VwGH Ra 2016/16/0080

VwGHRa 2016/16/008022.11.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, in der Revisionssache der R OG in G, vertreten durch Dr. Johannes Eltz, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 48/1/7, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 30. Juni 2015, Zl. RV/7100231/2015, betreffend Rechtsgebühr (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §24 Abs1 Z1;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §25a Abs5;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §36;
VwGG §72;
VwGG §73;
VwGG §74 Abs1 Z3;
VwGG §74 Abs3;
VwGG §74;
VwGG §75;
VwGG §76;
VwGH-EVV 2015 §1 Abs1 Z1;
VwGH-EVV 2015 §1 Abs2;
VwGH-EVV 2015 §1 Abs3;
VwGH-EVV 2015 §1;

 

Spruch:

Das Verfahren wird eingestellt.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis setzte das Bundesfinanzgericht im Instanzenzug die Rechtsgebühr für einen Bestandvertrag (§ 33 TP 5 GebG) fest und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

2 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

3 Mit Verfügung vom 15. September 2016, Ra 2016/16/0080-8, forderte der Verwaltungsgerichtshof die revisionswerbende Partei auf, binnen einer Frist von drei Wochen den der Revision anhaftenden Mangel zu beheben und die Rechte zu bezeichnen, in denen die revisionswerbende Partei verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte, § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG). Der Verwaltungsgerichtshof wies darauf hin, dass die Versäumung der Frist als Zurückziehung der Revision gilt.

4 Innerhalb der gesetzten Frist brachte die revisionswerbende Partei durch ihren Vertreter (einen Rechtsanwalt) einerseits durch Fernkopie, andererseits schriftlich durch die Post, beim Verwaltungsgerichtshof einen ergänzenden Schriftsatz vom 11. Oktober 2016 zur Behebung des erwähnten Mangels ein. Eine Begründung, weshalb die technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr nicht vorlägen, enthielt der Schriftsatz nicht.

5 Mit Verfügung vom 14. Oktober 2016, Ra 2016/16/0080-11, stellte der Verwaltungsgerichtshof der revisionswerbenden Partei den eingebrachten Schriftsatz zur Behebung folgenden Mangels zurück:

"Der ergänzende Schriftsatz vom 11. Oktober 2016 ist im elektronischen Rechtsverkehr beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen (§ 74 Abs. 3 VwGG), weil in der Eingabe nicht bescheinigt wurde, dass die technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr nicht vorliegen (§ 1 Abs. 2 der VwGH-EVV, BGBl. II Nr. 360/2014).

Zur Behebung dieses Mangels wird eine Frist von zwei Wochen vom Tage der Zustellung dieses Auftrages an gerechnet, bestimmt.

Die Versäumung der Frist gilt als Zurückziehung der Revision."

Eine weitere Eingabe der revisionswerbenden Partei erfolgte nicht.

6 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die Bezeichnung der Rechte zu enthalten, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte).

7 Revisionen, die nicht zurückzuweisen sind, bei denen jedoch die Vorschriften über die Form und den Inhalt (§§ 23, 24, 28, 29 VwGG) nicht eingehalten wurden, sind gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zur Behebung der Mängel unter Setzung einer kurzen Frist zurückzustellen; die Versäumung der Frist gilt als Zurückziehung.

8 Bei Versäumung der erwähnten Frist bietet § 46 VwGG die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

9 Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist das Verfahren einzustellen, wenn die Revision zurückgezogen wurde.

10 Gemäß § 25a Abs. 5 VwGG ist die Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen.

11 Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 30a Abs. 7 VwGG den anderen Parteien sowie - im Revisionsfall dem Bundesminister für Finanzen - eine Ausfertigung der außerordentlichen Revision samt Beilagen zuzustellen und dem Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision samt Beilagen unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen.

12 Schriftsätze im Revisionsverfahren ab Vorlage der Revision an den Verwaltungsgerichtshof sind gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 VwGG unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

13 Schriftsätze können gemäß § 72 Abs. 1 VwGG auch im Weg des nach dem 4. Unterabschnitt des VwGG eingerichteten elektronischen Rechtsverkehrs wirksam eingebracht werden.

14 § 74 Abs. 3 VwGG lautet:

"(3) Nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten sind Rechtsanwälte sowie Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift wird wie ein Formmangel behandelt, der zu verbessern ist."

15 Sofern Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälte, Steuerberaterinnen oder Steuerberater oder Wirtschaftsprüferinnen oder Wirtschaftsprüfer Schriftsätze nicht im elektronischen Rechtsverkehr einbringen, haben sie gemäß § 1 Abs. 3 der VwGHelektronischer-Verkehr-Verordnung (VwGH-EVV), BGBl. II Nr. 360/2014, in der Eingabe zu bescheinigen, dass die technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr nicht vorliegen.

16 Die im § 74 Abs. 3 VwGG genannten ERV-Teilnehmer müssen den Elektronischen Rechtsverkehr - nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten - zwingend verwenden. Das gesetzwidrige Absehen von der Nutzung des Elektronischen Rechtsverkehrs durch zur Nutzung Verpflichtete führt als Verletzung einer zwingend einzuhaltenden Formvorschrift (§ 34 Abs. 2 iVm § 74 Abs. 3 zweiter Satz VwGG) gemäß § 33 Abs. 1 VwGG zur Einstellung des Verfahrens (vgl. zu den dem § 74 Abs. 3 VwGG vergleichbaren Bestimmungen des § 89c Abs. 5 und 6 GOG etwa die Beschlüsse des OGH vom 18. Mai 2016, 5 Ob 234/15w, vom 25. Februar 2016, 1 Ob 27/16a, und vom 27. Jänner 2016, 9 Ob 81/15z).

17 Der vierte Unterabschnitt (§§ 72 bis 76) des VwGG ist lediglich auf jene Schriftsätze anzuwenden, welche unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen sind.

18 Wird eine Revision (gemäß § 25a Abs. 5 VwGG) beim Bundesfinanzgericht eingebracht, wozu gesetzlich kein elektronischer Rechtsverkehr vorgesehen ist, die Revision sodann vom Bundesfinanzgericht dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt und von diesem ein Mängelbehebungsauftrag erteilt, dann ist der die Revision ergänzende, die Mängel behebende Schriftsatz gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 VwGG unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Für diesen Schriftsatz gelten die Bestimmungen der §§ 72 bis 76 VwGG. Dass der Verwaltungsgerichtshof den Mängelbehebungsauftrag nicht im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs übermittelt hat, ist dabei unerheblich. Weiters ist unerheblich, dass der Verwaltungsgerichtshof mit seiner Verfügung vom 15. September 2016 die Revision mit dem Auftrag zurückgestellt hat, sie auch dann wieder vorzulegen, wenn zur Ergänzung ein neuer Schriftsatz eingebracht wird. Die Wiedervorlage des Revisionsschriftsatzes wäre als (PDF‑)Anlage zum im elektronischen Rechtsverkehr einzubringenden Ergänzungsschriftsatz vorgesehen (§ 1 Abs. 3 der VwGH-EVV und § 74 Abs. 1 Z 3 VwGG).

19 Da der erwähnte Schriftsatz vom 11. Oktober 2016 nicht im elektronischen Rechtsverkehr eingebracht wurde und dieser wie ein Formmangel zu behandelnde Verstoß gegen die Vorschrift des § 74 Abs. 3 erster Satz VwGG innerhalb der gesetzten Frist nicht verbessert wurde, war kraft der Fiktion der Zurückziehung der Revision (§ 34 Abs. 2 VwGG) das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG durch einen gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat mit Beschluss einzustellen.

Wien, am 22. November 2016

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