VwGH Ra 2016/17/0165

VwGHRa 2016/17/016528.4.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der K S in S am B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 9. März 2016, LVwG-2015/18/0424-9, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Tirol),

1. den Beschluss gefasst:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt B) 1.) richtet, zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Normen

VwGVG 2014 §52 Abs8;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016170165.L00

 

Spruch:

Die Vorschreibung der Kosten des Beschwerdeverfahrens im Spruchpunkt B) 2. des angefochtenen Erkenntnisses wird wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 19. Jänner 2015 wurde die Revisionswerberin als handelsrechtliche Geschäftsführerin einer bestimmt bezeichneten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 dritter Tatbestand iVm § 2 Abs 4 Glücksspielgesetz (GSpG) wegen unternehmerisch Zugänglichmachens von drei Glücksspielgeräten im Tatzeitraum vom 1. März bis 6. Oktober 2014 für schuldig erkannt und über sie eine Geldstrafe von jeweils EUR 1.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe) sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von EUR 300,-- verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Tirol nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der dagegen erhobenen Beschwerde hinsichtlich eines Glücksspielgeräts folge (Spruchpunkt A) 1.). Im Übrigen wies es die Beschwerde ab und berichtigte den Spruch des Straferkenntnisses insofern, als die Tatzeit auf "jedenfalls am 06.10.2014" eingeschränkt wurde, die Wortfolge "und an der Auszahlung erzielter Spielgewinne dadurch mitgewirkt haben, dass sie das Personal zur Auszahlung von Gewinnen und zur Zurückstellung der Zahlenfelder am Gerätebildschirm auf Null angehalten hatten" durch das Wort "haben" ersetzt wurde sowie die Strafsanktionsnorm berichtigt wurde (Spruchpunkt B) 1.).

3 Gleichzeitig wurde der Revisionswerberin gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens von insgesamt EUR 400,-- vorgeschrieben und der zu leistende Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren auf EUR 200,-- herabgesetzt (Spruchpunkt B) 2.).

4 Weiters sprach das Landesverwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

5 Gegen Spruchpunkt B) 1. dieses Erkenntnisses und B) 2., soweit damit Kosten für das Beschwerdeverfahren festgesetzt wurden, richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6 Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung. 7 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, auf Grundlage der vom Gerichtshof der Europäischen Union geforderten Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und unter denen sie durchgeführt werden, eine Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nicht erkannt. Dieser Rechtsansicht hat sich der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Oktober 2016, E 945/2016-24, E 947/2016-23, E 1054/2016-19, angeschlossen. Auch das Landesverwaltungsgericht ist dieser Rechtsprechung gefolgt und ist aufgrund einer ausführlichen Gesamtwürdigung zum Ergebnis gekommen, dass eine Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG nicht vorliegt.

11 Das Zulässigkeitsvorbringen in der vorliegenden Revision im Zusammenhang mit der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des Glücksspielgesetzes zeigt nichts auf, was hier zu einer anderen Beurteilung führen könnte.

12 Die vorliegende Revision erweist sich allerdings bezüglich der in Spruchpunkt B) 2. vorgeschriebenen Kosten für das Beschwerdeverfahren als zulässig und berechtigt, weil das Landesverwaltungsgericht in diesem Punkt - wie die Revisionswerberin zutreffend im Zulässigkeitsvorbringen aufzeigt - von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist.

13 Bezüglich des Kostenbeitrages für das Beschwerdeverfahren nach § 52 Abs 8 VwGVG ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestimmung des § 65 VStG auf die neue Rechtslage zu übertragen (vgl VwGH vom 2. September 2014, Ra 2014/17/0019). Der leitende Gedanke des § 65 VStG war, dass es nicht begründet wäre, die Kosten des Berufungsverfahrens dem Bestraften aufzuerlegen, wenn die Berufungsbehörde eine Änderung zugunsten des Beschuldigten vorgenommen hat. Eine solche liegt auch dann vor, wenn wenigstens der von der Strafbehörde erster Instanz angenommene strafbare Tatbestand eingeschränkt worden ist. Das ist ua auch dann der Fall, wenn der Tatzeitraum gegenüber der Vorinstanz und damit der Unrechtsgehalt zugunsten des Beschuldigten verringert wurde (vgl VwGH vom 9. März 1995, 93/18/0350 und VwGH vom 30. August 1991, 91/09/0022). Dem Landesverwaltungsgericht war es schon aufgrund der vorgenommen Tatzeiteinschränkung versagt, der Revisionswerberin den Ersatz der Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (vgl VwGH vom 17. Mai 1991, 90/06/0092).

14 Die in Spruchpunkt B) 2. enthaltene Vorschreibung der Kosten für das Beschwerdeverfahren war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben. Im Übrigen war die Revision, soweit sie sich gegen die Bestrafung nach dem Glücksspielgesetz in Spruchpunkt B) 1. richtet, nach § 34 Abs 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

15 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art 6 Abs 1 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg Genüge getan.

16 Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 28. April 2017

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