VwGH Ra 2017/17/0169

VwGHRa 2017/17/01694.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag.a Nussbaumer-Hinterauer als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der N k.s. in B in der S, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 25. Juli 2016, LVwG 20.32-1066/2016-7, betreffend Maßnahmenbeschwerde im Zusammenhang mit einer Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (GSpG), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8;
B-VG Art130 Abs1 Z2;
B-VG Art132 Abs1 Z1;
B-VG Art132 Abs2;
GSpG 1989 §53;
VwGVG 2014 §7;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170169.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von Euro 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Im Zuge einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Leoben am 8. April 2016 wurde mit mündlich verkündetem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom selben Tag die Beschlagnahme von näher bezeichneten Glücksspielgeräten gegenüber deren Inhaberin gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG angeordnet und eine Ausfertigung der Niederschrift an diese ausgehändigt.

2 Daraufhin erhob die revisionswerbende Partei betreffend eines in ihrem Eigentum stehenden Gerätes Maßnahmenbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark und begründete die Zulässigkeit derselben damit, dass ihr keine Parteistellung im Bescheidverfahren zukomme, weil ihr gegenüber kein Beschlagnahmebescheid erlassen worden sei.

3 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht die Beschwerde als unzulässig zurück (Spruchpunkt I.), verpflichtete die revisionswerbende Partei zum Kostenersatz gegenüber der belangten Behörde (Spruchpunkt II.) und sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, der mündlich verkündete Beschlagnahmebescheid habe "Rechtswirkung respektive Beschlagnahmewirkung". Der revisionswerbenden Partei komme als Eigentümerin des gegenständlichen Geräts Beschwerdelegitimation gegen den Beschlagnahmebescheid zu, weshalb sich die Maßnahmenbeschwerde als unzulässig erweise. Darüber hinaus sei mit Bescheid vom 25. Mai 2016 die Beschlagnahme des Geräts gegenüber der revisionswerbenden Partei verfügt worden. Auch diese Änderung der Sachlage sei vom Verwaltungsgericht zu berücksichtigen.

5 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die Bezirkshauptmannschaft Leoben erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte Aufwandersatz.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 In der Zulässigkeitsbegründung führt die revisionswerbende Partei aus, es sei fraglich, ob "eine im Beschlagnahmeverfahren übergangene Partei Beschwerde gegen den (ihr nicht zugestellten) Beschlagnahmebescheid erheben" müsse. Mit diesem Vorbringen wirft die revisionswerbende Partei keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG auf:

10 Der Rechtsbehelf der Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dient dem Zweck, eine Lücke im Rechtsschutzsystem zu schließen. Es sollten mit dieser Beschwerde aber nicht Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein und desselben Rechtes geschaffen werden. Was in einem Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, kann daher nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein (vgl. VwGH 29.9.2009, 2008/18/0687).

11 Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung zur Beschlagnahme nach § 53 GSpG davon aus, dass die Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Beschlagnahmebescheid - unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer formal als Adressat des Bescheides bezeichnet wurde oder nicht - davon abhängig ist, ob nach der anzuwendenden gesetzlichen Grundlage der Beschlagnahmebescheid (auch) an ihn zu richten war. Das Beschwerderecht kommt daher dem Eigentümer der beschlagnahmten Sache auch dann zu, wenn der Bescheid nicht an ihn adressiert war. Für das Beschwerderecht ist nicht maßgeblich, an wen der erstinstanzliche Beschlagnahmebescheid ausdrücklich gerichtet war. Dass der konkrete Beschlagnahmebescheid nicht an die revisionswerbende Partei als Eigentümerin eines der beschlagnahmten Glücksspielgeräte gerichtet war und an sie nicht zugestellt wurde, steht ihrem Beschwerderecht somit nicht entgegen (vgl. z.B. VwGH 23.1.2017, Ra 2016/17/0281, mwN).

Daher steht im gegenständlichen Fall schon die Erlassung des (mündlich verkündeten) Beschlagnahmebescheids gegenüber der Inhaberin des gegenständlichen Geräts der Erhebung einer Maßnahmebeschwerde an das Landesverwaltungsgericht durch die revisionswerbende Partei als Eigentümerin entgegen (vgl. zur Möglichkeit der Beschwerdeerhebung im Mehrparteienverfahren Hengstschläger/Leeb AVG § 62 Rz 9ff.).

12 Auch das in der Zulässigkeitsbegründung vorgebrachte Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bezüglich des vom Verwaltungsgericht der belangten Behörde zugesprochenen Kostenersatzes liegt nicht vor. Die diesbezüglich in der Revision zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil es gegenständlich nicht zu einer Einstellung des Verfahrens aufgrund Gegenstandslosigkeit der Maßnahmenbeschwerde durch nachträgliche Bescheiderlassung gekommen ist, sondern - wie oben ausgeführt - schon vor Erhebung der Maßnahmebeschwerde ein durch die revisionswerbende Partei anfechtbarer Beschlagnahmebescheid erlassen worden war.

13 Weiters zeigt die revisionswerbende Partei mit dem Vorbringen, es sei zu klären, welche Folgen das Unterlassen der Ermittlungen zu Aufenthalt und Identität des Eigentümers durch die Behörde gemäß § 53 Abs. 3 GSpG habe, keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Selbst ein Unterbleiben solcher Ermittlungen würde nicht zur Zulässigkeit einer Maßnahmenbeschwerde führen.

14 Das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision wirft daher keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

15 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

16 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gmeäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

17 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am 4. September 2018

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