VwGH Ra 2016/08/0119

VwGHRa 2016/08/011921.8.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des Finanzamtes Oststeiermark in 8330 Feldbach, Gnaserstraße 3, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 20. Mai 2016, LVwG 33.13- 2233/2015-35, betreffend Bestrafung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark; mitbeteiligte Partei: M L in B, vertreten durch Dr. Roland Grilc, Mag. Rudolf Vouk, Dr. Maria Škof und Mag. Maja Ranc, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 14/III), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1151;
ArbVG §34 Abs1;
ASVG §35 Abs1;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
VStG §45 Abs1;
VwGVG 2014 §50;

 

Spruch:

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark vom 23. Juni 2015 wurde der Mitbeteiligten zur Last gelegt, sie habe es als Dienstgeberin unterlassen, die von ihr am 6. Februar 2014 beschäftigten, in der Krankenversicherung nach dem ASVG pflichtversicherten Arbeitnehmer GG und AG vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Über die Mitbeteiligte wurden gemäß § 33 Abs. 1 ASVG iVm. § 111 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 730,-- verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Beschwerde der Mitbeteiligten Folge und sprach aus, dass das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt werde. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

3 Das Verwaltungsgericht stellte fest, die Mitbeteiligte sei Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftsgebäudes mit einer Nutzfläche von "ursprünglich" 800 m2, dessen "Sanierung" sie im Jahr 2013 begonnen habe. Vom Ehegatten der Mitbeteiligten - einem Architekten - sei ein Plan für die Sanierung erstellt worden, wonach das Dach entfernt, das Haus aufgestockt, Decken verstärkt, ein Lift eingebaut, eine neue Stiege errichtet, im Erdgeschoss Geschäftsräumlichkeiten saniert und im ersten Stock drei Wohnungen geschaffen werden sollten. Die im Einzelnen durchzuführenden Arbeiten seien jedoch nicht am Beginn der Bauarbeiten festgestanden; im Zuge der Sanierung sei es zu Ergänzungen bzw. Änderungen gekommen.

4 Die Mitbeteiligte habe zunächst ein Bauunternehmen mit der Durchführung einzelner Arbeiten beauftragt. Im Auftrag dieses Bauunternehmens seien die polnischen Einzelunternehmer KP und SS tätig geworden. Die Mitbeteiligte habe KP und SS in der Folge auch direkt mit der Durchführung diverser Arbeiten beauftragt. KP habe der Mitbeteiligten in der Folge mehrere polnische Erwerbstätige, die über diverse polnische Gewerbeberechtigungen verfügten, "vermittelt". Diese sollten "vorrangig" Abrissarbeiten am Dach, an den Innenwänden und Böden, die Sanierung der Risse in den Wänden, Malerarbeiten, Bodensanierungen, Verfliesungen, Isolierungen, die Einziehung von Trägern, die Vorbereitung der Aufstockung des Gebäudes, die Errichtung eines Liftschachtes, Arbeiten an den Außenanlagen und den Trockenausbau durchführen.

5 Im Zuge dessen seien gemeinsam mit KP und SS auch die beiden polnischen Staatsangehörigen GG und AG im Auftrag der Mitbeteiligten auf der Baustelle tätig geworden. Der Ehegatte der Mitbeteiligten habe KP, der von den vier auf der Baustelle tätigen Polen am besten Deutsch gesprochen habe, "einen Plan" übergeben. Die "konkrete Arbeitseinteilung" sei in der Regel durch KP "entsprechend der Qualifikation und zeitlichen Verfügbarkeit" erfolgt. Gelegentlich habe aber auch der Ehegatte der Mitbeteiligten "Aufträge für kurzfristig anfallende Arbeiten" erteilt. GG und AG seien tatsächlich überwiegend mit "Tätigkeiten wie Abbruch der Innenwände, Abschlagen des alten Putzes, Abbruch des Bodens, Isolieren der Decke, Binden von Eisen, etc."

beauftragt worden. Die "beauftragten Arbeiten" seien von KP, SS, GG und AG teilweise auch gemeinsam durchgeführt worden. Am 6. Februar 2014 seien sie von den Organen der revisionswerbenden Partei auf der Baustelle angetroffen worden, als von ihnen gerade gemeinsam Armierungsarbeiten an einer Stiege durchgeführt worden seien.

6 Von GG und AG sei regelmäßig in der Zeit zwischen 7:00 Uhr und 17:00 Uhr gearbeitet worden. Bestimmte Arbeitszeiten seien ihnen jedoch von der Mitbeteiligten bzw. ihrem Ehegatten nicht vorgeschrieben worden. Im Rahmen seiner Begründung zur Beweiswürdigung führte das Bundesverwaltungsgericht dazu ergänzend aus, von AG und GG sei angegeben worden, dass sie von Montag bis Freitag bzw. auch am Samstag "einheitlich" von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr gearbeitet hätten. In Hinblick auf die Zeugenaussage des KP sei aber "plausibel und glaubwürdig", dass diese Zeiten ihnen nicht vorgegeben worden seien, sondern sie "so gearbeitet hätten, wie es üblich sei".

7 Das Arbeitsmaterial sei von der Mitbeteiligten bezahlt worden. Von GG und AG sei jedoch ihr eigenes Werkzeug, wie Zangen, Sägen, Leitern, Akkuschrauber, Spachteln und dergleichen verwendet worden. Der Ehegatte der Mitbeteiligten habe die "ordnungsgemäße Durchführung" der "erteilten Aufträge" kontrolliert. GG und AG seien in Polen im Gewerberegister eingetragen und Inhaber diverser polnischer Gewerbeberechtigungen im Bereich des Baugewerbes.

8 Am 24. März 2014 sei gegenüber der Mitbeteiligten von GG eine Rechnung über EUR 3.500,-- und von AG über EUR 4.100,-- für im Zeitraum von 3. Februar 2014 bis 21. März 2014 verrichtete Arbeiten, die von ihnen in der Rechnung als Abbruch der Innenwände, Abschlagen des alten Putzes, Isolieren der Decke und des Bodens und Eisenbinden bezeichnet worden seien, gelegt worden. AG habe weiters bereits am 16. Dezember 2013 gegenüber der Mitbeteiligten eine Rechnung über EUR 2.500,-- für die Demontage von Verkleidungen, das Abschlagen des Putzes, das "Entsorgen durch Container", das Absenken des Bodens, Eisenbinden und Betonieren gelegt.

9 Bei weiteren Kontrollen der Abgabenbehörden seien am 6. August 2014 vier und am 5. Dezember 2014 zwei weitere nicht zur Sozialversicherung angemeldete Personen bei der Verrichtung von Bauarbeiten für die Mitbeteiligte auf derselben Baustelle angetroffen worden. Über die Mitbeteiligte seien in der Folge gemäß § 33 Abs. 1 ASVG iVm. § 111 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG weitere Geldstrafen verhängt worden.

10 Das Verwaltungsgericht folgerte, es sei davon auszugehen, dass GG und AG bei Durchführung der ihnen aufgetragenen Arbeiten eine persönliche Arbeitspflicht getroffen habe, weil im Verfahren nicht hervorgekommen sei, dass sie sich bei ihrer Tätigkeit hätten vertreten lassen oder die Mitbeteiligte mit einer Vertretung gerechnet hätte. Ausgehend von den vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Abgrenzung der persönlichen Abhängigkeit von der persönlichen Unabhängigkeitsei von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen. GG und AG seien keine Arbeitszeiten und kein arbeitsbezogenes Verhalten vorgeschrieben und keine Weisungen erteilt worden. Der bloße Umstand, dass die Mitbeteiligte Eigentümerin eines Hauses sei, begründe keinen Betrieb. Mangels Integration in einen Betrieb könne aus dem Vorliegen bloß einfacher manueller Arbeiten auch nicht auf ein Beschäftigungsverhältnis in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG geschlossen werden. Im Übrigen sei auch kein freier Dienstvertrag nach § 4 Abs. 4 ASVG vorgelegen, weil der an GG und AG erteilte "Auftrag" nur die "Sanierung eines konkreten Objektes" betroffen und daher kein Dauerschuldverhältnis dargestellt habe und ihre Tätigkeiten auch nicht im Rahmen eines Geschäftsbetriebes der Mitbeteiligten erbracht worden seien.

11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. Die Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung eingebracht.

 

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 Das revisionswerbende Finanzamt Oststeiermark bringt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, das Landesverwaltungsgericht Steiermark sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung von Werkvertrag und Dienstvertrag abgewichen. Von den auf der Baustelle der Mitbeteiligten tätigen Arbeitern sei gemeinsam in voneinander nicht abgrenzbaren Bereichen gearbeitet worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe auch bereits ausgesprochen, dass einfache manipulative Tätigkeiten bzw. Tätigkeiten als Montagearbeiter typischerweise von zur Sozialversicherung angemeldeten Dienstnehmern verrichtet würden. Das Verwaltungsgericht habe somit die in der Judikatur dargestellten Kriterien für das Vorliegen persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit verkannt.

14 Die Revision ist zulässig und berechtigt, weil das Verwaltungsgericht, wie die revisionswerbende Partei zutreffend aufzeigt, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist.

15 Vorab ist festzuhalten, dass die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach § 45 Abs. 1 VStG durch das Verwaltungsgericht gemäß § 50 VwGVG - auch in der hier zeitraumbezogen noch anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 33/2013 (vgl. nunmehr § 50 Abs. 2 Z 2 VwGVG idF BGBl. I Nr. 24/2017) - in Form eines Erkenntnisses zu ergehen hat, weil mit der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens über die Beschwerde "in der Sache selbst" entschieden wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 2016, Ra 2016/02/0137). Das Vergreifen in der Form steht vorliegend einer Erledigung aber nicht entgegen, zumal die für das Revisionsverfahren geltenden Vorschriften grundsätzlich auch auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte Anwendung finden.

16 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung des Dienstvertrages vom Werkvertrag kommt es entscheidend darauf an, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liegt ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall liegt ein Werkvertrag vor), wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, während es beim Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf die Bereitschaft des Letzteren zur Erbringung von Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit, ankommt. Der Werkvertrag begründet in der Regel ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung - in der Regel bis zu einem bestimmten Termin - zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 1. Oktober 2015, Ro 2015/08/0020, vom 21. September 2015, Ra 2015/08/0045, und vom 23. Dezember 2016, Ra 2016/08/0144, jeweils mwN).

17 Die von GG und AG für die Mitbeteiligte verrichteten Tätigkeiten wurden nur ihrer Art nach definiert. Der Ehegatte der Mitbeteiligten übergab nach den Feststellungen wohl an KP "einen Plan". Selbst wenn darin einzelne konkrete Ziele (Werke) der Tätigkeit der gemeinsam auf der Baustelle tätigen Arbeiter festgelegt worden sein sollten - wobei die Feststellungen in diesem Zusammenhang nicht eindeutig sind -, so ergaben sich doch die konkret durch GG und AG auszuführenden Arbeiten erst aus einer "Arbeitseinteilung" durch KP sowie aus den - unabhängig vom übergebenen "Plan" - durch den Ehegatten der Mitbeteiligten "für kurzfristig anfallende Arbeiten" erteilten Aufträgen. Ein bestimmtes individualisiertes, konkretisiertes und gewährleistungstaugliches Werk, das von GG bzw. AG herzustellen gewesen wäre, wurde somit nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes nicht definiert.

18 Bei den verrichteten Arbeiten handelte es sich im Übrigen - zumindest überwiegend - um manuelle Tätigkeiten, die ihrer Art nach keine höhere Qualifikation erforderten. GG und AG brachten im Wesentlichen nur ihre eigene Arbeitskraft ein und verfügten über keine eigene Betriebsorganisation. Aus solchen Erwerbstätigen werden auch dann keine selbständigen Erbringer von Werkleistungen, wenn die genannten Dienstleistungen gedanklich in einzelne zeitlich bzw. mengenmäßig bestimmte Abschnitte zerlegt und diese Abschnitte sodann zu "Werken" mit einer "gewährleistungstauglichen Leistungsverpflichtung" erklärt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 2014, 2013/08/0258, mwN).

19 Eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Rahmen eines Werkvertrages lag daher nicht vor. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichtes, es sei kein Dauerschuldverhältnis vorgelegen, erweisen sich daher als verfehlt.

20 Die Einbindung eines Dienstnehmers in eine Betriebsorganisation hat in der Regel zur Folge, dass dieser den insoweit vorgegebenen Ablauf der Arbeit nicht jederzeit selbst regeln oder ändern kann. Ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis wird hier oft weniger durch die ausdrückliche Erteilung von persönlichen Weisungen als vielmehr durch die "stille Autorität" des Arbeitgebers indiziert (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Mai 2013, 2013/08/0051, und vom 25. Juni 2013, 2013/08/0093). Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, kann bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die - wie die im vorliegenden Fall ausgeübten Bauarbeiten - in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden. Spricht die Vermutung in diesem Sinn für ein Dienstverhältnis, dann muss die bestreitende Partei ein ausreichend substanziiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. Juli 2013, 2011/08/0162, und vom 14. Oktober 2015, 2013/08/0226, jeweils mwN).

21 Eine Integration des Beschäftigten in einen Betrieb setzt jedoch das Vorhandensein eines Betriebs des Beschäftigers voraus. Beim Begriff des Betriebes im Sinn des § 35 Abs. 1 ASVG kann - wie auch zur Umschreibung dieses Begriffes in allen arbeitsrechtlichen Zusammenhängen - auf die Rechtsprechung zu § 34 Abs. 1 ArbVG zurückgegriffen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Juli 2014, 2012/08/0253, mwN). Demnach ist unter einem Betrieb jede organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb derer eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt, ohne Rücksicht darauf, ob Erwerbsabsicht besteht oder nicht. Nach der sozialversicherungsrechtlich ebenfalls relevanten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Einkommensteuergesetz ist als Betrieb die Zusammenfassung menschlicher Arbeitskraft und sachlicher Produktionsmittel zu einer organisatorischen Einheit zu verstehen. Der Betrieb wird mit der Herstellung der entsprechenden Strukturen begründet und besteht solange bis die wesentlichen Grundlagen dieser Struktur entweder entgeltlich oder unentgeltlich übertragen werden oder diese Strukturen zerschlagen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 2015, Ra 2014/08/0069, mwN).

22 Zwar begründet der Umstand allein, dass ein Beschäftiger Eigentümer eines Hauses ist, an dem Bauarbeiten durchgeführt werden, keinen Betrieb (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. November 2013, 2013/08/0146, und nochmals vom 31. Juli 2014, 2012/08/0253). Im vorliegenden Fall wurde nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes von der Mitbeteiligten jedoch über einen längeren Zeitraum aufgrund eines von ihrem Ehegatten als Architekt errichteten Planes unter Heranziehung mehrerer von ihr "beauftragter Arbeiter" eine Sanierung und ein umfangreicher Umbau des Gebäudes durchgeführt, wobei das Haus insbesondere aufgestockt, ein Lift eingebaut, eine neue Stiege errichtet, die Geschäftsräumlichkeiten im Erdgeschoss saniert und im ersten Stock drei Wohnungen geschaffen wurden. Im Hinblick auf die für ein Bauvorhaben solcher Größe notorische Erforderlichkeit der Schaffung einer einem Betrieb entsprechenden organisatorischen Einheit ist die Baustelle auf dem Grundstück der Mitbeteiligten als Betrieb im genannten Sinn anzusehen (vgl. in diesem Sinn nochmals das hg. Erkenntnis Ra 2014/08/0069).

23 Ausgehend von der Integration in diesen Betrieb und der Verrichtung manueller Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die keine besondere Qualifikation erforderten und keinen wesentlichen Gestaltungsspielraum ermöglichten, ist daher im gegenständlichen Fall das Vorliegen von Beschäftigungen des AG und GG in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit zu bejahen. Atypische Umstände, die einer solchen Beurteilung entgegenstünden, sind nicht ersichtlich, zumal nicht hervorgekommen ist, dass AG und GG über eine markttaugliche und tatsächlich entsprechend eingesetzte betriebliche Organisation verfügt hätten, eigene unternehmerische Entscheidungen hätten treffen können, bzw. - außer für die revisionswerbende Partei - in maßgeblicher Weise auch noch für andere Auftraggeber tätig geworden oder ihre Tätigkeiten in der Art selbständig am Markt auftretender Unternehmer - und nicht lediglich in der Art der Suche einer Arbeitskraft - mit Aussicht auf Erfolg angeboten hätten (vgl. das zu vergleichbaren Tätigkeiten ergangene hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 2013, 2013/08/0162). Vor dem Hintergrund der Integration in den Betrieb, die auch dadurch verdeutlicht wird, dass AG und GG sich tatsächlich an "übliche" tägliche Arbeitszeiten von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr hielten, kommt auch dem Umstand, dass ihnen Arbeitszeiten nach den Feststellungen nicht ausdrücklich vorgegeben wurden, keine Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof nämlich schon ausgesprochen, dass selbst eine flexible Gestaltung der Arbeitszeiten unter dem Gesichtspunkt des Überwiegens der Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ein Verhältnis persönlicher Abhängigkeit nicht ausschließt und keine "atypischen Umstände" im genannten Sinn begründet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 2014, 2012/08/0170, mwN).

24 Dem Eintritt einer am Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses anknüpfenden Pflichtversicherung im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 2 ASVG steht nicht entgegen, dass GG und AG über einschlägige Gewerbeberechtigungen verfügten (vgl. den hg. Beschluss vom 2. September 2015, Ra 2015/08/0078, mwN).

25 Der angefochtene Beschluss war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 21. August 2017

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