VwGH Ra 2018/01/0302

VwGHRa 2018/01/030227.5.2019



Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser sowie Mag. Eder als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des K R, vertreten durch Dr. Anton Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/2/23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Mai 2018, Zl. W259 2152294- 1/13E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §8 Abs1
62007CJ0465 Elgafaji VORAB
62012CJ0285 Diakite VORAB

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018010302.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Sache den Antrag des Revisionswerbers, eines afghanischen Staatsangehörigen, auf internationalen Schutz vollinhaltlich ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan fest, setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen fest und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers, er habe Afghanistan mit 12 Jahren und sodann den Iran mit 16 Jahren wegen asylrelevanter Verfolgung verlassen müssen, beurteilte das BVwG - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unglaubwürdig.

2 Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 2018, Ra 2018/01/0302-2, wurde der Antrag des Revisionswerbers, ihm für die außerordentliche Revision gegen das angefochtene Erkenntnis die Verfahrenshilfe zu bewilligen, abgewiesen.

3 Gegen das genannte Erkenntnis erhob der Revisionswerber auch Beschwerde nach Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 12. März 2019, E 2640/2018-9, deren Behandlung ablehnte und diese über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 1. April 2019, E 2640/2018-12, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.

4 Gegen das angeführte Erkenntnis des BVwG richtet sich nunmehr die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Insofern der Revisionswerber in der Zulassungsbegründung vorbringt, das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot würde Art. 47 GRC verletzen und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof stelle daher keinen "wirksamen Rechtsbehelf" (iSd Art. 46 VerfahrensRL iVm Art. 47 GRC) dar, wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 9 VwGG auf die Begründung im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 2018, Ra 2018/14/0107, verwiesen (vgl. so bereits VwGH 25.2.2019, Ra 2018/19/0707, mwN). Daher sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch nicht veranlasst, dem EuGH - wie vom Revisionswerber angeregt - die in der Revision angeführten Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vorzulegen (vgl. dazu erneut VwGH Ra 2018/14/0107).

9 Insoweit die Revision behauptet, das BVwG habe § 8 Abs. 1 zweiter Fall AsylG 2005 "völlig unbeachtet" gelassen, weil die humanitäre Lage in Afghanistan "teils katastrophal" sei, so verkennt sie den Ausnahmecharakter dieser Bestimmung, die auf einen bewaffneten Konflikt abstellt (vgl. zu allem VwGH 6.11.2018, Ra 2018/01/0106, mit Verweis auf EuGH 17.2.2009, C-465/07 , Elgafaji, und EuGH 30.1.2014, C-285/12 , Diakite). 10 Zur behaupteten Verletzung des Willkürverbotes genügt es darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 133 Abs. 5 B-VG die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes hierzu nicht vorliegt (vgl. etwa VwGH 17.11.2017, Ra 2017/20/0404, mwN).

11 Soweit die Revision behauptet, das BVwG sei von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verfolgungsgefahr abgewichen, übersieht sie, dass das BVwG das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers als unglaubwürdig angesehen hat.

12 Auch das Vorbringen, das BVwG habe sich nicht mit dem "besonderen Schutzbedarf" nach einer näher bezeichneten UNHCR-Richtlinie bzw. der "Schutzbedürftigkeit aufgrund der erlittenen traumatischen Erlebnisse" auseinandergesetzt, übersieht, dass das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers als unglaubwürdig angesehen wurde.

13 Soweit sich der Revisionswerber letztlich gegen die Beweiswürdigung wendet, genügt der Hinweis, dass sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP , 16) soll. Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl. VwGH 5.4.2019, Ra 2019/01/0106, mwN). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 14.12.2018, Ra 2018/01/0184, 0185, mwN). Eine derart krasse Fehlbeurteilung des BVwG im Rahmen der Beweiswürdigung wird in der Revision nicht dargetan.

14 Zu den darüber hinaus gerügten Verfahrensmängeln ist auszuführen, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nicht ausreichend ist, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. etwa VwGH 28.2.2019, Ra 2018/01/0409, mwN). Eine solche Relevanz wird fallbezogen nicht dargelegt.

15 Zum Vorbringen, das BVwG habe die Sicherheitslage in Kabul mangelhaft beurteilt, ist auszuführen, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig ist, detailliert und konkret darzulegen, warum exzeptionelle Umstände vorliegen (vgl. etwa VwGH 21.11.2018, Ra 2018/01/0461, mwN). Solche Umstände werden durch die Revision nicht dargetan.

16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. Mai 2019

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