VwGH Ra 2016/04/0125

VwGHRa 2016/04/012523.11.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision der ES in F, vertreten durch Mag. Michael Schuszter, Rechtsanwalt in 7000 Eisenstadt, Ruster Straße 91/2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 5. August 2016, Zl. E HG1/09/2015.018/012, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mattersburg), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
GewO 1994 §81 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs2 Z7;
B-VG Art133 Abs4;
GewO 1994 §81 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs2 Z7;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 20. April 2016, Ra 2015/04/0016, verwiesen, dem folgender Sachverhalt zugrunde lag:

Mit Straferkenntnis der BH Mattersburg vom 21. Oktober 2014 wurde über die Revisionswerberin wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 900,- verhängt, weil sie ihre Gastgewerbebetriebsanlage nach Vornahme von (elf näher beschriebenen) Änderungen ohne die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung gemäß § 81 GewO 1994 betrieben habe. Dieses Straferkenntnis wurde vom Landesverwaltungsgericht Burgenland mit Erkenntnis vom 7. Jänner 2015 (mit einer Maßgabe) bestätigt. Mit dem zitierten hg. Erkenntnis Ra 2015/04/0016 hob der Verwaltungsgerichtshof dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, weil die Voraussetzung des § 44 Abs. 3 Z 1 VwGVG für das Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht vorgelegen sei.

2 Im fortgesetzten Verfahren gab das Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - der Beschwerde der Revisionswerberin insofern Folge, als im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses drei der Revisionswerberin vorgeworfene Änderungen zu entfallen hatten und die Geldstrafe auf EUR 650,-

herabgesetzt wurde. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen und die ordentliche Revision für unzulässig erklärt.

Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass die gegenständliche Betriebsanlage aus den im Bewilligungsbescheid aus 1976 genannten Räumlichkeiten bestehe. Mit Bescheiden aus 1984 und 1991 seien zum einen zusätzliche Auflagen vorgeschrieben und zum anderen der Umbau der WC-Anlagen genehmigt worden. Bei einer Überprüfung der Betriebsanlage am 16. Juli 2013 seien die der Revisionswerberin vorgehaltenen Änderungen festgestellt worden, deren Umfang sich auch aus den Aussagen der in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Sachverständigen ergebe. Eine Einvernahme der beantragten Zeugen erachtete das Verwaltungsgericht als nicht erforderlich, weil diese bei der Überprüfung nicht anwesend gewesen seien und es sich bei Klärung des Umfangs der bestehenden Bewilligungen um Rechtsfragen handle.

In seinen rechtlichen Erwägungen führte das Verwaltungsgericht zu den einzelnen der Revisionswerberin vorgehaltenen Änderungen jeweils aus, weshalb es sich dabei um Abweichungen vom bestehenden Genehmigungskonsens handle und warum diese Änderungen genehmigungspflichtig seien.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

6 Die Revisionswerberin moniert hinsichtlich einzelner Punkte, dass der diesbezüglich vom Verwaltungsgericht festgestellte tatsächliche Betrieb ihrer Anlage in den vorliegenden Genehmigungsbescheiden (bzw. in dem der Bewilligung aus 1976 zugrunde liegenden Bestandsplan) Deckung finde und somit keine Änderungen vorlägen.

Dazu ist festzuhalten, dass Bescheidauslegungen in aller Regel einzelfallbezogene Rechtsfragen darstellen (siehe den hg. Beschluss vom 25. Oktober 2016, Ra 2016/07/0070, mwN), die nicht revisibel sind. Auch im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass der Auslegung der Betriebsanlagengenehmigungsbescheide durch das Verwaltungsgericht eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme oder diese unvertretbar gewesen wäre. Daran vermögen die von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Unklarheiten hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht - im Zusammenhang mit der Durchgangsbreite von Türen - verwendeten Begrifflichkeiten nichts zu ändern, zumal sich der angefochtenen Entscheidung klar entnehmen lässt, dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung eine dem Anlagenbetreiber vorgeschriebene, von ihm nicht einseitig abänderbare Durchgangsbreite von 100 cm zugrunde gelegt hat. Der von der Revisionswerberin vorgebrachte Widerspruch der angefochtenen Entscheidung zum hg. Erkenntnis vom 3. September 1999, 98/05/0071, liegt nicht vor, weil sich darin keine Aussage des Verwaltungsgerichtshofes zu der von der Revisionswerberin aufgeworfenen Frage findet.

Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung klar zum Ausdruck gebracht, welche Räumlichkeiten mit dem Bescheid aus 1976 bewilligt wurden und dass die hier gegenständlichen Räume nicht dazu gehören. Ausgehend davon fehlt es entgegen der Auffassung der Revisionswerberin nicht an einer Begründung, warum das Verwaltungsgericht den Keller nicht als Teil der bewilligten Anlage angesehen habe. Auch der von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Umstand, der Behörde sei ein (näher bezeichneter) Gastraum bereits anlässlich der Änderung der WC-Anlagen im Jahr 1991 bekannt gewesen, führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Aufgreifens dieser Änderung im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren.

7 Die Revisionswerberin bringt weiters vor, sie habe in diesem Zusammenhang die Einvernahme mehrerer Zeugen sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt und das Verwaltungsgericht sei diesen Beweisanträgen zu Unrecht nicht nachgekommen.

Im Hinblick auf den Gegenstand eines Zeugenbeweises (Auskunft über Wahrnehmungen in tatsächlicher Hinsicht zu geben; siehe den hg. Beschluss vom 15. Mai 1990, 89/02/0213) ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht die Klärung des Umfangs der bestehenden Betriebsanlagenbewilligung und damit die Auslegung der diesbezüglichen Bescheide als einem Zeugenbeweis nicht zugänglich angesehen hat und dem dazu erstatteten Antrag auf Einvernahme von Zeugen nicht nachgekommen ist. Ob bestimmte Anlagenteile bereits 1976 gewerblich genutzt wurden (auch dies wurde von der Revisionswerberin als Ergebnis der beantragten Zeugeneinvernahme angegeben), ist für die zugrunde liegende Frage des Vorliegens einer Änderung nicht relevant (Vergleichsmaßstab ist die genehmigte Betriebsanlage, somit der bisherige (rechtliche) Konsens; vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 2014, 2013/04/0095, 0098, mwN).

Ausgehend davon, dass die (bei Durchführung der Überprüfung der Betriebsanlage anwesende) Sachverständige in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zum Bewilligungsumfang im Hinblick auf den Bestandsplan befragt worden ist, vermag die Revisionswerberin die Notwendigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht aufzuzeigen. Soweit die Revisionswerberin diesbezüglich die Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht in Zweifel zieht, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt als Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (siehe den hg. Beschluss vom 4. Juli 2016, Ra 2016/04/0056, mwN). Eine derartige Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht wird von der Revisionswerberin nicht dargelegt.

8 Die Revisionswerberin bringt vor, das Verwaltungsgericht habe die Genehmigungspflicht hinsichtlich einzelner Änderungen damit begründet, dass sich die Fluchtwegsituation geändert habe. Insoweit hätte aber mit der Vorschreibung von Auflagen nach § 81 Abs. 2 Z 7 GewO 1994 das Auslangen gefunden werden können. Es sei daher keine Genehmigungspflicht nach § 81 Abs. 1 GewO 1994 gegeben und der vom Verwaltungsgericht herangezogene Straftatbestand des § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 sei nicht erfüllt gewesen.

Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass die Regelung des § 81 Abs. 2 Z 7 GewO 1994, der zufolge bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen keine Genehmigungspflicht nach § 81 Abs. 1 GewO 1994 besteht, darauf abstellt, dass die Änderungen "auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalles erwarten lassen", dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden Auflagen Gefährdungen vermieden oder nachteilige Beeinträchtigungen auf ein zumutbares Maß beschränkt würden. Es ist daher eine Prognoseentscheidung im Einzelfall zu treffen. Dass die vom Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall im Ergebnis erzielte Auffassung betreffend das Bestehen einer Genehmigungspflicht unvertretbar wäre bzw. der zugrunde liegenden Rechtsfrage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukäme, vermag die Revisionswerberin mit ihrem Vorbringen nicht aufzuzeigen. Ausgehend davon liegt auch der von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Widerspruch der angefochtenen Entscheidung zum hg. Erkenntnis vom 18. März 2015, Ro 2015/04/0002, nicht vor, zumal das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall Ausführungen dazu getroffen hat, warum es von einer Genehmigungspflicht der Änderungen ausgegangen ist.

9 Soweit die Revisionswerberin schließlich ein Abweichen der angefochtenen Entscheidung vom hg. Erkenntnis vom 7. November 2005, 2003/04/0104, behauptet, wonach § 81 GewO 1994 die Behörde lediglich ermächtige, eine bisher bescheidmäßig nicht geregelte Sache erstmals einer Regelung zu unterziehen, genügt der Hinweis, dass es vorliegend nicht um die Inanspruchnahme der Ermächtigung des § 81 GewO 1994 geht, sondern um die verwaltungsstrafrechtliche Ahndung des Betriebs einer in dieser Form nicht genehmigten Anlage.

10 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 23. November 2016

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