Normen
KFG 1967 §4 Abs2
VStG §44a Z1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §38
VwGVG 2014 §52 Abs8
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020020301.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang der Bestätigung der Spruchpunkte 3., 4. und 10. des vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol angefochtenen Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 10. Juli 2020 sowie im Ausspruch über den Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 10. Juli 2020 wurde dem Revisionswerber als Lenker eines näher bezeichneten PKW vorgeworfen, am 22. Juni 2019 zu einer näher genannten Uhrzeit am Tatort folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben:
„1. Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des PKW maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass beim bezeichneten KFZ ein deutlicher Flüssigkeitsverlust im Bereich des Motors (großflächiger Ölaustritt, keine Tropfenbildung) vorhanden war.
2. Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die für die verkehrs[-] und betriebssichere Verwendung des PKW maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass beim bezeichneten KFZ das Getriebegehäuse offen war und Einblick in das Getriebeinnere gewährte (Zahlräder sich[t]bar).
3. Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des PKW maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass beim bezeichneten KFZ die Ölwanne offenkundig beschädigt und nur behelfsmäßig repariert/abgedichtet war.
4. Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des PKW maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass beim bezeichneten KFZ der linke Vorderreifen im Bereich der Lauffläche einseitig (Innenseite) völlig abgefahren war (vermutlich ein Defekt an der Spur oä).
5. Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim PKW, VW Golf, (...) der Reifen rechts vorne verwendet wurde, obwohl dieser eine deutliche Beschädigung aufwies: tiefer, bis zum Unterbau des Reifens reichender Schnitt/Riss mit teilweisem Materialverlust. Die Verwendung von Reifen, die mit freiem Auge sichtbare, bis zum Unterbau des Reifens reichende Risse oder Ablösungen des Laufbandes oder der Seitenbänder ausweisen, ist verboten.
6. Sie haben sich als LenkerIn, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des PKW maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass beim bezeichneten KFZ die ABS‑Warnleuchte dauerhaft aktiv war.
7. Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des PKW maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass beim bezeichneten KFZ die Stoßstangenbefestigung hinten rechts gebrochen und die Stoßstange somit locker und leicht abstehend war.
8. Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die für die verkehrs[-] und betriebssichere Verwendung des PKW maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass beim bezeichneten KFZ der Heckscheibenwischer fehlte[.]
9. Sie haben es als LenkerIn des angeführten Kraftfahrzeuges unterlassen, eine/n
- Abschrift des Genehmigungsbescheides
- allgemeine Betriebserlaubnis (ABE)
- Nachweis (Bestätigung) durch einen gemäß § 57a Abs. 2 KFG Ermächtigten über die fachgerechte Anbringung und die Einhaltung allfälliger Auflagen im Fahrzeug mitzuführen, obwohl Sie gem. § 33 Abs. 1 Z 3 letzter Satz KFG dazu verpflichtet sind. Es wurde festgestellt, dass folgende Teile, Ausrüstungsgegenstände, zusätzliche Aufbauten oder Vorrichtungen angebracht waren:
Reifen und Felgen der Dimension 195/45R16 (entgegen den Eintragungen im Zulassungsschein)
10. Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des PKW maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass beim bezeichneten KFZ hinten links die Cellone gebrochen war.
11. Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des PKW maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass beim bezeichneten KFZ eine Fahrwerkstieferlegung durchgeführt worden sein dürfte: tiefsten technisches Bauteil ca. 85 mm.“
2 Der Revisionswerber habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
1. § 102 Abs. 1 KFG iVm § 4 Abs. 2 KFG
2. § 102 Abs. 1 KFG iVm § 4 Abs. 2 KFG
3. § 102 Abs. 1 KFG iVm § 4 Abs. 2 KFG
4. § 102 Abs. 1 KFG iVm § 4 Abs. 2 KFG
5. § 102 Abs. 1 iVm § 7 Abs. 1 KFG iVm § 4 Abs. 4 KDV
6. § 102 Abs. 1 KFG iVm § 4 Abs. 2 KFG
7. § 102 Abs. 1 KFG iVm § 4 Abs. 2 KFG
8. § 102 Abs. 1 KFG iVm § 4 Abs. 2 KFG
9. § 102 Abs. 1 KFG iVm § 22a Abs. 1 Z 1 lit. b KDV iVm § 33 Abs. 1 Z 3 letzter Satz KFG
10. § 102 Abs. 1 KFG iVm § 4 Abs. 2 KFG
11. § 102 Abs. 1 KFG iVm § 4 Abs. 2 KFG
3 Aufgrund dieser Verwaltungsübertretungen wurde über den Revisionswerber gemäß § 134 Abs. 1 KFG zu Spruchpunkt 1. und 8. jeweils eine Geldstrafe in Höhe von € 70,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 14 Stunden), zu den Spruchpunkten 2., 6. und 10. jeweils eine Geldstrafe in Höhe von € 100,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 20 Stunden), zu den Spruchpunkten 3. und 4. jeweils eine Geldstrafe in Höhe von € 150,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 30 Stunden), zu Spruchpunkt 5. eine Geldstrafe in Höhe von € 50,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Stunden), zu den Spruchpunkten 7. und 9. jeweils eine Geldstrafe in Höhe von € 80,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Stunden) und zu Spruchpunkt 11. eine Geldstrafe in Höhe von € 30,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Stunden) verhängt sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von € 120,‑ ‑ festgesetzt.
4 Der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Spruchpunkt 1. hinsichtlich der Spruchpunkte 1., 2., 5., 6., 7., 8., 9. und 11. des Straferkenntnisses Folge, behob das Straferkenntnis in diesem Umfang und stellte die Verfahren ein. Hinsichtlich der Spruchpunkte 3., 4. und 10. des Straferkenntnisses wies das LVwG die Beschwerde mit Spruchpunkt 2. als unbegründet ab und setzte mit Spruchpunkt 3. den Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens mit € 80,‑ ‑ fest. Mit Spruchpunkt 4. erklärte das LVwG die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG für nicht zulässig.
5 Mit der vorliegenden außerordentlichen Revision begehrt der Revisionswerber die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes insoweit, als damit die mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 10. Juli 2020 verhängten Strafen bestätigt wurden und dem Revisionswerber die Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt wurde.
6 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die Abweisung der Revision als unbegründet sowie den Zuspruch von Aufwandersatz.
7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
8 Die Revision erweist sich hinsichtlich der vorgebrachten Abweichung von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG als zulässig und begründet.
9 Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach § 44a Z 1 VStG ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird (vgl. VwGH 11.9.2019, Ra 2019/02/0094, mwN). Die Umschreibung der Tat hat nach ständiger hg. Rechtsprechung bereits im Spruch ‑ und nicht erst in der Begründung ‑ so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist, und sie darf keinen Zweifel daran bestehen lassen, wofür der Täter bestraft worden ist (vgl. VwGH 6.9.2019, Ra 2019/11/0053, mwN; vgl. zum Ganzen auch VwGH 6.5.2020, Ra 2019/02/0213, mwN).
10 Wie die Revision zutreffend aufzeigt, werden die Spruchpunkte 3., 4. und 10. des Straferkenntnisses vom 10. Juli 2020 diesen Anforderungen nicht gerecht. In den Spruchpunkten 3., 4. und 10. des Straferkenntnisses ‑ die vom LVwG bestätigt wurden ‑ wird nach wörtlicher Wiedergabe des § 4 Abs. 2 erster Satz KFG die jeweilige Tathandlung insofern umschrieben, als festgestellt wurde, dass „beim bezeichneten KFZ die Ölwanne offenkundig beschädigt und nur behelfsmäßig repariert/abgedichtet war“ (Spruchpunkt 3.), „beim bezeichneten KFZ der linke Vorderreifen im Bereich der Lauffläche einseitig (Innenseite) völlig abgefahren war (vermutlich ein Defekt an der Spur oä)“ (Spruchpunkt 4.) und „beim bezeichneten KFZ hinten links die Cellone gebrochen war“ (Spruchpunkt 10.).
11 Mit dieser Umschreibung der Tathandlungen wird den Anforderungen an das Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG nicht entsprochen. Aus der zitierten Rechtsvorschrift des § 4 Abs. 2 KFG ergibt sich, dass diese Bestimmung mehrere Tatbestände umfasst, die jeweils auf unterschiedliche Art und Weise verwirklicht werden können. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang festgehalten, dass bereits aus dem Spruch der zur Last gelegten und eine Verletzung des § 4 Abs. 2 KFG darstellenden Tathandlung hervorzugehen hat, welchen der mehreren Tatbestände des § 4 Abs. 2 KFG der Beschuldigte konkret verwirklicht haben soll (vgl. erneut VwGH 6.5.2020, Ra 2019/02/0213, mwN).
12 Im gegenständlichen Fall wird in den Spruchpunkten 3., 4. und 10. zunächst der Gesetzestext des § 4 Abs. 2 erster Satz KFG wörtlich zitiert. Bei der anschließenden Umschreibung der Tathandlungen fehlen jedoch notwendige Konkretisierungen dahingehend, welchen der mehreren Tatbestände des § 4 Abs. 2 erster Satz KFG der Revisionswerber durch die festgestellten Mängel jeweils verwirklicht haben soll und ist daher eine Zuordnung des Tatverhaltens zur zitierten Verwaltungsvorschrift nicht in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht (vgl. dazu wiederum VwGH 6.5.2020, Ra 2019/02/0213, mwN).
13 Indem das LVwG seiner Verpflichtung, die dem Revisionswerber in den Spruchpunkten 3., 4. und 10. des Straferkenntnisses vorgeworfenen Taten in einer dem § 44a Z 1 VStG entsprechenden Weise zu präzisieren, nicht nachgekommen ist (vgl. hierzu VwGH 13.7.2020, Ra 2019/02/0028, mwN), hat es das angefochtene Erkenntnis in diesem Umfang mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.
14 Im Hinblick auf den vom LVwG vorgeschriebenen (und an den Spruch seines Erkenntnisses angepassten) Kostenbeitrag zum Strafverfahren verweist die Revision auf die Bestimmung des § 52 Abs. 8 VwGVG, wonach dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen sind, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist. Hierbei übersieht die Revision, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Erfolg einer Beschwerde hinsichtlich einer von mehreren in einem Straferkenntnis geahndeten Verwaltungsübertretungen nicht zur Anwendung des § 52 Abs. 8 VwGVG auch hinsichtlich der übrigen Verwaltungsübertretungen führt (vgl. VwGH 17.12.2019, Ra 2019/04/0121, mwN, sowie VwGH 17.5.2018, Ra 2017/17/0712 bis 0713, mwN zur alten Rechtslage nach § 65 VStG).
15 Da der Ausspruch über den Kostenbeitrag zum Strafverfahren jedoch in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem Ausspruch über die verhängte Strafe steht, war das angefochtene Erkenntnis sowohl hinsichtlich der durch das LVwG bestätigten Strafaussprüche als auch des daran anknüpfenden Kostenbeitrages gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben (vgl. hierzu VwGH 1.4.2019, Ra 2018/17/0200, mwN).
16 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 1. März 2021
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