VwGH Ra 2018/22/0011

VwGHRa 2018/22/001120.5.2019



Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, in der Revisionssache des D P, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen das - am 6. November 2017 mündlich verkündete und mit 13. November 2017 schriftlich ausgefertigte - Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, VGW-151/023/12246/2017-11, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG §133 Abs4
NAG 2005 §11 Abs1
NAG 2005 §11 Abs2
NAG 2005 §11 Abs3
NAG 2005 §46 Abs1 Z2
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018220011.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht - unter Bestätigung des behördlichen Bescheids vom 17. Juli 2017 - den Erstantrag des Revisionswerbers, eines serbischen Staatsangehörigen, vom 7. November 2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" nach § 46 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zum Zweck der Familienzusammenführung mit seiner Ehefrau, einer serbischen Staatsangehörigen, die über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt und mit der er ein (im Jahr 2016 geborenes) gemeinsames Kind hat, mit der Begründung ab, dass mehrere allgemeine Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 und Abs. 2 NAG nicht erfüllt seien und die Erteilung des Aufenthaltstitels auch im Rahmen einer Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG nicht geboten sei.

Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht zulässig sei.

2.2. Dagegen wendet sich die außerordentliche Revision, in deren Zulässigkeitsbegründung ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs in den nachfolgend erörterten Punkten behauptet wird. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG wird jedoch nicht aufgezeigt.

3.1. Der Revisionswerber macht geltend, das Verwaltungsgericht habe das Vorliegen einer Krankenversicherung seiner Ehefrau (und daher auch seine Mitversicherung) aktenwidrig verneint.

Das Verwaltungsgericht holte zuletzt unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung am 6. November 2017 eine Versicherungsdatenauskunft ein, aus der ein Krankenversicherungsschutz der Ehefrau über den 31. August 2017 hinaus nicht hervorgeht. Die gegenteilige Aussage der Ehefrau in der mündlichen Verhandlung ist daher widerlegt. Soweit der Revisionswerber das Vorliegen einer gegenteiligen Auskunft der Wiener Gebietskrankenkasse vom 14. November 2017 behauptet, verstößt dies gegen das Neuerungsverbot.

3.2. Im Hinblick auf die zuletzt am 6. November 2017 eingeholte Versicherungsdatenauskunft ist auch der weitere Vorwurf, das Verwaltungsgericht hätte eine Stellungnahme der Wiener Gebietskrankenkasse (aus der sich das Bestehen einer Krankenversicherung ergeben hätte) von Amts wegen einholen müssen, nicht begründet.

3.3. Der Revisionswerber rügt, das Verwaltungsgericht habe die beantragte zeugenschaftliche Vernehmung der K S (zum Beweis dafür, dass er über einen zugesagten "realen Arbeitsplatz" bei der Firma R E verfügt habe) unterlassen.

Die Zulässigkeit der Revision setzt bei einem behaupteten Verfahrensmangel (unter anderem) voraus, dass die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang - im Sinn seiner Eignung, bei einem mängelfreien Verfahren zu einer anderen für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage zu gelangen - konkret dargetan wird (vgl. VwGH 28.2.2019, Ra 2016/08/0058). Vorliegend ist der Revision eine dementsprechende Relevanzdarstellung nicht zu entnehmen, wird doch in keiner Weise dargelegt, welche entscheidungswesentlichen Angaben K S im Fall ihrer Vernehmung hätte machen können und inwieweit sich daraus eine für den Revisionswerber günstigere Sachverhaltsgrundlage hätte ergeben können (vgl. VwGH 23.5.2018, Ra 2018/22/0074).

3.4. Der Revisionswerber moniert, das Verwaltungsgericht hätte seiner Ehefrau vorhalten müssen, dass diese - entgegen ihrer Aussage in der mündlichen Verhandlung - neben den Wohnungskosten noch weitere Kosten habe, anstatt ihr deswegen in der Beweiswürdigung eine Falschaussage zu unterstellen.

Der Revisionswerber lässt auch insofern die notwendige Relevanzdarstellung vermissen, legt er doch nicht dar, welche Angaben seine Ehefrau im Fall eines derartigen Vorhalts hätte machen können und inwieweit dies zu einem für ihn günstigeren Ergebnis hätte führen können. Im Übrigen wäre es auch seinem an der Verhandlung teilnehmenden Rechtsvertreter unbenommen gewesen, in Ausübung seines Fragerechts den betreffenden Vorhalt zu tätigen.

3.5. Der Revisionswerber releviert, das Verwaltungsgericht habe ihm für die Nachreichung von Urkunden eine auf Grund seiner gebotenen Ausreise viel zu kurze Frist eingeräumt, sodass er die Urkunden (insbesondere eine Auskunft des Kreditschutzverbands und eine Reisepasskopie) nicht mehr rechtzeitig bis zur Verhandlung habe vorlegen können.

Der Revision mangelt es auch insofern an der erforderlichen Relevanzdarstellung. Es wird zwar vorgebracht, welche Urkunden der Revisionswerber im Fall der Einräumung einer längeren Frist bzw. einer Nachfrist vorgelegt hätte, allerdings wird nicht näher dargetan, welche konkreten inhaltlichen Aufschlüsse sich aus den Urkunden ergeben hätten und inwiefern dies zu einer für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage hätte führen können.

3.6. Der Revisionswerber macht geltend, das Verwaltungsgericht habe die Rechte seines Rechtsvertreters eingeschränkt, indem es diesem ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen unterstellt habe, nur weil er pflichtgemäß bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung neues Vorbringen erstattet und weitere Urkunden vorgelegt habe. Der Revisionswerber sei dadurch in seinem Recht auf Parteiengehör und auf ein faires Verfahren verletzt worden.

Diesem Vorbringen fehlt schon deshalb jegliche Relevanz, weil nicht behauptet wird und auch nicht ersichtlich ist, dass das Verwaltungsgericht die Erstattung eines neuen Vorbringens bzw. die Vorlage weiterer Urkunden bis zum Schluss des Ermittlungsverfahrens abgelehnt habe. Eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör und auf ein faires Verfahren ist daher nicht zu sehen. Der Revisionswerber wendet sich offenbar gegen die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis bzw. (laut dem Revisionsvorbringen) bereits in der mündlichen Verhandlung geäußerte Kritik an der Art und Weise der Mitwirkung seines Rechtsvertreters im Verfahren, ohne damit jedoch einen wesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen.

4.1. Der Revisionswerber bekämpft ferner die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, die er als bedenklich, einseitig, zweifelhaft bzw. an Willkür grenzend rügt und in der er ein fehlendes Interesse an der materiellen Wahrheitsfindung zu erkennen vermeint. Seine diesbezüglichen Ausführungen lassen sich im Wesentlichen dahin zusammenfassen, dass ihm das Verwaltungsgericht - jeweils zu Unrecht - eine mangelnde Mitwirkung im Verfahren unterstellt habe, eine Nichteinhaltung der Ein- bzw. Ausreisebestimmungen angelastet habe, die von ihm vorgelegten Urkunden als Gefälligkeitsurkunden ohne "Effektuierungswillen" abgetan habe, die Darstellung der Wohnsituation als unrichtig erachtet habe und das Vorliegen eines Krankenversicherungsschutzes verneint habe.

4.2. Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung ist nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorgangs, nicht aber um die konkrete Richtigkeit handelt, sowie wenn es darum geht, ob die in diesem Denkvorgang gewürdigten Beweisergebnisse in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind (vgl. VwGH 23.5.2018, Ra 2018/22/0074; 11.5.2017, Ro 2014/08/0021). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wäre nur dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht die Würdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 17.3.2016, Ra 2016/22/0017).

4.3. Vorliegend hält die Beweiswürdigung den aufgezeigten Kriterien einer Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof stand. Das Verwaltungsgericht traf die Feststellungen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf Basis der vorliegenden Urkunden und der getätigten Beweisaussage. Es legte dabei die wesentlichen Erwägungen für die Beweiswürdigung ausführlich dar, wobei nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese eingehende Würdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise erfolgt wäre, ist doch die Schlüssigkeit der maßgeblichen Erwägungen jedenfalls gewährleistet. Die Beweisergebnisse wurden auch in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt.

Dem vermag der Revisionswerber in seinem Zulässigkeitsvorbringen - trotz weitläufiger Erörterungen - nichts Stichhältiges entgegenzusetzen.

5. Insgesamt werden daher - in der maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung (vgl. VwGH 23.11.2017, Ra 2015/22/0162) - keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war deshalb zurückzuweisen.

Wien, am 20. Mai 2019

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