VwGH Ra 2018/16/0032

VwGHRa 2018/16/003214.5.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des H M in L, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 3. Jänner 2018, Zl. LVwG‑2017/30/2211‑6, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Landeck),

Normen

B-VG Art133 Abs4
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
GSpG 1989 §52 Abs2
VStG §44a
VStG §44a Z2
VStG §44a Z3
VwGG §28 Abs3
VwGVG 2014 §28

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018160032.L00

 

Spruch:

zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Ausspruchs über die Strafe sowie die Kosten des Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben;

und

den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 24. Juli 2017 wurde der Revisionswerber als Obmann eines näher bezeichneten Vereins der sechsfachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild iVm § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, 2 und 3 Glücksspielgesetz (GSpG) iVm § 9 VStG für schuldig erkannt und über ihn sechs Geldstrafen in der Höhe von jeweils 3.000 € (Ersatzfreiheitsstrafen für den Fall deren Uneinbringlichkeit: jeweils 2 Tage) verhängt. Weiters wurde er zu einem Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 1.800 € verpflichtet.

2 Dagegen erhob der Revisionswerber mit Schriftsatz vom 22. August 2017 Beschwerde.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol die Beschwerde mit der Maßgabe ab, dass es den Tatzeitraum einschränkte, dem Revisionswerber die Übertretung als Obmann und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ des näher bezeichneten Vereins anlastete und ergänzte, dass sich das Lokal am angeführten Sitz des Vereins befinde (Spruchpunkt 1.). Weiters erklärte es die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig (Spruchpunkt 2.).

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision (gesondert) vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Liegen ‑ wie hier in Bezug auf den Ausspruch von Schuld und Strafe ‑ trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen gerichteten Revision auch getrennt zu prüfen (vgl. etwa VwGH 28.2.2019, Ra 2018/16/0149; 24.1.2019, Ra 2018/09/0146, jeweils mwN).

8 Der Revisionswerber trägt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zu zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach im Spruch eines Straferkenntnisses die richtige Strafnorm anzuführen sei. Bei § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG handle es sich um keine Strafsanktionsnorm. Bei einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG sei die Strafsanktionsnorm § 52 Abs. 2 GSpG.

9 Die Revision erweist sich insoweit als zulässig und begründet.

10 Die hg. Rechtsprechung räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch u.a. die richtige Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG aufscheint. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. nochmals VwGH 28.2.2019, Ra 2018/16/0149, mwN). Im vorliegenden Fall kommt bei einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG die Strafsanktionsnorm des § 52 Abs. 2 GSpG in Betracht.

11 Das Verwaltungsgericht hat daher insoweit, als der Spruch des strafbehördlichen Bescheids fehlerhaft ist, weil z.B. die angewendeten Gesetzesstellen unrichtig oder unvollständig zitiert wurden, dies in seinem Abspruch zu ergänzen oder richtigzustellen (vgl. VwGH 13.9.2018, Ra 2018/16/0062 bis 0063, mwN).

12 Das Verwaltungsgericht hat dies im Revisionsfall unterlassen.

13 Das angefochtene Erkenntnis war schon deshalb im Umfang des Ausspruchs über die verhängte Strafe und des davon abhängigen Abspruchs über die Kosten des Strafverfahrens gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

14 Zu dem den Schuldspruch betreffenden übrigen Zulässigkeitsvorbringen der Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, C‑347/09, Dickinger und Ömer, Rn. 83 f; EuGH 30.4.2014, C‑390/12, Pfleger, Rn. 47 ff; EuGH 30.6.2016, C‑464/15, Admiral Casinos & Entertainment AG, Rn. 31, 35 ff; EuGH 28.2.2018, C‑3/17, Sporting Odds Ltd., Rn. 28, 62 ff; sowie EuGH 6.9.2018, C‑79/17, Gmalieva s.r.o. u.a., Rn. 22 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, sowie vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, C‑390/12, Pfleger.

15 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, C‑685/15, Online Games Handels GmbH u.a., die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände in der vom Gericht entschiedenen Rechtssache nicht entgegen (vgl. auch EuGH 28.2.2018, C‑3/17, Sporting Odds Ltd., Rn. 55; sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 24 ff).

16 Dem Vorbringen des Revisionswerbers, es sei Beweisanträgen nicht gefolgt worden, ist entgegenzuhalten, dass die Zulässigkeit der Revision im Fall der Behauptung eines ‑ eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwerfenden ‑ Verfahrensmangels voraussetzt, dass die Revision auch von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen ‑ für die revisionswerbende Partei günstigeren ‑ Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. VwGH 6.8.2018, Ra 2018/17/0094, mwN). Mit seinem Vorbringen zeigt der Revisionswerber die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinne der hg. Rechtsprechung jedoch nicht auf.

17 Auch sonst wirft der Revisionswerber keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

18 Die Revision war daher, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

19 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 VwGG iVm der VwGH‑AufwErsV.

Wien, am 14. Mai 2019

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