VwGH Ra 2018/16/0062

VwGHRa 2018/16/006213.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, LL.M., über die Revision 1. der U s.r.o. und 2. des M D, beide in P, Slowakei, beide vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 21. Dezember 2017, Zl. VGW-002/060/13737/2017, VGW-002/V/060/13738/2016, VGW- 002/V/060/7552/2017, VGW-002/V/060/7553/2017, betreffend Übertretung, Beschlagnahme und Einziehung nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), zu Recht erkannt:

Normen

VStG §44a Z2;
VStG §44a Z3;
VwGVG 2014 §28;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160062.L00

 

Spruch:

Der Revision wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Erkenntnisses richtet, insoweit Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis wird in seinem Spruchpunkt II. hinsichtlich der Verhängung der Strafe gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wie folgt ergänzt:

"Die Strafsanktionsnorm lautet § 52 Abs. 2 erster Strafsatz Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 13/2014."

und

den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in Höhe von zusammen insgesamt 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 19. September 2016 ordnete die Landespolizeidirektion Wien gegenüber der erstrevisionswerbenden Gesellschaft (Revisionswerberin) gemäß § 53 Abs. 1 Glücksspielgesetz (GSpG) die Beschlagnahme fünf näher bezeichneter Geräte an und verfügte sie gemäß § 54 Abs. 1 GSpG die Einziehung dieser Geräte.

2 Dagegen erhob die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2016 Beschwerde.

3 Mit Straferkenntnis vom 12. April 2017 erkannte die Landespolizeidirektion Wien die zweitrevisionswerbende Partei (Revisionswerber) als handelsrechtlichen Geschäftsführer und gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich Verantwortlichen der Revisionswerberin dreier Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 (1. Fall) iVm § 2 Abs. 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig, verhängte über ihn drei Geldstrafen zu je 40.000 EUR (Ersatzfreiheitsstrafen für den Fall deren Uneinbringlichkeit jeweils drei Tage), verpflichtete ihn zu einem Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in näher angeführter Höhe und sprach aus, dass die Revisionswerberin gemäß § 9 Abs. 7 VStG für diese Geldstrafen und Kostenbeiträge hafte.

4 Dagegen erhoben die Revisionswerber mit Schriftsatz vom 15. Mai 2017 Beschwerde.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis entschied das Verwaltungsgericht Wien über beide Beschwerden.

6 Der Beschwerde gegen den Beschlagnahme- und Einziehungsbescheid (vom 19. September 2016) gab das Verwaltungsgericht mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses insoweit Folge, als es die Beschlagnahme und Einziehung zweier näher bezeichneter Geräte aufhob, die Beschwerde jedoch im Übrigen als unbegründet abwies.

7 Der Beschwerde gegen das Straferkenntnis (vom 12. April 2017) gab das Verwaltungsgericht mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses insoweit Folge, als es den Schuld- und Strafausspruch hinsichtlich eines Eingriffsgegenstandes aufhob, die (verbleibenden zwei) Geldstrafen auf jeweils 9.000 EUR und die Ersatzfreiheitsstrafen mit jeweils einem Tag neu bemaß und die Beschwerde im Übrigen abwies.

8 Spruchpunkt III. des angefochtenen Erkenntnisses enthält den Ausspruch über die Verfahrenskosten.

9 Schließlich sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Erkenntnisses).

10 Zur Strafbemessung führte das Verwaltungsgericht u.a. aus, für den Tatzeitraum lägen keine Vormerkungen des Revisionswerbers für Übertretungen nach dem GSpG vor, weshalb anders als im bekämpften Straferkenntnis der Landespolizeidirektion der niedrigere Strafrahmen von 1.000 EUR bis 10.000 EUR anzuwenden sei.

11 Die gegen das angefochtene Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision legte das Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

12 Die Revision richtet sich ausdrücklich nur insoweit gegen das angefochtene Erkenntnis, als es den Beschwerden nicht Folge gegeben hat. Die Revisionswerberin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, dass ihre Verfügungsmacht über Gegenstände durch Beschlagnahme und Einziehung nicht beeinträchtigt werde und dass sie nicht für die über den Revisionswerber verhängte Strafe hafte. Der Revisionswerber erachtet sich im Recht verletzt, nicht bestraft zu werden.

13 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG). Revisionsbeantwortungen langten beim Verwaltungsgerichthof keine ein.

 

14 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

15 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision (gesondert) vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

17 Liegen - wie im vorliegenden Revisionsfall - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen gerichteten Revision auch getrennt zu prüfen (vgl. etwa VwGH 9.3.2018, Ra 2018/17/0005, mwN).

18 Die Revisionswerber tragen zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zu zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach im Spruch eines Straferkenntnisses die richtige Strafnorm anzuführen sei. Weder das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien noch das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes enthalte im Spruch die Strafsanktionsnorm.

19 Die Revision erweist sich insoweit als zulässig und begründet.

20 Die hg. Rechtsprechung räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch u.a. die richtige Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG aufscheint. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. etwa VwGH 9.3.2018, Ra 2018/17/0005, mwN). Im vorliegenden Fall kommt bei einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG die Strafsanktionsorm des § 52 Abs. 2 GSpG in Betracht.

21 Das Verwaltungsgericht hat daher insoweit, als der Spruch des strafbehördlichen Bescheides fehlerhaft ist, weil zB die angewendeten Gesetzesstellen unrichtig oder unvollständig zitiert wurden, dies in seinem Abspruch zu ergänzen oder richtigzustellen (vgl. dazu VwGH 15.11.2017, Ra 2017/17/0021 bis 0023, mwN, und VwGH 26.6.2018, Ra 2018/16/0061).

22 Das Verwaltungsgericht hat in seinem Spruchpunkt II. die Strafsanktionsnorm jedoch trotz des fehlerhaften Abspruchs im Straferkenntnis nicht ergänzt (anders etwa das dem Beschluss des VwGH vom 26. Juni 2018, Ra 2018/16/0061, zu Grunde liegende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes).

23 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst entscheiden kann, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt, war das angefochtene Erkenntnis durch die spruchgemäße Änderung hinsichtlich der angewendeten Strafsanktionsnorm richtigzustellen.

24 Zum übrigen Zulässigkeitsvorbringen der Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09 , Rn. 83 f; EuGH 30.4.2014, Pfleger, C-390/12 , Rn. 47 ff; EuGH 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C- 464/15 , Rn. 31, 35 ff, sowie EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn. 28, 62 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, mit der Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12 .

25 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C- 685/15 , die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn. 55, sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 24 ff).

26 Dem Vorbringen der Revisionswerber, es sei Beweisanträgen nicht gefolgt worden, ist entgegenzuhalten, dass die Zulässigkeit der Revision im Fall der Behauptung eines - eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwerfenden -Verfahrensmangels voraussetzt, dass die Revision auch von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. VwGH 6.8.2018, Ra 2018/17/0094, mwN). Mit seinem Vorbringen zeigt der Revisionswerber die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinne der hg. Rechtsprechung jedoch nicht auf.

27 Mit diesem Vorbringen werfen die Revisionswerber keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

28 Die Revision war daher, soweit sie nicht zu einer Ergänzung des Spruchpunktes II. des angefochtenen Erkenntnisses um die angewendete Strafsanktionsnorm führt, im Übrigen gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

29 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.

Wien, am 13. September 2018

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