Normen
GebAG 1975 §1;
GebAG 1975 §18 Abs1 Z2 litc;
GebAG 1975 §2 Abs1;
GebAG 1975 §1;
GebAG 1975 §18 Abs1 Z2 litc;
GebAG 1975 §2 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Justiz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit den erstinstanzlichen Bescheiden je vom 16. September 1997 wurden die Gebühren der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Parteien als Zeugen für die Teilnahme an der Verhandlung vor dem Bezirksgericht Mödling am 16. März 1997 mit S 1.822,-- bzw. S 2.371,-- bestimmt. Der jeweils zugesprochene Gebührenbetrag setzt sich aus Fahrtkosten von (jeweils) S 34,-- und (jeweils) Kosten für einen Stellvertreter nach § 18 Abs. 1 Z 2 lit. c Gebührenanspruchsgesetz von S 1.787,50 bzw. S 2.337,50 zusammen.
1.2. In seiner dagegen erhobenen Administrativbeschwerde brachte der Beschwerdeführer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vor, dass die beiden Mitbeteiligten als gesetzliche Vertreter der beklagten Partei des Zivilprozesses geladen gewesen seien; schon deshalb stünde ihnen keine Zeugengebühr zu. Weiters seien beide Mitbeteiligte Angestellte und hätten daher nicht für die Kosten eines Stellvertreters aufkommen müssen. Eine bloße Bestätigung des in Wahrheit gar nicht benötigten Stellvertreters reiche nicht aus. Diesbezüglich hätte ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zu dessen Ergebnis gegeben werden müssen, um das Recht auf Gehör zu wahren.
1.3. Nach Aufhebung des diese Administrativbeschwerde zurückweisenden Beschlusses der belangten Behörde vom 23. Oktober 1997 durch das hg. Erkenntnis vom 16. November 1998, Zl. 98/17/0096, gab die belangte Behörde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 16. April 1999 der Administrativbeschwerde gegen die erstinstanzlichen Bescheide keine Folge.
Der Beklagte sei am 1. April 1977 geboren und zum Zeitpunkt der Einvernahme seiner Eltern am 6. März 1997 bereits volljährig gewesen. Die Mitbeteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens seien daher als Zeugen geladen und einvernommen worden. MW sei persönlich haftende Gesellschafterin der MW KG, deren Kommanditist Dipl. Ing. WW sei. Für die Zeit ihrer durch die Zeugenladung bedingten Abwesenheit in ihrem Kosmetikunternehmen sei die selbstständige Kosmetikerin MR über Ersuchen von MW im Kosmetiksalon anwesend gewesen und habe darüber Rechnung über S 1.980,70 gelegt, die auch bezahlt worden sei. Dipl. Ing. WW sei gemeinsam mit MW persönlich haftender Gesellschafter der Dipl. Ing. W KEG. Er habe für den 6. März 1997 die Durchführung bauakustischer Messungen in einer näher bezeichneten Reihenhausanlage angesetzt gehabt, weshalb er seinen Kollegen Dipl. Ing. WK ersucht habe, ihn zu vertreten. Dieser habe für seine Tätigkeit Rechnung über S 2.455,10 gelegt, welcher Betrag auch bezahlt worden sei. Der jeweils verrechnete Stundensatz sei angemessen.
Sowohl das Erfordernis der Beziehung eines Stellvertreters wie die Angemessenheit der Kosten der Ersatzkräfte und die Zahlung der in Rechnung gestellten Beträge seien jeweils bescheinigt, die Zahlung der Kosten der Ersatzkraft treffe wirtschaftlich die Zeugen, weshalb der Administrativbeschwerde ein Erfolg zu versagen gewesen sei.
1.4. Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er erachtet sich erkennbar durch die Bestimmung von Zeugengebühren in der jeweils festgesetzten Höhe in seinen Rechten verletzt.
1.5. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Das Bundesgesetz vom 19. Februar 1975 über die Gebühren der Zeugen, Sachverständigen, Dolmetscher, Geschworenen und Schöffen in gerichtlichen Verfahren und der Vertrauenspersonen (Gebührenanspruchsgesetz 1975 - GebAG 1975), BGBl. Nr. 136, in der Fassung vor der erweiterten Wertgrenzennovelle 1997, BGBl. I Nr. 140, bestimmt in seinem § 1, dass (unter anderem) Zeugen für ihre Tätigkeit in gerichtlichen Verfahren Anspruch auf Gebühren nach diesem Bundesgesetz haben. Als Zeuge ist nach § 2 Abs. 1 leg. cit. jede Person anzusehen, die innerhalb oder außerhalb eines förmlichen gerichtlichen Beweisverfahrens zu Beweiszwecken, aber nicht als Sachverständiger, Partei oder Parteienvertreter gerichtlich vernommen oder durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen der Befundaufnahme beigezogen wird.
Die Gebühr des Zeugen umfasst nach § 3 Abs. 1 GebAG 1975 den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden (Z 1) und (Z 2) die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit der Zeuge durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet. Nach § 17 leg. cit. bezieht sich die Entschädigung für Zeitversäumnis auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muss.
Nach § 18 Abs. 1 Z 2 lit. c GebAG 1975 umfasst die Entschädigung für Zeitversäumnis die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter (anstatt beim unselbstständig Erwerbstätigen des tatsächlich entgangenen Verdienstes bzw. beim selbstständig Erwerbstätigen des tatsächlich entgangenen Einkommens). Nach § 18 Abs. 2 leg. cit. hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.
Nach § 19 Abs. 2 leg. cit. hat der Zeuge, soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist und nicht feste Gebührensätze bestehen, die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, besonders durch Vorlage einer Bestätigung über den Verdienstentgang oder die Entlohnung eines Stellvertreters oder einer Hilfskraft, gegebenenfalls durch Vorlage einer von der zuständigen Dienststelle ausgestellten Bestätigung über die Höhe der sonst zustehenden Reisegebühren zu bescheinigen.
Gemäß § 20 Abs. 2 GebAG 1975 kann der Zeuge vor der Gebührenbestimmung aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen.
2.2. Der Beschwerdeführer vertritt vor dem Verwaltungsgerichtshof zunächst die Ansicht, ein Anspruch für Zeugengebühren bestünde schon deshalb nicht, weil die mitbeteiligten Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auch als Parteienvertreter geladen worden seien und zur Sache vorgebracht hätten.
Die belangte Behörde hat hiezu bereits zutreffend darauf verwiesen, dass der durch die mitbeteiligten Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vertretene Beklagte des Zivilprozesses im Zeitpunkt der Einvernahme der mitbeteiligten Parteien bereits volljährig und nicht mehr durch diese vertreten war.
Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 4. Juli 2001, Zl. 97/17/0128, ausgesprochen, dass es nicht Aufgabe der über die vom Zeugen beanspruchten Gebühren absprechenden Verwaltungsbehörden sein könne, die gerichtliche Ladung dahin zu überprüfen, ob der Geschäftsführer einer juristischen Person, die als Privatanklägerin in einem Strafverfahren auftritt, als Zeuge oder als Privatankläger zu laden gewesen wäre und ob insoweit etwa kein Gebührenanspruch bestünde. Im hier zu beurteilenden Beschwerdefall wurden die Mitbeteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach dem Inhalt des Protokolles über die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 6. März 1997 als Zeugen vernommen. Es kann daher auch hier nicht Aufgabe der Verwaltungsbehörden sein, das gerichtliche Vorgehen dahin zu überprüfen, ob die Einvernahme als Zeuge gerechtfertigt war oder nicht.
Soweit der Beschwerdeführer noch vorbringt, Zeugengebühren stünden einem Zeugen nicht zu, der "sich selbst" als Zeuge beantrage und dessen Aussage wertlos sei, gilt gleichfalls, dass es nicht Aufgabe der über die Zeugengebühren absprechenden Verwaltungsbehörden ist, das Geschehen im Zivilprozess zu überprüfen, insbesondere zu beurteilen, ob eine Zeugenaussage für die Wahrheitsfindung wertvoll oder nicht wertvoll ist.
2.3. Dennoch ist der Beschwerde Erfolg beschieden.
Zutreffend nämlich verweist der Beschwerdeführer darauf, dass die belangte Behörde durch Bestätigung der erstinstanzlichen Bescheide Gebühren (Fahrtkosten) im Umfang von je S 34,-- den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Parteien zuerkannt hat. Diese haben jedoch nach dem Akteninhalt einen derartigen Fahrtkostenersatz nicht beantragt. Vielmehr haben die Stellvertreter in ihren Kostennoten jeweils Fahrtkostenersatz geltend gemacht. Fahrtkosten der Vertreter wären allenfalls Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter, nicht jedoch Reisekosten des Zeugen selbst. Dass aber diese zugesprochen werden sollten und nicht etwa ein bloßes Vergreifen im Ausdruck vorliegt, ergibt sich schon daraus, dass ausdrücklich die Kosten für die Zureise vom Wohnort der Zeugen (und nicht etwa der Stellvertreter) angeführt wurden.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als insoweit mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet, als nicht beantragte Reisekosten zugesprochen wurden.
2.4. Die mitbeteiligten Parteien haben im Verwaltungsverfahren die Kosten (jeweils) eines Stellvertreters begehrt und damit eindeutig einen Anspruch nach § 18 Abs. 1 Z 2 lit. c GebAG 1975 geltend gemacht. Unter einem Stellvertreter im Sinne dieser Gesetzesstelle kann nach dem Regelungszusammenhang nur eine Person verstanden werden, die den Zeugen während der Zeit seiner Abwesenheit von seinem Betrieb, seinem Unternehmen, seiner Kanzlei etc. vertritt. Diesbezüglich bedarf es konkreter Angaben über die Erforderlichkeit einer derartigen Vertreterbestellung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 2001, Zl. 2001/17/0054).
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid ausgesprochen, dass (unter anderem) das Erfordernis der Beiziehung eines Stellvertreters bescheinigt sei. Sie hat insofern auch ein Bescheinigungsverfahren durch Einholung telefonischer Auskünfte und Vorlage von Urkunden durchgeführt. Zutreffend rügt jedoch der Beschwerdeführer, dass ihm - unter Verletzung seines Rechts auf Gehör - keine Möglichkeit eingeräumt wurde, zu den Ergebnissen des Bescheinigungsverfahrens Stellung zu nehmen. Im Hinblick auf das - zulässigerweise - erstattete Beschwerdevorbringen, insbesondere den Hinweis, dass sich die Notwendigkeit der Stellvertretung nicht aus der Unaufschiebbarkeit der Tätigkeit der Zeugen ergebe und dies näher hätte dargelegt werden können, hat der Beschwerdeführer auch die Relevanz seines Vorbringens dargelegt, da es dadurch nicht ausgeschlossen erscheint, dass die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid erweist sich daher in diesem Umfang als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet.
2.5. Infolge Prävalierens der Rechtswidrigkeit des Inhaltes war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
2.7. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 28. April 2003
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