VwGH Ra 2019/18/0053

VwGHRa 2019/18/00535.6.2019



Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des S H, vertreten durch die Frimmel/Anetter Rechtsanwälte GmbH in 9020 Klagenfurt, Fleischmarkt 9/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2018, Zl. W256 2146564-1/23E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019180053.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist Staatsangehöriger Afghanistans, stammt aus der Provinz Logar und stellte am 26. Juni 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen mit der Sicherheitslage in Afghanistan und seiner Konversion zum Christentum begründete.

2 Mit Bescheid vom 23. Jänner 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und setzte eine Frist von zwei Wochen für die freiwillige Ausreise.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen gerichtete Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Die Revision wurde vom Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

4 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit im Wesentlichen geltend gemacht wird, dass das BVwG entgegen der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und entgegen der Offizialmaxime sowie trotz vorliegender Informationen und Anhaltspunkte die den Glaubensübertritt begleitenden Pastoren nicht einvernommen habe. Ebenso sei das BVwG trotz vorliegender Information über die tatsächliche Situation von Apostaten und Konvertiten davon ausgegangen, dass der Revisionswerber keine Verfolgung fürchten müsse und keine Gefahr für sein Leben bestehe. Das BVwG habe keine objektive Abwägung der vorgekommenen Argumente und Beweisergebnisse vorgenommen. Das BVwG sei zudem davon ausgegangen, dass der Revisionswerber im Falle einer dennoch vorliegenden Verfolgung seinen Glaubensübertritt binnen drei Tagen widerrufen könne, wobei zur tatsächlichen Umsetzung dieser Praktik keine Feststellungen und Beweise vorliegen würden.

5 Die Revision erweist sich als nicht zulässig. 6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt - als Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - allerdings dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 14.3.2019, Ra 2018/18/0455, mwN).

10 Im vorliegenden Fall hat das BVwG - das in einer mündlichen Verhandlung den Revisionswerber über seine religiösen Aktivitäten befragt und auch seine Taufpatin und Freundin als Zeugin einvernommen hat - auf der Grundlage der Ergebnisse der durchgeführten mündlichen Verhandlung bzw. einer darauf gegründeten umfassenden Beweiswürdigung den geltend gemachten Fluchtgrund (Konversion zum christlichen Glauben) als nicht glaubhaft erachtet, weil ungeachtet der religiösen Betätigungen und der Taufe eine innere Überzeugung des Revisionswerbers nicht festgestellt habe werden können. Dass die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt sei, zeigt die Revision fallbezogen nicht auf. Davon ausgehend begründet auch die - erstmals in der Revision geforderte - unterbliebene zeugenschaftliche Einvernahme der Pastoren keinen derart krassen, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Verfahrensfehler. Es liegt fallbezogen auch kein Abweichen von den in den Zulässigkeitsausführungen der Revision zitierten Entscheidungen vor, zumal auch diese Entscheidungen lediglich konkrete Einzelfälle betreffen (vgl. hierzu etwa VwGH 21.6.2018, Ra 2017/01/0381, mwN). 11 Mit dem Vorbringen, das BVwG sei davon ausgegangen, dass der Revisionswerber im Falle einer dennoch vorliegenden Verfolgung seinen Glaubensübertritt binnen drei Tagen widerrufen könne, wobei zur tatsächlichen Umsetzung dieser Praktik keine Feststellungen und Beweise vorliegen würden, übersieht die Revision, dass es sich hierbei lediglich um eine Alternativbegründung des BVwG handelt, sodass schon aus diesem Grunde keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dargetan wird.

12 Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt (vgl. VwGH 17.12.2018, Ra 2018/14/0135-0137, mwN). Wenn die Revision vermeint, das BVwG habe sich nicht mit den Umständen, welche die Konversion konkret betreffen würden, näher auseinandergesetzt und sei trotz vorliegenden Informationen über die tatsächliche Situation von Apostaten und Konvertiten davon ausgegangen, dass der Revisionswerber keine Verfolgung befürchten müsse, dann wird damit schon deshalb keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen, weil sich die Revision vom festgestellten Sachverhalt des BVwG entfernt.

13 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 5. Juni 2019

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