VwGH Ra 2018/18/0202

VwGHRa 2018/18/02026.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision der F N, vertreten durch Dr. Othmar Knödl, Rechtsanwalt in 6240 Rattenberg/Inn, Hassauerstraße 75, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Februar 2018, Zl. W196 2147476-1/10E, betreffend eine Asylangelegenheit, den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §18;
AsylG 2005 §3 Abs1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018180202.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin, eine somalische Staatsangehörige, stellte am 28. April 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen Antrag begründete sie im Wesentlichen damit, dass sie eine Angehörige eines Minderheitenclans sei und heimlich ihren Ehemann, einen Angehörigen eines Mehrheitsclans, geheiratet habe. Aus diesem Grund drohe ihr eine Verfolgung durch die Familie ihres Ehemannes, welche gegen ihre Hochzeit gewesen sei.

2 Nach Durchführung einer Verhandlung wies das im Wege einer von der Revisionswerberin erhobenen Säumnisbeschwerde zuständig gewordene Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 28. Februar 2018 den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ab, erkannte der Revisionswerberin jedoch den Status einer subsidiär Schutzberechtigten zu. Die Revision erklärte das BVwG für nicht zulässig.

3 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zu ihrer Zulässigkeit insbesondere vorgebracht wird, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den "Rechtsfragen", ob in Somalia - bei Vorliegen vergleichbarer Umstände, wie im konkreten Fall - asylrelevante Verfolgung "vorkommt" und ob der somalische Staat diesbezüglich schutzfähig und -willig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach klargestellt, dass er - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 30.5.2018, Ra 2018/18/0085).

8 Bei den in der Revision aufgeworfenen "Rechtsfragen" hinsichtlich des Vorliegens clanbedingter Verfolgung bei heimlicher Eheschließung und diesbezüglicher Schutzfähigkeit bzw. - willigkeit Somalias handelt es sich um Tatfragen, welche das BVwG im vorliegenden Fall zu lösen hatte. Das BVwG sprach dazu dem Fluchtvorbringen der Revisionswerberin - mit näherer Begründung - die Glaubwürdigkeit ab. Da die Revision der vorgenommenen Beweiswürdigung nicht substantiiert entgegentritt, gelingt es ihr in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen. Vor dem Hintergrund, dass das BVwG die vorgebrachte Verfolgung verneinte, bedurfte es insbesondere keiner Auseinandersetzung mit dem Vorliegen einer staatlichen Schutzfähigkeit und -willigkeit.

9 Darüber hinaus wird in der Revision vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob eine somalische Frau, unabhängig von den von ihr bei den Befragungen angegebenen Fluchtgründen, von einer Person, die dem gleichen Geschlecht angehöre, von Amts wegen zu befragen sei, ob ihr bei Rückkehr in ihr Heimatland bzw. an ihren ursprünglichen Wohnort eine weibliche Genitalverstümmelung drohe. Dem ist entgegenzuhalten, dass die das BVwG treffende Ermittlungspflicht gemäß § 18 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) nicht so weit geht, dass das BVwG Umstände, die die Asylwerberin gar nicht behauptet hat, zu ermitteln hat (vgl. VwGH 5.9.2016, Ra 2016/18/0196). Im Übrigen ist das BVwG im Revisionsfall ohnedies durch eine weibliche Richterin aufgetreten.

10 Auch mit dem Vorbringen, es fehle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob eine "weitere Einvernahme" vor dem BVwG, nach einer erfolgreichen Säumnisbeschwerde, einer mündlichen Verhandlung gleichzusetzen sei, wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt. Das BVwG führte im vorliegenden Fall eine mündliche Verhandlung durch. Inwiefern es sich dabei nach Ansicht der Revisionswerberin (lediglich) um eine "weitere Einvernahme" gehandelt haben soll, ist nicht nachvollziehbar.

11 Soweit sich die Revision gegen die mangelnde Relevanz der vom BVwG herangezogenen Länderberichte wendet, zeigt sie nicht auf, welche - für die Beurteilung des Fluchtvorbringens relevanten - Länderberichte das BVwG noch hätte berücksichtigen müssen und inwiefern es unter Berücksichtigung dieser Länderberichte zu anderen, für das Ergebnis relevanten, Länderfeststellungen hätte gelangen müssen. Somit vermag die Revision die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht aufzuzeigen (vgl. VwGH 25.4.2018, Ra 2018/18/0184).

12 Schließlich bringt die Revisionswerberin vor, das BVwG habe gegen die ihm obliegende Ermittlungspflicht verstoßen und keine ausreichenden Feststellungen zur Lage von Frauen, welche Angehörige eines Minderheitenclans seien und einen Angehörigen eines Mehrheitsclans geheiratet hätten, getroffen. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass das BVwG im angefochtenen Erkenntnis auch Länderfeststellungen zur Lage von Minderheiten und zu Eheschließungen zwischen Personen mit verschiedener Clanzugehörigkeit getroffen hat. Soweit die Revision diesbezüglich einen Ermittlungsmangel geltend macht, zeigt sie nicht auf, welche (relevanten) Feststellungen das BVwG unterlassen habe (vgl. VwGH 5.4.2018, Ra 2018/19/0089).

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 6. September 2018

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