VwGH Ra 2015/05/0041

VwGHRa 2015/05/004123.6.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision 1. der M S und

2. des V S, beide in M, beide vertreten durch Mag. Dr. Dirk Just, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Florianigasse 54, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 10. Oktober 2014, Zl. LVwG-AB-14-0576, betreffend einen Abbruchauftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Stadtrat der Stadtgemeinde M; weitere Partei:

Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BauO NÖ 1996 §23;
BauO NÖ 1996 §35 Abs2;
BauRallg;
ROG NÖ 1976 §19 Abs2 Z4;
ROG NÖ 1976 §19 Abs5;
ROG NÖ 1976 §19;
BauO NÖ 1996 §23;
BauO NÖ 1996 §35 Abs2;
BauRallg;
ROG NÖ 1976 §19 Abs2 Z4;
ROG NÖ 1976 §19 Abs5;
ROG NÖ 1976 §19;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs.1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs.1 VwGG nicht gebunden.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluss vom 28. April 2015, Ra 2015/05/0019, mwN).

Im Rahmen der Ausführungen gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bringt die Revision vor, es sei vor allem zu berücksichtigen, dass eine unrichtige Anwendung des einfachen Gesetzes vorliege und der gegenständliche Abbruchbescheid weitreichende und schwerwiegende wirtschaftliche und finanzielle Folgen für die Revisionswerber bedeuten würde. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) und die Baubehörden hätten nicht berücksichtigt, dass die bestehenden Gebäude laufend saniert werden dürften und sohin von einem Endigungsprozess von Bauwerken - weder in absehbarer Zeit noch in ferner Zukunft - nicht ausgegangen werden könne. Das Verwaltungsgericht und die Baubehörden hätten insbesondere § 19 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 (ROG) unrichtig angewendet, weil sie unter Berufung auf den Zweck eines natürlichen Endigungsprozesses vermeinten, dass zwar eine Sanierung von Gebäuden erlaubt, jedoch das Gebäude der Revisionswerber abzureißen sei. Tatsächlich bestehe kein Grund, eine unterschiedliche Bewertung zwischen der Sanierung und der Errichtung eines Gebäudes (mit Altbestand), welches im Ausmaß und in der Bauweise "ident bzw. ähnlich" dem Altbestand sei, vorzunehmen. Ferner bestimme § 19 Abs. 5 ROG, dass zur Sanierung eines erhaltenswerten Gebäudes jene Bausubstanz ausgetauscht werden dürfe, deren Erhaltung technisch nicht möglich oder unwirtschaftlich wäre, und dass bei einer vollständigen Zerstörung des Gebäudes durch Elementarereignisse das Gebäude wieder errichtet werden dürfe. Diese Umstände träfen auf das Gebäude der Revisionswerber zu, sodass § 19 Abs. 5 ROG zumindest analog anzuwenden wäre. Eine Rechtsprechung hierzu gebe es nicht.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Eine Grünlandwidmung erlaubt bei bestehenden rechtskräftig bewilligten Gebäuden, die im Falle ihrer Neuerrichtung der Widmung widersprächen, grundsätzlich - sofern es sich dabei nicht um erhaltenswerte Gebäude im Sinne des § 19 Abs. 5 ROG handelt - nur Instandsetzungsarbeiten; damit soll durch den natürlichen Endigungsprozess von Bauwerken auch an bebauten Grundstücken letztlich der Zweck der Grünlandwidmung verwirklicht werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2005, Zl. 2002/05/1024). Nach der hg. Judikatur sind die in § 19 Abs. 5 ROG für erhaltenswerte Bauten im Grünland geltenden Regelungen nicht anzuwenden, wenn ein im Grünland liegendes Gebäude im für dieses Grundstück maßgeblichen Flächenwidmungsplan nicht gemäß § 19 Abs. 2 Z. 4 leg. cit. als erhaltenswerter Bau im Grünland ausgewiesen ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 16. Dezember 1997, Zl. 97/05/0222; ferner in diesem Zusammenhang etwa das Erkenntnis vom 15. Mai 2012, Zl. 2012/05/0008). Eine solche Widmung im Sinne des § 19 Abs. 2 Z 4 leg. cit. war im Revisionsfall nicht gegeben. Auf dem Boden der hg. Judikatur kommt daher - entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht - eine analoge Anwendung des § 19 Abs. 5 ROG nicht in Betracht.

Die Revisionswerber sind im Rahmen ihrer gemäß § 28 Abs. 3 VwGG erstatteten Ausführungen den im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen zum Inhalt der mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde M vom 18. Juni 2012 erteilten baubehördlichen Bewilligung zur Sanierung des Wohnhauses der Revisionswerber und den weiteren Feststellungen, dass dieses Gebäude weitgehend abgebrochen wurde sowie mit Ausnahme der straßenseitigen Außenwand sämtliche Mauerwerke und das Dach abgetragen wurden, nicht entgegengetreten. Nach der hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. April 1996, Zl. 95/06/0180, mwN; ferner das Erkenntnis vom 14. Oktober 1993, Zl. 91/17/0037, mwN) geht durch die Abtragung eines Gebäudes ein vorhandener Konsens unter, und zwar auch dann, wenn einzelne Teile, die nicht mehr raumbildend sind, für eine Wiederverwendung erhalten bleiben.

Ob, wie die Revisionswerber vorbringen, der gegenständliche Abbruchbescheid schwerwiegende wirtschaftliche und finanzielle Folgen für sie nach sich zöge, ist nicht von Relevanz, weil das Gesetz auf solche Umstände nicht abstellt (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 18. November 2014, Ro 2014/05/0025, mwN).

Die Revision zeigt daher mit ihrem Vorbringen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf und eignet sich somit nicht zur Behandlung, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt hier geklärt ist und in der vorliegenden Revision zur Zulässigkeit entsprechend Art. 133 Abs. 4 B-VG Rechtsfragen aufgeworfen wurden, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. August 2014, Zl. 2013/05/0169, mwH auf die Judikatur des EGMR, und ferner den hg. Beschluss vom 28. April 2015, Ra 2015/05/0016, mwN).

Wien, am 23. Juni 2015

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