VwGH Ra 2016/22/0117

VwGHRa 2016/22/011718.1.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl sowie Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, in der Revisionssache des A A in L, vertreten durch Dr. Marcus Zimmerbauer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Untere Donaulände 21-25, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 19. September 2016, LVwG-750375/2/MB/SA, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz), den Beschluss gefasst:

Normen

ARB1/80 Art13;
B-VG Art133 Abs4;
FrG 1997 §47;
FrG 1997 §49;
MRK Art8;
NAG 2005 §47 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
ARB1/80 Art13;
B-VG Art133 Abs4;
FrG 1997 §47;
FrG 1997 §49;
MRK Art8;
NAG 2005 §47 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Abweisung des Antrages des Revisionswerbers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels als Familienangehöriger gemäß § 47 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) bestätigt. Das Landesverwaltungsgericht (LVwG) prüfte auf Grund der Stillhalteklausel des Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19. September 1980 den Sachverhalt auf Basis der §§ 47 und 49 Fremdengesetz 1997. Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, der Revisionswerber sei insgesamt zwölfmal strafrechtlich verurteilt worden (u.a. wegen versuchten Mordes, schwerer Nötigung mit Todesdrohung, unerlaubtem Umgang mit Suchtgiften, Freiheitsentziehung, versuchter absichtlicher schwerer Körperverletzung); seine "ca. 15 Jahre dauernde kriminelle Karriere" sowohl im Bereich der Suchtgift- als auch der Vermögenskriminalität und die Angriffe gegen die körperliche Integrität und das Leben Anderer führe zu einer negativen Gefährdungsprognose; der Revisionswerber stelle eine evidente Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar. Auch die Geburt seines Sohnes im Jahr 2008 habe ihn nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten können; die letzte Straftat sei 2009 begangen worden. Der behauptete hohe Wert des Familienlebens für den Revisionswerber sei daher als bloße Schutzbehauptung zu erkennen. Der Revisionswerber sei bereits in der Vergangenheit auf Grund mehrerer Haft- und Therapieaufenthalte sowie seiner Abschiebung im Dezember 2014 in die Türkei wiederholt von seiner Ehefrau und seinem Sohn - beide hätten die österreichische Staatsbürgerschaft - getrennt gewesen.

5 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision stellt in diesem Zusammenhang lediglich die Frage, ob "die Vorstrafen des Revisionswerbers - insbesondere in der Türkei - (...), denen doch schwere Straftaten zugrunde liegen, ... die Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung hindern, obwohl die Voraussetzungen des Art 8 EMRK vorliegen. Außerdem handelt es sich um eine Kernfamilie, die unter dem besonderen Schutz des Art 8 EMRK steht. Zu dieser Frage gibt es keine Rechtsprechung."

6 Einzelfallbezogene Beurteilungen sowohl der Gefährdungsprognose (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2016, Ra 2016/21/0021, mwN) als auch der Zulässigkeit eines Eingriffs in das Privat- und/oder Familienleben nach Art. 8 EMRK (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2016, Ra 2016/22/0084, mwN) sind im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgten und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurden - nicht revisibel.

7 Als unvertretbar kann weder die vom Verwaltungsgericht aus den unbestritten gebliebenen zahlreichen strafrechtlichen Verurteilungen abgeleitete Gefährdungsprognose noch die Interessenabwägung unter Einbeziehung der vom Revisionswerber ins Treffen geführten Bindungen an seine Ehefrau und seinen Sohn angesehen werden.

8 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 18. Jänner 2017

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte