Normen
B-VG Art133 Abs4
SPG 1991 §65 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019010480.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Angefochtenes Erkenntnis
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde ‑ soweit vorliegend relevant ‑ die Beschwerde des Revisionswerbers wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls‑ und Zwangsgewalt durch erkennungsdienstliche Behandlung nach § 65 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) im behördlichen Auftrag der Landespolizeidirektion Niederösterreich (Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung) durch Organe der Landespolizeidirektion Wien nach öffentlicher mündlicher Verhandlung als unbegründet abgewiesen (I.). Der Revisionswerber wurde verpflichtet, dem Bund näher bezeichneten Aufwandersatz zu ersetzen (II.) und die Revision wurde für unzulässig erklärt (IV.).
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, nach dem festgestellten Sachverhalt habe das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung der Landespolizeidirektion Niederösterreich (LVT NÖ) den Organen der Landespolizeidirektion Wien den behördlichen Auftrag zur erkennungsdienstlichen Behandlung des Revisionswerbers nach § 65 Abs. 1 SPG erteilt. Diesem Auftrag sei die Ermittlungstätigkeit des LVT NÖ im Zusammenhang mit dem Verdacht der schweren Sachbeschädigung in der Nacht vom 13. auf den 14. April 2019 in K zugrunde gelegen.
3 Zum Verdacht der Tatbegehung führte das Verwaltungsgericht unter anderem aus, es habe der Verdacht der schweren Sachbeschädigung des Krieger- bzw. Dollfußdenkmals zum angeführten Zeitpunkt bestanden. Der Revisionswerber sei Teilnehmer eines Seminars mit dem Themenkreis „Antifaschismus“ bzw. „Antifaschistische Aktion“ gewesen, welches in einem in Tatortnähe (150 m entfernt) gelegenen Gasthaus stattgefunden habe. Die bei der Beschädigung des Krieger‑ bzw. Dollfußdenkmals vorgenommenen Aufdrucke (von Aufklebern „Antifa Oida!“) und Schriftzüge (mit Lackstift) seien Abkürzungen für „Antifaschistische Aktion“ bzw. „Antifaschismus“ sowie „all cops are bastards“. Bereits im Jahr 2015 habe ein vergleichbares „Antifa‑Seminar“ im selben Gasthaus stattgefunden und sei im Zeitraum dieses Seminars ebenfalls das Krieger‑ bzw. Dollfußdenkmal von unbekannten Tätern beschädigt worden. Zum Revisionswerber habe es bereits Eintragungen in den staatspolizeilichen Evidenzen mit Bezug zu „autonom‑anarchistischen Gruppierungen“ gegeben. Der Revisionswerber sei durch sein Verhalten in der Vergangenheit bereits im Verdacht gestanden, bei linksextremistischen Aktionen beteiligt gewesen zu sein und sei vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) der Personengruppe linksextremistischer Gesinnung zugeordnet worden. Durch die Aussageverweigerung des Revisionswerbers bei der Zeugen‑ bzw. Beschuldigteneinvernehmung verhärte sich der Verdacht der Sachbeschädigung gegen den Revisionswerber als Beteiligter.
4 Zur Art bzw. Ausführung der Tat führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Sachbeschädigungen richteten sich insbesondere gegen ein Objekt, dem ein faschistischer Bezug beigemessen werden könne, zumal Engelbert Dollfuß Begründer des faschistischen Ständestaats in Österreich gewesen sei. Die im Zusammenhang mit der Beschädigung des Denkmals festgestellten Schriftzüge und Aufkleber ließen erkennen, dass Personen mit linksextremistischer Gesinnung als Täter in Frage kämen. Sowohl die Art als auch die Ausführung dieser Taten entsprächen linksextremistisch motivierten Straftaten, zumal gerade die dargestellte Vorgangsweise (Sachbeschädigungen dieser Art an derartigen Objekten) politisch motivierten Gruppierungen mit linksextremistischem Hintergrund, denen der Revisionswerber zugerechnet worden sei, zugeordnet werden könnten.
5 Zur Persönlichkeit des Revisionswerbers führte das Verwaltungsgericht aus, dieser sei verdächtig gewesen, einen Bezug zu „autonom‑anarchistischen Gruppierungen“ zu haben, zumal er bereits in staatspolizeilichen Evidenzen erfasst gewesen sei.
6 Zur Erforderlichkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung zur Vorbeugung weiterer Angriffe führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die dargestellte Sachbeschädigung sei eine mit Vorsatz begangene gerichtlich strafbare Tat und bilde somit einen gefährlichen Angriff nach § 16 Abs. 2 SPG. Die festgestellten Beschädigungen entsprächen linksextremistisch motivierten Straftaten. Nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen bzw. Eintragungen des BVT sei der Revisionswerber in der Vergangenheit bereits mehrfach im Verdacht gestanden, bei linksextremistischen Aktionen beteiligt gewesen zu sein. Er sei vom BVT der Personengruppe linksextremistischer Gesinnung zugeordnet worden. Diese Personengruppe sei (nach den Erkenntnissen des BVT) auch bereit, ihrer politischen Gesinnung durch Straftaten Ausdruck zu verleihen bzw. diese durchzusetzen. Vor diesem Hintergrund sei die getroffene Einschätzung bzw. Prognose, wonach auch in Hinkunft derartige gefährliche Angriffe nach § 16 Abs. 2 SPG zu befürchten seien, schlüssig und nachvollziehbar. Die vorgenommenen erkennungsdienstlichen Behandlungen durch Abnahme der Fingerabdrücke und Anfertigung von Lichtbildern erschienen zur Vorbeugung weiterer derartiger gefährlicher Angriffe auch geeignet, zumal diese Daten, insbesondere Fingerabdrücke, zur Aufklärung solcher Delikte beitragen könnten. So würden - wie auch vorliegend - bei Sachbeschädigungen Spuren durch Fingerabdrücke hinterlassen.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
Allgemein
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
Zulässigkeitsvorbringen
11 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht sei im angefochtenen Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 65 SPG abgewichen (Verweis auf VwGH 18.6.2014, 2013/01/0134).
12 So sei zum Zeitpunkt der Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung kein Tatverdacht, insbesondere kein hinreichend konkreter Tatverdacht gegen den Revisionswerber vorgelegen. Es fehle Rechtsprechung, wann ein Tatverdacht iSd § 65 Abs. 1 SPG vorliege.
13 Sodann geht die Revision einzelfallbezogen auf die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Beurteilung ein, wobei sie vorbringt, die Inanspruchnahme der in der Strafprozessordnung (StPO) normierten Zeugnisentschlagungsrechte dürfe nicht beweiswürdigend verwertet werden.
14 Zur Gefährlichkeitsprognose bringt die Revision einzelfallbezogen vor, das Verwaltungsgericht habe sich auf die Persönlichkeit des Revisionswerbers und dabei tragend auf Erkenntnisse des BVT gestützt, aber eine Auseinandersetzung mit den Grundlagen dieser Information unterlassen. Auch das LVT NÖ habe sich in der Gefährdungsprognose hinsichtlich der Persönlichkeit des Revisionswerbers ausschließlich auf Informationen des BVT gestützt, ohne weitere Nachforschungen dazu anzustellen. Wäre das LVT NÖ nicht verpflichtet, die Informationen des BVT zu hinterfragen, liefe der Rechtsschutz im Ergebnis ins Leere. Die vorgenommene Gefährdungsprognose basierend auf der Zuordnung zur „linksextremen Szene“ sei nicht tragfähig.
15 Soweit sich das Verwaltungsgericht auf die „Art und Ausführung“ der anlassgebenden Straftat stütze, hätte es prüfen müssen, ob die erkennungsdienstliche Behandlung in Bezug auf den Revisionswerber zur Prävention erforderlich gewesen sei. Angesichts der Unbescholtenheit des Revisionswerbers sowie der Qualität der Vorwürfe sei die diesbezügliche Abwägung des Verwaltungsgerichtes nicht vertretbar.
16 Sodann verweist die Revision auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zu § 74 Abs. 2 SPG (VwGH 28.2.2008, 2007/21/0508), welches sich jedoch nicht mit der im gegenständlichen Verfahren einschlägigen Bestimmung des § 65 Abs. 1 SPG befasse.
17 Mit diesem Vorbringen wird eine Zulässigkeit der Revision aus folgenden Gründen nicht aufgezeigt:
Zu den Voraussetzungen einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 65 Abs. 1 SPG
18 Gemäß § 65 Abs. 1 SPG idF BGBl. I Nr. 29/2018, sind die Sicherheitsbehörden ermächtigt, einen Menschen, der im Verdacht steht, eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte vorsätzliche Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig wurde oder dies wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe erforderlich scheint.
19 Nach dieser (insoweit unveränderten) Rechtslage ermächtigt § 65 Abs. 1 SPG die Sicherheitsbehörden, Menschen, die im Verdacht stehen, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, unter weiteren Voraussetzungen erkennungsdienstlich zu behandeln. Diese Befugnis dient sicherheitspolizeilichen Zielsetzungen, nämlich der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe vorzubeugen. Sie ist gefährlichkeitsbezogen. Nach der dargelegten Rechtslage ist die Zulässigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung ‑ zusätzlich zu dem Verdacht einer mit Strafe bedrohten Handlung ‑ an eine weiter hinzukommende Voraussetzung geknüpft: Der Betroffene muss entweder im Rahmen einer „kriminellen Verbindung“ tätig geworden sein oder die erkennungsdienstliche Behandlung muss sonst auf Grund der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich erscheinen (vgl. VwGH 18.6.2014, 2013/01/0134, mwN).
20 Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass im zweiten Fall des § 65 Abs. 1 SPG eine abstrakte Form von Wahrscheinlichkeit, die an der verwirklichten Tat anknüpft, für die die Annahme ausreicht, die erkennungsdienstliche Behandlung sei zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich (vgl. VwGH 18.6.2014, 2013/01/0134, mwN, sowie VwGH 17.3.2015, Ra 2015/01/0041, mwN). Dabei kann auf im Verdachtsbereich vorgeworfene bzw. angelastete Straftaten abgestellt werden (vgl. idS VwGH 18.6.2014, 2013/01/0134, mwN, oder VwGH 22.5.2014, 2013/01/0045).
21 Da die Sicherheitsbehörden gemäß § 65 Abs. 1 SPG ermächtigt sind, Menschen, die im Verdacht stehen, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, hatte die Behörde weder festzustellen noch zu untersuchen, ob die im Verdachtsbereich vorgeworfenen Straftaten begangen wurden (vgl. VwGH 22.5.2014, 2013/01/0045).
22 Diese Rechtsprechung stellt hinreichend klar, wann die Behörde ausgehend von den sicherheitspolizeilichen Zielsetzungen dieser Regelung, nämlich der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe vorzubeugen, einen Tatverdacht iSd § 65 Abs. 1 SPG annehmen darf.
Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes im Revisionsmodell
23 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser im Revisionsmodell nicht dazu berufen, die Einzelfallgerechtigkeit in jedem Fall zu sichern ‑ diese Aufgabe obliegt den Verwaltungsgerichten. Dem Verwaltungsgerichtshof kommt im Revisionsmodell eine Leitfunktion zu. Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes ist es, im Rahmen der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (erstmals) die Grundsätze bzw. Leitlinien für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts festzulegen, welche von diesem zu beachten sind. Die Anwendung dieser Grundsätze im Einzelfall kommt hingegen grundsätzlich dem Verwaltungsgericht zu, dem dabei in der Regel ein gewisser Anwendungsspielraum überlassen ist. Ein Aufgreifen des vom Verwaltungsgericht entschiedenen Einzelfalls durch den Verwaltungsgerichtshof ist nur dann unausweichlich, wenn das Verwaltungsgericht die vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Leitlinien bzw. Grundsätze nicht beachtet hat und somit seinen Anwendungsspielraum überschritten oder eine krasse bzw. unvertretbare Fehlbeurteilung des Einzelfalles vorgenommen hat (vgl. VwGH 30.10.2019, Ra 2019/14/0453, mwN).
Zum Zulässigkeitsvorbringen der Revision
24 Ausgehend von der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zu § 65 Abs. 1 SPG) lässt das Zulässigkeitsvorbringen der Revision nicht erkennen, dass das Verwaltungsgericht im vorliegenden Einzelfall von den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Grundsätzen abgewichen wäre.
25 Insbesondere zeigt die in der Zulässigkeitsbegründung einzelfallbezogene Kritik an der Anwendung dieser Grundsätze keine vom Verwaltungsgerichtshof im Revisionsmodell aufzugreifende krasse Fehlbeurteilung des Verwaltungsgerichtes auf.
26 Soweit sich die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen gegen die einzelfallbezogene Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes wendet, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 5.11.2019, Ra 2018/01/0110, mwN). Eine derart krasse Fehlbeurteilung wird mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht hätte die „Inanspruchnahme des Zeugnisentschlagungsrechtes“ durch den Revisionswerber nicht beweiswürdigend verwerten dürfen, nicht aufgezeigt, zumal sich das Verwaltungsgericht tragend auf weitere beweiswürdigende Überlegungen stützen konnte, bei denen nicht zu sehen ist, dass sie die Beweiswürdigung nicht alleine zu tragen vermögen.
27 Gleiches gilt für das gegen die Beweiswürdigung gerichtete Argument, das Verwaltungsgericht wäre verpflichtet gewesen, die Informationen des BVT zu hinterfragen. Auch mit diesem Vorbringen wird eine krasse Fehlbeurteilung des Verwaltungsgerichtes bei der Beweiswürdigung aus folgenden Gründen nicht aufgezeigt:
28 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung (zum Verleihungshindernis des § 10 Abs. 2 Z 7 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985) bereits festgehalten, dass eine von den Sicherheitsbehörden geleistete „Amtshilfe“ bzw. im Verleihungsverfahren abgegebene negative Stellungnahme für die Verleihungsbehörde keine Bindung in ihrer Entscheidung entfaltet. Sie entbindet die Staatsbürgerschaftsbehörde vor allem nicht davon, die Voraussetzungen der Einbürgerung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu überprüfen und ihre Entscheidung entsprechend darzustellen. Diese Voraussetzungen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber dann erfüllt, wenn die Behörde die Feststellungen der Sicherheitsbehörde wiedergegeben hat, sich diesen anschloss und aus diesen rechtlich das Vorliegen der angeführten Verleihungshindernisse ableitete (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2018/01/0325, mwN).
29 Gleiches gilt für die Verwertung von Stellungnahmen bzw. Einschätzungen der Sicherheitsbehörden für die Prüfung der Voraussetzungen einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 65 Abs. 1 SPG.
30 Die Zulässigkeitsbegründung behauptet, die Beobachtungen des BVT seien „ausschließlich dazu geeignet, eine Einschätzung der politischen Einstellung des RW vorzunehmen, nicht jedoch dazu, eine Gefährlichkeitsprognose anzustellen“. Sie zeigt damit nicht auf, warum die Einschätzung der Sicherheitsbehörden, der Revisionswerber sei der Personengruppe linksextremistischer Gesinnung zuzuordnen, welche auch bereit sei, ihre politische Gesinnung durch Straftaten Ausdruck zu verleihen bzw. durchzusetzen, vom Verwaltungsgericht zu hinterfragen gewesen wäre. Dies auch deshalb, weil für eine Prognose nach § 65 Abs. 1 SPG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine näher begründete abstrakte Form von Wahrscheinlichkeit genügt (vgl. nochmals vgl. VwGH 18.6.2014, 2013/01/0134, mwN, sowie VwGH 17.3.2015, Ra 2015/01/0041, mwN).
31 Die von der Revision zuletzt ins Treffen geführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zu § 74 Abs. 2 SPG ergangen und daher vorliegend nicht einschlägig.
Ergebnis
32 In der Revision werden aus diesen Gründen keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
33 Zum Antrag des Revisionswerbers auf Entscheidung in der Sache ist darauf hinzuweisen, dass die für den Verwaltungsgerichtshof bestehende Möglichkeit, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen nach § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst zu entscheiden, das Vorliegen einer zulässigen Revision voraussetzt (vgl. VwGH 19.11.2019, Ra 2019/01/0429, mwN).
34 Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 28. Jänner 2020
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