VwGH Ra 2016/11/0082

VwGHRa 2016/11/00821.6.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des D S in K, vertreten durch Mag. Christian Dillersberger und Mag. Karin Bronauer, Rechtsanwälte in 6330 Kufstein, Maderspergerstraße 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 19. April 2016, Zlen. LVwG-2016/33/0591-2 und LVwG-2016/33/0592-2, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung (belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Kufstein), den Beschluss gefasst:

Normen

FSG 1997 §26 Abs3 Z2;
FSG 1997 §7 Abs3 Z4;
Geschwindigkeitsbeschränkung A12 A13 2014;
IG-L 1997 §30 Abs1 Z4;
FSG 1997 §26 Abs3 Z2;
FSG 1997 §7 Abs3 Z4;
Geschwindigkeitsbeschränkung A12 A13 2014;
IG-L 1997 §30 Abs1 Z4;

 

Spruch:

Die Revision wird insoweit zurückgewiesen, als sie sich gegen die Entziehung der Lenkberechtigung richtet.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis (Spruchpunkt 1.) wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe am 3. November 2015 als Lenker eines bezeichneten Kraftfahrzeuges im Sanierungsgebiet der Inntal- und der Brennerautobahn die dort erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 80 km/h überschritten (der Abzug einer Messtoleranz zu seinen Gunsten sei bereits erfolgt). Über den Revisionswerber wurde deshalb eine Geldstrafe von EUR 900,-- sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 30 Abs. 1 Z 4 IG-L iVm. der Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnung des Landeshauptmannes von Tirol, LGBl. Nr. 145/2014, verhängt und ein Beitrag zu den Verfahrenskosten auferlegt.

Mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Erkenntnisses wurde die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 3. Februar 2016, mit dem die Lenkberechtigung des Revisionswerbers gemäß § 26 Abs. 3 Z 2 FSG für die Dauer von sechs Wochen ab Rechtskraft entzogen wurde, abgewiesen.

Weiters wurde unter Spruchpunkt 3. ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

Zu Spruchpunkt 2. führte das Verwaltungsgericht begründend aus, dass durch das rechtskräftige Straferkenntnis bindend feststehe, der Revisionswerber habe eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs. 3 Z 4 FSG verwirklicht. Gemäß dem im angefochtenen Erkenntnis zitierten § 26 Abs. 3 Z 2 FSG (dieser sieht im Falle einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 70 km/h eine fixe Entziehungsdauer von sechs Wochen vor) sei daher die Lenkberechtigung unter Beachtung der Bindungswirkung des Straferkenntnisses zwingend für die genannte Dauer von sechs Wochen zu entziehen gewesen.

2. Die gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Erkenntnisses erhobene Revision ist zur hg. Zl. Ra 2016/07/0044 protokolliert und wird gesondert entschieden.

3. Gegenstand des vorliegenden Beschlusses ist ausschließlich die gegen die Entziehung der Lenkberechtigung (Spruchpunkt 2. des angefochtenen Erkenntnisses) erhobene außerordentliche Revision des Revisionswerbers.

4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. die hg. Beschlüsse vom 25. März 2014, Zl. Ra 2014/04/0001 und vom 18. Februar 2015, Zl. Ra 2015/08/0008).

5. In der vorliegenden Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit aus, im angefochtenen Erkenntnis seien im Verfahren vorgelegte Beweismittel weder zitiert noch verwertet worden. Nach den vom Revisionswerber vorgelegten Unterlagen hätte aufgrund des gegenständlichen Defekts der Videoaufzeichnung (die Videomessung als solche sei davon nicht betroffen gewesen) nach den Herstellerrichtlinien statt 5% richtigerweise 10% Toleranz in Abzug gebracht werden müssen.

Mit diesem Vorbringen, das sich gegen das Ausmaß des Toleranzabzugs richtet, gelingt es nicht, die Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen:

Zwar ist das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass das von ihm in der Begründung zu Spruchpunkt 1. (Straferkenntnis) festgestellte Ausmaß der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im vorliegenden Fall Bindungswirkung für die Entscheidung über die Entziehung der Lenkberechtigung entfaltet, weil die - für § 26 Abs. 3 Z 2 FSG erforderliche qualifizierte - Überschreitung um mehr als 70 km/h nicht Teil des Tatbildes der gegenständlichen Verwaltungsübertretung nach § 30 Abs. 1 Z 4 IG-L ist (die letztgenannte Bestimmung stellt, soweit hier von Bedeutung, nur auf die bloße Zuwiderhandlung gegen die angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung iSd § 10 - hier iVm § 14 Abs. 1 - leg. cit. ab). Dazu wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf den hg. Beschluss vom 21. April 2016, Zl. Ra 2016/11/0039, mwN, verwiesen.

Jedoch kommt dem vom Revisionswerber mit dem genannten Vorbringen behaupteten Verfahrensfehler, es hätte von der gemessenen Geschwindigkeit mehr Toleranz in Abzug gebracht werden müssen, schon deshalb keine Relevanz zu, weil die vom (dem Revisionswerber nachfahrenden) Polizeifahrzeug tatsächlich gemessene Höchstgeschwindigkeit nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts 190 km/h betrug, sodass selbst bei dem (vom Revisionswerber als erforderlich erachteten) Abzug einer Toleranz von 10 % noch immer die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um mehr als 70 km/h (§ 26 Abs. 3 Z 2 FSG) überschritten war.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 1. Juni 2016

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