VwGH Ra 2018/05/0048

VwGHRa 2018/05/00482.8.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth, die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision der B GmbH in S, vertreten durch die Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Wilhelm-Spazier-Straße 2a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 22. Jänner 2018, Zl. 405- 2/101/1/2-2018, betreffend einen abfallwirtschaftspolizeilichen Auftrag gemäß dem AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung), zu Recht erkannt:

Normen

VwGVG 2014 §24;
VwGVG 2014 §25 Abs6;
VwGVG 2014 §25 Abs7;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018050048.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Land (im Folgenden: BH) vom 10. Juni 2014 wurde der revisionswerbenden Partei aufgetragen, die auf einem näher bezeichneten Grundstück abgelagerten, näher angeführten Abfälle bis spätestens 34 Werktage nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen und einem nach § 24a Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002 befugten Unternehmen zur ordnungsgemäßen Entsorgung zu übergeben sowie der BH zum Nachweis für die Übergabe an ein befugtes Entsorgungsunternehmen spätestens eine Woche nach Ablauf der Beseitigungsfrist sämtliche dem § 17 leg. cit. entsprechenden Übernahmebestätigungen unaufgefordert vorzulegen.

2 Das aufgrund der von der revisionswerbenden Partei dagegen erhobenen Beschwerde ergangene, diesen Bescheid bestätigende Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom 4. November 2014 wurde in Stattgebung der von der revisionswerbenden Partei dagegen erhobenen Revision mit Erkenntnis VwGH 29.7.2015, Ra 2015/07/0010, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Zur näheren Darstellung wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

3 Im weiteren Beschwerdeverfahren führte das Verwaltungsgericht durch seine Einzelrichterin Dr. H. am 11. März 2016 eine mündliche Verhandlung durch, in der unter anderem der Amtssachverständige für Abfalltechnik Ing. R. und die Amtssachverständige für Gewässerschutz DI Dr. G. befragt wurden, die jeweils eine gutachterliche Stellungnahme abgaben. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 31. März 2016 wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den genannten Bescheid (erneut) als unbegründet abgewiesen.

4 Aufgrund der von der revisionswerbenden Partei dagegen erhobenen Revision wurde auch dieses Erkenntnis mit dem Erkenntnis VwGH 21.11.2017, Ra 2016/05/0054, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Zur näheren Darstellung wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

5 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den genannten Bescheid als unbegründet abgewiesen und dieser Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Rechtsgrundlage für den Behandlungsauftrag "§ 73 Abs 1 Z 1 iVm § 15 Abs. 3 Z 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 idF BGBl. I Nr. 193/2013 (AWG 2002)" zu lauten habe. Ferner wurde eine Revision für nicht zulässig erklärt.

6 Dazu führte das Verwaltungsgericht unter anderem aus, dass sich die in diesem Erkenntnis getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Beschaffenheit des angelieferten Materials und der betroffenen Grundstücksfläche sowie der Grundwasserverunreinigung auf die im Verfahren eingeholten Prüfberichte und die schlüssigen gutachterlichen Stellungnahmen aus dem Bereich Abfalltechnik und Gewässerschutz sowie deren mündliche Erläuterung in der Beschwerdeverhandlung vom 11. März 2016 stützten, denen die revisionswerbende Partei nicht entgegengetreten sei. Die Tatsache, dass das Material vom gegenständlichen Grundstück entfernt worden sei, ergebe sich aus der Stellungnahme der Amtssachverständigen für Gewässerschutz in der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2016 und dem Vorbringen der revisionswerbenden Partei, habe diese doch nicht behauptet, über eine Bewilligung für die gegenständliche Maßnahme zu verfügen, und liege eine solche auch nicht vor.

7 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht (u.a.) aus, dass es sich nach den Sachverhaltsfeststellungen gegenständlich um eine durch die revisionswerbende Partei als Primärverpflichtete gemäß § 73 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 veranlasste Zwischenlagerung von Abfällen handle, die keiner Genehmigungspflicht nach § 37 leg. cit. unterlegen sei, sodass die Frage zu prüfen sei, ob die Lagerung auf einem "geeigneten Ort" im Sinne des § 15 Abs. 3 Z 2 leg. cit. erfolgt sei (u.a. Hinweis auf VwGH 29.7.2015, Ra 2015/07/0010). Ein Ort, bei dem es zu einer Verletzung von § 1 Abs. 3 Z 4 leg. cit. komme, sei jedenfalls als ungeeignet im Sinne des § 15 Abs. 3 Z 2 leg. cit. anzusehen. Im vorliegenden Sachverhalt habe durch die gegenständliche Zwischenlagerung der angeführten Abfälle nicht nur die Möglichkeit einer Verunreinigung des Grundwassers (laut den gutachterlichen Feststellungen der beigezogenen Amtssachverständigen für Abfalltechnik und Gewässerschutz) bestanden, sondern sei diese aufgrund der Lagerung durch Versickerung auch tatsächlich eingetreten. Das Verwaltungsgericht gehe daher davon aus, dass die gegenständliche Zwischenlagerung der Abfälle durch die revisionswerbende Partei an keinem "geeigneten" Ort im Sinne des § 15 Abs. 3 Z 2 AWG 2002 und somit entgegen § 73 Abs. 1 Z 1 leg. cit. erfolgt sei, sodass die Voraussetzungen für die Erlassung eines abfallwirtschaftspolizeilichen Behandlungsauftrages an die revisionswerbende Partei als Veranlasserin der Zwischenlagerung vorgelegen seien.

8 Gegen dieses Erkenntnis, das vom Einzelrichter Mag. T. erlassen wurde, richtet sich die vorliegende Revision.

9 Die BH erstattete eine Revisionsbeantwortung.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

10 Die Revision ist in Anbetracht des in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) erstatteten Vorbringens, dass das Verwaltungsgericht gegen § 25 Abs. 7 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG und den darin verankerten Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen habe, zulässig. Ihr kommt auch Berechtigung zu:

11 § 25 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 24/2017 lautet auszugsweise:

"Öffentlichkeit der Verhandlung und Beweisaufnahme

§ 25. ...

...

(6) In der Verhandlung sind die zur Entscheidung der Rechtssache erforderlichen Beweise aufzunehmen.

...

(7) Das Erkenntnis kann nur von denjenigen Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes gefällt werden, die an der Verhandlung teilgenommen haben. Ändert sich die Zusammensetzung des Senates oder wurde die Rechtssache einem anderen Richter zugewiesen, ist die Verhandlung zu wiederholen. Bei Fällung des Erkenntnisses ist nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist.

..."

12 Nach der hg. Judikatur (vgl. dazu VwGH 20.11.2015, Ra 2015/02/0140) liegt in Bezug auf das Erkenntnis (oder den Beschluss) eines Verwaltungsgerichtes eine Rechtswidrigkeit vor, wenn das Verwaltungsgericht entgegen der Bestimmung des § 25 Abs. 7 zweiter Satz VwGVG, die auch für den Fall der neuerlichen Durchführung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach einem aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes gilt, trotz geänderter Zusammensetzung des Senates die Verhandlung nicht wiederholt hat. Dies gilt ebenso in dem Fall, dass die Rechtssache einem anderen Richter - somit auch einem anderen Einzelrichter - zugewiesen wird, sodass eine bereits durchgeführte Verhandlung bei einem Richterwechsel gemäß § 25 Abs. 7 zweiter Satz VwGVG zu wiederholen ist (vgl. dazu auch Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 § 25 VwGVG K18, 19).

13 Im gegenständlichen Fall kam es im Beschwerdeverfahren nach Durchführung der oben genannten mündlichen Verhandlung am 11. März 2016, in der die genannten Amtssachverständigen jeweils eine gutachterliche Stellungnahme erstattet hatten, zu einem Richterwechsel. Das vorliegend angefochtene Erkenntnis, in dem sich das Verwaltungsgericht auf die in dieser mündlichen Verhandlung gewonnenen Beweisergebnisse stützte, wurde trotz des eingetretenen Richterwechsels entgegen § 25 Abs. 7 VwGVG - ohne die Verhandlung zu wiederholen - erlassen.

14 Im Hinblick darauf war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

15 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 2. August 2018

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