VwGH Ra 2018/14/0135

VwGHRa 2018/14/013517.12.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schweinzer, in der Revisionssache des 1. A B, der 2. C D, des 3. E F, des 4. G H, alle in X, alle vertreten durch MMag. Dr. Claudia Auer-Saurugg, Rechtsanwalt in 8071 Gössendorf, Anton Hubmann Platz 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. August 2018, 1) W211 2180408- 1/13E, 2) W211 2180411-1/7E, 3) W211 2180413-1/15E und

4) W211 2180416-1/7E, , betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018140135.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerber sind syrische Staatsangehörige. Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind miteinander verheiratet und Eltern der minderjährigen Dritt- und Viertrevisionswerber.

2 Die Revisionswerber stellten am 2. April 2016 jeweils Anträge auf internationalen Schutz und brachten zu den Fluchtgründen vor, dass in Syrien Krieg herrsche, die Kurden unterdrückt würden und sie Angst um das Leben ihrer Kinder hätten.

3 Mit Bescheiden vom 14. November 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Revisionswerber hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab, erkannte diesen gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihnen eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen Spruchpunkt I. der Bescheide (Nichtzuerkennung des Asylstatus) erhobenen Beschwerden als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision. 6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

10 Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist in den gesonderten Gründen zur Zulässigkeit der Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0056; 30.4.2018, Ra 2018/01/0173, mwN).

11 Die Revisionswerber bringen zur Zulässigkeit der vorliegenden Revision vor, es fehle Rechtsprechung zu der Frage, ob ein Verlassen des Landes zur Vermeidung eines Einberufungsbefehls in einem Bürgerkriegsland jemanden als Deserteur einstufe, der bei einer Wiedereinreise Repressalien zu erwarten habe.

12 Mit diesem Vorbringen übersehen die Revisionswerber, dass das Bundesverwaltungsgericht festgestellt hat, dass der Erstrevisionswerber vor seiner Ausreise keinen Einberufungsbefehl als Reservist erhalten habe, er also bisher keinen Reserve- bzw. Wehrdienst verweigert hat. Im Lichte der individuellen Eigenschaften des Erstrevisionswerbers (Alter, Beruf, Rang und Funktion beim Militärdienst) sowie der Länderberichte, die eine entsprechend systematische und generelle Einberufung von Reservisten nicht dokumentieren, könne keine Feststellung zu einer drohenden Einberufung als Reservist getroffen werden.

13 Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt (vgl. etwa VwGH 22.12.2016, Ra 2016/20/0351-0354, mwN). Entfernen sich die Revisionswerber - wie hier - in der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, wird schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. etwa VwGH 28.6.2018, Ra 2018/19/0266, mwN). Um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, ist aber auf die vorliegende Rechtssache bezogen darzulegen, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zuständig (vgl. VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0336).

14 Dazu ist auch festzuhalten, dass sich auch aus dem Revisionsvorbringen keine Anhaltspunkte ergeben, dass das Gericht bei der Beurteilung der für die Einziehung als Reservist zur syrischen Armee maßgeblichen Wahrscheinlichkeit bezogen auf das individuelle "Gefährdungsprofil" des Erstrevisionswerbers wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen oder unvertretbar gewichtet hätte.

15 Anzumerken ist weiters, dass der allgemeinen Bedrohung durch den Bürgerkrieg und der aktuellen Lage in Syrien mit dem bereits zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten begegnet wurde.

16 Soweit erstmals in der Revision vorgebracht wird, die revisionswerbenden Parteien seien als Kurden, die ohnehin benachteiligt seien, im Militärdienst zusätzlichen Schikanen ausgesetzt, müssten bei besonders gefährlichen Einsätzen teilnehmen und seien bei ihrer Wiedereinreise nach Syrien aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit gefährdet, verstößt dieses Vorbringen gegen das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende aus § 41 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot und kann bereits aus diesem Grund keine Beachtung finden (vgl. VwGH 6.11.2018, Ra 2018/18/0462).

17 Weiters hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit dem Aspekt der Teilnahme an Demonstrationen auseinandergesetzt und die Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung verneint. Das Zulässigkeitsvorbringen in der Revision setzt diesen Ausführungen nichts Stichhaltiges entgegen.

18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 17. Dezember 2018

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