VwGH Ra 2016/16/0004

VwGHRa 2016/16/000417.3.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Baumann, in der Revisionssache des P G in N, vertreten durch Mag. Christoph Oberleitner, Steuerberater in 5732 Mühlbach, Bicheln 1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 9. September 2014, Zl. RV/6300005/2010, betreffend gewerbsmäßige Abgabenhinterziehung und verbotswidrige Herstellung von Alkohol (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Salzburg), den Beschluss gefasst:

Normen

32012L0013 Belehrungs-RL Strafverfahren Art3 Abs1;
Alkohol - Steuer und MonopolG 1995 §91;
B-VG Art133 Abs4;
FinStrG §138 Abs2 lita;
FinStrG §21 Abs1;
FinStrG §33 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
32012L0013 Belehrungs-RL Strafverfahren Art3 Abs1;
Alkohol - Steuer und MonopolG 1995 §91;
B-VG Art133 Abs4;
FinStrG §138 Abs2 lita;
FinStrG §21 Abs1;
FinStrG §33 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Erkenntnis vom 1. Dezember 2009 erkannte der Spruchsenat beim Zollamt Salzburg den Revisionswerber schuldig, er habe in N. in den Jahren 2004 bis 2007 entgegen dem Verbot des § 20 Abs. 2 AlkStG vorsätzlich 1.118,51 l (reinen) Alkohol hergestellt, ohne beim zuständigen Zollamt Salzburg die entsprechenden Abfindungsanmeldungen einzubringen oder in den eingebrachten Abfindungsanmeldungen die tatsächlich gebrannte Menge anzumelden, mithin unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht und ohne die angefallene Alkoholsteuer zu entrichten eine Abgabenverkürzung von 11.185,10 EUR bewirkt, wobei es ihm darauf angekommen sei, sich durch die wiederkehrende Begehung der Abgabenhinterziehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Der Revisionswerber habe dadurch die Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 iVm § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG und der verbotswidrigen Herstellung von Alkohol nach § 91 AlkStG begangen. Dafür wurde er zu einer Geldstrafe von 8.000 EUR und zum Ersatz der näher bestimmten Kosten des Strafverfahrens "verurteilt". Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe von 28 Tagen festgesetzt. Gemäß § 33 Abs. 6 iVm § 17 FinStrG und gemäß § 91 AlkStG wurde auf den Verfall des Brenngeräts der Marke H. und von im Einzelnen nach Menge und Art aufgeschlüsseltem Alkohol in näher angeführten Behältern samt diesen Behältern erkannt.

2 Der Revisionswerber sei Eigentümer einer Landwirtschaft von 40 ha und einer Gastwirtschaft (N. Hof). Er habe im Zeitraum 2004 bis 7. November 2007 in zahlreichen Angriffen in N. 1.118,51 l reinen Alkohol nach näherer Aufstellung außerhalb einer Verschlussbrennerei hergestellt, ohne beim Zollamt Salzburg die entsprechenden Abfindungsanmeldungen einzubringen oder in den eingebrachten Abfindungsanmeldungen die tatsächlich gebrannte Menge anzumelden. In diesem Zeitraum habe der Revisionswerber zur Verschleierung des Schwarzbrennens im Überwachungsbuch (§ 78 AlkStG) insbesondere Art und Menge der zur Herstellung von Alkohol bestimmten alkoholbildenden Stoffe sowie den Tag, an dem mit der Herstellung von Alkohol begonnen worden sei, nicht aufgezeichnet; im Jahr 2007 sei das Überwachungsbuch gar nicht geführt worden. Der Revisionswerber habe dies gewusst und in der Absicht gehandelt, sich aus der wiederkehrenden Begehung der Abgabenhinterziehung eine fortlaufende regelmäßige zusätzliche Einkommensquelle zu verschaffen.

3 Bei einer Nachschau am Anwesen des Revisionswerbers am 8. November 2007 sei eine Menge von 3.050,66 l Flüssigkeit, die 1.487,09 l reinen Alkohol enthalten habe, in näher bezeichneten Behältern sowie eine Menge von 319,10 l Flüssigkeit, enthaltend 134,03 l reinen Alkohol, in Flaschen und Kanistern vorgefunden worden.

4 Nach einer ausführlichen Beweiswürdigung hielt der Spruchsenat fest, mit Blick auf den Grundsatz "in dubio pro reo" sei vom Auffinden eines gewissen versteuerten Altbestandes (realistisch seien die Jahre ab 2004, der dem Revisionswerber zugutegehalten werde) ausgegangen worden. Der in Kleingebinden (teils in Glasflaschen) bei der Nachschau vorhandene Alkohol werde mit Restmengen aus unbekannten Jahren erklärt; darüber hinaus finde der selbstverständlich stattfindende Schnapsabsatz ebenso Berücksichtigung, (auch) wenn davon ausgegangen werde, dass der beinahe gesamte versteuerte Alkohol ab 2004 aufgefunden worden sei. Daraus errechne der Spruchsenat die Summe des Schwarzbrandes mit 1.118,51 l reiner Alkohol; mit einer über den Pauschalsätzen liegenden Alkoholausbeute könne der Lagerbestand nicht ernsthaft erklärt werden.

5 Dagegen erhoben mit Schriftsatz vom 18. Jänner 2010 der Amtsbeauftragte und mit Schriftsatz vom 25. Jänner 2010 der Revisionswerber jeweils (das nach der damals geltenden Rechtslage vorgesehene Rechtsmittel der) Berufung.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis änderte das Bundesfinanzgericht, auf welches gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG die Zuständigkeit zur Weiterführung des Verfahrens übergegangen war, das bekämpfte Erkenntnis des Spruchsenates insoweit, als es bei inhaltlich unverändertem Schuldspruch dem Strafausspruch des Spruchsenates die Verhängung einer Eventualwertersatzstrafe gemäß § 19 Abs. 2 FinStrG in Höhe von 10.000 EUR, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Tagen, hinzufügte und die Höhe des Kostenersatzes änderte.

7 Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

8 Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe rechtlicher Vorschriften stellte das Bundesfinanzgericht fest, die Spindelung der (bei der Nachschau beim Revisionswerber am 8. November 2007 vorgefundenen) 24 Großbehälter mit einem Inhalt von insgesamt 3.050,66 l hätte eine Gesamtmenge an Reinalkohol von 1.487,09 l ergeben, die Berechnung des Inhaltes der vorgefundenen Kleingebinde eine solche von insgesamt 134,03 l. Nachdem das Bundesfinanzgericht nochmals die Sachverhaltsfeststellungen des Spruchsenates referiert hatte, schloss es sich den daran anschließenden Überlegungen und Berechnungen des Spruchsenates an. Nach einer zusätzlichen eigenen Beweiswürdigung hielt das Bundesfinanzgericht fest, im Übrigen seien jene Alkoholmengen, die der Revisionswerber im maßgebenden Zeitraum zur Besteuerung angemeldet habe, im Zuge der Mengenfeststellung ebenso in Abzug gebracht worden, wie jene 66,15 l Reinalkohol, die als Ansatzschnaps für Kräutergold in den Abfuhranmeldungen Deckung gefunden hätten. Angemerkt werde, dass es sich bei der Zuordnung der vom Revisionswerber im maßgebenden Zeitraum angemeldeten Alkoholmengen zu den einzelnen Behältern der entsprechenden vorgefundenen Schnapssorten um rechnerische Größen handle, die zwar bei der Mengenberechnung zu berücksichtigen gewesen seien, am Gesamtergebnis allerdings zu keiner Änderung führten. Weiters seien die in Kleingebinden vorgefundene Alkoholmenge von insgesamt 134,03 l sowie der gesamte Schnapsabsatz außer Ansatz geblieben.

9 Bei der Strafbemessung berücksichtigte das Bundesfinanzgericht als Milderungsgründe u.a. den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, die finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit, die teilweise Schadensgutmachung und das zur Wahrheitsfindung beitragende geständige Verhalten und eine nach dem bekämpften Spruchsenatserkenntnis erfolgte weitere teilweise Schadensgutmachung sowie die lange Verfahrensdauer und den Umstand, dass die Taten nunmehr bereits einen längeren Zeitraum zurücklägen. Allerdings würden aus dem langen Tatzeitraum und dem Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen auch erschwerende Umstände im Strafmaß ihren Ausdruck zu finden haben.

10 Der Revisionswerber sei verheiratet und habe Sorgepflichten gegenüber seiner Mutter aus einem Übergabevertrag. Er sei Eigentümer einer Landwirtschaft im Ausmaß von etwa 40 ha mit einem näher angeführten Einheitswert und einer Gastwirtschaft mit einem Wert von etwa 700.000 EUR. Sein bei seiner Einvernahme am 8. November 2007 von ihm geschätztes Einkommen von 2.500 EUR (monatlich) habe sich durch den Entfall der Einkünfte aus der Schnapsbrennerei verschlechtert. Die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2010 bis 2012 wiesen Umsätze zwischen 180.000 EUR und 204.000 EUR aus.

11 Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der vor ihm dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 17. September 2015, E 1540/2014-14, abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

12 Die daran anschließend gegen das angefochtene Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

13 Gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Die Abgabenhinterziehung wird gemäß § 33 Abs. 5 leg. cit. mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages geahndet. Betrifft die Abgabenhinterziehung eine Verbrauchsteuer, so ist gemäß § 33 Abs. 6 FinStrG auf Verfall nach Maßgabe des § 17 zu erkennen. Der Verfall umfasst auch die Rohstoffe, Hilfsstoffe, Halbfabrikate, Geräte und Vorrichtungen.

14 Gemäß § 17 Abs. 2 lit. a FinStrG unterliegen dem Verfall die Sachen, hinsichtlich derer das Finanzvergehen begangen wurde, samt Umschließungen. Gemäß § 17 Abs. 2 lit. c leg. cit. unterliegen dem Verfall, soweit dies besonders vorgesehen ist, die Geräte und Vorrichtungen, die zur Erzeugung der in lit. a erwähnten Sachen bestimmt gewesen oder benützt worden sind.

15 Gemäß § 19 Abs. 2 FinStrG ist neben dem Verfall auf Wertersatz u.a. dann zu erkennen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht feststeht, ob der Verfall vollziehbar sein wird.

16 Gemäß § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG ist mit Geldstrafe bis zum Dreifachen des Betrages, nach dem sich sonst die Strafdrohung richtet, zu bestrafen, wer, u.a. eine Abgabenhinterziehung begeht, wobei es ihm darauf ankommt, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (gewerbsmäßige Begehung).

17 § 91 des Alkoholsteuergesetzes (AlkStG) lautet:

"§ 91. Wer Alkohol entgegen dem Verbot des § 20 Abs. 2 herstellt, begeht ein Finanzvergehen und ist bei Vorsatz mit einer Geldstrafe bis zu 15 000 Euro und bei Fahrlässigkeit mit einer Geldstrafe bis zu 8 000 Euro zu bestrafen. ..... Handelt der Täter vorsätzlich, so ist daneben nach Maßgabe des § 17 des Finanzstrafgesetzes auf Verfall zu erkennen. Der Verfall umfasst auch die Rohstoffe, Hilfsstoffe, Halbfabrikate, Geräte und Vorrichtungen."

18 Gemäß § 20 Abs. 2 AlkStG ist es verboten, Alkohol außerhalb einer Verschlussbrennerei herzustellen, soweit im AlkStG nicht anderes bestimmt ist.

19 Gemäß § 55 Abs. 1 AlkStG werden bei der Herstellung von Alkohol unter Abfindung selbstgewonnene alkoholbildende Stoffe auf einem zugelassenen Brenngerät verarbeitet. Die Alkoholmenge, die der Steuer unterliegt (Abfindungsmenge), und der Zeitraum, der zum Herstellen der Abfindungsmenge erforderlich ist, (Brenndauer), werden pauschal nach Durchschnittswerten bestimmt, die der Bundesminister für Finanzen durch Verordnung festzusetzen hat.

20 Selbstgewonnene alkoholbildende Stoffe sind gemäß § 58 Abs. 1 Z 1 und 2 AlkStG Früchte näher angeführter Pflanzen, die derjenige, der über sie verfügt (Verfügungsberechtigter), als Eigentümer, Pächter oder Nutznießer einer Liegenschaft geerntet hat, und wild wachsende Beeren und Wurzeln, die der Verfügungsberechtigte gesammelt hat oder in seinem Auftrag sammeln ließ.

21 Wer Alkohol unter Abfindung herstellen will, hat dies gemäß § 62 Abs. 1 AlkStG bei dem Zollamt, in dessen Bereich Alkohol unter Abfindung hergestellt werden soll, zu beantragen (Abfindungsanmeldung). Gemäß § 63 AlkStG hat der Abfindungsberechtigte die auf die Abfindungsmenge entfallende Steuer zu berechnen und den Steuerbetrag in der Abfindungsanmeldung anzugeben sowie den Steuerbetrag bis zum 25. des auf das Entstehen der Steuerschuld folgenden Kalendermonats bei dem im § 62 Abs. 1 bezeichneten Zollamt zu entrichten.

22 Gemäß § 65 AlkStG steht dem Abfindungsberechtigten in einem Kalenderjahr die Herstellung von 100 l Alkohol zu (Erzeugungsmenge) und kann der Abfindungsberechtigte über die jährliche Erzeugungsmenge hinaus 100 l Alkohol zum Steuersatz gemäß § 2 Abs. 3 leg. cit. herstellen.

23 Derjenige, der Alkohol in anderer Weise als unter Abfindung herstellt, hat gemäß § 10 Abs. 3 iVm § 8 Abs. 1 Z 4 und § 9 Abs. 1 Z 2 AlkStG die Alkoholmengen binnen einer Woche nach Entstehen der Steuerschuld bei dem Zollamt schriftlich anzumelden, die auf die anzumeldenden Mengen entfallende Steuer selbst zu berechnen und den errechneten Steuerbetrag zu entrichten.

24 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

25 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

26 Der Revisionswerber führt zur Zulässigkeit seiner Revision (Punkt 3. des Revisionsschriftsatzes) aus:

"Revisionsgründe § 28 (3) VwGG:

Grundrechtecharta: Der Revisionswerber hat sich im Verfahren mehrfach auf Bestimmungen der Grundrechtecharta der europäischen Union berufen bzw. tut dies auch in der Revision. Dazu ist zunächst festzustellen, dass es, soweit ersichtlich, an einer Rechtssprechung fehlt inwieweit die Rechte iS Art 20 und 21 und die justiziellen Rechte der Art 47ff GrCh in Bezug auf die Alkoholsteuer bzw Strafverfahren im Bereich der Alkoholsteuer Einfluss haben.

Im besonderen fehlt es an einer Rechtssprechung inwieweit die Garantien nach Art 49 GrCh in Bezug auf den strafweisen Verfall von Vermögensgegenständen stehen. Ebenso fehlt es an Rechtsprechung ob iS von Art 49 (1) GrCh der Verkürzungszuschlages nach § 30a FinStrG als mildere Strafe anzusehen ist.

Ungeklärt erscheint weiters die Frage der Verhältnissmässigkeit nach Art 49 (3) GrCh wenn nach innerstaatlichem Recht geringe Steuervergehen unbedingt zu ahnden sind, während für schwere Vermögensstraftaten und Steuerstraftaten auch bedingte Strafen zur Anwendung kommen.

Die Anwendung der Richtlinie 2012/13/EU vom 22.Mai 2012 über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren ist im Verfahren des Rw zu klären, da er ohne Rechtsbeistand vernommen wurde.

Der Lösung von Grundrechtefragen kommt grundsätzliche Bedeutung zu. Eine Ablehnungsbefugnis der Oberlandesgerichte besteht hier nicht. Gleiches gilt für den Bereich des Steuerrechtes, insbesondere wenn sich Beschwerdeführer ausdrücklich auf die GrCh berufen.

Aktenwidrigkeit: Im übrigen liegt Aktenwidrigkeit vor, da laut Untersuchung der technischen Untersuchungsanstalt des Bundes die tatsächliche Alkoholausbeute deutlich über den Pauschalsätzen der Abfindungsbrenner liegen. Da dem Revisionswerber zugestanden wird, seine Schnäpse aus den angemeldeten Brennvorgänge der Jahre 2004 bis 2006 seien noch vorhanden (S 15, BFG), wären diese Erzeugungsvorgänge mit tatsächlichen Ausbeutesätzen zu berechnen gewesen. Die ist jedoch zu Lasten des Revisionswerbers unterblieben, sodass effektiv legal erzeugte Brände als 'Schwarzbrand' eingestuft werden. Zur näheren Erläuterung wird auf Punkt 5.17 Überausbeute verwiesen.

Des weiteren liegt Aktenwidrigkeit vor, indem das Bundesfinanzgericht dem Revisionswerber die legal erzeugten Beständen laut Anmeldungen 2004 bis 2006 mathematisch unzureichend in Abzug bringt. Zur weiteren Begründung wird auf Punkt 5.17 Willkür verwiesen.

Gleichfalls aktenwidrig wurde vom Bundesfinanzgericht Fachliteratur zum Schnapsbrennen zu Lasten von Herrn (Revisionswerber) ins Treffen geführt und mangelnde Lagerfähigkeit von Kunststoffbehältnissen unterstellt, obwohl diese Literaturstelle das Gegenteil bekundet. So sind nach Pischl, Schnapsbrennen, Leopold Stocker Verlag auf Seite 100 ausdrücklich alkoholgeeignete Kunststoffgefässe als Lagerbehältnisse geeignet. Folge dieser unzutreffenden Würdigung ist, dass vorhandene legal erzeugte Brände aus Vorjahren als 'Schwarzbrand' eingestuft werden.

Zu letzterem Punkt liegt auch eine Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, da dem Antrag des Rw auf Beiziehung eines Sachverständigen nicht gefolgt wurde, welcher zweifellos die Eignung von Kunststoffbehältnissen für Lagerzwecke bestätigt hätte.

Rechtwidrigkeit des Inhaltes: Ergibt sich zunächst, indem keine konkrete Einkommens- und Vermögenssituation der Bestrafung zugrunde gelegt wurde.

Hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Tagen bei einem Strafrahmen von 6 Wochen, obwohl überwiegend Milderungsgründe vorliegen, liegt eine unverhältnissmässige Bestrafung vor. Diese Rechtswidrigkeit wird auch dadurch deutlich aufgezeigt, indem für den höheren Eventualwertersatz eine geringere Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen angesetzt wird.

Die gesonderte Berücksichtigung spezialpräventiver Gründe bei der Bestrafung erweist sich vor dem konkreten Hintergrund als rechtswidrig, da dem Rw ohnehin von der Behörde eine weitere Alkoholerzeugung nicht genehmigt wird und er über gar kein Brenngerät mehr verfügt.

Im Verfahren des Rw wurden entgegen der Rechtsprechung mehrere gleichartige Finanzvergehen (Schnapsbrennen) über mehrere Tatzeiträume (2002 bis 2004) zusammengefasst (vgl Punkt 5.15).

Damit liegen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung gem Art 133 (4) B-VG vor, weshalb die ausserordentliche Revision zulässig ist."

27 Soweit der Revisionswerber die Grundrechtecharta (GRC) anspricht, formuliert er mit den allgemeinen Ausführungen, wonach eine Rechtsprechung fehle, inwieweit bestimmte Artikel der GRC in Bezug auf die Alkoholsteuer oder Strafverfahren im Bereich der Alkoholsteuer Einfluss hätten und inwieweit die Garantie nach Art. 49 GRC in Bezug auf den Verfall stünde, keine konkrete Rechtsfrage, von der die Lösung der Revision abhinge.

28 Der Revisionswerber bringt vor, es fehle an Rechtsprechung, ob im Sinn des Art. 49 Abs. 1 GRC der Verkürzungszuschlag nach § 30a FinStrG als mildere Strafe anzusehen sei. Dazu genügt der Hinweis, dass der mit der FinStrG-Novelle 2010, BGBl. I Nr. 104, eingeführte Strafaufhebungsgrund des Verkürzungszuschlages in § 30a FinStrG nach der ausdrücklichen Anordnung des § 30a Abs. 5 FinStrG in der im Revisionsfall noch maßgeblichen Fassung der FinStrG-Novelle 2010 im Zusammenhang mit Abgaben, die von den Zollämtern zu erheben sind, unzulässig ist. Für die von den Zollämtern zu erhebende Alkoholsteuer (§ 27 Abs. 1 Z 2 des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010) war die Anwendung des Verkürzungszuschlages nach § 30a FinStrG somit auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses ausgeschlossen, weshalb sich die vom Revisionswerber offensichtlich aufgeworfene Frage eines Günstigkeitsvergleiches (Art. 49 Abs. 1 letzter Satz GRC) im Revisionsfall nicht stellt.

29 Die vom Revisionswerber angesprochene Verhältnismäßigkeit in Art. 49 Abs. 3 GRC betrifft nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung das Verhältnis zwischen Strafmaß und Straftat, nicht aber das Verhältnis der angedrohten Strafen für "geringe Steuervergehen" und für "andere schwere Vermögensstraftaten und Steuerstraftaten" zueinander.

30 Der Revisionswerber vermeint, es sei eine Anwendung der Richtlinie 2012/13/EU über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren zu klären, weil er ohne Rechtsbeistand vernommen worden sei. Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2012/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung im Strafverfahren, ABlEU Nr. L 142 vom 1. Juni 2012, (RL 2012/13/EU) , stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Verdächtige oder beschuldigte Personen umgehend über das Recht auf Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes in ihrer Ausgestaltung nach dem innerstaatlichen Recht belehrt werden, um die wirksame Ausübung dieser Rechte zu ermöglichen. Dass der Revisionswerber vor der von ihm erwähnten Vernehmung über dieses Recht nicht belehrt worden wäre, geht aus den Gründen der Zulässigkeit der Revision (§ 28 Abs. 3 VwGG) nicht hervor. Ein Recht, ausschließlich in Anwesenheit eines Rechtsanwaltes vernommen zu werden, räumt die Richtlinie indes nicht ein.

31 Der Revisionswerber sieht in den Gründen der Zulässigkeit seiner Revision eine Aktenwidrigkeit darin, dass die tatsächliche Alkoholausbeute laut einer Untersuchung der technischen Untersuchungsanstalt des Bundes deutlich über den Pauschalsätzen der Abfindungsbrenner liege und dem Revisionswerber zugestanden werde, seine Schnäpse aus den angemeldeten Brennvorgängen der Jahre 2004 bis 2006 seien noch vorhanden, weshalb die Erzeugungsvorgänge mit den tatsächlichen Ausbeutesätzen zu berechnen gewesen wären, was unterblieben sei. Die dem zugrunde liegende Annahme des Revisionswerbers, ihm sei zugestanden worden, die gesamte Alkoholmenge, welche er aus den von ihm angemeldeten Mengen gebrannt habe, sei noch vorhanden, geht aus den Feststellungen weder des Spruchsenates noch des Bundesfinanzgerichtes hervor. Es kann dahingestellt bleiben, dass der Revisionswerber laut der in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Abfindungsanmeldung vom 29. November 2005 (Blatt 42 des Verwaltungsaktes) entgegen dem § 55 Abs. 1 und § 58 Abs. 1 Z 1 AlkStG die Alkoholherstellung aus "Zukauf Äpfel + Birne" und somit nicht aus selbst gewonnenen alkoholbildenden Stoffen angemeldet hat und dass er mit dieser Abfindungsanmeldung und mit der Abfindungsanmeldung vom 29. November 2004 (Bl. 44 des Verwaltungsaktes) die Herstellung einer (nach Pauschalsätzen errechneten) Alkoholmenge (Abfindungsmenge - § 55 Abs. 1 AlkStG) von 288,55 lA (Abfindungsanmeldung vom 29. November 2005) und von 261,40 lA (Abfindungsanmeldung vom 29. November 2004), somit jeweils mehr als die jährliche Erzeugungsmenge nach § 65 AlkStG angemeldet hat. Jedenfalls hat der Spruchsenat vom Auffinden eines gewissen versteuerten Altbestandes gesprochen und hat das Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkenntnis ausdrücklich festgehalten, dass auch ein Schnapsabsatz (also ein Verkauf des vom Revisionswerber hergestellten Alkohols) berücksichtigt worden sei und es sich bei den angemeldeten Alkoholmengen und deren Zuordnung zu einzelnen Behältern um rechnerische Größen handle. Dass somit der gesamte vom Revisionswerber im Streitzeitraum rechtmäßig unter Abfindung hergestellte Alkohol noch vorgefunden worden wäre oder in der vorgefundenen Menge enthalten wäre, hat das Bundesfinanzgericht nicht festgestellt.

32 Soweit der Revisionswerber eine Aktenwidrigkeit darin erblickt, dass die rechtmäßig erzeugten Bestände "mathematisch unzureichend" in Abzug gebracht worden seien, und er dazu auf den weiteren Inhalt seiner Revision verweist, genügt er der hg. Rechtsprechung zu § 28 Abs. 3 VwGG nicht, wonach ein Verweis auf die weitere Revisionsbegründung für die Begründung der Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 25. November 2015, Ra 2015/16/0086, und vom 19. März 2015, Ra 2015/16/0016, mwN).

33 Nach Ansicht des Revisionswerbers bestünde eine Aktenwidrigkeit darin, dass nach einer von ihm angeführten Stelle des Schrifttums ausdrücklich alkoholgeeignete Kunststoffgefäße als Lagerbehältnisse geeignet genannt würden, während das Bundesfinanzgericht den Mangel der Lagerfähigkeit von Kunststoffbehältnissen unterstellt habe. Wenn das Bundesfinanzgericht aus der genannten Stelle des Schrifttums, wonach als Lagerbehältnisse alkoholgeeignete Kunststoffgefäße genannt würden, zum Ergebnis gelangt ist, dass Kunststoffgefäße (im Allgemeinen) nicht geeignet wären, und nicht festgestellt hat, dass es sich bei den vom Revisionswerber verwendeten Kunststoffbehältnissen um besondere alkoholgeeignete gehandelt habe, stellt dies keine Aktenwidrigkeit, sondern ein Ergebnis der Beweiswürdigung dar. Im übrigen legt der Revisionswerber in den Zulässigkeitsgründen seiner Revision nicht dar, dass er im Verfahren behauptet hätte, bei den von ihm verwendeten Kunststoffbehältnissen habe es sich um besondere alkoholgeeignete Kunststoffgefäße gehandelt.

34 Der Rüge einer Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil es unterlassen worden sei, einen Sachverständigen beizuziehen, welcher die Eignung von Kunststoffbehältnissen für Lagerzwecke bestätigt hätte, fehlt jeglicher Hinweis, dass und wann der Revisionswerber mit diesem Beweisthema den Sachverständigen beantragt hätte.

35 Der unter den Zulässigkeitsgründen seiner Revision erhobene Vorwurf, seiner Bestrafung sei keine konkrete Einkommens- und Vermögenssituation zugrunde gelegt worden, sind die oben wiedergegebenen Ausführungen des Bundesfinanzgerichtes entgegenzuhalten.

36 Die vom Revisionswerber bemängelte Ausmessung der Ersatzfreiheitsstrafe mit 25 Tagen bei einem Strafrahmen von sechs Wochen wirft keine über den Einzelfall hinausgehende Frage auf, der grundsätzliche Bedeutung zukäme.

37 Der Revisionswerber verneint spezialpräventive Gründe der Bestrafung vor dem Hintergrund, dass ihm eine weitere Alkoholerzeugung nicht genehmigt worden sei und er über kein Brenngerät mehr verfüge. Damit vernachlässigt der Revisionswerber, dass spezialpräventive Gesichtspunkte einer konkreten Strafbemessung sich ihrer Bedeutung nach auf ein mögliches Verhalten in der Zukunft richten und es nicht von vorneherein ausgeschlossen ist, dass der Revisionswerber eine - von subjektiven Erwägungen unabhängige - Zulassung eines einfachen Brenngerätes (§§ 60 und 61 AlkStG) erhält, neuerlich eine Abfindungsanmeldung (§ 62 AlkStG) abgibt und das Zollamt diesen Antrag nicht abweist (§ 64 Abs. 2 leg. cit.).

38 Letztlich sieht der Revisionswerber einen Widerspruch zur Rechtsprechung darin, dass mehrere gleichartige Finanzvergehen über mehrere Tatzeiträume zusammengefasst worden seien. Dem vom Revisionswerber dazu zitierten hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2013, 2010/16/0169, lag indes die Bindung der Abgabenbehörde, welche einen Haftungsbescheid nach § 11 BAO erließ, an ein Urteil eines Landesgerichtes zugrunde, welches den vom OGH an den Inhalt eines Strafurteiles gestellten Anforderungen nicht entsprach. Jenes Urteil hatte Hinterziehungen von Umsatzsteuer zum Gegenstand.

39 Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben (etwa bei der Einkommensteuer oder der Umsatzsteuer) werden - bezogen auf ein Steuersubjekt - mit nacheinander erfolgter Abgabe unrichtiger Jahreserklärungen mehrerer Veranlagungsjahre hindurch realkonkurrierende Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen. Solcherart bildet die Jahreserklärung zu einer Steuerart - allenfalls auch als Bündel mehrerer steuerlich trennbarer Einzelaspekte - eine selbständige Tat im Sinne des § 21 Abs. 1 FinStrG (vgl. neben dem vom Revisionswerber zitierten hg. Erkenntnis etwa auch die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 2013, 2011/16/0238, und 2011/16/0239, mwN). Die einzelnen strafbaren Handlungen hinsichtlich jeder Abgabenart eines bestimmten Veranlagungszeitraums mit einem auf diesen Zeitraum bezogenen strafbestimmenden Wertbetrag, der dem zeitlich bestimmbaren Erfolg des Delikts (Verkürzung einer Abgabe für einen bestimmten Veranlagungszeitraum) entspricht, dürfen nicht über mehrere Zeiträume (etwa Veranlagungsjahre) und für mehrere Abgabenarten zusammengefasst werden.

40 Im vorliegenden Revisionsfall sind hingegen einzelne Herstellungshandlungen einerseits (§ 91 AlkStG) und den einzelnen Herstellungshandlungen entsprechende Abgabenerklärungen (§ 33 Abs. 1 FinStrG) andererseits Gegenstand der Finanzvergehen, welche nicht einen bestimmten (Veranlagungs‑)Zeitraum betreffen, sondern im Falle der Abgabenhinterziehung für jede einzelne Herstellung zum Entstehen und sodann zum Verkürzen einer bestimmten Steuerschuld führten. Diese je für sich selbständigen Taten können als Mehrzahl gleichartiger in einem näher bestimmten Zeitraum begangener Taten referiert werden (vgl. auch Lendl in Fuchs/Ratz, Wiener Kommentar StPO, 104. Lfg. (August 2009), § 260 Tz 24). Da sich über den Streitzeitraum die abgabenrechtlichen Voraussetzungen, insbesondere die Steuersätze nicht geändert haben, begegnet im Revisionsfall die vom Spruchsenat und vom Bundesfinanzgericht gewählte Formulierung der Bezeichnung der Taten (§ 138 Abs. 2 lit. a FinStrG) mit der Klarstellung (vgl. zur Klarstellung eines Schuldspruchs auch das Urteil des OGH vom 19. März 2009, 13 Os 105/08b), dass nicht eine Abgabenverkürzung von 11.185,10 EUR, sondern eine unbestimmte Anzahl von Abgabenverkürzungen im im Gesamtausmaß von 11.185,10 EUR bewirkt wurde, keinen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes. Es liegt kein Widerspruch zur erwähnten hg. Rechtsprechung zur Hinterziehung von Veranlagungssteuern vor.

41 Da somit der Revisionswerber in den gesonderten Gründen der Zulässigkeit seiner Revision insgesamt keine Rechtsfrage aufwirft, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 17. März 2016

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