VwGH Ra 2018/14/0220

VwGHRa 2018/14/022031.1.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, über die Revision der X Y in Z, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. April 2018, L503 1315826-1/75E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §18;
AVG §46;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018140220.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die aus der Türkei stammende Revisionswerberin stellte am 6. Jänner 2006 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab sie im Wesentlichen an, dass sie als Kurdin vom türkischen Regime unterdrückt und ihr vorgeworfen worden sei, sie habe eine näher bezeichnete Partei unterstützt. Nachdem ihr Heimatdorf von der türkischen Armee angegriffen und sie dabei verletzt worden sei, sei sie in ein Flüchtlingslager im Nordirak geflüchtet. Dieses sei ebenfalls von der Türkei angegriffen worden. Bei einer Rückkehr befürchte sie, wegen ihres Aufenthalts in dem Flüchtlingslager und weil sie Kurdin sei, vor Gericht gestellt zu werden.

2 Mit Bescheid vom 29. Oktober 2007 wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz ab, erkannte der Revisionswerberin weder den Status der Asylberechtigten noch den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu und wies die Revisionswerberin aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei aus.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 aus, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei. Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4 Mit Beschluss vom 24. September 2018, E 2322/2018-10, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG ab und trat die Beschwerde mit Beschluss vom 19. Oktober 2018, E 2322/2018-12, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Bundesverwaltungsgericht habe es unterlassen, zur Klärung des Sachverhaltes Erhebungen in der Türkei zu der von der Revisionswerberin vorgebrachten Bedrohungssituation anzustellen. Das Bundesverwaltungsgericht hätte einen länderkundigen Sachverständigen für die Türkei bestellen müssen, "um ein Vorbringen abzuklären". Die Revisionswerberin habe unwidersprochen vorgebracht, das türkische Militär habe ihr Heimatdorf zerstört und sie habe deshalb in den Nordirak flüchten und sich dort in einem von der UNO gegründeten Flüchtlingslager aufhalten müssen; sie habe auch vorgebracht, dass Angehörige von ihr bei einer näher genannten Partei gearbeitet hätten. Vor diesem Hintergrund drohe ihr in der Türkei asylrelevante Verfolgung. In der Türkei würde sie in allen Lebensbereichen benachteiligt werden, zumal sie Kurdin und staatenlos sei.

9 Insoweit sich die Revision in bloß allgemeiner Form gegen die Sachverhaltsermittlung wendet, macht sie Verfahrensfehler geltend. Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 20.12.2018, Ra 2018/14/0284, mwN). Diesen Anforderungen entspricht die Revision nicht.

10 Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass eigenen hoheitlichen Ermittlungen der Asylbehörden im Herkunftsstaat des Asylwerbers allgemeine Prinzipien des Völkerrechts entgegenstehen. Danach sind Staaten grundsätzlich verpflichtet, in fremden Hoheitsräumen keine Amtshandlungen ohne Genehmigung des Territorialstaates vorzunehmen. Dieser Grundsatz wird meist streng gehandhabt und gestattet nicht einmal eine hoheitliche Tätigkeit, die keine unmittelbare Auswirkung im Territorialstaat hat, z.B. polizeiliche Erhebungen oder amtliche Vorladungen. Ermittlungen, die diesen Prinzipien widersprechen, sind von den Ermittlungspflichten des § 18 AsylG 2005 daher nicht umfasst und den Asylbehörden auch nicht erlaubt (VwGH 9.5.2018, Ra 2018/18/0212, mwN).

11 Insoweit die Revisionswerberin behauptet, ihr drohe vor dem Hintergrund ihres Fluchtvorbringens und ihrer Volksgruppenzugehörigkeit bei einer Rückkehr in die Türkei asylrelevante Verfolgung, ist ihr entgegen zu halten, dass sich das Bundesverwaltungsgericht mit diesem Fluchtvorbringen auseinandergesetzt hat und dabei zu dem Ergebnis gekommen ist, die Revisionswerberin habe keine maßgebliche Gefahr einer Verfolgung aus einem der in der GFK angeführten Gründe für den Fall ihrer Rückkehr in die Türkei glaubhaft machen können. Die Revision legt nicht dar, warum diese Beurteilung fehlerhaft sein sollte.

12 Wenn die Revisionswerberin schließlich vorbringt, sie sei staatenlos und könne sich daher nicht auf die Rechte einer türkischen Staatsangehörigen berufen, entfernt sich die Revision damit vom festgestellten Sachverhalt, sodass schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird (vgl. VwGH 17.12.2018, Ra 2018/14/0135, mwN).

13 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 31. Jänner 2019

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