VwGH Ra 2017/05/0249

VwGHRa 2017/05/024916.10.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision 1. des Mag. Dr. B Z, und 2. der Mag. S Z, beide in B, beide vertreten durch Dr. Christian Falkner, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Marchetstraße 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 27. Juli 2017, Zl. LVwG-AV-488/001-2017, betreffend ein Bauanzeigeverfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde B; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BauO NÖ 1996 §14;
BauO NÖ 1996 §15;
VwGVG 2014 §28 Abs1;
VwGVG 2014 §28 Abs5;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

5 Mit Eingabe der Revisionswerber vom 18. Dezember 2011 wurde unter anderem eine Bauanzeige betreffend eine 30 kWp Photovoltaikanlange, frei aufgeständert im Garten einer näher bezeichneten Liegenschaft, sowie eine Elektrotankstelle erstattet. Weiters solle eine Solar-Konzentrator-Test-Anlage in einer dafür vorgesehenen "Energie-Kabine" errichtet werden.

6 Mit Erledigung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde B vom 6. September 2012 wurde die Bauanzeige gemäß § 15 NÖ Bauordnung 1996 (BO) zur Kenntnis genommen und die Durchführung des anzeigepflichtigen Vorhabens nicht untersagt.

7 Auf Grund eines entsprechenden Ansuchens wurde mit Erledigung der Stadtgemeinde B vom 18. November 2015 eine Fristverlängerung zur Fertigstellung des gegenständlichen Vorhabens bis zum 30. April 2016 gewährt.

8 Mit Eingabe vom 6. April 2016 wurde neuerlich um Verlängerung der "Baugenehmigung" angesucht.

9 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde B vom 14. Juni 2016 wurde die Fertigstellungsfrist nicht verlängert und die Errichtung untersagt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei einem Lokalaugenschein am 12. April 2016 sei festgestellt worden, dass mit dem anzeigepflichtigen Bauvorhaben noch nicht begonnen worden sei. Unklarheiten hätten nicht beseitigt werden können, da sämtliche übermittelten Unterlagen ein anderes Projekt als das angezeigte darstellten.

10 Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerber Berufung, die mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde B vom 9. Jänner 2017 als unbegründet abgewiesen wurde.

11 Der dagegen erhobenen Beschwerde der Revisionswerber wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG insoweit Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde B vom 9. Jänner 2017 "ersatzlos behoben" wurde. Eine ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.

12 Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 15 Abs. 1 Z 18 BO sei die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung elektrischer Energie, die keiner elektrizitätsrechtlichen Genehmigungspflicht unterlägen, mindestens acht Wochen vor dem Beginn ihrer Ausführung der Baubehörde schriftlich anzuzeigen. Bei der gegenständlichen Photovoltaikanlage handle es sich aber nicht um ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben im Sinne dieser Bestimmung, da die Unterkonstruktion, bestehend aus einem Betonfundament und einer Ständerkonstruktion, als bauliche Anlage nach § 14 Z 2 BO bewilligungspflichtig sei (wurde näher ausgeführt). Lediglich die auf der Unterkonstruktion zu errichtende Anlage zur Erzeugung elektrischer Energie (die Aufbringung der Paneele samt dem elektrotechnischen Zubehör) sei ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben. Voraussetzung dafür sei, dass die Photovoltaikanlage auf einer bewilligten Unterkonstruktion wie z.B. dem Dach eines bestehenden Gebäudes montiert werde. Bei der E-Tankstelle handle es sich ebenfalls um ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben, zumal ein solches Bauvorhaben im Katalog der anzeigepflichtigen Bauvorhaben nach § 15 BO nicht genannt sei. Auch die Unterkonstruktion für die Solar-Konzentrator-Test-Anlage sei bewilligungspflichtig, da sie ebenfalls als bauliche Anlage im Sinne des § 14 Z 2 BO einzustufen sei. Für die Revisionswerber sei daher nichts zu gewinnen, wenn sie vermeinten, dass ein Teil des gesamten Vorhabens schon fertiggestellt worden sei. Da die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Frist der Fertigstellung der angezeigten Anlage nicht vorlägen, zumal die dafür geplante Unterkonstruktion nicht bewilligt worden sei, sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig und müsse ersatzlos aufgehoben werden. In weiterer Folge werde ein Baubewilligungsverfahren durchzuführen sein, sofern die Revisionswerber das Projekt aufrechterhalten wollten.

13 In den Revisionszulässigkeitsgründen wenden sich die Revisionswerber ausschließlich gegen die Begründung des Verwaltungsgerichtes dafür, dass Baubewilligungspflicht vorliege. Sie sehen sich in ihren Rechten verletzt, dass das anzeigepflichtige Bauvorhaben nicht nachträglich als baubehördlich bewilligungspflichtig eingestuft werde und dass sie das angezeigte Bauvorhaben auch ausführen und vollenden dürften, wobei sie von der Bindungswirkung der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ausgehen.

14 Zunächst ist festzuhalten, dass "Sache" des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht die Versagung einer Verlängerung der Fertigstellungsfrist für ein angezeigtes Bauvorhaben und die Untersagung dieses Vorhabens war (vgl. zur Frage der Untersagung eines angezeigten Bauvorhabens auch das hg. Erkenntnis vom 26. September 2017, Zl. Ra 2016/05/0067). Mit dem angefochtenen Erkenntnis erfolgte keine Aufhebung des vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheides unter gleichzeitiger Zurückverweisung der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde. Im Falle einer derartigen Zurückverweisung wäre die belangte Behörde bei der neuerlichen Entscheidung der damit nicht endgültig erledigten Sache an die rechtliche Beurteilung gebunden, von der das Verwaltungsgericht ausgegangen ist (§ 28 Abs. 3 und 4 VwGVG).

15 Im vorliegenden Fall erfolgte vielmehr eine ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides, was zur Konsequenz hat, dass in der damit endgültig entschiedenen Sache grundsätzlich keine neuerliche Entscheidung der belangten Behörde ergehen darf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. März 2017, Zl. Ra 2015/04/0082 - was im Revisionsfall, dem ein Antrag der Revisionswerber zugrunde liegt, jedenfalls unzulässig ist; dagegen wird in den Revisionszulässigkeitsgründen nichts vorgebracht).

16 Erst in einem allfälligen Baubewilligungsverfahren oder baupolizeilichen Auftragsverfahren oder auch Strafverfahren (also in einem Verfahren, das eine andere Sache als die hier gegenständliche betrifft) wird die Frage der Baubewilligungspflicht von den dort zuständigen Behörden nach der dafür dann maßgeblichen Sach- und Rechtslage (insbesondere auf Grund der konkreten Einreichunterlagen bzw. des konkret vorhandenen Baubestandes) zu lösen sein (vgl. die hg. Beschlüsse vom 25. Februar 2016, Zl. Ra 2015/07/0170, und vom 27. Juni 2017, Zl. Ro 2017/12/0012). Es scheidet aber aus, dass mit der hier gegenständlichen Rechtssache (Versagung der Verlängerung der Fertigstellungsfrist und Untersagung der Errichtung des angezeigten Vorhabens) auch die Frage der Baubewilligungspflicht bindend gelöst worden ist. Dies nicht zuletzt wegen der Möglichkeit eines anderen Parteienkreises in jenen anderen Verfahren.

17 Daran ändert auch § 28 Abs. 5 VwGVG nichts. Diese Bestimmung normiert, dass die Behörden dann, wenn das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufhebt, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen haben. Die vorliegende Entscheidung des Verwaltungsgerichtes bedeutet nun, dass die Behörden weder mit einer Untersagung des angezeigten Bauvorhabens noch mit einer Entscheidung über den Fristverlängerungsantrag vorgehen dürfen. Darin erschöpft sich die "betreffende Rechtssache", über die das Verwaltungsgericht bindend entschieden hat. Auf andere Rechtssachen (Baubewilligungsverfahren, Bauauftragsverfahren, Strafverfahren etc.) bezieht sich die Pflicht zur Herstellung eines "der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustandes" nicht.

18 Da vorliegend weder über ein Baubewilligungsansuchen noch in einer Angelegenheit betreffend einen baupolizeilichen Auftrag wegen Konsenslosigkeit oder in einem Strafverfahren entschieden wurde und es auch nicht feststeht und in den Revisionszulässigkeitsgründen auch nicht dargelegt wird, dass derartige Verfahren in Bezug auf das im Bauanzeigeverfahren konkret definierte Projekt überhaupt durchgeführt werden, kommt darüber hinaus der Frage der Baubewilligungspflicht, insbesondere auch vor dem Hintergrund der in der Revision geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechte, in denen durch den Spruch des angefochtenen Erkenntnisses keine Verletzung eingetreten sein kann (vgl. die hg. Beschlüsse vom 20. September 2012, Zl. 2009/07/0026, mwN, vom 10. Dezember 2013, Zl. 2013/05/0203, und vom 29. September 2015, Zl. Ra 2015/05/0064), nur theoretische Bedeutung zu. Eine somit gegebene abstrakte Rechtsfrage hat der Verwaltungsgerichtshof auf Grund einer Parteirevision gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG aber nicht zu beantworten (vgl. den hg. Beschluss vom 27. Juni 2017, Zl. Ra 2017/05/0092, mwN).

19 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am 16. Oktober 2017

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