Normen
AsylG 2005 §35;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §11a Abs1;
FrPolG 2005 §11a;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017190599.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Erstrevisionswerberin ist die Mutter der minderjährigen Zweitrevisionswerberin. Die Revisionswerberinnen sind Staatsangehörige Afghanistans und stellten am 3. Februar 2015 Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (ÖB Islamabad).
2 Die ÖB Islamabad wies die Anträge mit Bescheid vom 4. August 2017 als unbegründet ab. Dagegen erhoben die Revisionswerberinnen Beschwerde.
3 Am 4. September 2017 erteilte die ÖB Islamabad einen Auftrag zur Wiedervorlage im Verfahren vorgelegter näher bezeichneter Unterlagen unter Anschluss einer Übersetzung in die deutsche Sprache binnen einer Woche, widrigenfalls die Beschwerde ohne weiteres Verfahren zurückgewiesen werde.
4 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18. September 2017 wies die ÖB Islamabad die Beschwerde der Revisionswerberinnen zurück. Die Revisionswerberinnen seien dem Verbesserungsauftrag vom 4. September 2017 nicht vollständig nachgekommen. Die Revisionswerberinnen stellten einen Vorlageantrag.
5 Mit dem (als Erkenntnis bezeichneten) angefochtenen Beschluss wies das Bundesverwaltungsgericht in Bestätigung der Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde als unzulässig zurück und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
6 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, von den Revisionswerberinnen sei im Verfahren der ÖB Islamabad unter anderem eine als "Dokument #01" bezeichnete Unterlage vorgelegt worden. Entgegen der Anordnung des § 11a Abs. 1 FPG sei dieses Dokument im Beschwerdeverfahren - auch nach dem erteilten Verbesserungsauftrag - nicht samt einer Übersetzung in die deutsche Sprache wieder vorgelegt worden. Die Beschwerde sei daher zurückzuweisen.
7 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren eingeleitet hat. Die ÖB Islamabad erstattete eine Revisionsbeantwortung.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 24.5.2018, Ra 2017/19/0605, mwN).
12 Die Revisionswerberinnen bringen zur Zulässigkeit ihrer außerordentlichen Revision vor, es fehle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes "zu einem im Zusammenhang mit § 11a FPG erteilten Verbesserungsauftrag". Nach der Rechtsprechung zu "ähnlichen Verfahrensfragen" (Hinweis auf VwGH 10.11.2009, 2008/22/0939; 29.4.2010, 2008/21/0302) sei ein Verbesserungsauftrag aber nicht zulässig, wenn der Antrag bzw. dessen Zweck klar erkennbar seien. Im vorliegenden Fall habe am Zweck des Antrages der Revisionswerberinnen kein Zweifel bestanden. Die Erteilung eines Verbesserungsauftrages sei daher nicht zulässig gewesen. Darüber hinaus müsse einem Verbesserungsauftrag mit Deutlichkeit zu entnehmen sein, dass eine Nichtbefolgung zur Zurückweisung des Antrages führe. Dem habe der vorliegende Verbesserungsauftrag nicht entsprochen.
13 Entgegen diesem Vorbringen hat der Verwaltungsgerichtshof sich in seinem Erkenntnis vom 3. September 2015, Ra 2015/21/0086, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, eingehend mit der Anordnung des § 11a Abs. 1 FPG, der Beschwerdeführer habe der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde "sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache" anzuschließen, auseinander gesetzt und ausgeführt, dass eine Beschwerde gegen den Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde, die den Anforderungen des § 11a Abs. 1 FPG nicht entspricht (vgl. zum Inhalt der Verpflichtungen nach dieser Bestimmung insbesondere Punkt 3. des genannten Erkenntnisses) an einem Formgebrechen leidet. Eine Zurückweisung der Beschwerde wegen eines solchen Mangels kommt erst nach einem Verbesserungsauftrag in Betracht.
14 Auf dem Boden dieser Rechtsprechung zeigt die Revision nicht auf, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen der Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages nicht vorgelegen wären. Soweit die Revisionswerberinnen sich darauf berufen, dass am Zweck ihres Antrages kein Zweifel bestanden habe, verkennen sie, dass im vorliegenden Fall - anders als in den Fällen, die den in der Revision genannten Erkenntnissen zu Grunde gelegen sind - der erteilte Verbesserungsauftrag nicht zur Klärung des angestrebten Aufenthaltszwecks, sondern zur Behebung eines Formgebrechens ihrer Beschwerde nach § 11a Abs. 1 FPG ergangen ist.
15 Mit ihrem Vorbringen, dem erteilten Verbesserungsauftrag sei nicht eindeutig zu entnehmen gewesen, dass eine Nichtbefolgung zur Zurückweisung führe, entfernt sich die Revision von den in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen sowie vom eindeutigen Akteninhalt, wonach der Mängelbehebungsauftrag einen ausdrücklichen derartigen Hinweis enthielt. Die Revision ist daher insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl. VwGH 24.10.2017, Ra 2016/06/0023; 13.12.2017, Ra 2017/19/0518).
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
17 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 2. August 2018
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