VwGH Ra 2014/13/0003

VwGHRa 2014/13/000324.11.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und den Hofrat Dr. Nowakowski sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wimberger, über die Revision des A Y in W, vertreten durch Malainer Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Hegelgasse 8/Top 25, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 11. März 2014, Zl. RV/7102623/2013, betreffend Arbeitnehmerveranlagung 2006, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §85;
EStG 1988 §41 Abs2;
BAO §85;
EStG 1988 §41 Abs2;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht eine als Beschwerde zu wertende Berufung des Revisionswerbers vom 6. November 2012 ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei. Begründend führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, ein Antrag auf Veranlagung könne nach § 41 Abs. 2 EStG 1988 binnen fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt werden. Diese Frist sei nicht verlängerbar, sodass die am 2. Oktober 2012 eingereichte Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2006 verspätet sei. Ein weiteres Schreiben vom 8. Februar 2011 sei nicht als Antrag des Revisionswerbers auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2006 zu werten gewesen. In diesem Schreiben sei die Dienstgeberin des Revisionswerbers als einschreitende Partei aufgetreten. Dies ergebe sich eindeutig aus dem Betreff in Verbindung mit der Formulierung "... dürfen wir Sie namens und im Auftrag unserer oa Mandantschaft ersuchen ..." und der im Folgenden im Unterschied zur "Mandantschaft" erfolgten Nennung des Revisionswerbers, für den die Lohnzettel ausgestellt worden seien. Damit sei die Dienstgeberin des Revisionswerbers als Antragstellerin klar erkennbar und nicht der Revisionswerber selbst (der im Übrigen auch nur - worauf bereits das Finanzamt zutreffend hingewiesen habe - einen Rückzahlungsantrag nach § 240 Abs. 3 BAO hätte stellen können). Dies werde auch durch das in diesem Schreiben formulierte Begehren, die abgeführte Lohnsteuer auf dem Finanzamtskonto der Dienstgeberin gutzuschreiben, bestätigt. Im Übrigen habe das (vormalige) Wohnsitzfinanzamt entsprechend dem Inhalt des Schreibens vom 8. Februar 2011 betreffend Korrektur der Lohnzettel dieses an das Betriebsfinanzamt weitergeleitet.

5 In der außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit vorgebracht, das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts weiche von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 41 Abs. 2 EStG 1988 ab, wonach ein Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung vollkommen formfrei gestellt werden könne. Danach komme es für die Beurteilung von Anbringen nicht auf die Bezeichnung und zufällige verbale Formen an, sondern auf den Inhalt und das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteienschrittes. Das Bundesfinanzgericht weiche von dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab, wenn es aufgrund des Betreffs und der verwendeten Formulierung (einmal Mandantschaft und dann namentliche Nennung des Revisionswerbers) davon ausgehe, dass die Vertretungshandlung der einschreitenden Steuerberatungskanzlei für die Dienstgeberin des Revisionswerbers und nicht für den Revisionswerber selbst erfolgt sei. Vielmehr wäre der vorliegende Antrag daraufhin zu prüfen gewesen, welchen Inhalt und welches erkennbare oder zu erschließende Ziel er gehabt habe. Dies sei in Abkehr "zur herrschenden Rechtsprechung" im konkreten Fall aber nicht geschehen.

6 Wie der Revisionswerber zu Recht ausführt, ist der Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung an keine bestimmte Form gebunden. Es ist jedoch ein - wenn auch impliziter - Antrag gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 erforderlich (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 21. Juli 1998, 94/14/0089). Dies wird vom Bundesfinanzgericht auch nicht in Abrede gestellt.

7 Strittig ist im vorliegenden Fall, ob dem Schreiben vom 8. Februar 2011 ein solcher Antrag des Revisionswerbers auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2006 entnommen werden kann. Dieses Schreiben lautet auszugsweise wie folgt:

"An das Finanzamt (...)

zH Herrn (...)

(Name der Dienstgeberin des Revisionswerbers)

Korrektur Lohnzettel 2006 und 2007

(Name und Sozialversicherungsnummer des Revisionswerbers)

Sehr geehrter Herr (...)!

Unter höflicher Bezugnahme auf unser vorvergangener Woche geführtes Telefonat dürfen wir Sie namens und im Auftrag unserer oa Mandantschaft ersuchen, die derzeit für Herrn (Name des Revisionswerbers) eingemeldeten Lohnzettel für die Jahre 2006 und 2007 zu stornieren bzw. auf Null zu stellen und die abgeführte Lohnsteuer auf unserem Finanzamtskonto (beim (Betriebsfinanzamt), unter der Steuernummer (der Dienstgeberin)) gutzuschreiben (...).

(...)"

8 Parteierklärungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf die sowohl im angefochtenen Erkenntnis als auch in der Revision Bezug genommen wird, nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist die Absicht der Partei zu erforschen. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt. Es besteht aber keine Befugnis oder Pflicht der Behörde, von der Partei tatsächlich nicht erstattete Erklärungen aus der Erwägung als erstattet zu fingieren, dass der Kontext des Parteienvorbringens die Erstattung der nicht erstatteten Erklärung nach behördlicher Beurteilung als notwendig, ratsam oder empfehlenswert erscheinen lässt (vgl. das Erkenntnis vom 24. September 2014, 2011/13/0082, mwN).

9 Nach dem objektiven Erklärungswert der streitgegenständlichen Eingabe vom 8. Februar 2011 ergibt sich, dass der steuerliche Vertreter der Dienstgeberin des Revisionswerbers für diese ein Ansuchen um Stornierung der Lohnzettel 2006 und 2007 eines ihrer Dienstnehmer (des Revisionswerbers) gestellt hat. Eine Auslegung bzw. Umdeutung, dass dies zudem als (erstmaliger) Antrag des (steuerlich vertretenen) Dienstnehmers auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung gelten sollte, lässt der insoweit eindeutige Inhalt des Schreibens nicht zu. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein beruflicher Parteienvertreter, der einen Antrag im Namen eines Mandanten stellen möchte, dies auch klar zum Ausdruck bringt. Dass im vorliegenden Fall im Übrigen nicht beabsichtigt war, mit dem angesprochenen Schreiben zugleich die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für den Revisionswerber zu beantragen, wird auch durch die Ausführungen in der Berufung bestätigt, wonach die "Abgabe einer Arbeitnehmerveranlagung" für das Jahr 2006 bis zum 31. Dezember 2011 zu keinem anderem Ergebnis geführt hätte, da der Lohnzettel zu diesem Zeitpunkt nach wie vor eine Steuerbemessungsgrundlage von EUR 22.394,66 ausgewiesen habe. Das Bundesfinanzgericht ist folglich mit seiner Ansicht, dass das Schreiben vom 8. Februar 2011 nicht als Antrag des Revisionswerbers auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung zu werten sei, nicht von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

10 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 24. November 2016

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