VwGH Ra 2019/20/0475

VwGHRa 2019/20/047511.12.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des A R in T, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. August 2019, W104 2180359-1/11E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §11
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200475.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 17. April 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2 Dieser Antrag wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 18. November 2017 abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. 3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Werden Verfahrensmängel - wie hier etwa die Nichtberücksichtigung der UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018 und der "Country Guidance" des EASO - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt (in Bezug auf Feststellungsmängel) voraus, dass auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 2.8.2018, Ra 2018/19/0225, mwN). Das Vorbringen, bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensmängel hätte das Bundesverwaltungsgericht "nicht festgestellt, dass die Rückkehr nach Herat bzw Mazar-e Sharif zulässig (ist) und zumindest subsidiären Schutz zuerkannt", kann eine solche Darstellung von Tatsachen nicht ersetzen. Dem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung lässt sich keine Relevanzdarstellung im Sinn der zitierten Rechtsprechung entnehmen.

8 Entgegen dem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit der Situation der Hazara in Afghanistan und der Frage einer drohenden Verfolgung aufgrund der Volks- und Religionsgruppenzugehörigkeit des Revisionswerbers - unter Bezugnahme auf aktuelle Länderberichte und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte - ausführlich auseinandergesetzt, aktuelle Feststellungen zur allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in den für die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative ins Auge gefassten Gebieten getroffen und sowohl die am 30. August 2018 veröffentlichten UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender als auch die "Country Guidance" des EASO einbezogen, die - entgegen der Zulässigkeitsbegründung - eine Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative für schiitische Hazara nicht generell ausschließen. Dass sich das BVwG hierbei von den Leitlinien der Judikatur entfernt habe, vermag die Revision nicht darzulegen (vgl. etwa zuletzt VwGH vom 28.3.2019, Ra 2018/14/0428, mwN). Die Revision zeigt fallbezogen weder auf, dass in den Städten Herat und Mazar-e Sharif eine Situation vorläge, die eine Verletzung der nach Art. 3 EMRK garantierten Rechte des Revisionswerbers darstellen würde, noch dass dem Revisionswerber eine Ansiedelung in diesen Städten nicht zumutbar wäre (vgl. VwGH 17.9.2019, Ra 2019/20/0438, mwN).

9 Fallbezogen begegnet die Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach dem jungen, männlichen, gesunden und arbeitsfähigen Revisionswerber, der über Schulbildung und Berufserfahrung als Landwirt verfüge und mit den kulturellen Gepflogenheiten und der Sprache seines Herkunftsstaates vertraut sei, in den Städten Herat und Mazar-e Sharif die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative zumutbar sei, nach dem Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes keinen Bedenken (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001; 27.5.2019, Ra 2019/14/0153, mwN).

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 11. Dezember 2019

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