VwGH Ra 2017/03/0104

VwGHRa 2017/03/010419.6.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Dr. O S in T, vertreten durch Burger‑Scheidlin Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 1A/140, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 3. Oktober 2017, Zl. LVwG‑2017/23/2125‑1, betreffend eine Angelegenheit nach dem Tiroler Jagdgesetz 2004 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), zu Recht erkannt:

Normen

EURallg
JagdG Tir 2004 §2 Abs2
JagdG Tir 2004 §2 Abs3
JagdG Tir 2004 §2 Abs7
JagdG Tir 2004 §52
JagdG Tir 2004 §52 Abs1
JagdG Tir 2004 §52b
JagdG Tir 2004 §73
VwGG §21 Abs1
VwGG §22
VwGG §29
VwGG §36 Abs2
VwGG §42 Abs2 Z1
12010P/TXT Grundrechte Charta Art51
32009L0147 Vogelschutz-RL Art9 Abs1 lita

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017030104.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 I. Gegenstand

2 A.  Mit der in Revision gezogenen Entscheidung wurde die Beschwerde gegen den Bescheid der vor dem Verwaltungsgericht belangten Bezirkshauptmannschaft (BH) vom 26. Juli 2017 gemäß § 28 VwGVG als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt 1.). Ferner wurde eine ordentliche Revision gegen diese Entscheidung nach § 25a VwGG als unzulässig erachtet (Spruchpunkt 2.).

3 Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten: Die revisionswerbende Partei habe als Fischereiberechtigter im Fischereirevier Innerer Gbach mit E‑Mail vom 11. Juli 2017 die Erlassung einer auf § 52 des Tiroler Jagdgesetzes 2004 (TJG) gestützten Anordnung zum Abschuss von zumindest zwei Graureihern beantragt. Dies sei damit begründet worden, dass der Innere Gbach und die dort zulaufenden Gießen (vor allem jene um den Mhof und den Rhof) zu den letzten natürlichen Laichgebieten des Bachsaiblings gehörten. Ebenso laufe in diesem Bereich ein Wiederansiedlungsprojekt von Äschen, welches unter normalen Bedingungen als erfolgreich anzusehen sei. Bis zum erstmaligen Einfall von Graureihern vor zehn Jahren habe ein Selbstaufkommen des Bachsaiblings bestanden, zwischenzeitlich wäre er nahezu ausgerottet.

4 Die BH sei auf Grund ihres Ermittlungsverfahrens zum Ergebnis gekommen, dass ein entsprechender Bestand an Graureihern im Einzugsgebiet des Fischereireviers Innerer Gbach nicht nachgewiesen habe werden können und habe den Antrag mit dem vor dem Verwaltungsgericht in Beschwerde gezogenen Bescheid abgewiesen.

5 Mit seinem Antrag habe der Revisionswerber nach Auffassung des Verwaltungsgerichts im Grunde die Erlassung eines Auftrages nach § 52 TJG zum Schutz des natürlichen Fischbestandes in seinem Fischereirevier begehrt. Der vorliegenden Beschwerde sei aber (noch ohne Eingehen auf den näheren Sachverhalt) aus den nachfolgenden grundlegenden Erwägungen der Erfolg verwehrt:

6 Grundsätzlich sehe § 52 TJG zwar die Möglichkeit vor, bestimmte Maßnahmen zur Hintanhaltung von Wildschäden anzuordnen, allerdings seien derartige Anordnungen nur bei Vorliegen der gesetzlich normierten Voraussetzungen zulässig.

7 Die erste hier maßgebende Voraussetzung sei das Eintreten eines Wildschadens. § 2 Abs. 7 TJG definiere einen Wildschaden als jenen Schaden, den jagdbare Tiere, die nicht der ganzjährigen Schonung unterlägen, innerhalb des Jagdgebietes an Grund und Boden und an den noch nicht eingebrachten Früchten sowie an den Haus‑ und Nutztieren verursachten. Der Gesetzgeber habe sowohl den Begriff „Haustier“ als auch den Begriff „Nutztier“ in § 2 TJG in eindeutiger Weise umschrieben. „Haustiere“ seien § 2 Abs. 2 TJG folgend alle domestizierten Tiere, soweit sie nicht Nutztiere seien. Nach § 2 Abs. 3 TJG seien „Nutztiere“ alle jene Tiere, die zur Gewinnung von Fleisch, Häuten oder sonstigen Erzeugnissen gezüchtet oder gehalten würden. In natürlichen Gewässern vorkommende Fische fielen in keine dieser Kategorien, sondern diese seien wildlebende Wassertiere (§ 2 Abs. 1 des Tiroler Fischereigesetzes 2002 [TFG]). § 3 Abs. 1 TFG definiere das Fischereirecht als die im Privatrecht begründete ausschließliche Befugnis, in jenem Gewässer, auf das es sich erstrecke, Wassertiere zu züchten, zu hegen, zu fangen und sich anzueignen. Daran ändere sich nichts, wenn ein Fischbesatz aus einer Zucht in ein natürliches Gewässer eingebracht werde und dort unter (weitestgehendem) Ausschluss menschlichen Einflusses auf Grund seiner angeborenen Instinkte einen in der Natur vorhandenen Lebensraum besiedle. Fische seien (sofern auch die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen vorlägen) ‑ wenn überhaupt ‑ nur dann von der Definition des § 2 Abs. 3 TJG umfasst, wenn es sich um Fischbestände im Rahmen eines Fischzuchtbetriebes, Krebszuchtbetriebes oder eines Angelteiches (der nicht Bestandteil eines Fischereirevieres sei) handle. Da diese Voraussetzungen hier nicht vorlägen, bedürfe es dazu keiner weiteren Ausführungen.

8 Eine weitere Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 52 TJG sei, dass der Wildschaden durch jagdbare Tiere, die nicht der ganzjährigen Schonung unterlägen, verursacht werde. Die Zweite Durchführungsverordnung zum TJG in der Fassung LGBl. Nr. 63/2016 ordne in § 1 Abs. 3 an, dass Graureiher zu den ganzjährig zu schonenden Wildarten gehörten. Vor dem Hintergrund dieser klaren gesetzlichen Anordnung sei daher eine Maßnahme nach § 52 TJG auch mit Blick auf den hier einschlägigen „Schadenverursacher“ ausgeschlossen, wobei in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. März 2015, Ro 2014/03/0073, zum Kärntner Jagdgesetz 2000 verwiesen werde.

9 Eine andere Auslegung sei im Übrigen auch vor dem Hintergrund der vergleichbaren Problematik im Zusammenhang mit der Rabenkrähe ausgeschlossen. § 1 Abs. 3 der Zweiten Durchführungsverordnung zum TJG folgend sei auch die Rabenkrähe eine ganzjährig zu schonende Wildart. Allerdings habe der Gesetzgeber in § 52b TJG eine eigene rechtliche Grundlage für besondere Maßnahmen zur Hintanhaltung von Schäden durch Rabenkrähen geschaffen. Sinngebend sei diese Bestimmung allerdings nur, wenn man die hier verwendeten Begriffe in der soeben erfolgten Weise unter Beachtung der gesetzlichen Definitionen auslege. Andernfalls würde man dem Gesetzgeber unterstellen, dass er mit § 52b TJG eine inhaltsleere Bestimmung geschaffen habe. Hinzuweisen sei der Vollständigkeit halber noch darauf, dass sich im TJG noch weitere Sonderbestimmungen befänden, um Maßnahmen gegen näher definierte Schäden und Gefährdungen bestimmter Wildarten vorzusehen. Allerdings seien diese Maßnahmen allesamt auf bestimmte Wildarten wie Bären, Wölfe, Dachse, Füchse und weitere aufgezählte Tierarten beschränkt. Für den Abschuss von Graureihern zum Schutz von Fischbeständen fände sich im TJG allerdings keine rechtliche Grundlage.

10 Zum Ausschluss der ordentlichen Revision wird festgehalten, dass mit der getroffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts keine wesentlichen Rechtsfragen aufgeworfen würden, sondern es sich hiebei um eine rein wörtliche Auslegung des Gesetzestextes und die Feststellung handle, dass für die vom Antragsteller begehrte Maßnahme keine rechtliche Grundlage zur Verfügung stehe. Im Übrigen bestehe zu dieser Frage bereits eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der nicht abgewichen werde. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sei auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls lägen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

11 B.  Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Begehren, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Zur Zulässigkeit der Revision wird insbesondere auf die nach § 73 TJG durch dieses Gesetz umgesetzte Europäische Vogelschutzrichtlinie 2009/147/EG und auf die Notwendigkeit der Klärung des Verhältnisses dieser Richtlinie zum TJG hingewiesen. Die Vollziehung des TJG im Bereich dieser Richtlinie liege im Anwendungsbereich des Unionsrechts, weshalb insofern auch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) einschlägig sei. Nach Auffassung des Revisionswerbers sei in diesem Zusammenhang nicht mit der GRC vereinbar, dass die durch Graureiher verursachten Schäden an der Fischpopulation nicht vorausschauend verhindert werden könnten, während in Bezug auf die durch andere Tiere verursachten Schäden die Möglichkeit der Abwendung der Schäden (insbesondere durch die Anordnung eines Abschusses) bestehe. Zudem habe das Verwaltungsgericht weder den maßgeblichen Sachverhalt festgestellt noch die vom Revisionswerber angebotenen Beweise gewürdigt. Der Revisionswerber habe als Beweis für die Anwesenheit von fünf Graureihern und die bereits entstandenen Schäden schon vor der Verwaltungsbehörde auf die im Revierbereich zuständigen Fischerei‑ und Jagdaufsichtsorgane sowie die örtlichen Eigentümer des Mhofes und des Rhofes hingewiesen, weil ein fotografisches Festhalten auf Grund der Entfernung und Scheuheit der Vögel nicht möglich wäre. Eine Vergrämung der Graureiher durch Warnschüsse und sonstige Störungen hätte zu keinem Erfolg geführt. Diese würden nur vorsichtiger und sich deshalb nicht von ihren Futtertrögen vertreiben lassen. Weiters sei auch auf die Stellungnahmen des Landesfischereiverbandes (Zählung der fleischfressenden Vögel im Bezirk) und des Amtes der Tiroler Landesregierung (Abteilung Jagd und Fischerei) über die durchschnittliche Entnahme von Fischen im Bezirk durch fleischfressende Vögel verwiesen worden.

12 C.  Die BH schloss sich in ihrer Revisionsbeantwortung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts an und führte insbesondere aus, dass der Legaldefinition des § 2 Abs. 7 TJG auch entscheidende Bedeutung im Zusammenhang mit § 52 Abs. 1 TJG zukomme. Zwar sei der Auffassung des Revisionswerbers grundsätzlich zu folgen, dass Art. 9 der genannten Richtlinie zur Abwendung von erheblichen Schäden eine geordnete Reduzierung überhandnehmender Vogelarten zulasse, und dass der Graureiher in Anhang 1 der Richtlinie nicht erfasst sei. Es werde jedoch übersehen, dass eine Abweichung von Art. 9 dieser Richtlinie nur unter allen zusätzlich geforderten Bedingungen zulässig sei. Außerdem sei die Behauptung, dass es sich vorliegend um fünf Graureiher handeln würde, die gleichzeitig anwesend gewesen seien und die die erheblichen Schäden in den Aufzuchtgebieten verursacht hätten, in keiner Weise nachvollziehbar, weil weder eine Fotodokumentation noch eine sonstige schriftliche Dokumentation stattgefunden habe. Ferner würden die Voraussetzungen für die Bewilligung des Abschusses von zumindest zwei Graureihern und damit ein Abgehen von Art. 9 der Vogelschutzrichtlinie überhaupt nicht vorliegen. Schon der Amtssachverständige habe in seiner Stellungnahme nach dem in Beschwerde gezogenen Bescheid dargelegt, dass für Abschussberechnungen genaue Bestandserhebungen der vorhandenen Graureiher fehlten. Zudem kämen abgesehen von Warnschüssen auch andere mögliche Vergrämungsarten in Betracht, die idealerweise zu kombinieren wären, um Gewöhnungseffekte zu vermeiden. Erst wenn all diese Voraussetzungen nachgewiesen worden seien, könne über den Abschuss von Graureihern abgesprochen werden.

13 D.  Die Tiroler Landesregierung trat mit ihrer (ohne Aufforderung erstatteten) Revisionsbeantwortung der Auffassung des Verwaltungsgerichts damit entgegen, dass sich im Wortlaut des § 52 Abs. 1 TJG jene Rechtfertigungsgründe deckungsgleich wiederfänden, welche auch in Art. 9 Abs. 1 der genannten Richtlinie angeführt seien, weshalb für das Verwaltungsgericht eine Auslegung dieser gesetzlichen Bestimmungen im Lichte des Unionsrechtes geboten gewesen wäre. Zudem sei nach den Gesetzesmaterialien die Legaldefinition in § 2 Abs. 7 TJG bisher in § 54 Abs. 2 und 3 leg. cit. enthalten gewesen sei und damit ausschließlich für die im 9. Abschnitt des TJG geregelten Angelegenheiten relevant.

14 II. Rechtslage

15 A.  Vorliegend einschlägige Bestimmungen des Tiroler Jagdgesetzes 2004, LGBl. Nr. 41/2004 idF LGBl. Nr. 26/2017 (TJG), lauten (auszugsweise):

„§ 2

Begriffsbestimmungen

(1) Jagdbare Tiere sind die in der Anlage angeführten Tiere. Tiere, die im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes in Einfriedungen ausschließlich zur Gewinnung von Fleisch oder von Fellen gehalten werden, gelten nicht als jagdbare Tiere.

(2) Haustiere sind alle domestizierten Tiere, soweit sie nicht Nutztiere sind.

(3) Nutztiere sind Tiere, die zur Gewinnung von Fleisch, Häuten oder sonstigen Erzeugnissen gezüchtet oder gehalten werden.

...

(7) Wildschaden ist jener Schaden, den jagdbare Tiere, die nicht der ganzjährigen Schonung unterliegen, innerhalb des Jagdgebietes an Grund und Boden und an den noch nicht eingebrachten Früchten sowie an den Haus‑ und Nutztieren verursachen. Der Wildschaden ist waldgefährdend, wenn durch Verbiss, Verfegen, Verschlagen oder Schälen die Neubewaldung oder die fristgerechte Wiederbewaldung (§§ 4 und 13 des Forstgesetzes 1975) mit standortgerechten Baumarten auf größeren Flächen verhindert oder gefährdet oder in Waldbeständen das Entstehen von Blößen verursacht oder auf größeren Flächen die Bestandsentwicklung unmöglich gemacht oder wesentlich verschlechtert wird.

...“

„§ 36

Jagd‑ und Schonzeit

(1) Die Landesregierung hat, soweit sie keine Verordnung nach § 38a erlässt, für die einzelnen Arten der jagdbaren Tiere die Zeiten, in denen diese Tiere bejagt werden dürfen und in denen insbesondere auch die Aneignung der Eier des jagdbaren Federwildes zulässig ist, allgemein oder für bestimmte Gebiete durch Verordnung festzulegen (Jagdzeit). Dabei ist auf die biologischen Gegebenheiten des Wildes, die Erfordernisse der Jagdwirtschaft und die Interessen der Landeskultur, des Tierschutzes und den Erhaltungszustand der jeweiligen Arten und der natürlichen Lebensräume Bedacht zu nehmen. Für Nationalparks und Natura 2000‑Gebiete sind besondere Jagdzeiten festzusetzen, soweit dies zur Wahrung der jeweiligen Schutzinteressen erforderlich ist.

(2) Außerhalb der festgesetzten Jagdzeit sind alle Wildarten zu schonen (Schonzeit). In der Schonzeit ist es insbesondere auch unzulässig, sich die Eier des jagdbaren Federwildes anzueignen.

(3) ...“

„§ 37a

Erstellung des Abschussplanes

(1) Der Abschuss von Schalenwild ‑ mit Ausnahme von Schwarzwild ‑ und von Murmeltieren darf nur im Rahmen eines Abschussplanes erfolgen. Dieser ist unter Bedachtnahme auf die Ziele nach § 1a so zu erstellen, dass ein angemessener Wildbestand erhalten bzw. hergestellt und sowohl eine landeskulturell untragbare Vermehrung des Wildbestandes als auch eine die Erhaltung des Wildbestandes in seiner Vielfalt und seiner Alters‑ und Sozialstruktur gefährdende Verminderung des Wildbestandes vermieden wird. Zur nachhaltigen Herstellung eines angemessenen Wildbestandes kann kurzfristig vom geschlechtlich ausgewogenen Verhältnis zwischen männlichem und weiblichem Wild durch vermehrten bzw. verminderten Abschuss von weiblichen Zuwachsträgern abgewichen werden, wenn eine Vermehrung oder Verminderung des Wildbestandes im landeskulturellen Interesse erforderlich ist.

...

(3) Der Abschussplan ist so zu erstellen, dass der für das betreffende Jagdgebiet oder für den betreffenden Teil eines Jagdgebietes mit Rücksicht auf dessen Größe und Lage, auf die natürlichen Äsungsverhältnisse, auf den natürlichen Altersaufbau und die Wildgesundheit, auf ein ausgewogenes zahlenmäßiges Verhältnis zwischen männlichem und weiblichem Wild, auf die Verjüngungsdynamik sowie auf die Interessen der Landeskultur angemessene Wildbestand erreicht und erhalten, aber nicht überschritten wird. Bei der Erstellung des Abschussplanes ist auf die Erfüllung des Abschussplanes in den vorangegangenen drei Jagdjahren im betreffenden Jagdgebiet oder im betreffenden Teil eines Jagdgebietes sowie im Interesse einer großräumigen Jagdbewirtschaftung auf die Wildbestandsverhältnisse der benachbarten Jagdgebiete Bedacht zu nehmen.

...“

„§ 52

Maßnahmen zur Hintanhaltung von Wildschäden

(1) Soweit sich beim Auftreten von Wildschäden die Verminderung oder die Regulierung des Wildbestandes zur Verhütung ernster Schäden an Kulturen, in der Tierhaltung, an Wäldern oder Fischwässern als notwendig erweist und eine andere zufriedenstellende Lösung nicht möglich ist, hat die Bezirksverwaltungsbehörde von Amts wegen oder auf Antrag des Grundeigentümers, von Teilwaldberechtigten, Einforstungsberechtigten, sonstigen Nutzungsberechtigten oder des Obmannes der Bezirkslandwirtschaftskammer unter Bedachtnahme auf die im § 37a Abs. 1 und 3 angeführten Ziele den Jagdausübungsberechtigten jener Jagdgebiete, die zum Lebensraum des den Wildschaden verursachenden Wildes gehören,

a) einen zeitlich und allenfalls auch örtlich bzw. ziffernmäßig, erforderlichenfalls auch in Form von Mindest‑ oder Höchstabschüssen, zu begrenzenden Abschuss von Wild vorzuschreiben, wobei ein solcher Abschuss auch während der Schonzeit, zur Nachtzeit, unter Vorlage von Futtermitteln außerhalb von Fütterungsanlagen zur Ankirrung, auf Wildruheflächen und ohne Bedachtnahme auf den Abschussplan vorgeschrieben werden kann, sowie

b) die Grünvorlage von aufgrund eines Auftrags nach lit. a erlegten Wildstücken, die Führung des Nachweises über den Ort der Erlegung dieser Wildstücke oder sonstige geeignete Maßnahmen vorzuschreiben, soweit dies zur Sicherung der Vorschreibungen nach lit. a erforderlich ist.

(2) Bei Auftreten waldgefährdender Wildschäden kann die Bezirksverwaltungsbehörde dem Jagdausübungsberechtigten anstelle der Erteilung eines Auftrages nach Abs. 1 oder zusätzlich zu einem solchen Auftrag

a) die Durchführung geeigneter Maßnahmen zum Einzelschutz gefährdeter Forstpflanzen, wie die Anwendung geeigneter mechanischer oder chemischer Schutzmittel,

b) die Errichtung, Änderung, Verlegung oder Auflassung von Fütterungsanlagen,

c) die Errichtung und Erhaltung von Wildzäunen zum Schutz von Waldbeständen gegen Verbiss‑ oder Schälschäden

vorschreiben, soweit dies zur Vermeidung von Wildschäden erforderlich ist. In Schutzwaldsanierungsgebieten können Maßnahmen nach lit. a, b oder c auch dann vorgeschrieben werden, wenn durch vermehrtes Auftreten von Wildschäden das festgelegte Sanierungsziel gefährdet wird.

(3) Vor der Erlassung eines Auftrages nach Abs. 1 oder 2 ist der Bezirksjagdbeirat zu hören.

(4) Maßnahmen nach Abs. 2 sind unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der anzuwendenden Mittel und unter Bedachtnahme darauf vorzuschreiben, dass die widmungsgemäße Bewirtschaftung und Benützung der Grundstücke nicht unzumutbar erschwert oder unmöglich gemacht wird. Maßnahmen nach Abs. 2 lit. b sind in jenen Fällen vorzuschreiben, in denen die aufgetretenen Wildschäden auf die ungünstige Lage einer Fütterungsanlage oder auf das Fehlen einer Fütterung zurückzuführen sind. Maßnahmen nach Abs. 2 lit. c dürfen nur vorgeschrieben werden, wenn sich die nach Abs. 1 oder Abs. 2 lit. a oder b vorgeschriebenen Maßnahmen innerhalb eines Zeitraumes von vier Jahren als unzureichend erwiesen haben.

(5) Die Entfernung von Fütterungsanlagen im Sinn des Abs. 2 lit. b ist vom Grundeigentümer zu dulden. In den übrigen Fällen des Abs. 2 lit. b und in jenen des Abs. 2 lit. c ist § 43 Abs. 2 sinngemäß anzuwenden.

(6) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat den Obmann der Bezirkslandwirtschaftskammer von den ihr nach § 16 Abs. 5 des Forstgesetzes 1975 mitgeteilten, durch jagdbare Tiere verursachten flächenhaften Gefährdungen des Bewuchses in Kenntnis zu setzen.

(7) Dem Obmann der Bezirkslandwirtschaftskammer ist auch ein Bescheid nach Abs. 2 zuzustellen; dieser kann gegen einen solchen Bescheid Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht erheben.“

„§ 52b

Besondere Maßnahmen zur Hintanhaltung von Schäden durch Rabenkrähen

(1) Sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt, kann die Bezirksverwaltungsbehörde durch Verordnung das örtlich und zeitlich begrenzte absichtliche Stören (Vergrämen) anordnen sowie einen örtlich, zeitlich und ziffernmäßig begrenzten, nach Jagdgebieten gegliederten Abschuss von Rabenkrähen vorschreiben, soweit dies zur Abwendung ernster Schäden an Kulturen erforderlich ist. In dieser Verordnung sind überdies anzugeben

a) welche Maßnahmen zur Störung der Rabenkrähen (Vergrämung) vor einem angeordneten Abschuss durchzuführen sind,

b) die zugelassenen Abschussmittel, ‑einrichtungen und ‑methoden,

c) die Art der Risiken und die zeitlichen und örtlichen Umstände, unter denen der Abschuss angeordnet wird, und

d) die der Einhaltung der Verordnung dienenden Kontrollmaßnahmen.

(2) Die in einer Verordnung nach Abs. 1 angeordneten Maßnahmen zur Störung der Rabenkrähen sind vom Nutzungsberechtigten der jeweiligen Kultur durchzuführen. Die in einer Verordnung nach Abs. 1 vorgeschriebenen Abschüsse gelten für den Jagdausübungsberechtigten des jeweiligen Jagdgebietes als Auftrag nach § 52 Abs. 1.

(3) Beim Abschuss von Rabenkrähen aufgrund einer Verordnung nach Abs. 1 ist die Verwendung sämtlicher Mittel, Einrichtungen oder Methoden, mit denen Vögel in Mengen oder wahllos gefangen oder getötet werden oder die gebietsweise das Verschwinden einer Vogelart nach sich ziehen könnten, insbesondere die Verwendung der im Anhang IV lit. a der Vogelschutz‑Richtlinie genannten Mittel, Einrichtungen und Methoden sowie jegliche Verfolgung aus den im Anhang IV lit. b dieser Richtlinie genannten Beförderungsmitteln heraus und unter den dort genannten Bedingungen verboten.

(4) Der Jagdausübungsberechtigte hat die innerhalb eines Monats aufgrund von Verordnungen nach Abs. 1 getätigten Abschüsse binnen von zehn Tagen nach Ablauf des jeweiligen Monats der Bezirksverwaltungsbehörde zu melden. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die aufgrund von Verordnungen nach Abs. 1 vorgeschriebenen und getätigten Abschüsse der Landesregierung binnen eines Monats nach dem Ende der in einer Verordnung nach Abs. 1 festgelegten Abschusszeit zur Kenntnis zu bringen. Die Landesregierung hat darüber jährlich einen zusammenfassenden Bericht an die Europäische Kommission zu erstatten.“

 

„9. Abschnitt

Wild‑ und Jagdschaden

§ 54

Haftung für Wild‑ und Jagdschaden

(1) Soweit nicht besondere Vereinbarungen getroffen werden, hat der Jagdausübungsberechtigte dem Eigentümer, den Teilwald‑ und den Einforstungsberechtigten sowie den sonstigen Nutzungsberechtigten allen entstandenen Wild‑ und Jagdschaden zu ersetzen.

...“

„§ 55

Besondere Schadensfälle

(1) Wenn Wild‑ oder Jagdschäden an Bodenerzeugnissen, deren voller Wert sich erst zur Zeit der Ernte bemessen lässt, vor diesem Zeitpunkt vorkommen, so ist der Schaden in dem Umfang zu ersetzen, in welchem er sich zur Zeit der Ernte darstellt.

(2) Bei Ermittlung des Wild‑ und Jagdschadens nach dem Umfang, in dem er sich zur Zeit der Ernte darstellt, ist der wahre Verlust, den der Geschädigte an den Erzeugnissen seines Bodens erlitten hat, nach Abzug des Aufwandes, der ihn bis zur Einbringung der Ernte getroffen hätte, in Anrechnung zu bringen. Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Schäden nach den Grundsätzen einer ordentlichen Wirtschaft durch Wiederanbau im gleichen Wirtschaftsjahr ausgeglichen oder gemindert werden können.

(3) Wildschäden, die in Obst‑, Gemüse‑ und Ziergärten, in Baumschulen, Weinbergen, Alleen, an einzeln stehenden jungen Bäumen und Freilandpflanzungen von Garten‑ oder hochwertigen Handelsgewächsen angerichtet werden, sind nur dann zu ersetzen, wenn dargetan ist, dass der Schaden erfolgte, obgleich alle Vorkehrungen vom Besitzer getroffen wurden, womit ein ordentlicher Landwirt solche Anpflanzungen zu schützen pflegt.

(4) Wildschäden an Haus‑ oder Nutztieren sind nur dann zu ersetzen, wenn dargetan ist, dass der Schaden eingetreten ist, obgleich alle zumutbaren Vorkehrungen gegen Wildschäden, mit denen ein ordentlicher Tierhalter seine Haus‑ oder Nutztiere zu schützen pflegt, vom Besitzer getroffen wurden.

(5) Wenn der Geschädigte vom Jagdausübungsberechtigten zur Abwehr von Wildschäden rechtmäßig getroffene Maßnahmen unwirksam macht, geht sein Anspruch auf Ersatz des Wildschadens verloren.“

„14. Abschnitt

...

§ 73

Umsetzung von Unionsrecht

Durch dieses Gesetz werden folgende Richtlinien umgesetzt:

1. Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen, ABl. 1992 Nr. L 206, S. 7, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/105/EG , ABl. 2006 Nr. L 363, S. 368;

2. Richtlinie 2009/147/EG über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten, ABl. 2010 Nr. L 20, S. 7.“

„Anlage (zu § 2 Abs. 1 erster Satz)

Jagdbare Tiere

1. Haarwild:

...

2. Federwild:

...

f) Wasservögel: Stockente (Anas platyrhynchos), Waldschnepfe (Scolopax rusticola), Blässhuhn (Fulica atra), Kormoran (Phalacrocorax carbo), Gänsesäger (Mergus merganser), Grau‑ oder Fischreiher (Ardea cinerea).“

16 B. Die vorliegend maßgebenden Bestimmungen der Zweiten Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 2004, LGBl. Nr. 43/2004 idF LGBl. Nr. 63/2016, lauten (auszugsweise):

„§ 1

Jagd‑ und Schonzeit

(1) Soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, dürfen die nachstehend angeführten Wildarten nur während der angegebenen Zeiten (Jagdzeiten) bejagt werden:

1. Rotwild:

...

(3) Folgende Wildarten sind ganzjährig zu schonen: Baummarder, Braunbär, Luchs, Wildkatze, Wolf, Rebhuhn, Steinhuhn, Waldschnepfe, Uhu, Rauhfusskauz, Steinkauz, Waldkauz, Habicht, Mäusebussard, Sperber, Steinadler, Baumfalke, Turmfalke, Rackelwild, Eichelhäher, Elster, Kolkrabe, Rabenkrähe, Blässhuhn, Gänsesäger, Graureiher, Kormoran.“

17 C. Vorliegend einschlägige Bestimmungen der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, ABl. L Nr. 20 vom 26. Jänner 2010, S. 7 (Vogelschutzrichtlinie), lauten (auszugsweise):

„Artikel 1

(1) Diese Richtlinie betrifft die Erhaltung sämtlicher wildlebenden Vogelarten, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, auf welches der Vertrag Anwendung findet, heimisch sind. Sie hat den Schutz, die Bewirtschaftung und die Regulierung dieser Arten zum Ziel und regelt die Nutzung dieser Arten.

(2) Sie gilt für Vögel, ihre Eier, Nester und Lebensräume.

Artikel 2

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die Bestände aller unter Artikel 1 fallenden Vogelarten auf einem Stand zu halten oder auf einen Stand zu bringen, der insbesondere den ökologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Erfordernissen entspricht, wobei den wirtschaftlichen und freizeitbedingten Erfordernissen Rechnung getragen wird.

Artikel 3

(1) Die Mitgliedstaaten treffen unter Berücksichtigung der in Artikel 2 genannten Erfordernisse die erforderlichen Maßnahmen, um für alle unter Artikel 1 fallenden Vogelarten eine ausreichende Vielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten oder wieder herzustellen.

(2) Zur Erhaltung und Wiederherstellung der Lebensstätten und Lebensräume gehören insbesondere folgende Maßnahmen:

a) Einrichtung von Schutzgebieten;

b) Pflege und ökologisch richtige Gestaltung der Lebensräume in und außerhalb von Schutzgebieten;

c) Wiederherstellung zerstörter Lebensstätten;

d) Neuschaffung von Lebensstätten.

...

Artikel 5

Unbeschadet der Artikel 7 und 9 erlassen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zur Schaffung einer allgemeinen Regelung zum Schutz aller unter Artikel 1 fallenden Vogelarten, insbesondere das Verbot

a) des absichtlichen Tötens oder Fangens, ungeachtet der angewandten Methode;

b) der absichtlichen Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern und der Entfernung von Nestern;

c) des Sammelns der Eier in der Natur und des Besitzes dieser Eier, auch in leerem Zustand;

d) ihres absichtlichen Störens, insbesondere während der Brut‑ und Aufzuchtzeit, sofern sich diese Störung auf die Zielsetzung dieser Richtlinie erheblich auswirkt;

e) des Haltens von Vögeln der Arten, die nicht bejagt oder gefangen werden dürfen.

Artikel 6

(1) Unbeschadet der Absätze 2 und 3 untersagen die Mitgliedstaaten für alle unter Artikel 1 fallenden Vogelarten den Verkauf von lebenden und toten Vögeln und von deren ohne weiteres erkennbaren Teilen oder aus diesen Tieren gewonnenen Erzeugnissen sowie deren Beförderung und Halten für den Verkauf und das Anbieten zum Verkauf.

(2) Die Tätigkeiten nach Absatz 1 sind für die in Anhang III Teil A genannten Arten nicht untersagt, sofern die Vögel rechtmäßig getötet oder gefangen oder sonst rechtmäßig erworben worden sind.

(3) Die Mitgliedstaaten können in ihrem Gebiet die Tätigkeiten nach Absatz 1 bei den in Anhang III Teil B aufgeführten Vogelarten genehmigen und dabei Beschränkungen vorsehen, sofern die Vögel rechtmäßig getötet oder gefangen oder sonst rechtmäßig erworben worden sind.

Die Mitgliedstaaten, die eine solche Genehmigung erteilen wollen, konsultieren vorher die Kommission, mit der sie prüfen, ob durch eine Vermarktung von Vögeln der betreffenden Art aller Voraussicht nach die Populationsgröße, die geografische Verbreitung oder die Vermehrungsfähigkeit dieser Arten in der gesamten Gemeinschaft gefährdet würde oder gefährdet werden könnte. Ergibt diese Prüfung, dass die beabsichtigte Genehmigung nach Ansicht der Kommission zu einer der oben genannten Gefährdungen führt oder führen kann, so richtet die Kommission an den Mitgliedstaat eine begründete Empfehlung, mit der einer Vermarktung der betreffenden Art widersprochen wird. Besteht eine solche Gefährdung nach Auffassung der Kommission nicht, so teilt sie dies dem Mitgliedstaat mit.

Die Empfehlung der Kommission wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Der Mitgliedstaat, der eine Genehmigung nach diesem Absatz erteilt, prüft in regelmäßigen Zeitabständen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung dieser Genehmigung noch vorliegen.

Artikel 7

(1) Die in Anhang II aufgeführten Arten dürfen aufgrund ihrer Populationsgröße, ihrer geografischen Verbreitung und ihrer Vermehrungsfähigkeit in der gesamten Gemeinschaft im Rahmen der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bejagt werden. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Jagd auf diese Vogelarten die Anstrengungen, die in ihrem Verbreitungsgebiet zu ihrer Erhaltung unternommen werden, nicht zunichte macht.

(2) Die in Anhang II Teil A aufgeführten Arten dürfen in dem geografischen Meeres‑ und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, bejagt werden.

(3) Die in Anhang II Teil B aufgeführten Arten dürfen nur in den Mitgliedstaaten, bei denen sie angegeben sind, bejagt werden.

(4) Die Mitgliedstaaten vergewissern sich, dass bei der Jagdausübung ‑ gegebenenfalls unter Einschluss der Falknerei ‑, wie sie sich aus der Anwendung der geltenden einzelstaatlichen Vorschriften ergibt, die Grundsätze für eine vernünftige Nutzung und eine ökologisch ausgewogene Regulierung der Bestände der betreffenden Vogelarten, insbesondere der Zugvogelarten, eingehalten werden und dass diese Jagdausübung hinsichtlich der Bestände dieser Arten mit den Bestimmungen aufgrund von Artikel 2 vereinbar ist.

Sie sorgen insbesondere dafür, dass die Arten, auf die die Jagdvorschriften Anwendung finden, nicht während der Nistzeit oder während der einzelnen Phasen der Brut‑ und Aufzuchtzeit bejagt werden.

Wenn es sich um Zugvögel handelt, sorgen sie insbesondere dafür, dass die Arten, für die die einzelstaatlichen Jagdvorschriften gelten nicht während der Brut‑ und Aufzuchtzeit oder während ihres Rückzugs zu den Nistplätzen bejagt werden.

Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle zweckdienlichen Angaben über die praktische Anwendung der Jagdgesetzgebung.

Artikel 8

(1) Was die Jagd, den Fang oder die Tötung von Vögeln im Rahmen dieser Richtlinie betrifft, so untersagen die Mitgliedstaaten sämtliche Mittel, Einrichtungen oder Methoden, mit denen Vögel in Mengen oder wahllos gefangen oder getötet werden oder die gebietsweise das Verschwinden einer Vogelart nach sich ziehen können, insbesondere die in Anhang IV Buchstabe a aufgeführten Mittel, Einrichtungen und Methoden.

(2) Ferner untersagen die Mitgliedstaaten jegliche Verfolgung aus den in Anhang IV Buchstabe b aufgeführten Beförderungsmitteln heraus und unter den dort genannten Bedingungen.

Artikel 9

(1) Die Mitgliedstaaten können, sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt, aus den nachstehenden Gründen von den Artikeln 5 bis 8 abweichen:

a) — im Interesse der Gesundheit und der öffentlichen Sicherheit,

— im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt,

— zur Abwendung erheblicher Schäden an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischereigebieten und Gewässern,

— zum Schutz der Pflanzen‑ und Tierwelt;

b) zu Forschungs‑ und Unterrichtszwecken, zur Aufstockung der Bestände, zur Wiederansiedlung und zur Aufzucht im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen;

c) um unter streng überwachten Bedingungen selektiv den Fang, die Haltung oder jede andere vernünftige Nutzung bestimmter Vogelarten in geringen Mengen zu ermöglichen.

(2) In den in Absatz 1 genannten Abweichungen ist anzugeben,

a) für welche Vogelarten die Abweichungen gelten;

b) die zugelassenen Fang‑ oder Tötungsmittel, ‑einrichtungen und -methoden;

c) die Art der Risiken und die zeitlichen und örtlichen Umstände, unter denen diese Abweichungen getroffen werden können;

d) die Stelle, die befugt ist zu erklären, dass die erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, und zu beschließen, welche Mittel, Einrichtungen und Methoden in welchem Rahmen von wem angewandt werden können;

e) welche Kontrollen vorzunehmen sind.

(3) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission jährlich einen Bericht über die Anwendung der Absätze 1 und 2.

(4) Die Kommission achtet anhand der ihr vorliegenden Informationen, insbesondere der Informationen, die ihr nach Absatz 3 mitgeteilt werden, ständig darauf, dass die Auswirkungen der in Absatz 1 genannten Abweichungen mit dieser Richtlinie vereinbar sind. Sie trifft entsprechende Maßnahmen.“

18 D. Zu dem mit der Novelle zum TJG [1983] LGBl. Nr. 107/2002 aufgenommenen § 52 TJG finden sich in der Regierungsvorlage folgende Erläuterungen:

„Zu Z. 19 (§ 52):

Auch die Änderung des Abs. 1 und die Einfügung eines neuen Abs. 2 im § 52 haben ihren Grund in den seitens der Europäischen Kommission geäußerten Bedenken gegen die geltende Regelung.

Besonders hervorzuheben ist, dass die Jagdbehörde nunmehr den Abschuss der nach der Habitat‑Richtlinie oder der Vogelschutzrichtlinie besonders geschützten jagdbaren Tiere (für diese gelten nach der im Entwurf vorliegenden Novelle zum Tiroler Naturschutzgesetz 1997 jedenfalls auch die in diesem Gesetz im Interesse des Artenschutzes vorgesehenen Verbote) zur Verminderung von Wildschäden nur dann vorschreiben darf, wenn die vom Gemeinschaftsrecht vorgesehenen, im neu gefassten § 52 umgesetzten Voraussetzungen vorliegen (Erforderlichkeit zur Verhütung ernster Schäden an Kulturen, in der Tierhaltung, an Wäldern oder Fischwässern; Nicht‑Vorhanden‑Sein einer zufriedenstellenden Alternative; Verweilen der Populationen der betroffenen Art ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand). Zudem hat sie die zulässigen Tötungsmittel, ‑einrichtungen und ‑methoden festzusetzen und anzuordnen, welche der Kontrolle der Einhaltung der korrekten Ausführung des erteilten Abschussauftrages dienenden Maßnahmen gesetzt werden müssen (siehe dazu auch die Z. 25 zur neuen Strafbestimmung des § 70 Abs. 1 lit. r).

Da die Jagdbehörde somit gehalten ist, das Vorliegen der angeführten Voraussetzungen, die sonst für die Erteilung der Bewilligung einer Ausnahme von den im Tiroler Naturschutzgesetz 1997 im Interesse des Artenschutzes vorgesehenen Verboten erforderlich sind, einer strengen Überprüfung zu unterziehen, bedarf es über den jagdbehördlichen Auftrag nach § 52 Abs. 2 hinaus keiner gesonderten naturschutzrechtlichen Bewilligung. Der Jagdbehörde kommt somit die Aufgabe zu, über jene Ausnahmen vom Artenschutz hinsichtlich gemeinschaftsrechtlich geschützter Tiere zu entscheiden, die der Verhütung ernster Schäden an Kulturen, in der Tierhaltung, an Wäldern oder Fischwässern dienen und Tiere betreffen, die nach dem Tiroler Landesrecht jagdbar, wenngleich ganzjährig geschont sind. Naturschutzrechtliche Bewilligungen von Ausnahmen aus anderen im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Gründen oder im Hinblick auf nicht jagdbare Tiere erteilt die Naturschutzbehörde.

Neben der Anpassung an das Gemeinschaftsrecht wurde im Abs. 1 die Antragsberechtigung auf die Teilwaldberechtigten, die Einforstungsberechtigten sowie auf die sonstigen Nutzungsberechtigten ausgeweitet. In der Vergangenheit hat sich nämlich immer wieder gezeigt, dass die Grundeigentümer auf die Interessen dieser Personen nicht oder nicht ausreichend Bedacht genommen haben.“

19 III. Erwägungen

20 A. Entgegen dem Landesverwaltungsgericht erweist sich die Revision auf dem Boden ihres Zulässigkeitsvorbringens als zulässig, weil bislang nicht hinreichend Rechtsprechung zu § 52 TJG besteht, um dem Verwaltungsgericht die zur Auslegung erforderlichen Leitlinien vorzugeben.

21 B. Die Tiroler Landesregierung ist mangels einer ausdrücklichen Eintrittserklärung nach § 22 erster Satz VwGG nicht Partei des vorliegenden Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof im Verständnis des § 21 Abs. 1 VwGG und erstattete daher ihre Revisionsbeantwortung als oberste Verwaltungsbehörde iSd § 29 VwGG. Ihre Revisionsbeantwortung erweist sich gemäß § 36 Abs. 2 VwGG als zulässig.

22 C.  Die Textierung der Bestimmung des § 52 Abs. 1 TJG, mit welcher nach den wiedergegebenen Gesetzesmaterialien und im Lichte des § 73 TJG die Vogelschutzrichtlinie umgesetzt wird, folgte schon in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 64/2015 dem Text des Art. 9 Abs. 1 lit. a dritter Fall dieser Richtlinie. Daran hat die genannte Novelle nichts geändert, wobei auch in ihren Erläuterungen ein Hinweis auf eine beabsichtigte Änderung betreffend diese Umsetzung fehlt.

23 Auf dem Boden des Unionsrechts sind gesetzliche Bestimmungen, die in Umsetzung einer unionsrechtlichen Richtlinie erlassen wurden, so weit wie möglich im Lichte des Wortlauts und des Zweckes dieser Richtlinie auszulegen und anzuwenden, um das mit ihr angestrebte Ziel zu erreichen (vgl. etwa VwGH 30.6.2015, 2013/03/0150; 27.11.2014, 2013/03/0092). Außerdem sind in unionsrechtlichen Vorschriften enthaltene Begriffe autonom und einheitlich auszulegen (vgl. VwGH 30.6.2015, 2013/03/0150, mwH). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union folgt aus dem Gebot der einheitlichen Anwendung des Rechts der Union wie auch aus dem Gleichheitssatz, dass die Begriffe einer Vorschrift des Unionsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinns und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen (vgl. VwGH 24.5.2012, 2008/03/0173; 20.12.2017, Ra 2016/03/0057). Im Übrigen sind im Anwendungsbereich des Unionsrechtes die unionsrechtlichen Grundrechte anzuwenden (vgl. etwa VwGH 19.9.2013, 2013/15/0207, VwSlg. 8.854 F; 24.8.2016, Ra 2016/16/0066; 28.1.2016, Ra 2015/07/0146).

24 In § 52 TJG wird zur Handhabung der nach Art. 9 der Vogelschutzrichtlinie eröffneten Abweichungsmöglichkeit die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig gemacht, die dann insbesondere zu beurteilen hat, ob die in § 52 Abs. 1 TJG übernommenen Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 lit. a dritter Fall der Vogelschutzrichtlinie gegeben sind.

25 Ausgehend davon steht die vorliegend maßgebliche unionsrechtliche Rechtslage der Auffassung des Verwaltungsgerichts entgegen. Die sich aus Art. 9 Abs. 1 lit. a dritter Fall der Vogelschutzrichtlinie ergebenden Voraussetzungen beinhalten eine unionsrechtliche Schadensumschreibung, die nicht auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist. Damit vermag die Legaldefinition von „Wildschäden“ in § 2 Abs. 7 TJG diese Umschreibung nicht einzuschränken, wenn diese den von jagdbaren Tieren, die der ganzjährigen Schonung unterliegen, verursachten Schaden nicht erfasst. Vielmehr kann dem Begriff der „Wildschäden“ in § 52 Abs. 1 TJG nur ein Inhalt unterstellt werden, der mit Art. 9 der Vogelschutzrichtlinie ‑ der die aus § 2 Abs. 7 TJG abgeleiteten Einschränkungen nicht enthält ‑ konform geht. Gleiches gilt für die vom Verwaltungsgericht abgeleiteten Einschränkungen betreffend die Schäden an Fischen im Lichte des Verständnisses von Haustieren und Nutztieren iS des § 2 Abs. 2 und 3 TJG, zumal Art. 9 leg. cit. erhebliche Schäden an Fischereigebieten und Gewässern ausdrücklich erfasst. Die in § 52b TJG normierten besonderen Maßnahmen zur Hintanhaltung von Schäden durch Rabenkrähen vermögen an den der Bezirksverwaltungsbehörde nach § 52 TJG übertragenen Aufgaben nichts zu ändern.

26 Insofern hat das Verwaltungsgericht die Rechtslage unzutreffend beurteilt.

27 IV. Ergebnis

28 A.  Die angefochtene Entscheidung war daher wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

29 B.  Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 19. Juni 2018

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