VwGH Ra 2016/15/0063

VwGHRa 2016/15/006315.9.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofrätin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Revision der A Privatstiftung in L, vertreten durch die Kerschbaum Partner Rechtsanwälte GmbH in 4040 Linz, Ottensheimerstraße 36, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 26. April 2016, Zl. RV/5100110/2012, betreffend u.a. Umsatzsteuer 2008 bis 2013, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die revisionswerbende Privatstiftung wurde mit Stiftungsurkunde vom 23. Juni 2006 gegründet. Stifter sind das Ehepaar WO und AO; Vorsitzender des Vorstandes der Privatstiftung ist WO. Die revisionswerbende Privatstiftung ist zu 51% an der S GmbH beteiligt; die übrigen 49% hält WO, der auch alleiniger Geschäftsführer ist. Die S GmbH ist wiederum zu 50% an der B GmbH beteiligt; die übrigen 50% werden von einer weißrussischen Gesellschaft (H) gehalten. Geschäftsführer der B GmbH sind WO sowie ein Vertreter der H.

2 WO stiftete der Revisionswerberin im Jahr 2006 - neben dem bereits erwähnten Anteil von 51% an der S GmbH - ein von ihm im Jahr 2005 erworbenes Grundstück. Die Revisionswerberin errichtete in der Folge auf diesem Grundstück ein Gebäude mit Wohn- und Büroräumlichkeiten.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht u.a. (nunmehrige) Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2008 bis 2011 als unbegründet ab und änderte die Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2012 und 2013 - in im Revisionsverfahren nicht strittigen Punkten - ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

4 Begründend führte das Bundesfinanzgericht - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen aus, bereits bei Grundstücksanschaffung im Jahr 2005 sei festgestanden, dass das Grundstück in die Privatstiftung eingebracht werde, von dieser darauf ein Gebäude errichtet werde und nach dessen Fertigstellung WO zur Verfügung stehen solle. Es lägen nicht datierte Mietverträge zwischen der Privatstiftung und der B GmbH betreffend die Wohnräumlichkeiten (die von der B GmbH ihrem Geschäftsführer WO als Dienstwohnung zur Verfügung gestellt worden seien) und zwischen der Privatstiftung und der S GmbH betreffend die Büroräumlichkeiten dieser Liegenschaft vor.

5 Die vertraglich zwischen der Stiftung und den nahestehenden Gesellschaften vereinbarte Nutzungsüberlassung des Objektes sei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht als eine auf Einnahmenerzielung ausgerichtete Betätigung anzusehen. Das Verhalten der Stiftung bzw. der für sie handelnden Personen entspreche nicht dem Verhalten eines wirtschaftlich planvoll handelnden Vermieters. Die Nutzungsüberlassung durch die Stiftung stelle eine vom gesellschaftsrechtlich bedingten Zusammenwirken und von einer Zuwendungsabsicht getragene unentgeltliche Gebrauchsüberlassung der Immobilie (samt Ausstattung) der Stiftung an den Stifter über nahestehende Gesellschaften dar. Dies ergebe sich daraus, dass das vereinbarte Nutzungsentgelt erheblich von einer angemessenen renditeorientierten Sollmiete abweiche; im Zeitpunkt der Investitionsentscheidung und im Fertigstellungszeitpunkt sei keine anderweitige Vermietung, sondern nur eine Nutzungsüberlassung - über die Gesellschaften - an den Stifter in Betracht gekommen; die Projektgebarung sei alleine dem Stifter (und Vorstandsvorsitzenden) als künftigem Nutzer oblegen; ein nicht nahestehender Investor hätte das Investitionskostenrisiko in Anbetracht des Umstandes, dass die Errichtung nach den individuellen Vorgaben des Stifters erfolgt sei, durch entsprechende Mietenanpassungen und Vorausleistungen abgesichert; es fehlten Nachweise (Dokumentationen) über die Ertrags- und Renditeerwartungen im Zeitpunkt der Investitionsentscheidung; die Nutzungsübergabe bzw. Nutzung sei über einen Zeitraum von annähernd einem Jahr ohne vertragliche Absicherungen erfolgt, Mieten und Betriebskosten seien über einen Zeitraum von fast einem Jahr zinsenlos gestundet worden; für eine Büronutzung zu Geschäftsführungszwecken der S GmbH fehlten überzeugende Nachweise; die bestehende wirtschaftliche Abhängigkeit der B GmbH vom Zweitgesellschafter H schließe eine über diese Gesellschaft an den Stifter weitergeleitete Vorteilsgewährung aus der Nutzung des Wohnbereiches zu Lasten der Stiftung nicht aus. Den Büroräumlichkeiten komme der Charakter eines im Wohnungsverbund liegenden persönlichen häuslichen Arbeitszimmers von WO zu.

6 Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sei die Nutzungsüberlassung des Objektes nicht Ausfluss einer unternehmerischen (auf Einnahmenerzielung gerichteten) Tätigkeit. Vorsteuern aus den Errichtungskosten und laufenden Kosten seien demnach nicht anzuerkennen; die Entgelte seien nicht der Umsatzsteuer zu unterziehen.

7 Die Vermietung des Objektes, das nach objektivem Erscheinungsbild ein Einfamilienhaus darstelle, falle unter den Tatbestand einer kleinen Vermietung iSd § 1 Abs. 2 Z 3 Liebhabereiverordnung (BGBl. Nr. 33/1993, LVO). Die von der Revisionswerberin vorgelegte Prognoserechnung sei als nicht realitätsnah einzustufen (Ansätze betreffend Instandhaltung, Leerstehungsrisiko, Verwaltungskosten zu niedrig). Der maßgebliche Zeitraum umfasse die Jahre 2007 bis 2029. Für diesen Zeitraum ergebe sich - bei korrigierter Prognoserechnung - ein Gesamtverlust. Selbst wenn es sich bei der strittigen Nutzungsüberlassung an den Stifter bzw. den der Stiftung und dem Stifter nahestehenden Gesellschaften um eine auf Einnahmenerzielung gerichtete Tätigkeit handeln würde, wären die beantragten Umsatzsteuergutschriften nicht anzuerkennen.

8 Die Revision sei nicht zulässig, weil der Verwaltungsgerichtshof in mittlerweile gefestigter Rechtsprechung (Hinweis auf VwGH vom 7. Juli 2011, 2007/15/0255) ausgesprochen habe, dass die Überlassung einer Immobilie zu Wohnzwecken an der Stiftung nahestehende Personen keine unternehmerische Tätigkeit darstelle, wenn diese nicht der Einnahmenerzielung, sondern der bloßen Gebrauchsüberlassung diene. Die dazu nach dem Gesamtbild der Verhältnisse - unter Bedachtnahme auf die in der Rechtsprechung des EuGH in der Rs. Enkler - vorzunehmende vergleichende Betrachtung mit den für eine Nutzungsüberlassung üblichen Marktgegebenheiten stelle eine im Wege der Beweiswürdigung zu erhebende Tatsachenfeststellung und keine Rechtsfrage dar. Ebenso sei von der Judikatur geklärt, dass sowohl ertragsteuerlich als auch umsatzsteuerlich auch für Körperschaften die Bestimmungen für Liebhaberei zur Anwendung gelangten und bei Vorliegen von Liebhaberei iSd § 1 Abs. 2 LVO die Vermietung von privat nutzbarem Wohnraum als unechte Steuerbefreiung unter Vorsteuerausschluss zu verstehen sei (Hinweis auf VwGH vom 30. April 2015, Ra 2014/15/0015). Auch die Beurteilung, ob die Liebhabereivermutung mit einer realitätsnahen Prognose widerlegt werden könne, sei eine im Wege der Beweiswürdigung zu klärende Frage.

9 Gegen dieses Erkenntnis - nach dem Vorbringen und dem Revisionspunkt nur soweit, als damit über Umsatzsteuer (2008 bis 2013) abgesprochen wurde - richtet sich die Revision.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 In der Revision wird zu deren Zulässigkeit geltend gemacht, es liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage vor, wie ein Sachverhalt zu beurteilen sei, wenn die Ursache für eine niedrigere als geplante Vermietungsrendite in Baukostenüberschreitungen liege, deren Dimension erst im Zuge der Bauführung hervorgekommen sei und die auf die Umsetzung bautechnischer Auflagen zurückgingen, die nicht im Interesse der Nutzer, sondern ausschließlich im Interesse der Baubehörde lägen. Es liege keine Überlassung an eine der Stiftung nahestehende Person vor, da die B GmbH wirtschaftlich fremdbeherrscht sei (der 50%ige Zweitgesellschafter H sei praktisch der einzige Lieferant und könne seinen Vertrieb jederzeit umstellen). Zu diesen Themen (Baukostenüberschreitung nur wegen behördlicher Auflagen; wirtschaftliche Abhängigkeit der B GmbH von H) macht die Revisionswerberin auch Verfahrensmängel geltend. Weiters habe das Bundesfinanzgericht erstmals in der Beschwerdeverhandlung moniert, dass die Aufstellung über die Folgekosten (der baubehördlichen Auflagen) nicht detailliert genug sei. Die Revisionswerberin habe hiezu eine ergänzte Aufstellung angeboten, eine derartige Ergänzung sei aber nicht aufgetragen worden.

14 Mit diesem Vorbringen wird - wie auch aus den Ausführungen zu den Revisionsgründen hervorgeht - lediglich die Beurteilung des Bundesfinanzgerichtes zu der Frage bestritten, ob eine auf nachhaltige Einnahmenerzielung gerichtete Tätigkeit vorliegt (vgl. hiezu VwGH vom 7. Juli 2011, 2007/15/0255, VwSlg. 8654/F). Der alternativen Begründung des Bundesfinanzgerichtes, es liege Liebhaberei vor (vgl. hiezu VwGH vom 30. April 2015, Ra 2014/15/0015, mwN), wird damit nicht entgegengetreten.

15 Beruht aber - wie im vorliegenden Fall - das angefochtene Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung und wird zu dieser keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, so erweist sich die Revision als unzulässig (vgl. VwGH vom 25. November 2015, Ra 2015/16/0114, mwN).

16 Da die Revision somit nicht von der Lösung einer grundsätzlichen Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 15. September 2016

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