Normen
VStG §51f Abs2;
VwGVG 2014 §43 Abs1;
VwGVG 2014 §45 Abs2;
VwRallg;
VStG §51f Abs2;
VwGVG 2014 §43 Abs1;
VwGVG 2014 §45 Abs2;
VwRallg;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten wurde über den Revisionswerber als gemäß § 9 Abs 2 VStG bestellten verantwortlichen Beauftragten wegen Übertretung des § 23 Abs 1 Z 9 iVm Abs 3 iVm Abs 4 Güterbeförderungsgesetz iVm Art 8 Abs 3 iVm Abs 1 und Abs 2 der VO (EG) 1072/2009 eine Geldstrafe von EUR 1.453,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden) verhängt.
2 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, welches die Beschwerde als unbegründet abwies und die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärte. Das Erkenntnis wurde in der Verhandlung am 28. Oktober 2015 mündlich verkündet - wobei die Wirksamkeit dieser Verkündung im Revisionsverfahren strittig ist - und mit 5. April 2016 datiert schriftlich ausgefertigt.
Das Verwaltungsgericht hält - in der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses - nach Darlegung des Verfahrensganges und der getroffenen Feststellungen fest, dass trotz ausgewiesener Ladung weder der Revisionswerber selbst noch dessen Vertreter zur öffentlichen mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 28. Oktober 2015 erschienen seien. Zwar habe der Revisionswerber am Verhandlungstag ein E-Mail an das Verwaltungsgericht gesendet, in dem er mitgeteilt habe, die Verhandlung wegen Krankheit nicht besuchen zu können. Diesem E-Mail habe er eine Bestätigung der slowakischen Sozialversicherung über einen Krankenstand seit 28. Oktober 2015 angeschlossen. Ein telefonischer Rückruf in der Kanzlei des Revisionswerbervertreters habe ergeben, dass auch der Vertreter des Revisionswerbers nicht zur Verhandlung erscheinen werde.
Das Verwaltungsgericht kommt in der Sache sodann zu dem Ergebnis, dass der Revisionswerber die ihm vorgeworfene Tat sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht begangen habe.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften ersatzlos beheben und das Strafverfahren einstellen sowie dem zuständigen Rechtsträger den Kostenersatz auferlegen. Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision sowie den Zuspruch von Kostenersatz beantragte.
4 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision unter Hinweis auf näher zitierte "herrschende Lehre und Judikatur" (zu § 62 Abs 2 AVG) vor, dass ein Bescheid dann, wenn keine Partei anwesend sei, nicht verkündet oder gar die Verkündung niederschriftlich beurkundet werden könne. Einem "Bescheid/Erkenntnis" könne in diesem Fall ausschließlich durch die Zustellung der schriftlichen Ausfertigung an die Partei(en) Rechtswirksamkeit zukommen.
Wie sich aus dem Behördenakt ergebe, habe der Revisionswerber mit 31. Juli 2014 fristgerecht und zulässig Beschwerde gegen das Straferkenntnis erhoben, die 15-monatige Frist des § 43 Abs 1 VwGG (richtig: VwGVG) sei damit mit 31. Oktober 2015 abgelaufen. Da in der Verhandlung am 28. Oktober 2015 infolge Abwesenheit der Parteien keine rechtswirksame Verkündung eines Erkenntnisses habe erfolgen können, sei die mit 18. April 2016 erfolgte Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses nach Ablauf der gesetzlichen Frist erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt sei das Straferkenntnis vom 3. Juli 2014 bereits ex lege außer Kraft getreten; das Verfahren sei daher einzustellen gewesen. Die Erlassung eines Erkenntnisses über eine Beschwerde gegen ein Straferkenntnis nach Ablauf der hierfür offen stehenden 15-monatigen Frist stehe in offenkundigem Widerspruch mit elementarsten Grundsätzen des Verfahrensrechts und der Rechtsprechung.
7 Die Revision ist nicht zulässig:
8 Der Revisionswerber geht davon aus, dass das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei. Er bezieht sich dabei jedoch ausschließlich auf Rechtsprechung (sowie Literatur) zur mündlichen Erlassung von Bescheiden durch Verwaltungsbehörden gemäß § 62 Abs 2 AVG. Zur hier entscheidungserheblichen Frage, ob ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes in einer Verwaltungsstrafsache auch dann wirksam mündlich verkündet werden kann, wenn keine Partei bei der Verhandlung anwesend ist, lässt sich daraus nichts gewinnen, zumal die Verkündung und Ausfertigung von Erkenntnissen durch Verwaltungsgerichte in den §§ 29 und 43 VwGVG anders geregelt ist als die Verkündung von Bescheiden der Verwaltungsbehörden im AVG.
9 Der Revisionswerber hat damit in seinen Ausführungen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre und er hat auch sonst keine Rechtsfrage aufgezeigt, der grundsätzliche Bedeutung für die Entscheidung über die Revision zukäme.
10 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass § 45 Abs 2 VwGVG für das Verfahren der Verwaltungsgerichte in Verwaltungsstrafsachen ausdrücklich festhält, dass es weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses hindert, wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist. Diese Bestimmung entspricht jener des § 51f Abs 2 VStG in der Fassung vor der Novelle BGBl I Nr 33/2013, die für das Verfahren der unabhängigen Verwaltungssenate in Verwaltungsstrafsachen zur Anwendung kam. Zu dieser Bestimmung ist der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28. September 2000, Zl 98/09/0075, zum Ergebnis gekommen, dass auch der Umstand, dass sich die Parteien vor der Verkündung der Entscheidung von der Verhandlung entfernt hatten, den dort entscheidenden unabhängigen Verwaltungssenat nicht daran hinderte, seinen Bescheid (in Abwesenheit aller Parteien) mündlich zu verkünden und dieser Bescheid daher auch an diesem Tag Rechtswirksamkeit entfaltete.
11 Diese Rechtsprechung ist auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses durch ein Verwaltungsgericht in einer Verwaltungsstrafsache übertragbar (vgl dazu etwa die Erläuterungen zur RV 2009 BlgNR 24. GP , 8, wonach die Bestimmungen des VwGVG über die Verhandlung den §§ 51e bis 51i VStG mit Ausnahme des § 51e Abs 7 VStG entsprechen). Der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts auch in Abwesenheit aller Parteien kommt daher die Wirkung seiner Erlassung zu, sofern die Parteien ordnungsgemäß geladen waren. Gleichzeitig wurde hierdurch auch die Frist des § 43 Abs 1 VwGVG gewahrt.
12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs 1 iVm Abs 3 VwGG zurückzuweisen.
13 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 18. Oktober 2016
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