VwGH Ra 2015/06/0118

VwGHRa 2015/06/011827.3.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision 1. des H M in B und 2. der T M in G, beide vertreten durch Dr. Roland Weinrauch, Rechtsanwalt in 8350 Fehring, Hauptplatz 9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 19. Oktober 2015, LVwG 51.32-1098/2015-19 und LVwG 40.32-2378/2015-19, betreffend Kanalanschlussverpflichtung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Regierungskommissär der Marktgemeinde Ilz; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
KanalG Stmk 1988 §4;
MRK Art6;
VwGVG 2014 §24;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2015060118.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerber haben der Marktgemeinde Ilz Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der Revisionswerber gegen den Bescheid des Regierungskommissärs der Marktgemeinde I. vom 4. März 2015, mit welchem ihnen als Eigentümer eines näher bezeichneten Grundstückes der KG B mit dem darauf befindlichen Einfamilienwohnhaus die Verpflichtung, die Schmutzwässer an den näher bezeichneten Anschlussschacht des öffentlichen Kanalnetzes der Marktgemeinde I. anzuschließen und somit über den Kanalstrang abzuleiten, auferlegt worden war, als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II.) und ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).

5 In den zur Zulässigkeit der Revision vorgetragenen Gründen führen die Revisionswerber aus, dass sich im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 4 Kanalgesetz 1988 mehrere Rechtsfragen stellten, die bisher noch nicht Eingang in die höchstgerichtliche Rechtsprechung gefunden hätten. So sei nicht geklärt, was unter der "kürzesten Entfernung" tatsächlich zu verstehen sei, wie die Abmessung bzw. Berechnung der kürzesten Entfernung zu erfolgen habe (Luftlinie) und ob dabei vom tatsächlich vorzunehmenden Verlauf des Anschlusses (Länge bzw. Laufmeter der Hauskanalanlage) auszugehen sei.

6 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Wie schon die Gemeindebehörde im erstinstanzlichen Bescheid hat auch das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis - gestützt auf die zum Bestandteil des erstinstanzlichen Bescheides erklärte Plandarstellung, welche die im Revisionsfall maßgeblichen Entfernungsangaben enthält - festgestellt, dass die kürzeste Entfernung vom Anschlussschacht bis zum Einfamilienwohnhaus der Revisionswerber rund 60 m (Luftlinie) betrage. Die Revisionswerber haben im Verfahren in diesem Zusammenhang - ausgehend von ihrer unzutreffenden Annahme, es sei für die Berechnung der kürzesten Entfernung im Sinn des § 4 Kanalgesetz 1988 ihr Hausanschluss maßgeblich - lediglich vorgebracht, dass ihrer Ansicht nach der Regenwasserschacht mit ihrem Hausanschlussschacht verwechselt worden sei und dass die Entfernung von ihrem Hausanschluss zum öffentlichen Kanalnetz "gute 100 Meter" bzw. laut Begutachtung durch einen Fachmann "etwa 100 m" betrage. Da es nach dem insoweit klaren Wortlaut des § 4 Kanalgesetz 1988 auf die Entfernung zum Bauwerk und nicht zu einem Hausanschluss ankommt, haben die Revisionswerber mit dem dargestellten Vorbringen gerade nicht dargelegt, dass die Entfernung zur Gebäudeaußenkante, welche zum Anschlussschacht der öffentlichen Kanalanlage eine wesentlich geringere Entfernung aufweist als der Hausanschluss, mehr als 100 Meter betrage. Von der Beantwortung der geltenden gemachten Rechtsfrage, ob bei Berechnung der kürzesten Entfernung von der "Luftlinie" oder der tatsächlich vorzunehmenden Anschlusslänge auszugehen sei, hängt das Schicksal der vorliegenden Revision nicht ab, weil die Revisionswerber im Verfahren kein Vorbringen dahingehend erstattet haben, dass bzw. aus welchen Gründen der tatsächlich vorzunehmende Verlauf der Anschlussleitung gegenüber der Luftlinie einen "Umweg" von mehr als 40 m erfordere. Die nunmehr erstattete, pauschale und durch keinerlei konkretes Vorbringen untermauerte Behauptung, die tatsächliche Distanz liege über 100 m, unterliegt dem Neuerungsverbot gemäß § 41 VwGG.

7 Wenn die Revisionswerber weiters die nicht erfolgte Durchführung eines Ortsaugenscheines, Bestellung eines Sachverständigen bzw. Vorlage eines Vermessungsplanes durch das Verwaltungsgericht rügen, ist auszuführen, dass bei den geltend gemachten Verfahrensmängeln in den Zulässigkeitsgründen auch deren Relevanz dargetan werden muss. Das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die Revisionswerber günstigeren -

Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 1.6.2017, Ra 2017/06/0094, mwN). Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Revision nicht, weil sie nicht ansatzweise aufzeigt, welche anderen Feststellungen das Verwaltungsgericht bei Durchführung der genannten Beweise hätte treffen können und inwieweit diese Feststellungen das Ergebnis des angefochtenen Erkenntnisses beeinflusst hätten. Eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG wird damit nicht dargelegt. Gleiches gilt für das gerügte Unterlassen der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, welche nicht auf Grund des Art. 6 EMRK geboten ist (vgl. VwGH 4.3.2008, 2007/05/0020, mwN sowie VfGH 13.6.2014, VfSlg. 19.869/2014) und hinsichtlich welcher die folglich darzustellende Relevanz nicht aufgezeigt wird (vgl. VwGH 23.5.2017, Ra 2015/10/0127, mwN).

8 Schließlich führen die Revisionswerber aus, es sei nicht geklärt, ob die Behörde im Sinn der §§ 4 und 6 Kanalgesetz 1998 dazu verpflichtet sei, die Distanz der "kürzesten Entfernung" exakt auszumessen oder ob eine pauschale "Schätzung" genüge. Auch von der Beantwortung dieser Frage hängt das Schicksal der vorliegenden Revision nicht ab, weil entgegen der von den Revisionswerbern offenbar vertretenen Ansicht keine "pauschale Schätzung" der kürzesten Entfernung im Sinn des § 4 Kanalgesetz 1988 erfolgt ist, sondern eine aus der im Akt aufliegenden Plandarstellung vorgenommene Berechnung, und die Revisionswerber nicht vorgebracht haben, dass die Plandarstellung nicht die tatsächlichen Verhältnisse abbilde, oder die darin enthaltenen Angaben nicht maßstabgetreu seien.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

9 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 27. März 2018

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