VwGH Ra 2019/12/0032

VwGHRa 2019/12/00322.10.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel, Hofrätin MMag. Ginthör sowie Hofrat Mag. Cede als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des Dr. H H in I, vertreten durch Dr. Kurt Bayr und Dr. Marco Rovagnati, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 5. April 2019, Zl. LVwG- 2018/37/1486-20, betreffend Übergenuss (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck),

Normen

AVG §56
GdBG Innsbruck 1970 §51 Abs2 idF 2016/084
GdBG Innsbruck 1970 §55 idF 2013/116
GdBG Innsbruck 1970 §55 lita idF 2013/116
GehG 1956 §13a Abs1 idF 1978/677
GehG 1956 §13a Abs2 idF 2008/I/147
LBG Tir 1998 §2 litc idF 2016/078
LBG Tir 1998 §58 idF 2016/061
VwGG §42 Abs2 Z1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019120032.L00

 

Spruch:

I. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird, im Umfang der Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 19. April 2018, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen (im Umfang der Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des Bescheides vom 19. April 2018) wird die Revision zurückgewiesen.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber steht seit 1. Oktober 2017 in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zur Landeshauptstadt Innsbruck. Mit Eingabe vom 6. November 2017 beantragte er im Wege seiner rechtsanwaltlichen Vertretung die Erlassung eines Bescheides "über den Einbehalt von Teilen des Pensionsbezuges Oktober 2017 und November 2017 sowie dessen ungeschmälerte Gebührlichkeit".

2 Mit Bescheid vom 19. April 2018 stellte die Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Innsbruck fest, der Revisionswerber sei gemäß § 51 Abs. 2 Innsbrucker Gemeindebeamtengesetz 1970 (IGBG), LGBl. Nr. 44, in Verbindung mit § 58 Tiroler Landesbeamtengesetz 1998 (LBG), LGBl. Nr. 65, zum Ersatz eines Betrages in der Höhe von EUR 3.449,78 netto an die Landeshauptstadt Innsbruck verpflichtet (Spruchpunkt I.). Der Antrag auf Erlassung eines Bescheides über die ungeschmälerte Gebührlichkeit des Pensionsbezuges wurde als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II.).

3 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde.

4 Diese wies das Landesverwaltungsgericht Tirol mit dem

angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Gericht für nicht zulässig. 5 Das Landesverwaltungsgericht hielt u.a. fest, dem Revisionswerber sei für Oktober 2017 ein Aktivbezug in der Höhe von EUR 3.449,78 netto ausbezahlt worden. Im Monat November 2017 seien ihm die Ruhebezüge für die Monate Oktober und November 2017 in der Höhe von jeweils EUR 2.382,82 netto angewiesen, gleichzeitig aber der für den Monat Oktober 2017 ausbezahlte Aktivbezug in der Höhe von EUR 3.449,78 netto abgezogen worden. Der tatsächlich im November 2017 ausbezahlte Betrag habe daher EUR 1.315,88 betragen.

Über den weiteren Antrag des Revisionswerbers vom 6. November 2017 betreffend eine finanzielle Abgeltung für nicht verbrauchte Urlaubszeiten habe die Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Innsbruck mit rechtskräftigem Bescheid vom 2. Mai 2018 einen Betrag in der Höhe von EUR 17.817,89 brutto zuerkannt. Dieser Betrag abzüglich Steuern sei dem Revisionswerber ausbezahlt worden.

6 In rechtlicher Hinsicht führte das Gericht aus, die Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Innsbruck sei gemäß § 31 Abs. 2 lit. b Innsbrucker Stadtrecht 1975, LGBl. Nr. 53, zur Entscheidung in allen Personalangelegenheiten der öffentlichrechtlichen Bediensteten berufen. Diese Zuständigkeit erstrecke sich auch auf die Beamten des Ruhestandes. Die Zuständigkeit der Bürgermeisterin in der vorliegenden Angelegenheit sei daher zu bejahen.

Der Bescheid der Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Innsbruck vom 15. September 2017, mit welchem der Revisionswerber mit Ablauf des Monats September 2017 in den Ruhestand versetzt worden sei, sei in Rechtskraft erwachsen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 2 Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54, in der für Beamte der Landeshauptstadt Innsbruck maßgeblichen Fassung, ende der Anspruch auf Monatsbezug in dem Monat, in dem der Beamte aus dem Dienststand ausscheide. Für Oktober 2017 sei dem Revisionswerber somit kein Anspruch auf den Bezug eines Aktivgehalts zugekommen.

Ob der Revisionswerber im Hinblick auf den ihm irrtümlich ausbezahlten Aktivbezug für den Monat Oktober 2017 als gutgläubig zu betrachten sei, sei anhand des gemäß § 51 Abs. 2 IGBG auch auf Beamte der Landeshauptstadt Innsbruck anzuwendenden § 58 LBG, welcher weitgehend § 13a GehG entspreche, zu beurteilen. Auf Verlangen sei die Verpflichtung zum Ersatz gemäß § 58 Abs. 3 LBG mit Bescheid festzusetzen. Die mit Bescheid vom 25. September 2017 erfolgte Festsetzung der Höhe des Ruhebezuges des Revisionswerbers sei mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 13. März 2019 bestätigt worden. Dass der Revisionswerber im Oktober 2017 nach seiner Versetzung in den Ruhestand keinen Anspruch auf einen weiteren Aktivbezug mehr gehabt habe, sei objektiv keinem Zweifel unterlegen. Es sei dem Revisionswerber auch möglich gewesen, zu erkennen, dass bei der Auszahlung des Aktivbezuges für den Monat Oktober 2017 ein Irrtum unterlaufen sei.

Es sei daher rechtmäßig, wenn die Behörde den entstandenen Übergenuss von den für die Monate Oktober und November 2017 gebührenden Ruhegenusszahlungen abgezogen habe. Eine nähere Konkretisierung des Spruchs sei nicht erforderlich gewesen, weil es sich bei dem in Rede stehenden Übergenuss eindeutig um den aus Versehen angewiesenen Aktivbezug für den Monat Oktober 2017 handle. Auf die vom Revisionswerber angesprochene Aufrechnung mit der ihm zustehenden Urlaubsersatzleistung sei schon deshalb nicht näher einzugehen gewesen, weil betreffend die Urlaubsersatzleistung der rechtskräftige Bescheid vom 2. Mai 2018 ergangen und der darin festgesetzte Betrag in der Höhe von EUR 17.817,99 abzüglich Steuern an den Revisionswerber bereits überwiesen worden sei.

7 Soweit sich der Antrag des Revisionswerbers im Übrigen auf die "ungeschmälerte Gebührlichkeit" der Ruhebezüge für die Monate Oktober und November 2017 beziehe, sei festzuhalten, dass die Behörde mit Bescheid vom 25. September 2017 über den dem Revisionswerber für die genannten Monate zustehenden Ruhebezug abgesprochen habe. Soweit die mit diesem Bescheid vorgenommene Kürzung des Ruhebezuges als rechtswidrig bezeichnet werde, sei diese Frage Gegenstand des mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 13. März 2019 abgeschlossenen Verfahrens gewesen. Der Antrag betreffend die "ungeschmälerte Gebührlichkeit" der Ruhebezüge für die Monate Oktober und November 2017 sei daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen. 8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verbunden mit dem Antrag geltend gemacht werden, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben bzw. abzuändern.

9 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der die Zurückweisung der Revision, hilfsweise deren Abweisung beantragt wird.

10 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit führt die Revision aus, das Gericht habe sich auf die im Revisionsfall nicht anzuwendende Bestimmung des § 58 LBG gestützt; richtigerweise hätte § 13a GehG zur Anwendung gelangen müssen.

11 Das Landesverwaltungsgericht habe auch nicht Anstoß an dem zweigliedrigen Spruch des Bescheides vom 19. April 2018 genommen, obwohl dieser in mehrfacher Hinsicht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes widerspreche. Demnach wäre zunächst eindeutig zu klären gewesen, wie die Behörde den von ihr als Übergenuss angesprochenen Betrag ermittelt habe. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 14 Abs. 5 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, wäre auch zunächst zu prüfen gewesen, ob für den Monat Oktober 2017 überhaupt ein Übergenuss bestanden habe. Entsprechende Prüfungsschritte wären durch die Behörde von Amts wegen zu setzen gewesen.

12 Diese habe auch nicht ordnungsgemäß geprüft, ob der Revisionswerber die Zahlung gutgläubig empfangen habe. Die Berechnung des Übergenussbetrages habe zudem nach dem "Brutto-" und nicht nach dem "Nettoprinzip" zu erfolgen. Weder der Spruch des Bescheides vom 19. April 2018 noch der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses enthielten einen Hinweis auf einen "Übergenuss" oder eine "zu Unrecht empfangene Leistung", sodass der Gegenstand des Verfahrens nicht ersichtlich sei. 13 Weiters habe die Behörde unzutreffender Weise einen Feststellungs- anstelle eines Leistungsbescheides erlassen. Letztlich sei dem Revisionswerber die Verpflichtung zu einer Geldleistung auferlegt worden. Die Textierung der Spruchpunkte I. und II. des Bescheides vom 19. April 2018 sei durch den Wortlaut des verfahrenseinleitenden Antrags des Revisionswerbers nicht gedeckt. Auf die Frage der strittigen Gebührlichkeit des "Pensionsbezuges 2017" sei die Behörde nicht gehörig eingegangen. Die Behörde habe auf den verfahrenseinleitenden Antrag des Revisionswerbers lediglich mit der Erlassung eines "Verpflichtungsbescheides" reagiert.

14 Es stelle sich auch die Frage, inwiefern es zulässig sei, von einem noch nicht rechtskräftig festgestellten Ruhegenuss einen vermeintlichen oder tatsächlichen Übergenuss abzuziehen. Eine Aufrechnung sei grundsätzlich nur zulässig, wenn Forderungen einander unbestritten gegenüberstünden. Ein weiterer Antrag des Revisionswerbers auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung sei durch das Landesverwaltungsgericht nicht erledigt worden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Betreffend Spruchpunkt I. des Bescheides vom 19. April 2018:

Soweit mit dem angefochtenen Erkenntnis die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 19. April 2018 abgewiesen wurde, erweist sich die Revision, die als Rechtsfrage im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG u.a. geltend macht, das Gericht habe abweichend von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Bemessung des Übergenussbetrages das Nettoprinzip anstelle des Bruttoprinzips zur Anwendung gebracht, als zulässig und berechtigt.

15 Die maßgeblichen Bestimmungen des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970 (IGBG), LGBl. Nr. 44 (§ 51 in der Fassung LGBl. Nr. 84/2016; § 55 in der Fassung LGBl. Nr. 116/2013), lauten auszugsweise:

"VII. ABSCHNITT

PENSIONSRECHTLICHE BESTIMMUNGEN

§ 51 Pensionsansprüche

(1) Pensionsansprüche sind alle Leistungen, auf die der Beamte und seine Hinterbliebenen und Angehörigen nach den Bestimmungen dieses Abschnittes Anspruch haben.

(2) Auf die Pensionsansprüche der Beamten und ihrer Hinterbliebenen und Angehörigen ist, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt wird, der 3. Abschnitt des Landesbeamtengesetzes 1998 nach Maßgabe der Abs. 3 bis 9 sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Pensionsansprüche bestehen gegenüber der Stadt Innsbruck.

(4) An die Stelle des Landes Tirol tritt jeweils die Stadt Innsbruck. Weiters treten an die Stelle des Wortes ?Landesbeamte' jeweils die Wortfolge ?Beamte der Stadt Innsbruck' in der jeweils grammatikalisch richtigen Form, an die Stelle der Worte ?ruhegenussfähige Landesdienstzeit' jeweils die Wortfolge ?ruhegenussfähige Dienstzeit zur Stadt Innsbruck' in der jeweils grammatikalisch richtigen Form und an die Stelle der Wortfolge ?Dienstverhältnis zum Land' jeweils die Wortfolge ?Dienstverhältnis zur Stadt Innsbruck' in der jeweils grammatikalisch richtigen Form.

(5) Die §§ 18 Abs. 2 lit. a und 28 lit. a des Landesbeamtengesetzes 1998 gelten mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Verweisung auf § 20 Abs. 1 Z 5 BDG 1979 jeweils die Verweisung auf § 46 Abs. 2 dieses Gesetzes tritt.

(6) § 22 Abs. 3 des Landesbeamtengesetzes 1998 gilt mit der Maßgabe, dass in der lit. a an die Stelle der Verweisung auf § 50a BDG 1979 die Verweisung auf § 24k dieses Gesetzes tritt, in der lit. b das Zitat ?§ 5 Abs. 1' durch das Zitat ?§ 35 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes 1998' ersetzt wird und in der lit. c an die Stelle der Verweisung auf § 3c die Verweisung auf § 33a dieses Gesetzes tritt.

(7) Die §§ 26 Abs. 2 und 42 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes 1998 gelten mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Unfallfürsorge der Tiroler Landesbeamten jeweils die Unfallfürsorge der Beamten der Landeshauptstadt Innsbruck bzw. die Unfallversicherung öffentlich Bediensteter tritt.

(8) Die Erlassung einer Verordnung nach § 47 Abs. 5 des Landesbeamtengesetzes 1998 obliegt der Landesregierung.

(9) § 48 des Landesbeamtengesetzes 1998 gilt mit der Maßgabe, dass das Wort ?Landesverwaltungsabgaben' durch das Wort ?Gemeindeverwaltungsabgaben' ersetzt wird.

...

VIII. ABSCHNITT

BESOLDUNG

§ 55 Allgemeine Bestimmungen

Auf das Besoldungsrecht der Beamten der Landeshauptstadt Innsbruck finden folgende Vorschriften sinngemäß Anwendung, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist:

a) § 2 lit. c mit Ausnahme der Z. 1 sublit. bb und cc des Landesbeamtengesetzes 1998 mit folgenden Abweichungen: ..."

16 Das Tiroler Landesbeamtengesetz 1998 (LBG), LGBl. Nr. 65 (§ 2 in der Fassung LGBl. Nr. 78/2016; § 58 in der Fassung LGBl. Nr. 61/2016), lautet auszugsweise:

"§ 2

Anwendung bundesgesetzlicher Vorschriften

Auf das Dienstverhältnis der Landesbeamten finden folgende

bundesgesetzliche Vorschriften sinngemäß Anwendung, soweit in

diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist:

...

c) 1. das Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54, in der Fassung des Gesetzes BGBl. Nr. 677/1978 mit Ausnahme der §§ 22 und 83 sowie mit folgenden Abweichungen:

...

3. Abschnitt

Pensionsrechtliche Bestimmungen

1. Unterabschnitt

...

6. Unterabschnitt

Gemeinsame Bestimmungen für Beamte des Ruhestandes und Hinterbliebene

§ 45 ...

...

§ 58

Ersatz zu Unrecht empfangener Leistungen

(1) Zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse) sind dem Land zu ersetzen, soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind.

(2) Die rückforderbaren Leistungen sind durch Abzug von den nach diesem Abschnitt gebührenden Leistungen hereinzubringen. Hierbei ist auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Ersatzpflichtigen billige Rücksicht zu nehmen. Ist die Hereinbringung durch Abzug nicht möglich, so ist der Ersatzpflichtige oder sein gesetzlicher Vertreter zum Ersatz zu verhalten. Leistet der Ersatzpflichtige oder sein gesetzlicher Vertreter nicht Ersatz, so sind die rückforderbaren Leistungen mit Bescheid festzustellen und nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 hereinzubringen.

(3) Auf Verlangen des Betroffenen oder seines gesetzlichen Vertreters ist die Verpflichtung zum Ersatz jedenfalls mit Bescheid festzustellen.

(4) Die Rückzahlung kann aus berücksichtigungswürdigen Gründen gestundet werden. Von der Hereinbringung rückforderbarer Leistungen kann Abstand genommen werden, wenn die Hereinbringung eine besondere Härte bedeuten würde oder wenn das Verfahren zur Hereinbringung mit Kosten und Weiterungen verbunden wäre, die in keinem Verhältnis zum Rückforderungsbetrag stehen.

(5) Gegen die Rückforderung von Leistungen, die für nach dem Zeitpunkt des Todes des Beamten liegende Zeiträume ausgezahlt worden sind, kann Empfang im guten Glauben nicht eingewendet werden."

17 § 13a Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54 in der im Revisionsfall maßgeblichen Fassung BGBl. Nr. 677/1978 (vgl. § 55 IGBG in Verbindung mit § 2 LBG), lautete auszugsweise wie folgt:

"Ersatz zu Unrecht empfangener Leistungen

§ 13a. (1) Zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse) sind, soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind, dem Bund zu ersetzen.

(2) Die rückforderbaren Leistungen sind durch Abzug von den nach diesem Bundesgesetz gebührenden Leistungen hereinzubringen; hiebei können Raten festgesetzt werden. Bei der Festsetzung der Raten ist auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Ersatzpflichtigen Rücksicht zu nehmen. Ist die Hereinbringung durch Abzug nicht möglich, so ist der Ersatzpflichtige zum Ersatz zu verhalten. Leistet der Ersatzpflichtige nicht Ersatz, so sind die rückforderbaren Leistungen nach den Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1950, BGBl. Nr. 172, hereinzubringen.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz ist auf Verlangen mit Bescheid festzustellen."

18 Mit der Novelle BGBl. I Nr. 147/2008 wurde in § 13a Abs. 2 GehG die Wortfolge "nach diesem Bundesgesetz" durch die Wortfolge "aus dem Bundesdienstverhältnis" ersetzt. 19 Der Revisionswerber beantragte die Erlassung eines Bescheides u.a. "über den Einbehalt von Teilen des Pensionsbezuges Oktober 2017 und November 2017". Unter Spruchpunkt I. des Bescheides vom 19. April 2018 wurde aufgrund dieses Antrages die Verpflichtung des Revisionswerbers zum Rückersatz eines Betrages in der Höhe von EUR 3.449,78 netto festgestellt. Die diesbezügliche mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte Verpflichtung steht - wie die Revision zutreffend aufzeigt - mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs insofern in Widerspruch, als die Ermittlung des Übergenussbetrages nicht nach dem Netto-, sondern nach dem Bruttoprinzip zu erfolgen hat (siehe z. B. VwGH 16.9.2013, 2013/12/0072, mwN).

20 Bereits aufgrund dieser Erwägung war das angefochtene Erkenntnis, soweit damit Spruchpunkt I. des Bescheides vom 19. April 2018 bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Darüber hinaus ist für das fortzusetzende Verfahren auf Folgendes hinzuweisen:

21 Die Ruhestandsversetzung des Revisionswerbers erfolgte aufgrund des in Rechtskraft erwachsenen Bescheides der Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Innsbruck vom 15. September 2017 mit Ablauf des Monats September 2017 (siehe die Ruhestandsversetzung des Revisionswerbers betreffend VwGH 27.5.2019, Ra 2019/12/0023). Somit ist nicht ersichtlich, auf welcher Rechtsgrundlage dem Revisionswerber für den Monat Oktober 2017 noch ein Aktivbezug gebührt hätte, sodass die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Revisionswerber habe den Aktivbezug für Oktober 2017 zu Unrecht empfangen, keinen Bedenken begegnet.

22 Die Frage des gutgläubigen Empfangs des betreffenden Übergenusses prüfte das Verwaltungsgericht ebenfalls und es verneinte die Gutgläubigkeit des Revisionswerbers im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ( vgl. zur objektiven Erkennbarkeit eines Irrtums VwGH 8.3.2018, Ra 2015/12/0015, 25.10.2017, Ra 2017/12/0102).

23 Beizupflichten ist dem Revisionswerber indes insofern, als sich fallbezogen die Anwendung des § 58 LBG als unzutreffend erweist, weil dieser gemäß der Systematik des LBG nur auf Ruhegenuss- und Versorgungsbezüge anzuwenden ist und der in Rede stehende Übergenuss nicht infolge der dem Revisionswerber ausbezahlten Ruhebezüge zustande gekommen war, sondern der für Oktober 2017 zu Unrecht angewiesene Aktivbezug Grund für den hier zu beurteilenden Übergenuss war (vgl. auch den betragsmäßigen "Überhang" des Aktivbezuges, der sich bei Betrachtung des für Oktober 2017 ausbezahlten Aktivbezugs gegenüber dem für Oktober 2017 zustehenden, der Höhe nach geringeren Ruhebezug ergibt VwGH 7.9.2005, 2004/12/0090). Vor diesem Hintergrund war im Revisionsfall nicht nach § 58 LBG, sondern nach der in der Fassung BGBl. Nr. 677/1978, somit in einer Fassung vor BGBl. I Nr. 147/2008 anzuwendenden gehaltsrechtlichen Bestimmung des § 13a GehG vorzugehen.

24 Gemäß § 13a Abs. 2 GehG sind die rückforderbaren Leistungen durch Abzug von den nach diesem Bundesgesetz gebührenden Leistungen hereinzubringen; es geht folglich um Abzüge vom Aktivgehalt. Demnach bot § 13a GehG in der hier anzuwendenden Fassung für den von der Behörde de facto vorgenommenen, teilweisen Einbehalt der Pensionsbezüge keine Rechtsgrundlage. Sofern ein Abzug nicht in Betracht kam, wäre gegenüber dem Revisionswerber ein Leistungsbescheid gemäß § 13a Abs. 2 vorletzter Satz GehG zu erlassen gewesen (VwGH 23.1.2008, 2007/12/0013).

25 Mit dem durch das Verwaltungsgericht bestätigten Bescheid wurde (nach bereits vorgenommener Kompensation) kein Leistungsbescheid erlassen und es wurde auch nicht ausgesprochen, dass der durch Ausbezahlung des Aktivbezugs entstandene Übergenuss durch Abzug von den dem Revisionswerber zustehenden Ruhebezügen hereinzubringen sei. Vielmehr wurde (unzutreffender Weise gestützt auf § 58 Abs. 3 LBG; siehe allerdings die inhaltlich gleichlautende Regelung des hier anzuwendenden § 13a Abs. 3 GehG) im Hinblick auf den bereits erfolgten Abzug und den aus diesem Anlass beantragten Abspruch "über den Einbehalt von Teilen des Pensionsbezuges Oktober 2017 und November 2017" ein Feststellungsbescheid erlassen.

26 Der Inhalt des durch die Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Innsbruck erlassenen Feststellungsbescheides erschöpft sich in der Feststellung, dass gegenüber dem Revisionswerber ein Rückersatzanspruch in der festgehaltenen Höhe bestehe.

27 Somit ist die von der Behörde de factovorgenommene (von den Bestimmungen des § 13a GehG in der hier anzuwendenden Fassung abweichende) Kompensation der titellos angewiesenen Aktivbezüge mit den dem Revisionswerber zustehenden Pensionsbezügen nicht Gegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu Spruchpunkt I.

Betreffend Spruchpunkt II. des Bescheides vom 19. April 2018:

28 In Ansehung dieses Spruchpunktes wird im Rahmen des Revisionspunktes eine - hier als Folge der Bestätigung des Bescheides vom 19. April 2018 im Umfang seines II. Spruchpunktes jedoch ausschließlich in Betracht zu ziehende - Rechtsverletzung durch die Zurückweisung des Antrages auf Erlassung eines Bescheides über die "ungeschmälerte Gebührlichkeit des Pensionsbezuges" (und somit durch die Verweigerung einer inhaltlichen Erledigung dieser Angelegenheit) nicht geltend macht. 29 Schon deshalb erweist sich die Revision, soweit das angefochtene Erkenntnis nicht der Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes unterliegt (nämlich im Umfang der Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des Bescheides vom 19. April 2018), mangels tauglichen Revisionspunktes als unzulässig. In dem zuletzt genannten Umfang war die Revision daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

30 Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 201

4.

Wien, am 2. Oktober 2019

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