VwGH Ra 2019/20/0152

VwGHRa 2019/20/015229.4.2019



Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des M H in W, vertreten durch Dr.in Julia Ecker, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Opernring 7/18, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2019, Zl. L521 2170811-1/22E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z3 litc

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200152.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Irak, stellte am 4. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. 2 Mit Bescheid vom 23. August 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis - nach Durchführung einer Verhandlung - als unbegründet ab. Unter einem erklärte das Verwaltungsgericht die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Sofern der Revisionswerber in der Begründung der Zulässigkeit der Revision Feststellungen zur Situation im Heimatland vermisst, geht er von seinem bisherigen Vorbringen aus. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht demgegenüber ausgeführt, es sei der "behaupteten atheistischen Einstellung" des Revisionswerbers "nicht zu folgen". Er habe lediglich dargelegt, dass er sich nicht religiös betätige und die Religion in seinem Leben keinen Stellenwert einnehme. Er habe schon während seines bisherigen Lebens im Irak kein religiöses Leben geführt und religiösen Vorschriften keine Beachtung geschenkt. Der Revisionswerber habe selbst eingeräumt, dass seine Lebensweise zu "keinen Schwierigkeiten" geführt habe. Weiters legte das Bundesverwaltungsgericht dar, weshalb auch anhand der Feststellungen zur Situation im Heimatland des Revisionswerbers nicht zum Ergebnis zu kommen sei, dass er wegen der festgestellten Lebensführung in asylrelevanter Weise Verfolgung zu befürchten hätte.

8 Soweit die Revision sich - sowohl in diesem Zusammenhang als auch in Bezug auf weiteres Vorbringen, dem vom Bundesverwaltungsgericht nicht gefolgt wurde - gegen die Beweiswürdigung wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 4.3.2019, Ra 2018/14/0273, mwN). Die Revision zeigt nicht auf, dass die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts fallbezogen unvertretbar wäre. 9 Wenn der (vor dem Bundesverwaltungsgericht anwaltlich vertretene) Revisionswerber einen Ermittlungsmangel zu erkennen vermeint, weil der ohnedies in der Verhandlung als Zeugin vernommenen Lebensgefährtin weitergehende Fragen hätten gestellt werden müssen, ist darauf hinzuweisen, dass er einen diesbezüglichen Beweisantrag nicht gestellt hat und sich zudem aus dem Protokoll zur Verhandlung vom 24. Juli 2018 ergibt, dass ihm und seinem (bei der Verhandlung anwesenden) rechtsfreundlichen Vertreter die Gelegenheit gegeben wurde, Fragen an die Zeugin zu richten, was aber nicht in Anspruch genommen wurde (sh. S. 19 des Verhandlungsprotokolles: "RV hat keine Fragen an die Z. Die Zeugin wird um 11.21 Uhr entlassen.").

10 Zudem ist auch in der Zulassungsbegründung - in der dafür gebotenen Kürze - die Relevanz eines behaupteten Verfahrensfehlers für den Verfahrensausgang darzutun. Im Fall einer unterbliebenen Vernehmung ist konkret darzulegen, was die betreffende Person im Fall ihrer Vernehmung ausgesagt hätte und welche (anderen oder ergänzenden) Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären (vgl. VwGH 13.12.2018, Ra 2018/22/0280; 28.2.2019, Ra 2016/08/0058, jeweils mwN). Dem kommt die Revision, die lediglich unsubstantiiert vorbringt, es hätte die zeugenschaftliche Vernehmung der Lebensgefährtin und weiterer - aber nicht konkret benannter - Personen "aus dem Umfeld" des Revisionswerbers zur Frage, ob sich dieser aus innerer Überzeugung vom Islam abgewendet habe, erfolgen müssen, nicht nach (im Übrigen auch nicht in den Revisionsgründen).

11 Sohin ist aber dem nicht auf den - nach dem Gesagten unbedenklichen - Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts, von denen auszugehen war (§ 41 VwGG), sondern auf den eigenen Behauptungen aufbauenden Revisionsvorbringen der Boden entzogen. 12 Im Übrigen wendet sich der Revisionswerber gegen die Erlassung der Rückkehrentscheidung. Insoweit ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist (vgl. etwa VwGH 18.3.2019, Ra 2019/01/0068; 8.3.2019, Ra 2018/20/0394; 5.12.2017, Ra 2017/20/0431, jeweils mwN). Eine diesbezüglich vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Fehlbeurteilung wird vom Revisionswerber nicht aufgezeigt.

13 Entgegen dem Vorbringen in der Revision ist aber aber auch in Bezug auf die - im jeweiligen Einzelfall vorzunehmende - Bewertung der Bedeutung des Vorliegens einer Einstellungszusage nicht sehen, dass in diesem Zusammenhang eine uneinheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegen würde. 14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 29. April 2019

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