Normen
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
BFA-VG 2014 §9 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §24;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018190621.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Somalias, stellte am 30. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.
2 Der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) durchgeführten Abfrage im Eurodac-System zufolge, suchte der Revisionswerber bereits am 30. Dezember 2008 in Italien und am 14. September 2009 in den Niederlanden um internationalen Schutz an.
3 Im Zuge seiner Erstbefragung führte der Revisionswerber aus, er habe Somalia im Jahr 2008 verlassen. Er sei über Äthiopien, den Sudan und Libyen nach Italien gelangt und habe sich in Folge über mehrere Jahre hinweg abwechselnd in Italien und in den Niederlanden aufgehalten. Anschließend sei er für etwa drei Monate nach Somalia zurückgekehrt, ehe er weitere dreieinhalb Jahre in Italien verbracht habe. Er habe sowohl in Italien als auch in den Niederlanden einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. In Italien verfüge er über einen Aufenthaltstitel, welcher von Mai 2009 bis Mai 2015 gültig gewesen sei. Er wolle in Österreich bleiben, da seine Familie nun hier lebe. Seine Mutter sei krank und seine Ehefrau sei schwanger.
4 Mit Schreiben vom 26. Jänner 2016 richtete das BFA ein Wiederaufnahmeersuchen an die italienischen Behörden.
5 Mit Schreiben vom 16. Februar 2016 teilten die italienischen Behörden mit, dass der Revisionswerber in Italien über eine Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter verfüge, welche am 4. September 2015 abgelaufen sei.
6 Mit Bescheid vom 4. Juli 2016 wies das BFA den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz gemäß § 4a Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als unzulässig zurück, sprach aus, dass sich der Revisionswerber nach Italien zurückzubegeben habe, erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, ordnete die Außerlandesbringung an und stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Italien zulässig sei.
7 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
8 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 25. September 2018, E 3472/2018-6, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG weiche von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 21 Abs. 7 BFA-VG bezüglich des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ab. Im gegenständlichen Fall könne nicht von einem geklärten Sachverhalt in Bezug auf das Familienleben gemäß Art. 8 EMRK ausgegangen werden, da seit der Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung mehr als zwei Jahre und drei Monate vergangen seien und mittlerweile ein viertes und fünftes gemeinsames Kind in Österreich zur Welt gekommen seien. Aufgrund der geänderten familiären Situation hätte eine mündliche Verhandlung stattfinden müssen.
13 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
14 Der Revisionswerber begründet den vorgebrachten Verstoß gegen die Verhandlungspflicht mit dem Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs. 7 BFA-VG für die Abstandnahme von einer Verhandlung und verweist hierzu auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017 bis 0018. Mit diesem Vorbringen gelingt es nicht darzulegen, dass von der beantragten Verhandlung nicht hätte Abstand genommen werden dürfen. Es ist dem Revisionswerber zwar insofern zuzustimmen, als der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, dass der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, insbesondere auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände, besondere Bedeutung zukommt. Allerdings kann gemäß dem auch im vorliegenden Fall in Betracht zu ziehenden § 21 Abs. 7 BFA-VG (ausnahmsweise) von der Durchführung einer Verhandlung unter anderem dann abgesehen werden, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (vgl. VwGH 18.5.2017, Ra 2017/20/0118; 10.8.2017, Ra 2016/20/0105, mwN).
15 Im vorliegenden Fall legte das BVwG das Vorbringen des Revisionswerbers in der Beschwerde in Bezug auf die Schwangerschaft seiner Ehefrau und die Geburt des vierten Kindes dem Erkenntnis zugrunde und berücksichtigte auch das seit dem Jahr 2016 wiederaufgenommene Familienleben. Damit konnte eine Verhandlung zur Klärung dieser Frage unterbleiben. Der diesbezügliche Sachverhalt durfte sohin als aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt angesehen werden (vgl. VwGH 29.11.2017, Ra 2017/18/0425).
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 21. Dezember 2018
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