VwGH Ra 2018/01/0486

VwGHRa 2018/01/048628.1.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, über die Revision der Oberösterreichischen Landesregierung gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 7. September 2018, Zl. LVwG-750503/5/MB/BD, betreffend Staatsbürgerschaft (mitbeteiligte Partei: M D in L, vertreten durch Dr. Manfred Fuchsbichler, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Traunaustraße 23/8/5), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §45 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018010486.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Vorgeschichte

1 Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung (Behörde) vom 8. Jänner 2018 wurde gemäß § 27 Abs. 1 iVm § 42 Abs. 3 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) festgestellt, dass der Mitbeteiligte mit Wirkung vom 17. Mai 2017 die österreichische Staatsbürgerschaft verloren habe.

2 Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht). Angefochtenes Erkenntnis

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschwerde des Mitbeteiligten stattgegeben und der Bescheid der Behörde vom 8. Jänner 2018 behoben (I.). Eine Revision gegen dieses Erkenntnis wurde für unzulässig erklärt (II.).

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht auf das Wesentlichste zusammengefasst aus, es könne nicht erkannt werden, dass sowohl die (von ihm so bezeichnete) "Datenliste - klein" sowie "Datenliste - groß" den Charakter einer türkischen Wählerevidenzliste hätten bzw. die darin enthaltenen Daten aus der türkischen Wählerevidenz (für im Ausland lebende türkische Staatsangehörige) stammten. Somit könne auch nicht festgestellt werden, dass der Mitbeteiligte einen Antrag auf Wiederaufnahme in den türkischen Staatsverband gestellt und die türkische Staatsangehörigkeit wieder angenommen habe.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision der Behörde, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.

Zulässigkeit

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Die Amtsrevision bringt zum Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, der Verwaltungsgerichtshof habe sich schon vielfach mit dem Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft nach § 27 StbG durch den Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit beschäftigt. Es liege jedoch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, wie die Tatsache der Führung des Namens einer Person in einem ausländischen Wählerverzeichnis hinsichtlich der Frage des Wiedererwerbs dieser fremden Staatsbürgerschaft zu beurteilen sei.

10 Es werde nicht übersehen, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen sei und eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung nur dann vorliege, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen habe.

11 Im vorliegenden Fall seien etwa 100.000 Personen betroffen, sodass die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes weit über den Einzelfall des Mitbeteiligten hinaus Bedeutung besitze.

12 Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass in der vorliegenden Rechtssache nicht die (von der Behörde aufgeworfene) Frage strittig ist, wie die Tatsache der Führung des Namens einer Person in einem ausländischen Wählerverzeichnis zu beurteilen ist (vgl. dazu bereits VwGH 25.9.2018, Ra 2018/01/0364). Vielmehr ist strittig, ob es sich bei der von der Behörde herangezogenen Liste um eine Abschrift eines ausländischen (türkischen) Wählerverzeichnisses handelt.

13 Bei dieser Frage handelt es sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes um eine Frage der Beweiswürdigung (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2018/01/0364).

14 Zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht im Einzelfall die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2018/01/0364, Rn. 15).

15 Diese Rechtsprechung wird in der Amtsrevision auch angeführt. Darüber hinaus führt die Amtsrevision zu ihrer Zulässigkeit jedoch alleine aus, im vorliegenden Fall seien etwa 100.000 Personen betroffen, sodass die Entscheidung über den Einzelfall hinaus Bedeutung besitze. Aus welchen Gründen das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte, wird in der alleine maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung nicht dargelegt.

16 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 17.10.2018, Ra 2018/01/0435, mwN).

17 Diesen Anforderungen wird das Zulässigkeitsvorbringen nicht gerecht.

18 Der allgemeine Hinweis auf eine große Anzahl betroffener Personen kann eine konkrete Zulässigkeitsbegründung nicht ersetzen. Mit dem Vorbringen, es sei "eine große Zahl von Fällen betroffen", wird nämlich dem Erfordernis, gesonderte Gründe zu nennen, warum die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen, nicht Rechnung getragen (vgl. VwGH 20.2.2017, Ra 2016/11/0185, mwN).

Ergebnis

19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. Jänner 2019

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