BFG RV/7102623/2013

BFGRV/7102623/201311.3.2014

Verspäteter Antrag auf Durchführung einer Veranlagung

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2014:RV.7102623.2013

 

Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2014/13/0003. Zurückweisung mit Beschluss vom 24.11.2016.

Entscheidungstext

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf. vertreten durch StbGmbH, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf vom 09.10.2012, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2006 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

 

Entscheidungsgründe

 

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 9. Oktober 2012 wies das Finanzamt den Antrag des Beschwerdeführers (Bf.) auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2006 zurück und begründete diesen wie folgt:

"Ein Antrag auf Veranlagung kann innerhalb der Frist von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraumes (idR dem Kalenderjahr) gestellt werden.
Es handelt sich um eine gesetzl. Frist, eine Verlängerung ist ausgeschlossen (VwGH 2.2.68, 1681/67, UFS 17.5.11 RV/0756-W/11, EStR 7525).
Die Frist zur Veranlagung endete somit mit dem 31.12.2011.
Somit ist der Antrag vom 1.10.2012 zurückzuweisen.
Ein Antrag gem. § 240 Abs. 3 BAO ist aufgrund der Subsidiarität nicht möglich und wäre ebenfalls nicht fristgerecht gestellt worden."

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 6. November 2012 eine als Beschwerde geltende Berufung erhoben und die Durchführung der Veranlagung 2006 beantragt. Als Begründung wurde angeführt:

"[Der Bf.] bezog im Zeitraum 1. Jänner 2006 bis 31. Dezember 2006 von der X... GmbH (St.Nr. xx/xxx/xxxx) lohnsteuerpflichtige Bezüge. Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung einer X Niederlassung in Deutschland hat sich herausgestellt, dass [der Bf.] in dem gegenständlichen Zeitraum richtigerweise dieser Niederlassung zuzuordnen ist und die Bezüge 2006 in Deutschland dem Lohnsteuerabzug unterliegen. Diese abgabenbehördliche Prüfung in Deutschland wurde abgeschlossen und die Lohnsteuer für den gegenständlichen Zeitraum dem Dienstgeber in Österreich, der X... GmbH, vorgeschrieben.

Ende 2010 wurde von unserer Kanzlei die Vollmacht, einschließlich einer Zustellungsbevollmächtigung, dem Finanzamt vorgelegt. Im Jänner 2011 haben wir mit dem Wohnsitzfinanzamt unseres Mandanten Kontakt aufgenommen und wurde uns angeraten, an dieses Finanzamt ein Schreiben zu richten, mittels diesem der Antrag auf Stornierung bzw. auf Nullstellung des Lohnzettels 2006 gestellt wird. Dieses Schreiben haben wir am 8. Februar 2011 dem Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag übermittelt. Bitte finden Sie in der Anlage zu diesem Schreiben eine Kopie. Nach einigen Wochen Zuwarten und mehrmaliger Urgenzen haben wir schließlich das Finanzamt Wien 1/23, Frau A., kontaktiert und mittels Fax eine Kopie des Schreibens vom 8. Februar 2011 sowie das Ersuchen um Erledigung übermittelt. Eine Kopie des Fax haben wir ebenfalls diesem Schreiben beigelegt.

Mit elektronischer Post vom 18. August 2011 wurden wir seitens Frau A. (FA Wien 1/23) um Übermittlung bestimmter Unterlagen sowie um zusätzliche Stellungnahme ersucht. Die angeforderten Unterlagen sowie die entsprechenden Auskünfte haben wir mittels elektronischer Post vom selben Tag an Frau A. übermittelt. Nach weiteren Wochen bzw. Monaten des Zuwartens haben wir im November 2011 erneut das FA Wien 1/23 kontaktiert und wurde uns mitgeteilt, dass in der Zwischenzeit die Durchführung einer GPLA-Prüfung bei der X... GmbH begonnen hat und sämtliche Unterlagen seit 29. August 2011, somit 10 Tage nach unserer Antwort, bei der GPLA-Prüferin, Frau B., vorliegen. Wir wurden ersucht mit dieser GPLA-Prüferin Kontakt aufzunehmen und diese würde dann die Korrektur der Lohnzettel durchführen.

Die GPLA-Prüfung bei der X... GmbH wurde im Juli 2012 abgeschlossen. Auf Nachfrage wurde uns von Frau B. am 18. Juli 2012 mitgeteilt, dass Frau C. die dafür zuständige Sachbearbeiterin beim FA Wien 1/23 ist und die Korrektur der Lohnzettel vornehmen wird, sich derzeit jedoch auf Urlaub befindet. Ende Juli 2012 wurde der Lohnzettel 2006 korrigiert und die Steuerbemessungsgrundlage auf Null gestellt.

Im August oder September 2012 wurde offensichtlich der Akt vom Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag an das Finanzamt Wien 3/11/Schwechat Gerasdorf abgetreten und eine neue Steuernummer vergeben. Unsere Kanzlei als Bevollmächtigter wurde weder von der Aktabtretung noch von der Vergabe der neuen Steuernummer informiert.

Da unser Mandant noch nie eine Arbeitnehmerveranlagung vorgenommen hat, wurde die Korrektur der Steuerbemessungsgrundlage nicht von Amts wegen im Rahmen einer Wiederaufnahme gemäß § 304 Abs. 4 BAO wahrgenommen. Die einzige Möglichkeit für den Steuerpflichtigen, die zu Unrecht einbehaltene Lohnsteuer rückerstattet zu bekommen, besteht in der Abgabe einer Arbeitnehmerveranlagung. Die Abgabe der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2006 bis zum Ablauf der Frist gemäß § 240 Abs. 3 BAO, das ist der 31. Dezember 2011, hätte zu keinem Ergebnis geführt, da der Lohnzettel zu diesem Zeitpunkt nach wie vor eine Steuerbemessungsgrundlage von EUR 22.394,66 ausgewiesen hat.

Wir beantragen daher die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2006 und die zu Unrecht einbehaltene Lohnsteuer rückzuerstatten."

Mit der Berufung wurden das Schreiben der Steuerberatungskanzlei vom 8. Februar 2011 an das Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag, die FAX-Nachricht der Steuerberatungskanzlei vom 21. April 2011 an das Finanzamt Wien 1/23, die E-Mail der Sachbearbeiterin des Finanzamtes Wien 1/23 vom 18. August 2011 an den steuerlichen Vertreter sowie die Antwort-E-Mail des steuerlichen Vertreters vom selben Tag – samt Kopie des geänderten Haftungsbescheides des Finanzamtes für Körperschaften III, Berlin, über Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag für 2005 bis 2007 betreffend X Frankfurt GmbH gemäß Prüfbericht der Lohnsteuer-Außenprüfung vom 30. Juli 2009 – vorgelegt.

Das Finanzamt wies mit Berufungsvorentscheidung vom 31. Jänner 2013 die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid als unbegründet ab und begründete dies wie folgt:

"Sachverhalt:

Im Zuge einer Betriebsprüfung in Deutschland wurde festgestellt, dass die lohnsteuerpflichtigen Bezüge des [Bf.] der deutschen Niederlassung von X... GmbH zuzuordnen und damit nach dem DBA Österreich-Deutschland der deutschen Besteuerung zu unterziehen sind. Am 08.02.2011 wurde an das damalige Wohnsitzfinanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag vom steuerlichen Vertreter ein Schreiben übermittelt, in dem um Nullstellung des Lohnzettels 2006 ersucht wird.

Nach einigen Urgenzen wandte sich der steuerliche Vertreter an das Finanzamt 1/23 und übermittelte eine Kopie des oben genannten Schreibens mit dem Ersuchen um Erledigung.
Mittels E-Mail wurden am 18.07.2011 (richtig: 18.08.2011) vom Finanzamt 1/23 Unterlagen sowie eine zusätzliche Stellungnahme abverlangt, die am selben Tag vom Vertreter des Steuerpflichtigen übermittelt wurden. Bei einer neuerlichen Kontaktaufnahme mit dem Finanzamt 1/23 im November 2011 wurde dem steuerlichen Vertreter mitgeteilt, dass eine GPLA- Prüfung bei der Firma X... GmbH seit 29.09.2011 begonnen hat und alle relevanten Unterlagen bei der Prüferin vorliegen. Der steuerliche Vertreter wurde ersucht mit der GPLA-Prüferin Kontakt aufzunehmen, da diese die Korrektur des Lohnzettels durchführen würde.

Die GPLA-Prüfung bei der Firma X... GmbH wurde im Juli abgeschlossen, und am 26.07.2012 wurde der Lohnzettel korrigiert und die Steuerbemessungsgrundlage auf null gestellt.

Der steuerliche Vertreter bemängelte auch, dass er nicht vom Übergang der Zuständigkeit von Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag auf das ho Finanzamt informiert worden ist.

Am 02.10.2012 brachte der steuerliche Vertreter einen Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2006 beim ho Finanzamt ein. Dieser Antrag wurde als verspätet zurückgewiesen. Gegen den Zurückweisungsbescheid brachte der steuerliche Vertreter am 07.11.2012 das Rechtsmittel der Berufung mit der Begründung ein, dass die Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung für 2006 die einzige Möglichkeit ist, dass der Steuerpflichtige die zu Unrecht einbehaltene Lohnsteuer rückerstattet bekommt, da die Abgabe einer Arbeitnehmerveranlagung 2006 bis zum Ablauf der fünf Jahresfrist gemäß § 240 Abs. 3 BAO bis zum 31.12.2011 zu keinem Ergebnis geführt hätte, da der Lohnzettel zu diesem Zeitpunkt eine Steuerbemessungsgrundlage in der Höhe von 22.394,66 aufgewiesen hat. Auch eine Wiederaufnahme von Amts wegen gemäß § 303 Abs. 4 BAO könne mangels vorgenommener Arbeitnehmerveranlagung nicht durchgeführt werden.

Rechtliche Würdigung:

Jede Veranlagung gemäß § 41 EStG 1988 setzt voraus, dass im Einkommen Einkünfte enthalten sind, von denen ein Steuerabzug vom Arbeitslohn vorzunehmen ist. Die Veranlagung zur Einkommensteuer bei Bestehen der Lohnsteuerpflicht erfolgt gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988. Liegen die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 nicht vor, dies wurde steuerlichen Vertreter nicht bestritten, so erfolgt gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 eine Veranlagung nur auf Antrag des Steuerpflichtigen.

Der Antrag auf Veranlagung kann innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraumes gestellt werden. Die Frist für die Antragstellung ist eine gesetzliche Frist, die gemäß § 110 Abs. 1 BAO nicht erstreckbar ist (VwGH 2.2.68, 1681/67; UFS 17.5.11, RV/0756-W/11). Der Antrag ist an keine Form gebunden und führt auch nicht zu einer Bindung für spätere Veranlagungsjahre. Aus dem Antrag muss sich aber das Begehren auf Durchführung einer Veranlagung ergeben. In der Praxis wird der Antrag durch Abgabe einer Steuererklärung gestellt.

Im vorliegenden Fall hat der steuerliche Vertreter des Steuerpflichtigen die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2006 erst am 02.10.2012 eingebracht, und somit blieb dem ho Finanzamt aufgrund der geltenden Gesetzeslage keine andere Möglichkeit als den Antrag als verspätet zurückzuweisen. Der steuerliche Vertreter hätte nach Ansicht des ho Finanzamtes auch die Möglichkeit gehabt, einen Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2006 vor 31.12.2011 mit dem Hinweis einzubringen, dass der zugrundeliegende Lohnzettel im Rahmen einer GPLA- Prüfung noch zu korrigieren sei.

Auch wenn die Gesamtsituation nicht befriedigend und die Auswirkung für den Steuerpflichtigen sicherlich negativ ist, muss das ho Finanzamt im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten entscheiden."

Mit Schriftsatz vom 1. März 2013 brachte der steuerliche Vertreter namens und im Auftrag des Bf. einen Vorlageantrag ein, verwies als Begründung auf die Ausführungen in der Berufungsschrift und ergänzte diese wie folgt:

"Der Antrag auf Veranlagung kann innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraumes gestellt werden. Die Frist für die Antragsstellung ist eine unerstreckbare gesetzliche Frist. Der Antrag ist jedoch an keine Form gebunden. Aus dem Antrag muss sich aber das Begehren auf Durchführung einer Veranlagung ergeben (vgl. EStR 2000 Rz 7525).

Wie bereits in unserer Berufungsschrift ausgeführt, haben wir bereits im Februar 2011 mit dem Wohnsitzfinanzamt Kontakt aufgenommen und telefonisch, wie auch schriftlich, ersucht, die Lohnzettel für die Jahre 2006 und 2007 zu stornieren bzw. auf Null zu stellen und die abgeführte Lohnsteuer dem Finanzamtskonto gutzuschreiben. Dieses Anbringen haben wir nach mehrmaligen Urgenzen erneut beim Finanzamt Wien 1/23 (Finanzamt des damaligen Dienstgebers) eingebracht und vorgelegt. Beide Schreiben wurden in Kopie der Berufungsschrift beigelegt und erlauben wir uns, erneut Kopien dieser Schreiben unserem Vorlageantrag beizulegen.

Aus diesen Schreiben geht eindeutig hervor, dass unser Begehren nicht nur die Korrektur der zu viel vorgeschriebenen Lohnsteuer umfasst, sondern diese auch dem Abgabenkonto gutgeschrieben und dem Abgabepflichtigen rückerstattet werden soll. Es wurde somit explizit der Antrag auf Ermittlung und Festsetzung der Steuerschuld gestellt. Nichts anderes umfasst der Begriff Veranlagung.

Ein expliziter förmlicher Antrag auf Veranlagung wurde seitens der Finanzbehörde nie abverlangt, obwohl mehrmals nachgefragt wurde, ob von unserer Seite noch förmliche Schritte zu setzen wären. Weiters ist aus der Aktenlage erkennbar, dass der Sachverhalt monatelang bei der Finanz in Bearbeitung war. Dies geht aus mehreren Telefonnotizen unserer Kanzlei wie auch aus dem E-Mail-Verkehr mit dem Finanzamt Wien 1/23 hervor. In der Anlage dürfen wir ergänzend ein E-Mail vom 18. August 2011 vom Finanzamt Wien 1/23 sowie die darauf folgende sofortige Beantwortung unsererseits beilegen. Aus diesem ist eindeutig erkennbar, dass die Finanzbehörde bereits das Ermittlungsverfahren zur Festsetzung der Lohnsteuer eingeleitet hat und wir daher die Begründung für die Abweisung der Arbeitnehmerveranlagung, nämlich die verspätete Einbringung des Antrages auf Veranlagung, nicht nachvollziehen können."

Dem Vorlageantrag war zusätzlich zu den darin erwähnten ‑ bereits der Berufung beigelegten ‑ Schreiben der Steuerberatungskanzlei und der Finanzverwaltung eine Stellungnahme des Finanzamtes für Körperschaften III, Berlin, vom 30. Juli 2009 zum Einspruch gegen die Haftungs- und Nachforderungsbescheide betreffend die X Frankfurt GmbH angeschlossen.

 

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 41 Abs. 2 EStG 1988, erster und zweiter Satz, normiert:
Liegen die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 EStG 1988 (Pflichtveranlagung) nicht vor, so erfolgt eine Veranlagung nur auf Antrag des Steuerpflichtigen. Der Antrag kann innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt werden.

§ 240 BAO bestimmt:
(1) Bei Abgaben, die für Rechnung eines Abgabepflichtigen ohne dessen Mitwirkung einzubehalten und abzuführen sind, ist der Abfuhrpflichtige berechtigt, während eines Kalenderjahres zu Unrecht einbehaltene Beträge bis zum Ablauf dieses Kalenderjahres auszugleichen oder auf Verlangen des Abgabepflichtigen zurückzuzahlen.
(3) Auf Antrag des Abgabepflichtigen (Abs. 1) hat die Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages insoweit zu erfolgen, als nicht
a) eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs. 1 erfolgt ist,
b) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist,
c) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte.
Der Antrag kann bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gestellt werden. Für das Verfahren über die Rückzahlung ist die Abgabenbehörde zuständig, der die Erhebung der betroffenen Abgabe obliegt. Betrifft der Antrag im Einkommensteuerrecht geregelte Abzugssteuern, so ist das Finanzamt für das Verfahren über die Rückzahlung örtlich zuständig, dem die Erhebung der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer des Antragstellers obliegt.

Gemäß § 110 Abs. 1 BAO können gesetzlich festgesetzte Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.

 

Im vorliegenden Fall stand der Bf. im Jahr 2006 in einem Dienstverhältnis zur X... GmbH in Wien. Seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unterzog der Dienstgeber in Österreich dem Lohnsteuerabzug.

Infolge einer Lohnsteuerprüfung bei einer deutschen Tochtergesellschaft der österreichischen Mutter- bzw. Schwestergesellschaft kam die deutsche Finanzverwaltung zu dem Ergebnis, dass der Bf. im Rahmen eines Entsendungsvertrages u.a. im Jahr 2006 ausschließlich bei einer deutschen Tochtergesellschaft in Frankfurt beschäftigt worden war. Entsprechend Art. 15 Abs. 2 und 3 DBA Österreich-Deutschland wurde von der deutschen Finanzverwaltung mit geändertem Haftungsbescheid vom 30. Juli 2009 die Lohnsteuer der Tochtergesellschaft in Frankfurt vorgeschrieben (vgl. Haftungsbescheid und Stellungnahme des Finanzamtes für Körperschaften III, Berlin, vom 30. Juli 2009; AS 5f, 18ff).

Nachdem Ende 2010 der steuerliche Vertreter der X... GmbH auch die Vollmacht für den Bf. übernommen hatte, ersuchte der steuerliche Vertreter am 8. Februar 2011 das Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag die (von der X... GmbH in Österreich gemeldeten) Lohnzettel des Bf. für die Jahre 2006 und 2007 zu stornieren bzw. auf null zu stellen und die abgeführte Lohnsteuer dem Finanzamtskonto der X... GmbH gutzuschreiben.
Nach einigen Wochen Zuwarten und mehrmaligen Urgenzen wurde am 21. April 2011 das Schreiben vom 8. Februar 2011 vom steuerlichen Vertreter an das Finanzamt Wien 1/23 per FAX übermittelt.
Beim Finanzamt Wien 1/23 war das Schreiben vom 8. Februar 2011 bereits am 29. März 2011 eingelangt (vgl. AS 10; offenbar vom Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag weitergeleitet).

Die Sachbearbeiterin des Finanzamtes Wien 1/23 ersuchte mit E-Mail vom 18. August 2011 den steuerlichen Vertreter um Übermittlung weiterer Unterlagen (insbesondere die Steuerbescheide aus Deutschland) und um Stellungnahme im Zusammenhang mit der Hauptmeldung des Bf. in Österreich im Zeitraum 1.1.-31.3.2006.

Mit E-Mail vom selben Tag übermittelte der steuerliche Vertreter den deutschen Haftungsbescheid des Finanzamtes für Körperschaften III, Berlin, über Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag für 2005 bis 2007 betreffend X Frankfurt GmbH gemäß Prüfbericht der Lohnsteuer-Außenprüfung vom 30. Juli 2009 und führte weiters aus:
"Eine darüber hinausgehende vertragliche Grundlage für die Entsendung [des Bf.] von Wien nach Frankfurt hat nicht bestanden ([der Bf.] hatte unverändert ein Dienstverhältnis mit der X... GmbH in Österreich).
Hinsichtlich der nicht erfolgten Änderung des Hauptwohnsitzes können wir leider keine Angaben machen.
Sollten Sie Zweifel an der Korrektheit der Besteuerung der Einkünfte [des Bf.] in Deutschland haben, dürfen wir Sie ersuchen, direkt mit dem deutschen Finanzamt für Körperschaften III, Berlin, Kontakt aufzunehmen."

Im November 2011 kontaktierte der steuerliche Vertreter erneut das Finanzamt Wien 1/23 und wurde ihm mitgeteilt, dass seit 29. August 2011 mit der Durchführung einer GPLA-Prüfung bei der X... GmbH begonnen wurde; die Prüferin würde dann die Korrektur der Lohnzettel vornehmen.

Die GPLA-Prüfung wurde im Juli 2012 abgeschlossen (vgl. Berufung, AS 3); am 26. Juli 2012 wurde der Lohnzettel für 2006 korrigiert und die steuerpflichtigen Bezüge (KZ 245) auf null gestellt (vgl. Berufungsvorentscheidung, AS 13, sowie Lohnzettelauskunft im Abgabeninformationssystem).

Laut Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister war der Hauptwohnsitz des Bf. im Zeitraum 13. Februar 2003 bis 31. März 2006 an der im Spruch genannten Adresse gemeldet; weiters scheint der Vermerk auf: Verzogen nach Deutschland.

Am 12. September 2012 wurde der Akt des Bf. vom Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag abgetreten und vom Finanzamt Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf übernommen (Abgabeninformationssystem).

Am 02. Oktober 2012 brachte der steuerliche Vertreter schließlich einen Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2006 beim Finanzamt Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf ein.

Mit dem im gegenständlichen Beschwerdeverfahren angefochtenen Bescheid sprach das Finanzamt über den Antrag des Bf. auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2006 ab und wies diesen als verspätet zurück.
Dieser Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2006 datiert vom 1. Oktober 2012 und wurde am 2. Oktober 2012 beim Finanzamt Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf eingebracht.
Wie das Finanzamt im angefochtenen Bescheid sowie in der Berufungsvorentscheidung ausführlich dargestellt hat, endete die in § 41 Abs. 2 EStG 1988 determinierte, nicht verlängerbare Frist für einen Antrag auf Veranlagung für das Jahr 2006 mit 31. Dezember 2011.
Der am 2. Oktober 2012 eingebrachte Antrag war daher verspätet.
Der angefochtene Zurückweisungsbescheid erging daher zu Recht.

Im Beschwerdeverfahren wird seitens des steuerlichen Vertreters des Bf. vorgebracht, bereits am 8. Februar 2011 sei dem Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag – in der Berufung und im Vorlageantrag als Wohnsitzfinanzamt des Bf. bezeichnet – ein Antrag auf Stornierung bzw. auf Nullstellung des von der X... GmbH (St.Nr. xx-xxx/xxxx) ausgestellten Lohnzettels des Bf. für das Jahr 2006 übermittelt worden. Dieses Anbringen sei nach mehrmaligen Urgenzen erneut beim Finanzamt Wien 1/23 (dem Finanzamt der X... GmbH) eingebracht worden.

Laut Vorlageantrag gehe aus diesen Schreiben eindeutig hervor, "dass unser Begehren nicht nur die Korrektur der zu viel vorgeschriebenen Lohnsteuer umfasst, sondern diese auch dem Abgabenkonto gutgeschrieben und dem Abgabepflichtigen rückerstattet werden soll. Es wurde somit explizit der Antrag auf Ermittlung und Festsetzung der Steuerschuld gestellt. Nichts anderes umfasst der Begriff Veranlagung."

Das Schreiben vom 8. Februar 2011 hat folgenden Inhalt:

"An das Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag
zH Herrn G. …

X... GmbH
Korrektur Lohnzettel 2006 und 2007
[Name des Bf.] SV-Nr. [des Bf.]

Sehr geehrter Herr G.!

Unter höflicher Bezugnahme auf unser vorvergangener Woche geführtes Telefonat dürfen wir Sie namens und im Auftrag unserer oa Mandantschaft ersuchen, die derzeit für Herrn [Name des Bf.] eingemeldeten Lohnzettel für die Jahre 2006 und 2007 zu stornieren bzw. auf Null zu stellen und die abgeführte Lohnsteuer auf unserem Finanzamtskonto (beim Finanzamt Wien 1/23, unter der Steuernummer xxx/xxxx) gutzuschreiben (2006: EUR 4.488,96, 2007: EUR 4.475,00).

Als Begründung dürfen wir, wie bereits telefonisch besprochen, Folgendes ausführen:

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung einer X - Niederlassung in Deutschland hat sich herausgestellt, dass Herr [Name des Bf.] richtigerweise dieser Niederlassung zuzuordnen ist und in den beiden Jahren die Bezüge auch in Deutschland (in dieser Niederlassung) dem Lohnsteuerabzug unterliegen. In weiterer Folge wurde von Seite der deutschen Finanzverwaltung Lohnsteuer für Herrn [Name des Bf.] für die Jahre 2006 und 2007 vorgeschrieben. Insoweit ergibt sich aus unserer Sicht keine Steuerbemessungsgrundlage für Herrn [Name des Bf.] in Österreich. …"

Mit FAX vom 21. April 2011 übermittelte der steuerliche Vertreter eine Aktenkopie des Schreibens vom 8. Februar 2011 dem Finanzamt Wien 1/23.

Der Ansicht der steuerlichen Vertreters des Bf., das vorangeführte Schreiben vom 8. Februar 2011 könne als Antrag des Bf. auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2006 gewertet werden, ist aus folgenden Gründen nicht zu folgen:
In dem Schreiben tritt als einschreitende Partei die X... GmbH auf (die von derselben Kanzlei steuerlich vertreten wurde wie der Bf.). Dies ergibt sich eindeutig aus dem Betreff in Verbindung mit der Formulierung "… dürfen wir Sie namens und im Auftrag unserer oa Mandantschaft ersuchen …" und der im Folgenden im Unterschied zur "Mandantschaft" erfolgten Nennung des Bf., für den die Lohnzettel ausgestellt worden waren. Damit ist die X... GmbH als Antragstellerin klar erkennbar und nicht der Bf. (des gegenständlichen Beschwerdeverfahren wegen Zurückweisung eines Arbeitnehmerveranlagungsantrages).
Dies wird auch durch das in diesem Schreiben formulierte Begehren, die abgeführte Lohnsteuer auf das Finanzamtskonto der X... GmbH ("beim Finanzamt Wien 1/23 unter der Steuernummer xxx/xxxx") gutzuschreiben, bestätigt.
Dementsprechend kann das Schreiben vom 8. Februar 2011 nicht als Antrag des Bf., mit dem dieser die Durchführung einer Veranlagung begehrt, gedeutet werden.

Im Übrigen hatte das Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag entsprechend dem Inhalt des Schreiben vom 8. Februar 2011 betreffend Korrektur der Lohnzettel dieses an das Finanzamt Wien 1/23 weiter geleitet (eingelangt am 29. März 2011; vgl. AS 10), also an das Betriebsfinanzamt der X... GmbH, und nicht an das Finanzamt der letzten Wohnsitzes des Bf. im Inland (siehe dazu im Folgenden).

Wenn in der Berufung bemängelt wird, dass i m August oder September 2012 offensichtlich der Akt vom Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag an das Finanzamt Wien 3/11/Schwechat Gerasdorf abgetreten (laut Abgabeninformationssystem-Abfrage wurde der Akt des FA 65 am 12.09.2012 übernommen) und eine neue Steuernummer vergeben wurde und die Kanzlei des steuerlichen Vertreters als Bevollmächtigter weder von der Aktabtretung noch von der Vergabe der neuen Steuernummer informiert wurde, ist hiezu Folgendes auszuführen:

Laut Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister war der letzte Hauptwohnsitz des Bf. vor dem Verziehen nach Deutschland an der im Spruch genannten Adresse im 11. Wiener Gemeindebezirk, und zwar vom 13. Februar 2003 bis 31. März 2006.

Somit erfolgte die Abtretung vom Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag zwecks Anpassung der örtlichen Zuständigkeit an die seit 2003 bestehende Hauptwohnsitzmeldung. Diese war wohl auch deshalb nicht früher aufgefallen, weil – wie in der Berufung ausgeführt wird – der Bf. noch nie eine Arbeitnehmerveranlagung vorgenommen hatte.
Seitens der steuerlichen Vertretung wurden keine Angaben über die Hauptwohnsitzänderung gemacht (vgl. E-Mail des steuerlichen Vertreters vom 18. August 2011, AS 11).

In der Berufungsvorentscheidung hat das Finanzamt auf die Möglichkeit hingewiesen, die steuerliche Vertretung hätte einen Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2006 für den Bf. noch vor dem 31. Dezember 2011 mit dem Hinweis einbringen können, dass der zugrunde zu legende Lohnzettel im Rahmen einer GPLA-Prüfung noch zu korrigieren sei. Damit wäre die Frist von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 gewahrt worden, zumal - wie in der Berufungsschrift ausgeführt wird - der steuerlichen Vertretung spätestens im November 2011 bekannt war, dass in der Zwischenzeit die Durchführung einer GPLA-Prüfung begonnen hatte und sämtliche Unterlagen seit 29. August 2011 der GPLA-Prüferin vorlagen und die Korrektur des Lohnzettels somit in Aussicht gestellt war.

Auf die Nichtanwendbarkeit des § 240 Abs. 3 BAO (Rückzahlungsantrag des Abgabepflichtigen) insoweit, als ein Ausgleich im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte, hat das Finanzamt bereits im angefochtenen Bescheid hingewiesen.
Angemerkt wird Folgendes: Hinsichtlich eines solchen Rückzahlungsantrages ist der Eigenschuldner (z.B. der Arbeitnehmer bei der Lohnsteuer) antragsbefugt, nicht der Abfuhrpflichtige (vgl. Ritz, BAO5, Kommentar, § 240 Tz 2 mit Hinweis auf VwGH 9.3.1979, 2850, 3004, 3005/78). Deshalb käme - von der Subsidiarität abgesehen - das Schreiben vom 8. Februar 2011 auch nicht als ein solcher Rückzahlungsantrag des Abgabepflichtigen in Betracht, da in diesem Schreiben, wie oben dargestellt, der österreichische Dienstgeber des Bf. als Antragsteller bzw. einschreitende Partei auftrat.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG kann gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes Revision erhoben werden, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere wenn eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes fehlt.
Zur Judikatur des Verwaltungsgerichthofes hinsichtich Antragsfrist für die Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung vergleiche bspw. das angeführte Erkenntnis VwGH 2.2.68, 1681/67.

Die Revision an den VwGH ist somit nicht zulässig, weil sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 41 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Verweise:

VwGH 02.02.1968, 1681/67

Stichworte