VwGH 99/21/0275

VwGH99/21/02757.4.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde 1. der HÖ, geboren am 1. April 1975, und 2. der RS, geboren am 19. Oktober 1995, beide in 2540 Bad Vöslau, die zweitbeschwerdeführende Partei vertreten durch die erstbeschwerdeführende Partei, diese vertreten durch Dr. Silvia Franek, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Am Fischertor 5/4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 10. Juni 1999, Zl. Fr 1671/98, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §15 Abs3 Z2;
FrG 1997 §31 Abs1;
FrG 1997 §31 Abs3 Z2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §15 Abs3 Z2;
FrG 1997 §31 Abs1;
FrG 1997 §31 Abs3 Z2;
FrG 1997 §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 10. Juni 1999 wurden die Beschwerdeführerinnen, türkische Staatsangehörige, gemäß §§ 33 Abs. 1 und 37 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Die belangte Behörde begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Erstbeschwerdeführerin am 24. September 1994 mit einem bis 12. Dezember 1994 gültigen Touristensichtvermerk nach Österreich eingereist sei. Nach "Ablauf des Touristensichtvermerks" habe sie das Bundesgebiet nicht verlassen, weshalb sie sich - ebenso wie ihre in Österreich geborene Tochter, die Zweitbeschwerdeführerin - nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte.

Die Rechtsordnung messe der Beachtung der Vorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Fremden ein solches Gewicht bei, dass selbst bei Einmaligkeit von Verfehlungen gegen diese Normen ein schwer wiegender Verstoß gegen erhebliche öffentliche Interessen des österreichischen Staates vorliege. Der Beachtung der für die Einreise nach und die Ausreise aus Österreich bestehenden Vorschriften komme im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Die Beschwerdeführerinnen verfügten im Übrigen nicht über ausreichende Barmittel zur Bestreitung ihres Unterhaltes. Von mittellosen Personen gehe eine eminente Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus. Es bestehe die Gefahr, dass sich die Beschwerdeführerinnen ihren Unterhalt durch Aufnahme einer illegalen Beschäftigung, unlautere oder kriminelle Handlungen beschafften. Sie seien auch nicht in der Lage, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren. Ihre Ausweisung sei daher im Sinn eines geordneten Fremdenwesens dringend geboten, sodass nach § 33 Abs. 1 FrG eine Ermessensentscheidung zu ihren Ungunsten angebracht sei.

Der Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin habe sich die Einreise und den Aufenthalt im Weg einer Scheinehe verschafft. Gegen ihn sei mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde ein bis 30. Oktober 2001 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. In Würdigung der privaten und familiären Interessen (der Erstbeschwerdeführerin) sei festzuhalten, dass sie in Österreich keine Angehörigen habe; lediglich ihr Lebensgefährte, gegen den ein Aufenthaltsverbot bestehe, befinde sich im Inland. Die Ausweisung stelle daher mangels Integration keinen so bedeutenden Eingriff in ihr Privat- oder Familienleben dar, dass sie nach § 37 FrG nicht zulässig wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn "wegen Rechtswidrigkeit" aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde lässt unbestritten, dass die Erstbeschwerdeführerin am 24. September 1994 mit einem bis 12. Dezember 1994 gültigen Touristensichtvermerk nach Österreich eingereist ist und dass ihr in der Folge kein Aufenthaltstitel erteilt wurde. Sie geht - soweit erkennbar - ungeachtet dessen davon aus, dass sich die Erstbeschwerdeführerin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte.

Diese Auffassung ist unrichtig. Wohl trifft es zu, dass sich Fremde - was die Beschwerde in diesem Zusammenhang ins Treffen führt - auch auf Grund eines Einreisetitels (Visums) rechtmäßig im Inland aufhalten können. Gemäß § 31 Abs. 3 Z. 2 FrG richtet sich die Dauer des rechtmäßigen Aufenthaltes eines Fremden im Bundesgebiet jedoch nach der Befristung eines solchen Einreisetitels (oder Aufenthaltstitels). Ebenso ordnete schon das Fremdengesetz aus 1992 an, dass sich die Dauer des rechtmäßigen Aufenthaltes eines Fremden im Bundesgebiet nach der Befristung der Bewilligung oder des Sichtvermerkes richte (§ 15 Abs. 3 Z. 2 leg. cit.). Im Hinblick darauf hat die Ansicht, der Erstbeschwerdeführerin komme auf Grund des ihr erteilten Touristensichtvermerks, dessen Gültigkeit sich unstrittig bloß bis 12. Dezember 1994 erstreckte, weiterhin ein Aufenthaltsrecht zu, keine Basis. Es ist aber auch nicht zu sehen, was die Rechtmäßigkeit des inländischen Aufenthalts der erst in Österreich geborenen Tochter der Erstbeschwerdeführerin, der Zweitbeschwerdeführerin, begründen könnte.

Unter dem Blickwinkel des § 37 Abs. 1 FrG macht die Beschwerde geltend, dass die Ausweisung zu einer "Familienzerreißung" führen würde; S.G., der Vater der Zweitbeschwerdeführerin (und Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin), sei seit Jahren in Österreich und "im Arbeitsmarkt" integriert; auch die beiden Beschwerdeführerinnen seien hier "sozial vollkommen integriert", sie hätten seit fünf Jahren in Österreich ihren Lebensmittelpunkt.

Auch mit diesem Vorbringen vermögen die beiden Beschwerdeführerinnen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Zum einen kommt den für den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen - die die Beschwerdeführerinnen missachtet haben - und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 20. September 1999, Zl. 98/21/0345). Andererseits wird das persönliche Interesse der Beschwerdeführerinnen an einem weiteren Verbleib in Österreich dadurch erheblich gemindert, dass gegenüber ihrem im Inland aufhältigen Lebensgefährten/Vater gemäß den in der Beschwerde nicht bestrittenen Feststellungen der belangten Behörde ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot erlassen worden ist. Jedenfalls im Hinblick darauf sind diese persönlichen Interessen auch angesichts des knapp fünf- bzw. vierjährigen Aufenthalts der Beschwerdeführerinnen im Inland nicht so stark ausgeprägt, dass sie schwerer zu gewichten wären als das infolge ihres rechtswidrigen Aufenthaltes im Inland maßgebliche öffentliche Interesse an der Beendigung dieses Aufenthaltes. § 37 Abs. 1 FrG steht ihrer Ausweisung daher nicht im Weg. Gleiches gilt entgegen dem Beschwerdevorbringen für § 37 Abs. 2 leg. cit., und zwar schon deshalb, weil die in dieser Bestimmung vorgesehene Interessenabwägung nur bei Erlassung einer Ausweisung nach § 34 Abs. 1 FrG oder eines Aufenthaltsverbotes vorzunehmen ist. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde die Ausweisung jedoch auf § 33 Abs. 1 FrG gestützt.

Die Beschwerde weist schließlich noch darauf hin, dass der belangten Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen eingeräumt gewesen sei. Sie macht allerdings - über die schon im Rahmen der Prüfung nach § 37 Abs. 1 FrG dargestellten Umstände hinaus - nichts geltend, was gegen die Ausweisung der Beschwerdeführerinnen spräche. Auch aus den Verwaltungsakten tritt kein Aspekt hervor, der eine Ausübung des der belangten Behörde gemäß § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens zugunsten der Beschwerdeführerinnen geboten hätte. Dass der belangten Behörde bei ihrer Entscheidung ein Ermessensfehler unterlaufen wäre, kann der Verwaltungsgerichtshof daher nicht erkennen, und zwar ungeachtet dessen, dass die im bekämpften Bescheid zum Ausdruck gebrachte Befürchtung, die Beschwerdeführerinnen könnten sich ihren Unterhalt auf "unlautere" Art beschaffen, eines diesbezüglichen Substrats entbehrt.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 7. April 2000

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