Landesgesetzgeber bewusst zwei unterschiedliche Tatbestände normiert habe. Zum einen bilde das Benützen einer baulichen Anlage ohne das Vorliegen der Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 TBO 2011 eine Verwaltungsübertretung (nach § 57 Abs. 1 lit. j Z 2 TBO 2011), zum anderen werde nach § 57 Abs. 2 lit. f TBO 2011 lediglich das Nichterstatten einer Bauvollendungsanzeige bestraft, wobei für das Benützen ein wesentlich höherer Strafrahmen festgelegt worden sei.
9 § 37 TBO 2011, LGBl. Nr. 57 in der Fassung LGBl. Nr. 83/2015, lautet auszugsweise:
„§ 37
Bauvollendung
(1) Der Eigentümer der baulichen Anlage hat die Vollendung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens nach § 21 Abs. 1 lit. a, b oder e unverzüglich der Behörde schriftlich anzuzeigen. Die Anzeige über die Bauvollendung kann auch hinsichtlich in sich abgeschlossener Teile eines Gebäudes oder selbstständiger Teile einer sonstigen baulichen Anlage erfolgen. Der Anzeige sind gegebenenfalls die Befunde nach § 31 Abs. 4 und 5 sowie die aufgrund der Baubewilligung vorzulegenden Unterlagen anzuschließen. Der Anzeige ist weiters ein neuer Energieausweis anzuschließen, wenn der einen Bestandteil der Planunterlagen bildende Energieausweis nicht sämtliche Daten nach § 19c Abs. 4 lit. a und c enthält oder wenn sich gegenüber der Baubewilligung Abweichungen in der Bauausführung ergeben haben, die Auswirkungen auf die Gesamtenergieeffizienz, die Energieeinsparung oder den Wärmeschutz haben können. § 23 Abs. 2 zweiter und dritter Satz gilt sinngemäß.
(2) Bauliche Anlagen, die nicht nach § 38 Abs. 1 einer Benützungsbewilligung bedürfen, oder Teile davon dürfen nach der Erstattung der mit den Unterlagen nach Abs. 1 dritter und vierter Satz vollständig belegten Anzeige über die Bauvollendung benützt werden, wenn
a) eine dem bewilligten Verwendungszweck entsprechende, rechtlich gesicherte Verbindung des Bauplatzes mit einer öffentlichen Verkehrsfläche vorhanden ist;
b) eine dem bewilligten Verwendungszweck entsprechende Wasser‑ und Energieversorgung sowie Entsorgung der Abwässer und der Niederschlagswässer vorhanden sind; sofern nach den kanalisationsrechtlichen Vorschriften Anschlusspflicht besteht, muss der Anschluss an die öffentliche Kanalisation ordnungsgemäß hergestellt sein;
c) die in der Baubewilligung vorgeschriebenen Abstellmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge und Fahrräder nach den §§ 8, 9 und 10, soweit nicht eine Befreiung nach § 8 Abs. 9 oder § 10 Abs. 5 erteilt wurde, vorhanden sind; sofern diese Abstellmöglichkeiten nicht bereits Teil des bewilligten Bauvorhabens sind (§ 8 Abs. 3 bzw. § 10 Abs. 4 zweiter Satz), ist deren Vorhandensein nachzuweisen.
...“
10 § 37 Abs. 2 TBO 2011 lautet im gegenständlichen Tatzeitraum seit der mit 23. Dezember 2017 in Kraft getretenen Novelle LGBl. Nr. 129/2017, auszugsweise:
„(2) Bauliche Anlagen, die nicht nach § 38 Abs. 1 einer Benützungsbewilligung bedürfen, oder Teile davon dürfen nach der Erstattung der mit den Unterlagen nach Abs. 1 dritter und vierter Satz vollständig belegten Anzeige über die Bauvollendung benützt werden, wenn
a) eine dem bewilligten Verwendungszweck entsprechende, rechtlich gesicherte Verbindung des Bauplatzes mit einer öffentlichen Verkehrsfläche vorhanden ist;
b) eine dem bewilligten Verwendungszweck entsprechende Wasser‑ und Energieversorgung sowie Entsorgung der Abwässer und der Niederschlagswässer vorhanden sind; sofern nach den kanalisationsrechtlichen Vorschriften Anschlusspflicht besteht, muss der Anschluss an die öffentliche Kanalisation ordnungsgemäß hergestellt sein;
c) die in der Baubewilligung vorgeschriebenen Abstellmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge und Fahrräder nach den §§ 8, 9 und 10, soweit nicht eine Befreiung nach § 8 Abs. 9 oder § 10 Abs. 5 erteilt wurde, vorhanden sind; sofern diese Abstellmöglichkeiten nicht bereits Teil des bewilligten Bauvorhabens sind (§ 8 Abs. 3 bzw. § 10 Abs. 4 zweiter Satz), ist deren Vorhandensein nachzuweisen.
d) bei Wohnanlagen ein dem § 11 Abs. 1 und gegebenenfalls auch einer Verordnung nach § 20 Abs. 2 entsprechender Kinderspielplatz, sofern nicht eine Befreiung nach § 11 Abs. 2 erteilt wurde, vorhanden ist.“
11 § 57 Abs. 1 und 2 TBO 2011, LGBl. Nr. 57 in der Fassung LGBl. Nr. 26/2017, lauten auszugsweise:
„§ 57
Strafbestimmungen
(1) Wer
...
j) als Eigentümer oder Bauberechtigter eine bauliche Anlage oder einen Teil davon benützt oder anderen zur Benützung überlässt, obwohl
...
2. die Voraussetzungen nach § 37 Abs. 2, gegebenenfalls in Verbindung mit § 46 Abs. 6, nicht vorliegen,
...“
(2) Wer
...
f) als Eigentümer einer baulichen Anlage entgegen dem § 37 Abs. 1, 3 oder 4, gegebenenfalls in Verbindung mit § 46 Abs. 6 oder § 49 Abs. 4, die Vollendung eines bewilligungspflichtigen oder anzeigepflichtigen Bauvorhabens der Behörde nicht anzeigt,
...“
12 § 44a VStG regelt, welche Bestandteile der Spruch eines Straferkenntnisses zu enthalten hat. Dazu zählen unter anderem die als erwiesen angenommene Tat (Z 1) und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann. Der Beschuldigte hat zudem ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden.
13 Besteht ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung, bei dem es sich nicht bloß um eine terminologische Abweichung, deren Wirkung sich im Sprachlichen erschöpft, handelt, sondern bei dem die Wahl unterschiedlicher Begriffe vielmehr eine Unterschiedlichkeit in der rechtlichen Wertung durch Subsumtion unter je ein anderes Tatbild zum Ausdruck bringt, führt dies zu einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit (vgl. zum Ganzen VwGH 17.3.2021, Ra 2019/17/0113, mwN).
14 Gemäß § 57 Abs. 1 lit. j Z 2 TBO 2011 ist die Benützung einer baulichen Anlage trotz Nichtvorliegens der Voraussetzungen nach § 37 Abs. 2 TBO 2011 strafbar. § 37 Abs. 2 TBO 2011 regelt korrespondierend dazu die Voraussetzungen, unter denen bauliche Anlagen oder Teile davon, die nicht nach § 38 Abs. 1 TBO 2011 einer Benützungsbewilligung bedürfen, benützt werden dürfen. Dazu gehören nicht nur die in den lit. a bis c bzw. d dieser Bestimmung normierten Bedingungen; die zulässige Benützung einer solchen baulichen Anlage setzt nach dem insoweit klaren Wortlaut des § 37 Abs. 2 TBO 2011 zudem voraus, dass eine mit den Unterlagen nach Abs. 1 dritter und vierter Satz vollständig belegte Anzeige erstattet wurde. Die Benützung einer solchen baulichen Anlage, ohne dass eine vollständig belegte Bauvollendungsanzeige erstattet wurde, ist daher bereits aus diesem Grund unzulässig (vgl. in diesem Sinn auch VwGH 27.1.2009, 2005/06/0070, zur inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 35 Abs. 2 TBO 2001). Diesfalls liegt eine der für die zulässige Benützung einer baulichen Anlage aufgestellten Voraussetzungen nach § 37 Abs. 2 TBO 2011, nämlich die Erstattung einer vollständig belegten Bauvollendungsanzeige, nicht vor, sodass bei dennoch erfolgender Benützung einer solchen Anlage das Tatbild des § 57 Abs. 1 lit. j Z 2 TBO 2011 bereits erfüllt ist und sich eine Prüfung der Frage, ob die weiteren Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 lit. a bis c bzw. d TBO 2011 erfüllt sind oder nicht, erübrigt.
15 Der revisionswerbenden Partei ist daher zuzustimmen, dass die Benützung einer baulichen Anlage oder von Teilen davon, für welche eine Bauvollendungsanzeige nicht erstattet wurde, nach § 57 Abs. 1 lit. j Z 2 TBO 2011 strafbar ist.
16 Demgegenüber erfasst die vom Verwaltungsgericht herangezogene Strafnorm des § 57 Abs. 2 lit. f TBO 2011 lediglich die (bloße) Nichterstattung einer Bauvollendungsanzeige entgegen den darin genannten Vorschriften; dass die betreffende bauliche Anlage auch benützt wird, wird vom Tatbild des § 57 Abs. 2 lit. f TBO 2011 hingegen nicht verlangt. Der unterschiedliche Unrechtsgehalt der jeweiligen Übertretungen kommt auch im dafür vorgesehenen Strafrahmen zum Ausdruck, welcher für die unzulässige Benützung einer baulichen Anlage wesentlich höher liegt (Geldstrafe bis zu € 36.300,‑) als für die bloße Nichterstattung einer Bauvollendungsanzeige (Geldstrafe bis zu € 3.600,‑).
17 Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses dem Mitbeteiligten wiederum die unzulässige Benützung der in Rede stehenden Gastronomieeinheit ohne Erstattung einer Bauvollendungsanzeige angelastet, während es ihn wegen einer Übertretung des § 57 Abs. 2 lit. f TBO 2011 bestraft und in der Begründung des Erkenntnisses ausschließlich darauf abgestellt hat, dass er die Obliegenheit des § 37 Abs. 1 TBO 2011 zur Erstattung einer Bauvollendungsanzeige verletzt habe. Somit hat das Verwaltungsgericht die im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses als erwiesen angenommene Tat des Mitbeteiligten der falschen Strafnorm unterstellt und es liegt damit auch ein Widerspruch des Spruchs in sich sowie mit der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses vor.
Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am 3. Mai 2023
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