VwGH Ra 2018/20/0440

VwGHRa 2018/20/044028.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, BSc, in der Rechtssache der Revision des M S in V, vertreten durch Dr. Peter Krassnig, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Lidmanskygasse 39, gegen das am 28. Juni 2018 mündlich verkündete und am 3. August 2018 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, Zl. W253 2135375-1/13E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art144 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018200440.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Revisionswerbers, die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof abzutreten, wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 2. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29. August 2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Revisionswerber nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für eine freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen festgelegt (Spruchpunkt IV.).

2 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet abgewiesen. Weiters sprach das BVwG aus, dass eine Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, dass dem Revisionswerber die Niederschrift der mündlichen Verhandlung nicht rückübersetzt worden sei und er nicht die Möglichkeit gehabt habe, Korrekturen vorzunehmen.

8 Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten, dass aus der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vor dem BVwG vom 28. Juni 2018 hervorgeht, dass diese dem durch einen Rechtsvertreter vertretenen Revisionswerber zur Durchsicht vorgelegt und rückübersetzt worden sei. In weiterer Folge seien gegen die Niederschrift keine Einwendungen wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit erhoben worden. Diese Niederschrift wurde u.a. vom Revisionswerber und dessen Rechtsvertreter unterschrieben. Gemäß § 15 AVG liefert, soweit nicht Einwendungen erhoben wurden, eine gemäß § 14 AVG aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis, wobei der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges zulässig bleibt. Fallbezogen sind Einwendungen des Revisionswerbers weder protokolliert, noch wird behauptet, der Revisionswerber hätte Einwendungen im Sinn des § 14 Abs. 3 AVG erhoben. Der Revisionswerber zeigt mit seinem Vorbringen keine konkreten Gründe zur Entkräftung der Beweiskraft der Niederschrift auf.

9 Weiters bringt der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung vor, dass die "Behörde" eine Reihe von Negativfeststellungen getroffen habe, ohne diese ausreichend zu begründen, dass diese von einem "fiktiven Geburtsdatum" ausgegangen sei und darüber hinaus Ermittlungen hinsichtlich des Fluchtvorbringens unterlassen habe.

10 Soweit die Revision eine Verletzung der Begründungs- und Ermittlungspflicht anspricht, ist ihr entgegen zu halten, dass eine im Rahmen der gesonderten Darstellung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision nicht weiter substantiierte Behauptung von (allenfalls sekundären) Verfahrensmängeln nicht ausreicht, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, von deren Lösung das rechtliche Schicksal der Revision abhängt (vgl. VwGH 19.12.2016, Ra 2016/20/0135, mwN).

11 Insofern sich die Revision gegen die Beweiswürdigung wendet, ist auf die ständige hg. Rechtsprechung zu verweisen, wonach der Verwaltungsgerichtshof - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen, soweit der Sachverhalt genügend erhoben ist und die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wäre nur dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht die Würdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 25.4.2018, Ra 2018/18/0184, mwN). Dass dem BVwG ein derartiger krasser Fehler unterlaufen wäre, wird in der Revision nicht aufgezeigt.

12 Dem Vorbringen, dass der afghanische Staat nicht gewillt sei, den Revisionswerber vor Übergriffen durch die Familie zu schützen, ist zu entgegnen, dass sich das BVwG tragend auf die Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens des Revisionswerbers gestützt hat.

13 Darüber hinaus vermag der Revisionswerber nicht aufzuzeigen, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung, ob dem Revisionswerber eine reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung drohe, die in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien (vgl. etwa VwGH 29.5.2018, Ra 2018/20/0224) missachtet hätte.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

15 Auch der Antrag auf Abtretung der "Beschwerde" an den Verfassungsgerichtshof ist unzulässig, weil eine derartige Abtretung gesetzlich nicht vorgesehen ist (vgl. VwGH 2.8.2018, Ra 2018/19/0376, mwN).

Wien, am 28. September 2018

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