Normen
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018190712.L00
Spruch:
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Erstrevisionswerberin und der Zweitrevisionswerber sind die Eltern des Dritt- und des minderjährigen Viertrevisionswerbers. Alle Revisionswerber sind Staatsangehörige Afghanistans, Sunniten und gehören der Volksgruppe der Tadschiken an. Der Drittrevisionswerber stellte am 18. April 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Erstrevisionswerberin, der Zweit- und der Viertrevisionswerber stellten am 24. November 2015 Anträge auf internationalen Schutz. Zu ihren Fluchtgründen gaben die Revisionswerber an, Afghanistan wegen des Krieges und der Taliban bzw. wegen Grundstückstreitigkeiten verlassen zu haben.
2 Mit Bescheiden vom 20. April 2017 (betreffend den Drittrevisionswerber) und vom 28. Juli 2017 (betreffend die Erstrevisionswerberin, den Zweit- und den Viertrevisionswerber) wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge jeweils zur Gänze ab, erteilte keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ Rückkehrentscheidungen und stellte fest, dass die Abschiebung der Revisionswerber nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage bzw. zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobenen Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der - nicht näher genannten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, da die Beweiswürdigung unvertretbar sei. Die Erstrevisionswerberin sei als am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierte Frau bei einer Rückkehr mit hoher Wahrscheinlichkeit Eingriffen erheblicher Intensität ausgesetzt. Den übrigen Revisionswerbern sei im Familienverfahren ebenfalls der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Die Revisionswerber gehörten erkennbar einer ethnischen und religiösen Minderheit in Afghanistan an und wären dadurch diskriminiert. Der Dritt- und der Viertrevisionswerber seien minderjährig und gehörten einer besonders vulnerablen Personengruppe an. Den Revisionswerbern drohe bei einer Rückkehr die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung, wobei eine innerstaatliche Fluchtalternative "aus den dargelegten Erwägungen" nicht in Betracht komme. Die Rechtsprechung sei auch uneinheitlich, weil das Bundesverwaltungsgericht "einem Beschwerdeführer im gleichen Alter und identem familiären Hintergrund" den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt habe. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung bestehe darin, ob jungen afghanischen Staatsbürgern, die über keine sozialen Kontakte im Herkunftsstaat verfügen, eine Rückkehr nach Afghanistan zumutbar sei.
8 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 3 VwGG hat ein Revisionswerber einerseits konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte, und andererseits konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich beantwortet hat oder dass dazu Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes überhaupt fehlt (vgl. etwa VwGH 5.4.2018, Ra 2018/19/0101, mwN). Wird ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wegen eines dem angefochtenen Erkenntnis anhaftenden Verfahrensmangels geltend gemacht, ist der Verfahrensmangel zu präzisieren und dessen Relevanz für den Verfahrensausgang darzutun (vgl. VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0352, mwN).
9 Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Revision nicht.
10 Insoweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 10.9.2018, Ra 2017/19/0431, mwN).
11 Die Revision legt nicht dar, worin im vorliegenden Fall eine Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung liegen sollte.
12 Wenn die Revision vorbringt, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei uneinheitlich, ist ihr zu entgegnen, dass eine uneinheitliche Rechtsprechung eines oder mehrerer Verwaltungsgerichte für sich genommen nicht den Tatbestand des Art. 133 Abs. 4 B-VG erfüllt, wenn es zu der betreffenden Frage eine (einheitliche) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt (vgl. VwGH 26.3.2015, Ra 2015/22/0042; 10.9.2018, Ra 2018/19/0411).
13 Insoweit die Revision behauptet, die Revisionswerber verfügten in ihrem Herkunftsstaat über keine sozialen Kontakte, steht dies nicht in Einklang mit dem festgestellten Sachverhalt, wonach sich die Kernfamilie der Erstbeschwerdeführerin, mit der die Revisionswerber in regelmäßigen Kontakt stünden, in deren Herkunftsprovinz befinde. Entfernt sich die Revision - wie hier - in der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, wird schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. etwa VwGH 28.6.2018, Ra 2018/19/0266, mwN).
14 Im Übrigen weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass der bloße Verweis in den Revisionsgründen auf die Zulässigkeitsgründe keine gesetzmäßige Ausführung der Revision darstellt.
15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 23. Jänner 2019
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