Normen
StVO 1960 §24 Abs3 litd;
StVO 1960 §99 Abs3 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017020272.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 28. Juni 2017 wurde der Mitbeteiligte schuldig erkannt, einen PKW auf einer Fahrbahn mit Gegenverkehr, auf der nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr frei geblieben seien, geparkt zu haben. Er habe dadurch die Rechtvorschrift des § 24 Abs. 3 lit. d StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von EUR 50,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt wurde. In der Begründung wurde u.a. festgestellt, es handle sich entgegen den Ausführungen im Einspruch nicht um eine Einbahnstraße, sondern um eine (unstrittig 3,83 m breite) Straße mit Gegenverkehr.
2 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark mit dem angefochtenen Erkenntnis Folge. Es hob das bekämpfte Straferkenntnis auf, stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein und erklärte die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig.
3 Begründend ging es davon aus, dass infolge der Gesamtbreite der asphaltierten Fläche der Fahrbahn von 3,83 m nicht jeweils ein Fahrstreifen für den fließenden Verkehr in beiden Fahrtrichtungen zur Verfügung stehe und somit nicht von einer Fahrbahn mit Gegenverkehr im Sinne des § 24 Abs. 3 lit. d StVO auszugehen sei. Der Mitbeteiligte habe daher nicht gegen die genannte Vorschrift verstoßen können.
4 Dagegen richtet sich die Revision des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes mit dem Antrag auf Zuerkennung des Aufwandersatzes in gesetzmäßiger Höhe.
5 Der Mitbeteiligte beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben und den Revisionswerber zum Ersatz der Kosten zu verpflichten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a VwGG nicht gebunden.
9 Der revisionswerbende Bürgermeister erachtet die Revision deshalb als zulässig, weil es für die Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 3 lit. d StVO nach näher angeführter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf eine konkrete Mindestbreite der beiden Fahrstreifen, sondern darauf ankomme, dass am Übertretungsort tatsächlich Gegenverkehr stattfinde.
10 Die Revision ist wegen der vom Revisionswerber aufgezeigten Rechtsfrage zulässig und auch berechtigt.
11 Gemäß § 24 Abs. 3 lit. d StVO ist das Parken auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr, wenn nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freibleiben, verboten.
12 Aus der zitierten Bestimmung geht unmissverständlich hervor, dass es sich um eine "Fahrbahn mit Gegenverkehr" handeln muss (vgl. VwGH 31.7.1998, 97/02/0489), damit unter der Bedingung (arg. wenn), dass durch das Abstellen eines Fahrzeuges nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freibleiben, ein Parkverbot besteht. Sohin ist ein Parken auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr nur dann erlaubt, wenn mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freibleiben.
13 Dem vom Verwaltungsgericht im hier angefochtenen Erkenntnis festgestellten Sachverhalt lässt sich nicht entnehmen, ob am Abstellort des Fahrzeuges - wie vom revisionswerbenden Bürgermeister im Straferkenntnis angenommen - tatsächlich Gegenverkehr stattfindet und ob es Umstände gibt, die einen solchen verbieten würden. Das Verwaltungsgericht ging aber auch nicht davon aus, dass das Fahrzeug in einer Einbahnstraße geparkt worden sei, wie der Mitbeteiligte in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung und in seiner Beschwerde gegen das Straferkenntnis behauptete.
14 Wenn im oben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes auf eine konkrete Mindestbreite der beiden Fahrstreifen nicht abgestellt und eine Fahrbahnbreite von 4,83 m als in der Regel ausreichend angesehen wurde, um einen zulässigen Gegenverkehr abwickeln zu können, so lässt sich daraus nicht ableiten, dass bei einer geringeren Fahrbahnbreite keine Fahrbahn mit Gegenverkehr im Sinne des § 24 Abs. 3 lit. d StVO vorläge und es für dieses Tatbestandsmerkmal auf das Vorhandensein von jeweils einem Fahrstreifen je Fahrtrichtung für den fließenden Verkehr ankäme. Vielmehr verlangt das Gesetz mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr dahingehend, dass diese für den genannten Zweck freibleiben müssen, um parken zu dürfen. Auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr, die bereits ohne parkende Fahrzeuge so eng sind, dass nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freibleiben, darf - sofern sich aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen nicht etwas anderes ergibt - gemäß § 24 Abs. 3 lit. d StVO keinesfalls geparkt werden.
15 Indem das Verwaltungsgericht dies verkannte und auch keine Feststellungen dahingehend traf, aus denen sich ableiten lässt, ob am Abstellort des Fahrzeuges Gegenverkehr zulässig war oder ob es sich um eine Einbahn handelte, war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
16 Gemäß § 47 Abs. 4 VwGG hat die revisionswerbende Partei in dem hier vorliegenden Fall einer Amtsrevision gemäß Art 133 Abs. 6 Z 2 B-VG keinen Anspruch auf Aufwandersatz, weshalb der diesbezügliche Antrag abzuweisen war.
Wien, am 19. Dezember 2018
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)