VwGH Ra 2016/22/0084

VwGHRa 2016/22/008417.10.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl sowie Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Gruber, in der Revisionssache der A K, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 14, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 10. Juni 2016, VGW-151/023/4897/2016-9, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs3;
NAG 2005 §47 Abs3 Z3;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs3;
NAG 2005 §47 Abs3 Z3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes wurde der Antrag der Revisionswerberin, einer indischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 21 Abs. 2 und Abs. 3 sowie § 47 Abs. 3 Z 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei. Begründend stellte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen fest, die Revisionswerberin sei mittels eines von 24. Juli 2015 bis 16. August 2015 befristeten und für einen Aufenthaltszeitraum von neun Tagen gültigen Visums C am 24. Juli 2015 in den Schengenraum eingereist. Mit Eingabe vom 12. Jänner 2016 habe die Revisionswerberin einen Zusatzantrag gemäß § 21 Abs. 3 NAG auf Zulassung der Antragstellung im Inland eingebracht. In seiner Abwägung nach Art. 8 EMRK berücksichtigte das Verwaltungsgericht, dass die Revisionswerberin Tochter eines österreichischen Staatsbürgers sei, über Deutschkenntnisse auf Niveau A2 verfüge und seit ihrer Einreise nach Österreich im Juli 2015 bei ihren Eltern im Inland lebe. Allerdings sei der Vater der Revisionswerberin seit dem Jahr 2001 in Österreich aufhältig und auch die Mutter im Jahr 2012 nach Österreich übersiedelt, sodass das gemeinsame Familienleben zumindest für drei Jahre unterbrochen gewesen sei. Die Revisionswerberin habe in Indien studiert und ebenso familiäre Bindungen in ihrer Heimat, sodass es ihr zumutbar sei, den Antrag auf Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels vom Ausland aus zu stellen und das Verfahren abzuwarten. Weiters bewirke die Abweisung des gegenständlichen Antrages nicht, dass der Vater der Revisionswerberin gezwungen wäre, das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen.

2 Dagegen wurde die gegenständliche außerordentliche Revision erhoben.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

3 Die Revision wendet sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung gegen das Ergebnis der vom Verwaltungsgericht durchgeführten Abwägung nach § 21 Abs. 3 NAG.

Gemäß § 21 Abs. 1 NAG sind Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten. Nach § 21 Abs. 3 Z 2 NAG kann die Behörde abweichend von Abs. 1 leg. cit. auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3 NAG) zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

4 Die einzelfallbezogene Beurteilung der Zulässigkeit eines Eingriffs in das Privat- und/oder Familienleben nach Art. 8 EMRK ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 19. November 2014, Ra 2014/22/0030).

Als unvertretbar kann die nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom Verwaltungsgericht vorgenommene Interessenabwägung unter Einbeziehung aller von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Umstände - insbesondere ihrer Deutschkenntnisse und der Sicherheitslage für Frauen in Indien - angesichts des (bis zur Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses) noch nicht einjährigen Aufenthaltes in Österreich und ihrem bisherigen Leben in Indien nicht angesehen werden.

5 Weiters hat das Verwaltungsgericht im Einklang mit der hg. Rechtsprechung geprüft, ob die Verweigerung gegenüber einem Drittstaatsangehörigen, sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, dazu führt, dass dem Familienangehörigen der tatsächliche Genuss des Kernbestands der Rechte, die der Unionsbürgerstatus verleiht, verwehrt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 2012, 2009/22/0299, unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 15. November 2011, C-256/11 , "Dereci ua") und es vermag die Revision nicht aufzuzeigen, dass diese Einzelfallbeurteilung durch das Verwaltungsgericht mit den in der hg. Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht in Einklang stünde.

6 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 17. Oktober 2016

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte