VwGH Ra 2018/09/0190

VwGHRa 2018/09/019020.3.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentlichen Revisionen 1. der A V,

2. des W M, beide in B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Salzburg (zu 1.) vom 2. August 2018, 405-10/556/1/7-2018, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 24. Oktober 2018, 405-10/556/1/10- 2018, und (zu 2.) vom 3. August 2018, 405-10/555/1/7-2018, jeweils betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Zell am See), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018090190.L00

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom 3. Mai 2018 wurde die Erstrevisionswerberin wegen Verstoßes gegen ihre Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG) bei der Kontrolle eines Lokals einer Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG für schuldig erkannt und über sie eine Geldstrafe in der Höhe von 1.800 Euro (im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 2. August 2018 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 24. Oktober 2018 wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg die von der Erstrevisionswerberin gegen dieses Straferkenntnis erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 50 Abs. 4 iVm § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG als unbegründet ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für nicht zulässig.

3 Mit dem im Beschwerdeverfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis vom 3. August 2018 erkannte das Landesverwaltungsgericht ferner den Zweitrevisionswerber wegen sechs Übertretungen nach § 52 Abs. 1 Z 1 dritter Fall iVm §§ 1, 2, 3 und 4 GSpG für schuldig und verhängte über ihn sechs Geldstrafen von jeweils 3.000 Euro (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen), weil er als Betreiber desselben Lokals und Inhaber von sechs Glücksspielautomaten verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht habe. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für nicht zulässig.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Revisionen erwogen:

4 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Zur Revision der Erstrevisionswerberin:

6 Soweit die Erstrevisionswerberin ihre Revision mit dem Vorbringen einer Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des Glücksspielgesetzes und infolge Unterlassung einer Kohärenzprüfung durch das Verwaltungsgericht für zulässig erachtet, ist sie auf die im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juli 2017, Ra 2017/17/0451, dargelegte Rechtsprechung hinzuweisen:

"6 Gemäß § 50 Abs 4 GSpG sind die Behörden gemäß § 50 Abs 1 (die Bezirksverwaltungsbehörden bzw die Landespolizeidirektion) und die in § 50 Abs 2 und 3 GSpG genannten Organe (Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden) zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs 1, dem Amtssachverständigen und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach dem GSpG aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegen Kontrollorganen nachkommt.

7 Eine Kontrolle nach § 50 Abs 4 GSpG dient demnach grundsätzlich der Überwachung der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes und nicht nur ausschließlich der Überwachung der Einhaltung des in den §§ 3 und 4 GSpG normierten Glücksspielmonopols. Sinn und Zweck einer Kontrolle gemäß § 50 Abs 4 GSpG ist es, einen Sachverhalt festzustellen, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen des GSpG und nicht nur jene das Glücksspielmonopol des Bundes betreffenden Bestimmungen eingehalten werden (vgl VwGH vom 28. April 2017, Ra 2017/17/0293, und vom 19. Dezember 2016, Ra 2016/17/0038 mwN).

8 Die von der Revisionswerberin behauptete Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols des Bundes und eine etwa daraus folgende Unanwendbarkeit der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen des GSpG, insbesondere der sich darauf beziehenden Strafbestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG bewirkt daher nicht zwangsläufig die Rechtswidrigkeit einer Kontrolle gemäß § 50 Abs 4 und ein unionsrechtlich begründetes Anwendungsverbot des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG."

7 Mit ihren unionsrechtlichen Ausführungen vermag die Erstrevisionswerberin daher auch im vorliegenden Fall keine Rechtsfrage darzulegen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG eine grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. in diesem Sinn auch VwGH 24.1.2019, Ra 2018/09/0141).

8 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen dieser Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Zur Revision des Zweitrevisionswerbers:

9 Dem Zulässigkeitsvorbringen dieser Revision ist zu erwidern, dass die für eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV aufgeworfenen Fragen klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09 , Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12 , Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment, C-464/15 , Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C- 79/17 ). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Er hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser - weiterhin maßgeblichen - Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht mit seiner Beurteilung im Revisionsfall im Ergebnis nicht abgewichen. Das Zulässigkeitsvorbringen zeigt nichts auf, was diesbezüglich zu einer anderen Beurteilung führen könnte. Die angefochtene Entscheidung steht entgegen diesem Vorbringen auch nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12 .

10 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C- 685/15 , die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn. 55; VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 24 ff).

11 Soweit das Zulassungsvorbringen in der Revision auf § 14 Abs. 3 GSpG Bezug nimmt, aber sonst keine weiteren Ausführungen zu dieser Thematik vornimmt, genügt es, auf das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juli 2018 zu verweisen.

12 Mit dem Vorbringen, dass das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juli 2018, Ra 2017/17/0052, bezüglich (unzulässiger) Werbepraktiken ein entsprechendes Beweisverfahren durchführen hätte müssen und entsprechende Feststellungen hätte treffen müssen, wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht ausreichend dargetan (vgl. VwGH 21.11.2018, Ra 2018/09/0175).

13 Wenn der Zweitrevisionswerber überdies rügt, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG, unterlässt er es konkret darzulegen, dass die Tatumschreibung nicht so präzise gewesen wäre, dass er seine Verteidigungsrechte nicht hätte wahren können oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre (siehe etwa VwGH 20.9.2018, Ra 2018/09/0064, mwN).

14 Der Bestimmung des § 44a Z 1 VStG wird - aus Rechtsschutzüberlegungen - dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Strafbescheides bzw. der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, die beschuldigte Person rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Diese Rechtsschutzüberlegungen sind auch für die Prüfung der Frage anzustellen, ob eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinn des § 32 Abs. 2 VStG gegeben ist. Das bedeutet, dass die der beschuldigten Person vorgeworfene Tat (lediglich) unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit diese in die Lage versetzt wird, dem Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit ihr Rechtsschutzinteresse zu wahren (vgl. VwGH 25.4.2018, Ra 2018/09/0026, mwN). Dass dies hier nicht der Fall gewesen wäre, zeigt die Revision nicht konkret auf.

15 Die Revisionen waren daher mangels Rechtsfrage, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 20. März 2019

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