European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019080123.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). 2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit dem in Revision gezogenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht die am 1. April 2019 erhobene Beschwerde des Revisionswerbers gegen das wegen sechsmaliger Verletzung der Meldepflicht gemäß § 111 Abs. 1 und 2 iVm § 33 Abs. 1 und 2 ASVG am 22. März 2019 ergangene Straferkenntnis der Stadt Wels (Geldstrafe von insgesamt EUR 13.080,--, Ersatzfreiheitsstrafe 876 Stunden) als unzulässig zurückgewiesen.
5 Der durch einen Rechtsanwalt vertretene Beschwerdeführer habe in der Beschwerde Folgendes vorgebracht:
"Der Beschuldigte hat die ihm vorgeworfene Tat nicht zu verantworten. Der Beschuldigte wird nach eingehender Durchsicht des Aktes mit seiner rechtfreundlichen Vertretung noch ergänzendes Vorbringen erstatten."
6 Der Beschwerdeführer sei in Kenntnis der Anforderungen an eine Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG) und der Folgen einer unzureichenden Beschwerde. Er habe gewusst, dass die Beschwerde nicht ausreichend ausgeführt und zu vervollständigen ist. Habe eine Partei den Mangel bewusst herbeigeführt, zB um eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu erlangen, sei für die Erteilung eines Verbesserungsauftrags kein Raum. Die Beschwerde sei als "leere" Beschwerde zu werten und diene der Verlängerung der Beschwerdefrist. Weitere Erläuterungen und Ausführungen der Beschwerdegründe innerhalb der Beschwerdefrist seien nicht erfolgt. Die Beschwerdefrist sei zum Entscheidungszeitpunkt abgelaufen gewesen.
7 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Landesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
8 Der Revisionswerber erblickt entgegen diesem Ausspruch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin, dass im angefochtenen Beschluss die von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geforderte rechtsmissbräuchliche Absicht bei dem Anbringen nicht festgestellt worden sei und dass das Verwaltungsgericht keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe. 9 Mangelt es der Beschwerde an den in § 9 Abs. 1 VwGVG genannten Inhaltserfordernissen (hier: Beschwerdegründe), sind diese Mängel gemäß der - gemäß § 17 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzuwendenden - Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG grundsätzlich einer Verbesserung zuzuführen (vgl. insoweit zu § 13 Abs. 3 AVG VwGH 6.7.2011, 2011/08/0062). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient § 13 Abs. 3 AVG allerdings dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind. Hat hingegen die Partei den Mangel erkennbar bewusst herbeigeführt, um zum Beispiel auf dem Umweg eines Verbesserungsverfahrens eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu erlangen, ist für die Erteilung eines Verbesserungsauftrages kein Raum und das bewusst und rechtsmissbräuchlich mangelhaft gestaltete Anbringen sofort zurückzuweisen (VwGH 6.7.2011, 2011/08/0062; 28.3.2012, 2011/08/0375; 19.12.2012, 2012/08/0259). Dies gilt auch für die bewusste und rechtsmissbräuchliche Einbringung "leerer" Beschwerden nach dem VwGVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 9 VwGVG, Anm. 6). Um im Sinne der Rechtsprechung ein derartiges Anbringen sofort zurückweisen zu können, ist die rechtsmissbräuchliche Absicht in der Zurückweisungsentscheidung nachvollziehbar darzustellen (VwGH 29.5.2018, Ra 2018/20/0059). 10 Es erscheint nicht unvertretbar, wenn das Verwaltungsgericht im vorliegenden Einzelfall in den Umständen, dass der Revisionswerber als Beschwerdebegründung (im Geltungsbereich des § 5 Abs. 1 VStG; vgl. VwGH 9.10.2013, 2013/08/0183) lediglich vorbrachte, er habe "die ihm vorgeworfene Tat nicht zu verantworten", und dass er seiner Ankündigung, ergänzendes Vorbringen zu erstatten, innerhalb der Beschwerdefrist nicht nachgekommen ist, eine "leere", der Verlängerung der Beschwerdefrist dienende Beschwerde und sohin rechtsmissbräuchliche Absicht erblickt hat.
11 Da die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.
12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 3. September 2019
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