VwGH 99/20/0558

VwGH99/20/055821.9.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur, Dr. Nowakowski, Dr. Hinterwirth und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des JS in L, vertreten durch Dr. Franz Wielander, Rechtsanwalt in 3950 Gmünd, Walterstraße 9, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 20. September 1999, Zl. WA-199/99, betreffend Erweiterung der Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Normen

31991L0477 Waffen-RL Art3;
31991L0477 Waffen-RL Art5;
B-VG Art130 Abs2;
EURallg;
WaffG 1996 §21 Abs1;
WaffG 1996 §22 Abs1;
WaffG 1996 §23 Abs2;
31991L0477 Waffen-RL Art3;
31991L0477 Waffen-RL Art5;
B-VG Art130 Abs2;
EURallg;
WaffG 1996 §21 Abs1;
WaffG 1996 §22 Abs1;
WaffG 1996 §23 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer besitzt einen Waffenpass lautend auf 40 genehmigungspflichtige Schusswaffen sowie eine Waffenbesitzkarte lautend auf 50 genehmigungspflichtige Schusswaffen. Am 5. Mai 1998 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erweiterung seiner Waffenbesitzkarte um 20 Stück (von 50 auf 70).

Die Bezirkshauptmannschaft Gmünd wies diesen Antrag am 9. Dezember 1998 ab. Begründend führte die Erstbehörde aus, dass der Beschwerdeführer im Besitz von 89 genehmigungspflichtigen Schusswaffen sei und daher den Berechtigungsumfang seiner waffenrechtlichen Urkunden noch nicht ausgeschöpft habe. Laut Auffassung der Erstbehörde könne mit dem bisherigen Berechtigungsumfang von insgesamt 90 genehmigungspflichtigen Schusswaffen das Sammlerinteresse des Beschwerdeführers befriedigt werden. In Ausübung des Ermessens gemäß § 10 WaffG 1996 sei davon auszugehen, dass der Ausweitung des Berechtigungsumfanges grundsätzliche sicherheitspolizeiliche Erwägungen entgegenstünden, da der Besitz von genehmigungspflichtigen Schusswaffen auch durch verlässliche und sorgsame Personen ein Sicherheitsrisiko beinhalte.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung. Begründend führte er aus, dass er Sportschütze und Jäger sei. Er sammle seit über 30 Jahren Schusswaffen und sei vom Gericht als sachkundige Person für das Fachgebiet "Waffen und Schusswaffen" vereidigt worden und er gebe als solche Gutachten für Gerichte und Notare ab. Da der Beschwerdeführer weitere genehmigungspflichtige Schusswaffen für seine Sammlung ankaufen wolle, komme es nicht darauf an, ob er den Berechtigungsumfang schon ausgeschöpft habe. Das anzuwendende Gesetz gebe keine Handhabe dafür, eine Waffensammlung bzw. eine Sammlertätigkeit bezüglich genehmigungspflichtiger Schusswaffen stückmäßig zu begrenzen. Dem Beschwerdeführer werde praktisch ein Verbot der weiteren Ausübung seiner Tätigkeit als Gutachter auferlegt. Derartiges widerspreche dem öffentlichen Interesse. Dieses bestehe darin, dass entsprechend sachkundige Personen flächendeckend vor Ort zur Verfügung stünden, um im Bedarfsfall herangezogen werden zu können, ohne dass der Gegenstand der Begutachtung, also Waffen und Schusswaffen, größere Transportwege bis zum Ort der Begutachtung aufwiesen. Eine Interessensabwägung oder Ermessensübung im Sinne des § 10 WaffG 1996 sei hier nicht angebracht. Die Frage einer Risikoabwehr stelle sich nicht, weil bei Vorliegen der Rechtfertigung zum Besitz und einer gegebenen sicheren Verwahrung der Waffen die Sammlertätigkeit von Gesetzes wegen kein Risiko darstelle.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991 der Berufung keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Die belangte Behörde holte zur Frage, ob die Sammler- und Gutachtertätigkeit des Beschwerdeführers eine Erweiterung des Berechtigungsumfanges bedinge, ein Gutachten ein. Der bestellte Gutachter erhob dazu, dass die bestehende Sammlung von 190 Schusswaffen überwiegend dem Zeitraum vor dem ersten Weltkrieg, der Zwischenkriegszeit und den beiden Weltkriegen zuzuordnen sei. Sie sei waffentechnisch als historisch zu bezeichnen. Die Thematik der Waffensammlung des Beschwerdeführers bestehe in den verschiedensten Waffen-, Verschluss- und Verriegelungssystemen und könne daher als Waffensystemsammlung bezeichnet werden. Eine geschlossene Sammlung durch die gesamte Waffentechnik sei aus Sicht des Amtssachverständigen nicht möglich, auch Museen seien nicht in der Lage, einen Gesamtquerschnitt der Waffentechnik anzubieten. Für die Tätigkeit als Sachverständiger für Schusswaffen müsste die vorhandene Zahl an gesammelten Schusswaffen ausreichend sein, um Gutachten ordnungsgemäß und fachtechnisch richtig erstellen zu können. Die Schusswaffen und Faustfeuerwaffen wie auch die größere Anzahl an Munition seien ordnungsgemäß und den waffenrechtlichen Vorschriften entsprechend verwahrt. Der Beschwerdeführer sei mit dem Gegenstand der Sammlung vertraut.

Der Beschwerdeführer nahm zu diesen Aussagen des bestellten Sachverständigen dahin Stellung, dass die beantragte Erweiterung der Waffenbesitzkarte für die Tätigkeit als sachkundige Person bzw. Sachverständiger jedenfalls dienlich und förderlich sei. Auf Grund der ständigen Erneuerungen im Waffensektor sei es wesentlich, am Laufenden zu bleiben und sich mit allen Neuerungen praktisch vertraut zu machen.

Die belangte Behörde hielt dem entgegen, dass gemäß § 23 Abs. 2 WaffG 1996 die Anzahl der genehmigungspflichtigen Schusswaffen, die der Berechtigte besitzen dürfe, grundsätzlich mit nicht mehr als zwei festzusetzen sei. Eine größere Anzahl dürfe nur erlaubt werden, sofern auch hiefür eine Rechtfertigung glaubhaft gemacht werde. Als solche Rechtfertigung gelte insbesondere die Ausübung der Jagd oder des Schießsports. Das Sammeln genehmigungspflichtiger Schusswaffen komme nur insoweit als Rechtfertigung in Betracht, als sich der Antragsteller mit dem Gegenstand der Sammlung und dem Umgang mit solchen Waffen vertraut erweise und außerdem nachweise, dass er für die sichere Verwahrung der Schusswaffen vorgesorgt habe.

Die belangte Behörde erkannte beim Beschwerdeführer die Rechtfertigungsgründe der Jagd und des Schießsportes gemäß § 23 Abs. 2 WaffG 1996 nicht an. Bezüglich der Jagd sei fraglich, ob der Beschwerdeführer überhaupt genehmigungspflichtige Schusswaffen benötige, jedenfalls aber nicht mehr als 90. Auch für den Schießsport müsste er mit einen Bruchteil von 90 Berechtigungen das Auslangen finden. Der derzeitige Berechtigungsumfang reiche nach den Ausführungen des bestellten Sachverständigen für die gutachterliche Tätigkeit des Beschwerdeführers in Waffenangelegenheiten aus. Der Sachverständige habe festgestellt, dass die Sammlung eine bestimmte Thematik aufweise, der Beschwerdeführer mit dem Gegenstand der Sammlung vertraut sei und die Waffen entsprechend verwahrt seien. Damit mache der Beschwerdeführer mit seinem Sammlerinteresse zwar gemäß § 23 Abs. 2 WaffG 1996 eine ausreichende Rechtfertigung glaubhaft. Der belangten Behörde sei jedoch ein Ermessensspielraum bezüglich der Genehmigung einer größeren Anzahl an genehmigungspflichtigen Waffen eingeräumt. Private Interessen und Rechte seien gemäß § 10 WaffG 1996 insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren bestehe, möglich sei. Aus der Systematik des Waffengesetzes sei das Interesse des Gesetzgebers klar erkennbar, den privaten Besitz an genehmigungspflichtigen Schusswaffen in Grenzen zu halten. Die Bestimmungen der §§ 21, 23 Abs. 2 und 28 WaffG brächten nach Ansicht der belangten Behörde die klar erkennbare Systematik und Absicht des WaffG zum Ausdruck, einen kontrollierten und möglichst geringen Zugang zum berechtigten Besitz an genehmigungspflichtigen Schusswaffen zu normieren. Jede zusätzliche genehmigungspflichtige Schusswaffe im Privatbesitz erhöhe das allgemeine Gefährdungspotenzial, das von derartigen Waffen ausgehe. Nach Ansicht der belangten Behörde ändere auch eine sorgfältige Verwahrung der Waffen und die Verlässlichkeit des Antragstellers nichts daran. Keinesfalls könne derjenige, der die Voraussetzungen des Sammelns von Waffen als Rechtfertigung erfülle, selbst entscheiden, welche Anzahl von Schusswaffen seine Sammlung umfassen solle. Nach Ansicht des gestellten Sachverständigen sei eine geschlossene Sammlung zur vollständigen Erfassung eines Querschnittes der gesamten Waffentechnik nahezu unmöglich. Hypothetisch könnte sich daher der Beschwerdeführer bis zur systematischen Schließung seiner technischen Sammlung Hunderte bzw. Tausende von genehmigungspflichtigen Waffen anschaffen. Gerade ein derartiges Ausufern einer Sammlung an genehmigungspflichtigen Schusswaffen im Besitz einer Person widerspreche dem öffentlichen Interesse an einer Abwehr der mit dem Besitz und Gebrauch von Schusswaffen verbundenen Gefahr. Die belangte Behörde gelange zu der Ansicht, dass unter Berücksichtigung des vorgesehenen Ermessensspielraumes und der klar erkennbaren Absicht des Gesetzgebers der Beschwerdeführer bereits über eine ausreichend große Anzahl an Berechtigungen verfüge. Die Gefahr, die von einem derart konzentrierten Besitz an genehmigungspflichtigen Schusswaffen in einer Hand ausgehen könne, sei vielseitig. Sowohl ein Diebstahl der Waffen als auch ein Missbrauch durch den Besitzer selbst sei möglich. Es sei dem Beschwerdeführer zuzumuten, mit dem derzeitigen Berechtigungsumfang von 90 genehmigungspflichtigen Schusswaffen das Auslangen zu finden und in Hinkunft die Systematik der Sammlung so aufzubauen, dass er mit dem bestehenden Berechtigungsumfang ein möglichst breites Spektrum der Waffentechnik abdecken könne. Es sei nicht vorstellbar, dass eine Privatperson zu Lasten des öffentlichen Sicherheitsinteresses eine noch größere Anzahl von genehmigungspflichtigen Schusswaffen als die schon bewilligten 90 Stück ansammeln können solle.

Die belangte Behörde wies daher nach ihrer Auffassung im Rahmen des möglichen Ermessensspielraumes den Antrag auf Erweiterung der Waffenbesitzkarte um weitere 20 Stück ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer fristgerecht erstatteten Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die §§ 21 Abs. 1, 22 Abs. 1 und 23 Abs. 2 WaffG 1996 lauten

wie folgt:

"§ 21. (1) Die Behörde hat verlässlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und für den Besitz einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe eine Rechtfertigung anführen können, auf Antrag eine Waffenbesitzkarte auszustellen. Die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte an andere verlässliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und für den Besitz einer solchen Waffe eine Rechtfertigung anführen können, liegt im Ermessen der Behörde; ebenso die Ausstellung an Menschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, sofern sie den Nachweis erbringen, dass der Besitz einer solchen Waffe für die Ausübung ihres Berufes erforderlich ist.

§ 22. (1) Eine Rechtfertigung im Sinne des § 21 Abs. 1 ist jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er die genehmigungspflichtige Schusswaffe innerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften zur Selbstverteidigung bereithalten will.

§ 23. ...

(2) Die Anzahl der genehmigungspflichtigen Schusswaffen, die der Berechtigte besitzen darf, ist grundsätzlich mit nicht mehr als zwei festzusetzen. Eine größere Anzahl darf - außer in den Fällen des Abs. 3 - nur erlaubt werden, sofern auch hierfür eine Rechtfertigung glaubhaft gemacht wird. Als solche Rechtfertigung gilt insbesondere die Ausübung der Jagd oder des Schießsports. ...."

In den Erläuterungen der Regierungsvorlage (457 Blg NR, 20. GP) zu § 21 WaffG heißt es, "das zusätzliche Erfordernis einer Rechtfertigung (i.S.d. § 22 Abs. 1) für den Besitz und Erwerb findet seine Begründung in der Richtlinie (Art. 5)."

Art. 5 der Waffen-Richtlinie des Rates vom 18. Juni 1991 (91/477/EWG) lautet diesbezüglich:

"Unbeschadet des Art. 3 gestatten die Mitgliedstaaten den Erwerb zum Besitz von Feuerwaffen der Kategorie B nur Personen, die dafür eine Rechtfertigung anführen können und außerdem

a) 18 Jahre alt sind, außer bei Vorliegen einer Sondergenehmigung für Jäger und Sportschützen,

b) sich selbst, die öffentliche Ordnung und die öffentliche Sicherheit aller Voraussicht nach nicht gefährden. ..."

Art. 3 sieht die Möglichkeit vor, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer waffenrechtlichen Regelungen strengere Vorschriften erlassen können, als in dieser Richtlinie vorgesehen.

Gemäß § 23 Abs. 2 dritter Satz WaffG gilt als Rechtfertigung für die Erweiterung der Waffenbesitzkarte für mehr als zwei genehmigungspflichtige Schusswaffen insbesondere die Ausübung der Jagd oder des Schießsports. Da aber der Schießsport in der Regel bereits mit ein oder zwei Waffen ausgeübt werden kann, das Gesetz insbesondere für die Erweiterung des Berechtigungsumfanges der Waffenbesitzkarte auch hierfür eine zusätzliche Rechtfertigung voraussetzt, müssen die über die Anzahl von zwei genehmigungspflichtigen Schusswaffen hinausgehenden Waffen (jeweils) auch für die effektive Ausübung dieses Sportes benötigt werden, andernfalls eine Rechtfertigung "hierfür" nicht vorliegen kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. Juli 1999, Zl. 99/20/0110).

Nur dann, wenn auch die Verwendung der (benötigten) weiteren Waffen zur Ausübung spezieller Disziplinen des Schießsportes bescheinigt wird, kann der vom Gesetz für die Erweiterung des Berechtigungsumfanges der Waffenbesitzkarte gemäß § 23 Abs. 2 zweiter Satz WaffG geforderte Rechtfertigungsgrund als gegeben angenommen werden. Der belangten Behörde ist jedoch beizupflichten, dass die Jagd und der Schießsport im gegenständlichen Fall nicht als Rechtfertigung gemäß § 23 Abs. 2 WaffG 1996 für die Erweiterung der Waffenbesitzkarte anzuerkennen seien. Der Beschwerdeführer verfügt über einen Berechtigungsumfang von

90 genehmigungspflichtigen Schusswaffen. Damit kann jedenfalls das Auslangen für die Ausübung der Jagd und des Schießsportes - was auch vom Beschwerdeführer gar nicht in Frage gestellt wird - gefunden werden. Dass weitere genehmigungspflichtige Schusswaffen zur Ausübung spezieller Disziplinen des Schießsports erforderlich wären, behauptet auch der Beschwerdeführer nicht.

Die belangte Behörde erkannte grundsätzlich zu Recht, dass im Sammlerinteresse einer Person eine Rechtfertigung im Sinne des § 23 Abs. 2 WaffG 1996 liegen kann.

Da die zum Besitz von genehmigungspflichtigen Schusswaffen auszustellende Waffenbesitzkarte nicht nach der Verwendungsbestimmung der vom Inhaber der waffenrechtlichen Urkunde besessenen Waffe differenziert, setzt die Ausweitung einer schon bestehenden Berechtigung - vor Ausübung des den Behörden eingeräumten Ermessens - zunächst voraus, dass mit dem bislang gewährten Berechtigungsumfang für den glaubhaft gemachten Rechtfertigungsgrund nicht das Auslangen gefunden werden kann. Dabei wird ein sachlich gerechtfertigtes Interesse am Sammeln weiterer Objekte beispielsweise dann vorliegen, wenn der Sammler waffentechnische Studien betreibt oder bereits eine größere kulturhistorisch wertvolle Waffensammlung besitzt, die einer vernünftigen und sinnvollen Ergänzung durch konkret anzugebende bestimmte Einzelstücke bedarf und die auf Grund des vorhandenen Berechtigungsumfanges nicht erworben werden könnten. Ob und inwieweit bei Vorliegen eines derart nachgewiesenen Interesses einer Ausweitung des Berechtigungsumfanges dennoch sicherheitspolizeiliche Erwägungen entgegenstehen, hat die Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung zu berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1997, Zl. 96/20/0170).

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits zu § 23 Abs. 2 WaffG ausgesprochen, dass die Ausdehnung des Berechtigungsumfanges der Waffenbesitzkarte auf mehr als zwei Faustfeuerwaffen im Ermessen der Behörde stehe (vgl. dazu das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 23. Juli 1999).

Nach diesem Erkenntnis sei davon auszugehen, dass das subjektive Recht auf (zwingende) Ausstellung einer Waffenbesitzkarte bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 21 Abs.1 erster Satz, 22 Abs. 1 WaffG hinsichtlich des Berechtigungsumfanges durch § 23 Abs. 1 erster Satz WaffG mit zwei genehmigungspflichtigen Schusswaffen begrenzt wird. Die darüber hinausgehende Anzahl steht hingegen im Ermessen der Behörde.

Bei einer Ermessensentscheidung handelt es sich - wie bei einer gebundenen Entscheidung - um einen Verwaltungsakt in Vollziehung eines Gesetzes, für den die Grundsätze einer rechtsstaatlichen Verwaltung in gleicher Weise zu gelten haben. Dazu gehört, dass auch bei Ermessensentscheidungen die Beschlussfassung ebenso auf sorgfältig angestellten Überlegungen beruht, wie in den Fällen, in denen das Gesetz im Einzelnen vorschreibt, worauf die Behörde Bedacht zu nehmen hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 4. November 1966, Slg. Nr. 7022/A). Die von einer Behörde getroffene Ermessensentscheidung ist daher in einer Weise zu begründen, die es dem Verwaltungsgerichtshof ermöglicht zu prüfen, ob die Behörde das Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt hat.

§ 10 WaffG bestimmt, dass bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen sind, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr besteht, möglich ist.

In der Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe die Ermessensbestimmung des § 10 WaffG unrichtig angewendet. Die Frage, ob 90 oder 110 Stück genehmigungspflichtiger Waffen sich im Besitz des Beschwerdeführers befinden, spiele keine relevante Rolle. Bei einer Ausweitung des gegebenen Berechtigungsumfanges unter dem Gesichtspunkt der Gutachtertätigkeit und des Sammlerinteresses um rund 20 % könne nicht von einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der allgemeinen Gefahrenabwehr gesprochen werden. Bei Zugrundelegung eines überdurchschnittlich hohen Sicherheitsstandards bei der Verwahrung könne auch das Argument der belangten Behörde betreffend einen möglichen Diebstahl die angenommene unverhältnismäßige Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen nicht begründen. Die Gutachtertätigkeit und die Sammlertätigkeit wären bei Verweigerung der beantragten Erweiterung wesentlich behindert. Ein Verkauf bestehender Sammlerstücke, um dadurch freie Plätze für andere Sammlerstücke zu schaffen, sei mit einem erheblichen Wertverlust für den Beschwerdeführer verbunden. Eine Stückzahlbegrenzung lasse sich aus § 23 Abs. 2 WaffG nicht ableiten.

Soweit der Beschwerdeführer damit einwendet, es sei unzulässig, von ihm den Verkauf von schon erworbenen Schusswaffen zu fordern, um neue Sammlerobjekte ankaufen zu können, ist zunächst festzuhalten, dass ein gerechtfertigtes Interesse an der Erweiterung seiner Waffensammlung nur dann angenommen werden kann, wenn sämtliche im Besitz des Beschwerdeführers befindliche Waffen vom sachlich begründeten Zweck der Waffensammlung erfasst sind. Dies ist nach dem Gutachten des Amtssachverständigen aber ohnehin gegeben.

Der Beschwerde ist beizupflichten, dass Ermessensentscheidungen ausreichend und nachprüfbar zu begründen sind, und zwar in einem Ausmaß, das es der Partei ermöglicht, ihre Rechte auch vor dem Verwaltungsgerichtshof zweckmäßig zu verfolgen, und das den Verwaltungsgerichtshof in die Lage versetzt zu prüfen, ob die Behörde von ihrem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

Diesem Gebot ist die belangte Behörde nicht nachgekommen:

Durch den bloßen Hinweis auf eine allgemeine Diebstahlsgefahr und die von vornherein nie völlig auszuschaltende Missbrauchsmöglichkeit hat die belangte Behörde nicht ausreichend dargetan, warum das öffentliche Interesse an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles eine Beschränkung des an sich auch von der belangten Behörde angenommenen gerechtfertigten Sammlerinteresses des Beschwerdeführers rechtfertige. Die belangte Behörde hat letztlich die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers nur damit begründet, dass es eine Höchstanzahl von Waffen geben müsse, die eine Person auf Grund einer waffenrechtlichen Urkunde besitzen dürfe. Sie hat diese Anzahl allerdings ohne nähere Begründung generell auf Grund des öffentlichen Interesses an der Begrenztheit des Waffenbesitzes in den Händen Privater mit 90 festgesetzt. Warum aber gerade diese Anzahl an Waffen die absolute Obergrenze darstellen sollte, ist nicht erkennbar. Es bedarf aber einer die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles voll berücksichtigenden Interessenabwägung, die es dem Verwaltungsgerichtshof ermöglicht, die ihm aufgetragene Kontrolle der Ermessensentscheidung vorzunehmen. Eine solche ist aber nicht erfolgt, zumal keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Art und der Zweck der Waffensammlung des Beschwerdeführers eine Erweiterung sachlich nicht (mehr) begründen ließen.

Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 21. September 2000

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