Normen
AsylG 2005 §10 Abs3;
AsylG 2005 §54 Abs1 Z3;
AsylG 2005 §54 Abs1;
AsylG 2005 §54 Abs4;
AsylG 2005 §54;
AsylG 2005 §55 Abs1 Z1;
AsylG 2005 §55 Abs2;
AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §56 Abs1 Z1;
AsylG 2005 §56 Abs1 Z2;
AsylG 2005 §56 Abs2;
AsylG 2005 §56;
AsylG 2005 §57 Abs1 Z1;
AsylG 2005 §57;
AsylG 2005 §58 Abs11 idF 2012/I/087;
AsylG 2005 §58 Abs11 Z1 idF 2012/I/087;
AsylG 2005 §58 Abs11 Z2 idF 2012/I/087;
AsylG 2005 §58 Abs6;
AsylG 2005 §58 Abs7;
AsylG 2005 §58 Abs9 Z2;
AsylG 2005 §58 Abs9;
AsylG 2005 §59 Abs4;
AsylG 2005 §59;
AsylG 2005 §60;
AsylGDV 2005 §3 Abs1;
AsylGDV 2005 §4;
AuslBG §17;
AVG §13 Abs1;
AVG §13 Abs3 impl;
AVG §13 Abs3;
AVG §13 Abs8;
BFA-VG 2014 §9 Abs1;
BFA-VG 2014 §9 Abs3;
FrPolG 2005 §52 Abs3;
MRK Art8;
NAG 2005 §19;
NAG 2005 §23 Abs1;
NAG 2005 §41a Abs10;
NAG 2005 §41a Abs3;
NAG 2005 §41a Abs9;
NAG 2005 §69a Abs1 Z1;
NAG 2005 §69a;
NAG 2005 §8 Abs1 Z2;
NAG 2005 §8 Abs2;
NAG 2005 §81 Abs24;
NAGDV 2005 §4 Abs1 Z2;
VwGVG 2014 §16 Abs2;
VwGVG 2014 §8 Abs1 Z2;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016210077.L00
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Die Mitbeteiligte, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, kam im Sommer 2002 illegal nach Österreich. Ein in der Folge gestellter Asylantrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 23. Juni 2006 abgewiesen. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde lehnte der Verwaltungsgerichtshof sodann mit Beschluss vom 17. November 2009 ab.
Auch ein von der Mitbeteiligten am 18. März 2010 gestellter Asylfolgeantrag war nicht erfolgreich. Er wurde letztlich mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 12. Mai 2010 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Unter einem wurde die Ausweisung der Mitbeteiligten in die Russische Föderation verfügt.
2 Im Hinblick darauf, dass der Aufenthalt der Mitbeteiligten im Bundesgebiet in der Folge seit mehr als einem Jahr iSd § 46a Abs. 1a FPG geduldet war, wurde ihr am 19. Dezember 2012 antragsgemäß eine "Aufenthaltsbewilligung für besonderen Schutz" gemäß § 69a Abs. 1 Z 1 NAG mit einer Gültigkeit bis 19. Dezember 2013 erteilt. Am 9. Dezember 2013 stellte die Mitbeteiligte diesbezüglich bei dem damals zuständigen Landeshauptmann von Wien (Magistratsabteilung 35) einen Verlängerungsantrag. Dem Antrag war unter anderem die - auch schon im Erstantragsverfahren vorgelegte - Kopie der Geburtsurkunde (samt beglaubigter Übersetzung) angeschlossen worden.
3 Die genannte Behörde forderte die Mitbeteiligte mit Schreiben vom 16. Dezember 2013 auf, einen Reisepass nachzureichen. Darauf reagierte die Mitbeteiligte durch Stellen eines näher begründeten schriftlichen Antrags iSd § 19 Abs. 8 Z 3 NAG, es möge von der Verpflichtung zur Vorlage eines Reisepasses Abstand genommen werden.
4 Mit Schriftsatz vom 23. September 2014 erhob die Mitbeteiligte infolge der bisher unterlassenen Erledigung des genannten Verlängerungsantrages durch das (seit 1. Jänner 2014 zuständig gewordene) Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eine Säumnisbeschwerde, mit der sie die Erlassung einer Entscheidung innerhalb der in § 16 Abs. 1 VwGVG normierten Frist von drei Monaten, in eventu die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) beantragte.
5 Das BFA gewährte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 17. Dezember 2014 Parteiengehör, wobei einleitend dargestellt wurde, dass der von der Mitbeteiligten gestellte "Erstantrag" vom 9. Dezember 2013 aufgrund der seit 1. Jänner 2014 geänderten Rechtslage als "Erstantrag" auf Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 zu behandeln sei. Das BFA forderte die Mitbeteiligte unter einem zum Nachweis ihrer Identität auf, indem "umgehend" bzw. (an anderer Stelle) "binnen zwei Wochen" ein gültiger Reisepass vorzulegen sei. Hierauf stellte die Mitbeteiligte am 15. Februar 2015 einen Antrag gemäß § 4 AsylG-DV, das BFA wolle von der Verpflichtung zur Vorlage eines Identitätsdokumentes Abstand nehmen, weil dessen Beschaffung aus näher genannten Gründen nicht möglich sei. Im Übrigen habe sie bereits die Geburtsurkunde vorgelegt und es hätten sich bisher keine Zweifel an ihrer Identität ergeben. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass der ihr bereits erteilte Aufenthaltstitel gemäß § 69a NAG ein "Identitätsdokument" sei.
6 Ohne weiteres Ermittlungsverfahren wurde sodann der von der Mitbeteiligten gestellte "Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz" mit Bescheid des BFA vom 13. Februar 2015 gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde gegen die Mitbeteiligte eine Rückkehrentscheidung samt Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise mit vierzehn Tagen erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Mitbeteiligten in die Russische Föderation zulässig sei. Schließlich wurde auch noch der Antrag vom 15. Februar 2015 gemäß § 4 Abs. 2 AsylG-DV abgewiesen.
Auch in der Begründung dieser Entscheidung ging das BFA davon aus, die Mitbeteiligte habe am 9. Dezember 2013 einen "Erstantrag" auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach § 69a NAG gestellt, der gemäß der Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 24 NAG "formal" einem Antrag auf Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nach § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 entspreche. Die Mitbeteiligte sei trotz Aufforderung der Mitwirkungspflicht zur Klärung ihrer Identität durch Vorlage eines gültigen Reisepasses nicht nachgekommen. Sie habe auch keine Nachweise erbracht, dass sie sich selbständig um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht habe oder dass die russische Botschaft dessen Ausstellung verweigert habe. Daher sei auch der Antrag nach § 4 AsylG-DV abzuweisen gewesen. Zur Begründung der Rückkehrentscheidung verwies das BFA nur auf § 10 Abs. 3 AsylG 2005, wonach (u.a.) mit der Entscheidung, mit der ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 zurückgewiesen wird, eine Rückkehrentscheidung zu verbinden sei.
7 In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde zunächst geltend gemacht, das BFA sei wegen Ablaufs der "Dreimonatsfrist", nach der der Akt dem BVwG vorzulegen gewesen wäre, für die Erlassung des bekämpften Bescheides nicht mehr zuständig gewesen. Im Übrigen habe die Mitbeteiligte ihre Identität durch Vorlage des ihr erteilten Aufenthaltstitels gemäß § 69a NAG, der ein "Identitätsdokument" sei, nachgewiesen. Außerdem habe das BFA ungeachtet des mittlerweile 13-jährigen Aufenthalts der Mitbeteiligten in Österreich in Bezug auf die erlassene Rückkehrentscheidung keine Ermittlungen zu ihrem Privat- und Familienleben vorgenommen.
8 In der am 23. September 2015 durchgeführten mündlichen Verhandlung befragte das BVwG die Mitbeteiligte ausführlich zu ihrer Herkunft und Identität sowie zu den Lebensverhältnissen in Österreich. Daran anschließend erfolgte eine Belehrung der Mitbeteiligten "gemäß § 58 Abs. 6 AsylG iVm § 13 Abs. 3 AVG", der Richterin erscheine der "Zweck Ihres Aufenthaltes dergestalt, dass Sie infolge Ihres langen Aufenthaltes im Bundesgebiet einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG anstreben sollten". Hierauf erklärte die Mitbeteiligte durch ihre Rechtsvertreterin, dass sie ihren "ehemaligen" Antrag, der einen Aufenthaltstitel nach § 69a NAG "vorgesehen" hätte, modifizieren wolle und dass sie nunmehr die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 anstrebe. Bei dieser Gelegenheit wolle sie auch ihren gemäß § 4 AsylG-DV gestellten Antrag vom 15. Februar 2015 zurückziehen.
9 In der Folge erließ das BVwG das nunmehr mit Amtsrevision des BFA angefochtene Erkenntnis vom 25. Jänner 2016. Mit dessen Spruchpunkt A.I. wurde der Bescheid des BFA vom 13. Februar 2015 behoben. Mit Spruchpunkt A.II. erteilte das BVwG der Mitbeteiligten "gemäß §§ 54, 55 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005" eine "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten. Im Spruchpunkt B. wurde schließlich ausgesprochen, die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
10 Spruchpunkt A.I. begründete das BVwG damit, dass die in § 8 VwGVG normierte Frist von sechs Monaten für die Entscheidung über den von der Mitbeteiligten am 9. Dezember 2013 gestellten Antrag zum Zeitpunkt der Erhebung der Säumnisbeschwerde am 23. September 2014 jedenfalls schon abgelaufen sei. Nach der Aktenlage sei "außer Frage", dass die durch die Unterlassung von entsprechenden Verfahrensschritten verursachte Verzögerung mit der Erledigung auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen sei. Auch nach Erhebung der Säumnisbeschwerde habe es das BFA unterlassen, innerhalb der gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG hierfür zur Verfügung stehenden Frist von drei Monaten den Bescheid zu erlassen, sodass damit gemäß § 16 Abs. 2 VwGVG die Zuständigkeit auf das BVwG übergegangen sei. In Verkennung des Zuständigkeitsübergangs habe das BFA noch danach den Antrag mit Bescheid vom 13. Februar 2015 erledigt. Demzufolge sei dieser Bescheid des BFA "mangels Zuständigkeit" ersatzlos zu beheben gewesen.
11 In der Begründung zu Spruchpunkt A.II. ging das BVwG zunächst unter (inhaltlicher) Bezugnahme auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 16. September 2015, Ro 2015/22/0026, von der Zulässigkeit der Antragsänderung nach der in der Beschwerdeverhandlung erfolgten Belehrung iSd § 58 Abs. 6 AsylG 2005 aus. Daran anschließend erachtete das BVwG mit näherer Begründung in Bezug auf die Mitbeteiligte die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung" nach § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 - nämlich, dass dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten sei - für gegeben.
12 Nur gegen Spruchpunkt A.II. richtet sich die vorliegende, unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässige (außerordentliche) Revision des BFA, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
13 Die Mitbeteiligte verfügte zunächst über eine vom 19. Dezember 2012 bis 19. Dezember 2013 gültige "Aufenthaltsbewilligung besonderer Schutz" gemäß dem (bis 31. Dezember 2013 in Geltung gestandenen) § 69a Abs. 1 Z 1 NAG. Nach der genannten Bestimmung war - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - ein solcher Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn der Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen. Das war bei der Mitbeteiligten der Fall, zumal ihr dem entsprechend am 4. August 2011 und am 20. August 2012 eine Karte für Geduldete ausgestellt worden war.
14 Seit 1. Jänner 2014 findet sich die mit § 69a Abs. 1 Z 1 NAG inhaltsgleiche Nachfolgeregelung in dem die Bestimmungen betreffend "Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen" enthaltenden 7. Hauptstück des AsylG 2005 in dessen § 57 Abs. 1 Z 1, der wie folgt lautet:
" ,Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz'
§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,"
Dieser Aufenthaltstitel berechtigt gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist.
15 Diesbezüglich sieht die Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 24 NAG vor, dass (u.a.) Verfahren gemäß § 69a Abs. 1 Z 1 NAG, die ab dem 1. Oktober 2013 anhängig wurden und mit Ablauf des 31. Dezember 2013 noch anhängig sind, ab 1. Jänner 2014 vom BFA nach den Bestimmungen des 7. Hauptstückes des AsylG 2005 (in der dann geltenden Fassung) zu Ende zu führen sind.
Demzufolge war der gegenständliche Antrag der Mitbeteiligten vom 9. Dezember 2013 als Antrag auf Verlängerung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 vom BFA und nach dem gemäß § 16 Abs. 2 VwGVG erfolgten Zuständigkeitsübergang vom BVwG zu erledigen.
16 Für solche Verlängerungsanträge enthält § 59 AsylG 2005 nähere verfahrensrechtliche Bestimmungen, die auszugsweise wie folgt lauten:
"Verlängerungsverfahren des Aufenthaltstitels ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz'
§ 59. (1) Anträge auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, beim Bundesamt einzubringen. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmung(en) nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. ...
(2) ...
(3) ...
(4) Das Bundesamt hat der örtlich zuständigen Behörde nach dem NAG unverzüglich mitzuteilen, dass
- 1. die Voraussetzung des § 57 weiterhin vorliegen,
- 2. der Antragsteller das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat, und
3. die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 4 erfüllt sind.
Liegen die Voraussetzungen der Z 2 oder Z 3 nicht vor, hat das Bundesamt den Aufenthaltstitel gemäß § 57 zu erteilen. Die Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels nach Abs. 1 ist unverzüglich, längstens jedoch binnen 4 Monaten ab Einbringung des Antrages zu treffen.
(5) Im Falle einer Mitteilung gemäß Abs. 4 ist der Ablauf der Frist gemäß Abs. 4 letzter Satz gehemmt. Das Bundesamt hat den Antragsteller von der Mitteilung in Kenntnis zu setzen. Mit Ausfolgung des Aufenthaltstitels gemäß § 41a Abs. 3 NAG ist das Verlängerungsverfahren formlos einzustellen."
Der angesprochene § 41a Abs. 3 NAG normiert, dass Drittstaatsangehörigen von Amts wegen unverzüglich, längstens jedoch binnen acht Wochen, ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" zu erteilen ist, wenn eine Mitteilung des BFA gemäß § 59 Abs. 4 AsylG 2005 vorliegt.
17 In der Beschwerdeverhandlung am 23. September 2015 "modifizierte" die Mitbeteiligte ihren Antrag dahin, dass sie nunmehr die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 "anstrebe"; diese - sich ebenfalls im 7. Hauptstück befindende - Bestimmung lautet:
"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK
§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus' zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung' zu erteilen."
In Stattgebung des darauf gerichteten Antrags der Mitbeteiligten erteilte ihr das BVwG mit Spruchpunkt A.II. des angefochtenen Erkenntnisses eine "Aufenthaltsberechtigung" gemäß dem zitierten § 55 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 AsylG 2005, wobei die dieser Entscheidung zugrunde liegende Annahme, es seien die hierfür erforderlichen inhaltlichen Voraussetzungen (siehe dazu des Näheren das hg. Erkenntnis vom 12. November 2015, Ra 2015/21/0101, und ergänzend den hg. Beschluss vom 28. Jänner 2016, Ra 2016/21/0006) erfüllt, in der Revision nicht bestritten wird. Dieser Aufenthaltstitel berechtigt gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist.
18 Die Amtsrevision führt gegen diese Entscheidung ins Treffen, die Änderung des ursprünglich gestellten Verlängerungsantrages für eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" auf einen Erstantrag für eine "Aufenthaltsberechtigung aus Gründen des Art. 8 EMRK" wäre nicht zulässig gewesen, weil damit das Wesen des Antrags geändert worden sei. Das BVwG hätte daher diese Antragsänderung nicht zulassen dürfen. In diesem Zusammenhang argumentiert die Amtsrevision mit § 58 Abs. 9 Z 2 AsylG 2005, wonach ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach dem
7. Hauptstück als unzulässig zurückzuweisen sei, wenn der Drittstaatsangehörige bereits über ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 oder dem NAG verfügt. Das sei hier aber der Fall, weil die Mitbeteiligte aufgrund ihres rechtzeitigen Verlängerungsantrages nach dem dritten Satz des § 59 Abs. 1 AsylG 2005 "weiterhin über ein Aufenthaltsrecht verfügte". Das AsylG 2005 sehe keine Möglichkeit vor, einen Aufenthaltstitel gemäß § 69a NAG bzw. § 57 AsylG 2005 "mit einem Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 zu verlängern"; nur unrechtmäßig aufhältige Drittstaatsangehörige seien "die Zielgruppe eines (Erst‑)Antrags gemäß § 55 AsylG 2005".
19 Auszugehen ist zunächst von § 58 Abs. 6 AsylG 2005, dessen grundsätzliche Anwendbarkeit auch im Verlängerungsverfahren nach § 59 AsylG 2005 in der Amtsrevision ausdrücklich zugestanden wird.
Diese Bestimmung lautet:
"§ 58 ...
(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt."
20 Zur mit dem zweiten Satz im Wesentlichen inhaltsgleichen Bestimmung des § 23 Abs. 1 NAG hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem - auch in der Revision ins Treffen geführten - Erkenntnis vom 16. September 2015, Ro 2015/22/0026, klargestellt, bereits aus dem Gesetzeswortlaut folge, dass die Änderung eines Antrags nach einer Belehrung durch die Behörde möglich sei, wobei sich aus § 13 Abs. 8 AVG ergebe, dass nicht bereits die Modifizierung der "Sache", sondern erst die Änderung ihres "Wesens" unzulässig sei. Entgegen der Auffassung in der Amtsrevision bewirkt der Umstieg von einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach den §§ 55 bis 57 AsylG 2005 auf einen Antrag auf Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels nach den genannten Bestimmungen keine "Wesensänderung" im dargestellten Sinn:
21 Das ergibt sich zunächst schon aus dem zitierten § 58 Abs. 6 AsylG 2005, der insofern keine Einschränkung enthält. Außerdem sind alle Aufenthaltstitel, deren spezifische Erteilungsvoraussetzungen in den §§ 55, 56 und 57 AsylG 2005 normiert sind, "Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen", die nunmehr (seit 1. Jänner 2014) im 7. Hauptstück des AsylG 2005 zusammengefasst sind. Dabei handelt es sich um den in § 55 AsylG 2005 geregelten "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK" (vgl. oben Rz 17), den in § 56 AsylG 2005 behandelten "Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" sowie die in § 57 AsylG 2005 umschriebene "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" (vgl. oben Rz 14). Diesbezüglich bestimmt § 54 Abs. 1 AsylG 2005, dass "Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen" Drittstaatsangehörigen als "Aufenthaltsberechtigung plus", "Aufenthaltsberechtigung" oder "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" erteilt werden. Aus dem dort umschriebenen Berechtigungsumfang ergibt sich, dass die (nach § 55 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 AsylG 2005 oder nach § 56 Abs. 1 Z 1 und 2 iVm Abs. 2 AsylG 2005 zu erteilende) "Aufenthaltsberechtigung" und die (nach § 57 Abs. 1 AsylG 2005 zu erteilende) "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" dieselben Rechte verleihen, nämlich zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist. Eine "Aufenthaltsberechtigung plus", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 AuslBG berechtigt, ist wiederum bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 Z 1 und 2 AsylG 2005 oder nach § 56 Abs. 1 Z 1 bis 3 AsylG 2005 zu erteilen. Damit korrespondiert, dass im Anschluss an eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" bei Vorliegen der in § 59 Abs. 4 Z 1 bis 3 AsylG 2005 normierten Voraussetzungen gemäß § 41a Abs. 3 NAG von der Niederlassungsbehörde ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" auszustellen ist (vgl. oben Rz 16), der gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 NAG zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 AuslBG berechtigt.
22 Daraus lässt sich erkennen, dass sich die nach den genannten Bestimmungen zu erteilenden "Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen" jeweils in ihrem "Wesen" nicht unterscheiden. In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof auch in dem in Rz 20 schon erwähnten Erkenntnis vom 16. September 2015, Ro 2015/22/0026, die Änderung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 41a Abs. 9 NAG (in der bis 31. Dezember 2013 geltenden Fassung) - das ist die Vorgängerregelung des § 55 AsylG 2005 - auf einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 41a Abs. 10 NAG (in der bis 31. Dezember 2013 geltenden Fassung) - das ist die Vorgängerregelung des § 56 AsylG 2005 - für zulässig erachtet. Im Erkenntnis vom 16. Dezember 2015, Ro 2015/21/0037, hat der Verwaltungsgerichtshof im Punkt 5.3. der Entscheidungsgründe ausgeführt, in einem Verfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 56 AsylG 2005 wäre mit der (dortigen) Mitbeteiligten "im Sinn des § 58 Abs. 6 AsylG 2005 zu erörtern gewesen, ob sie einen Antrag nach § 55 AsylG 2005 stellen wolle". Damit brachte er (im Zusammenhang mit seinen Ausführungen in Punkt 5.2.) zum Ausdruck, dass eine entsprechende Antragsänderung zulässig wäre. Schließlich lässt sich auch aus den Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 12. November 2015, Ra 2015/21/0101, Punkt 2.3. der Entscheidungsgründe, ableiten, dass dort unter Bezugnahme auf die Regelung des § 58 Abs. 6 AsylG 2005 von der Zulässigkeit der Änderung eines Antrags nach § 55 AsylG 2005 in einen solchen nach § 57 AsylG 2005 ausgegangen wurde.
23 Nun ist nach dem Gesagten kein Grund ersichtlich, weshalb die Änderung eines Antrags nach § 57 AsylG 2005 in einen solchen nach § 55 AsylG 2005 nicht zulässig sein sollte. Dafür finden sich auch in der Revision keine Argumente. Entgegen der dort vertretenen Auffassung bestehen aber auch keine Bedenken, den Umstieg in einem Verfahren zur Verlängerung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nach § 57 iVm § 59 AsylG 2005 in einen (Erst‑)Antrag auf Erteilung eines "Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK" für zulässig anzusehen. Auch durch eine solche Änderung wird das "Wesen" der Sache nicht verändert, geht es doch auch in diesem Fall jeweils um die Ausstellung eines "Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen".
24 Daraus folgt zusammengefasst, dass die von der Mitbeteiligten in der Verhandlung vom 23. September 2015 vorgenommene Änderung ihres verfahrenseinleitenden Antrags auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 in einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 zulässig war. Ab diesem Zeitpunkt kam der Mitbeteiligten aber auch das sich aus § 59 Abs. 1 dritter Satz AsylG 2005 ergebende, nur im Verlängerungsverfahren betreffend einen Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 bestehende Aufenthaltsrecht nicht mehr zu. Schon von daher geht somit die Argumentation des BFA in der Amtsrevision mit § 58 Abs. 9 Z 2 AsylG 2005 ins Leere.
25 In diesem Zusammenhang ist im Übrigen noch der letzte Satz des § 10 Abs. 3 AsylG 2005 in den Blick zu nehmen. Danach ist zwar die Entscheidung, mit welcher der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurückgewiesen wird, mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, doch "gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt". Ist aber in diesen Konstellationen ausnahmsweise keine Rückkehrentscheidung zu erlassen, dann beweist dies, dass der hier in Rede stehende § 58 Abs. 9 Z 2 AsylG 2005 nur Fälle erfassen soll, in denen trotz Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines "Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen" ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 oder dem NAG (weiter-)besteht.
26 Auch daraus folgt, dass - anders als das BFA in der Revision meint - ein aufgrund eines rechtzeitigen Antrags auf Verlängerung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nach § 57 iVm § 59 AsylG 2005 ursprünglich bestehendes Aufenthaltsrecht der Erteilung einer (in der Folge durch Antragsänderung begehrten) "Aufenthaltsberechtigung" nach § 55 AsylG 2005 nicht entgegensteht.
27 Dieses Ergebnis findet aber auch noch in folgenden Überlegungen seine Bestätigung:
Unterstellt man, dass die Mitbeteiligte die (nach Meinung des BFA: unzulässige) Antragsänderung nicht vorgenommen hätte und folgt man der vom BFA im Bescheid vom 13. Februar 2015 vertretenen Auffassung, dann wäre der (Verlängerungs‑)Antrag nach § 57 AsylG 2005 mangels Vorlage eines gültigen Reisepasses gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 zurückzuweisen gewesen. In diesen Fällen ist die antragszurückweisende Entscheidung gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 3 FPG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung setzt nach § 9 Abs. 1 BFA-VG unter dem dort genannten Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Privat- und/oder Familienleben voraus, dass ihre Erlassung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Ergibt die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG allerdings, dass die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht dringend geboten ist, sondern unverhältnismäßig wäre, dann ist sie - in der Regel: auf Dauer - unzulässig, sodass ein entsprechender Ausspruch nach § 9 Abs. 3 BFA-VG vorzunehmen und ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen ist (vgl. dazu Punkt 3.3. und 3.4. der Entscheidungsgründe des schon genannten Erkenntnisses vom 12. November 2015, Ra 2015/21/0101). Ausgehend von der vom BVwG vertretenen und - wie erwähnt (siehe oben Rz 17) - in der Revision nicht in Frage gestellten Auffassung, eine Rückkehrentscheidung würde einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben der Mitbeteiligten darstellen, wäre der Mitbeteiligten daher in dem mit einem Verlängerungsantrag in Bezug auf eine Aufenthaltsberechtigung nach § 57 AsylG 2005 eingeleiteten Verfahren ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen gewesen. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu sehen, weshalb der Mitbeteiligten der "direkte Weg" zu einem solchen Aufenthaltstitel durch eine entsprechende Antragsänderung verwehrt sein sollte.
28 In der Revision wird schließlich noch gerügt, das BVwG habe es unterlassen, die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels zu prüfen.
29 Dazu ist vorweg darauf hinzuweisen, dass "Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen" für "Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen" auf gesetzlicher Ebene nur in § 60 AsylG 2005 normiert sind. Insoweit geht aber der Vorwurf in der Revision ins Leere, weil keine Anhaltspunkte bestehen, dass die Mitbeteiligte die für Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 in Betracht kommenden allgemeinen Voraussetzungen nach dieser Bestimmung (vgl. dazu das schon genannte Erkenntnis vom 16. Dezember 2015, Ro 2015/21/0037, Punkt 5.2. der Entscheidungsgründe) nicht erfüllt. Das wird auch in der Revision nicht behauptet.
30 Soweit sich die Revisionsausführungen auf "die allgemeinen Voraussetzungen wie die Vorlage der von der AsylG-DV geforderten Dokumente" ("wie z.B. den Nachweis der Identität etc.") beziehen, werden sie (nur) im Zusammenhang damit ins Treffen geführt, dass die Voraussetzungen des § 58 Abs. 11 AsylG 2005 vom BVwG zu prüfen gewesen wären. Dem habe das BVwG nicht entsprochen, sondern den abschließenden Hinweis im angefochtenen Erkenntnis aufgenommen, das BFA habe der Mitbeteiligten den Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 7 AsylG 2005 auszufolgen und die Mitbeteiligte habe "hieran" gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 mitzuwirken. Indem das BVwG davon ausgehe, dass das BFA nach Erteilung des Aufenthaltstitels durch das BVwG "diese allgemeinen Voraussetzungen zu prüfen hätte und gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 vorgehen könnte", weiche es von den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 30. Juni 2015, Ra 2015/21/0039, ab, in dem sich der Gerichtshof bereits "am Rande" mit den Unterschieden zwischen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem AsylG 2005 im amtswegigen Verfahren und über Antrag auseinandergesetzt habe. Anders als im amtswegigen Verfahren seien im Antragsverfahren die genannten allgemeinen Voraussetzungen stets vor Erteilung des Aufenthaltstitels zu prüfen. Dennoch scheine das BVwG im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass nach seiner im Antragsverfahren getroffenen Entscheidung "weiterhin Raum" für ein Vorgehen des BFA gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 bleibe, womit es in rechtswidriger Weise "versuchte, einen Teil seiner Entscheidung auf das BFA abzuwälzen".
31 Der genannte § 58 Abs. 11 AsylG 2005 und der damit im Zusammenhang stehende Abs. 7 dieser Bestimmung lauten:
"§ 58 ...
(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.
...
(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist
1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder
2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.
Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren."
32 In dem von der Revision erwähnten Erkenntnis vom 30. Juni 2015, Ra 2015/21/0039, hat sich der Verwaltungsgerichtshof unter Bedachtnahme auf die historische Entwicklung und unter Einbeziehung des Bedeutungsgehalts damit im Zusammenhang stehender Regelungen ausführlich mit der Auslegung des oben zitierten § 58 Abs. 11 AsylG 2005 auseinandergesetzt. Auf die diesbezüglichen Entscheidungsgründe wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof ist dabei zum Ergebnis gekommen, mit den (mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2014 vom NAG) in das AsylG 2005 transferierten Regelungen für "Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen" sei es insoweit der Sache nach lediglich zu einer Zusammenfassung der Abs. 4, 6 und 10 des § 19 NAG gekommen. Von Bedeutung sei allerdings, dass die unterbliebene Vorlage von Identitätsurkunden, wie etwa des Reisepasses, nunmehr einheitlich von § 58 Abs. 11 AsylG 2005 geregelt werde, sodass diesbezüglich im Antragsverfahren nicht auf § 13 Abs. 3 AVG zurückgegriffen werden müsse. Im Übrigen beziehe sich aber auch § 58 Abs. 11 AsylG 2005 (sonst nur) auf Mitwirkungsverpflichtungen im Zusammenhang mit erkennungsdienstlichen Daten und mit der Zustelladresse des Fremden, nicht aber auf solche, die mit der Erhebung von inhaltlichen Erteilungsvoraussetzungen im Zusammenhang stehen.
33 Im hier vorliegenden Fall ist jedoch die Besonderheit zu beachten, dass der Aufenthaltstitel nicht durch das BFA, sondern durch das im Säumnisweg zuständig gewordene BVwG mit Erkenntnis erteilt wurde und die gemäß § 58 Abs. 7 AsylG 2005 vorzunehmende Ausfolgung des Aufenthaltstitels - gemäß § 3 Abs. 1 AsylG-DV: in Form einer Karte - dem BFA obliegt. In diesem Stadium kommt aber die für das Antragsverfahren im § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 als Konsequenz einer Verletzung der Mitwirkungspflichten vorgesehene Zurückweisung des Antrags nicht mehr in Betracht. Vielmehr wäre diesfalls - allerdings auch nur in Bezug auf die unterlassene Mitwirkung im Zusammenhang mit den erkennungsdienstlichen Daten und mit der Zustelladresse - eine (analoge) Anwendung der Z 1, somit eine Einstellung des "Verfahrens zur Ausfolgung", zu erwägen. Ein Auftrag zur Vorlage von Identitätsdokumenten ist aber nicht mehr denkbar; insofern kommt es - anders als die Revision meint - auch nicht dazu, dass das BVwG "versuchte, einen Teil seiner Entscheidung auf das BFA abzuwälzen". Ein solcher Auftrag hätte - so das BVwG diesbezüglich eine Notwendigkeit gesehen hätte - noch im Verfahren zur Erteilung des Aufenthaltstitels zu ergehen gehabt; nur insofern ist der Amtsrevisionsführerin beizupflichten.
34 In der vorliegenden Konstellation bewirkte die Unterlassung eines solchen Auftrages durch das zuständig gewordene BVwG aber nicht die Rechtswidrigkeit der bekämpften Aufenthaltstitelerteilung. Zu Recht hat nämlich die Mitbeteiligte im Verfahren wiederholt darauf hingewiesen, dass ihr bereits eine Aufenthaltsbewilligung nach § 69a NAG ausgestellt worden war, die nach § 8 Abs. 2 letzter Halbsatz NAG als "Identitätsdokument" galt (vgl. nunmehr § 54 Abs. 4 letzter Halbsatz AsylG 2005). Auch in diesem Verfahren hat sich im Übrigen die damals zuständige Behörde letztlich mit der Vorlage der Geburtsurkunde begnügt und die Identität der Mitbeteiligten nicht weiter in Zweifel gezogen. Das ließ das BFA sowohl bei seinem Auftrag zur Vorlage eines gültigen Reisepasses vom 17. Dezember 2014 als auch im Bescheid vom 13. Februar 2015 außer Acht, wenn es jeweils vom Vorliegen eines "Erstantrags" ausging. Es ist daher fallbezogen - auch vor dem Hintergrund der sich aus § 4 Abs. 1 Z 2 AsylG-DV ergebenden Wertung - im Ergebnis nicht zu beanstanden, wenn das BVwG (offenbar auch angesichts der diesbezüglichen Befragung der Mitbeteiligten in der Beschwerdeverhandlung) insgesamt von einem für die Aufenthaltstitelerteilung ausreichenden Nachweis ihrer Identität ausgegangen ist. Diesbezüglich werden in der Revision auch keine konkreten Einwände vorgetragen.
35 Somit lässt der Inhalt der Amtsrevision erkennen, dass sie unbegründet ist. Sie war daher ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Wien, am 14. April 2016
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